Lösung Fall 4: Wissender Empfänger I. Anspruch auf Herausgabe 1) Ansprüche des L gegen E auf Herausgabe der Maschine gemäß § 985 BGB Da E Eigentümer der Sache ist, scheidet ein solcher Anspruch aus. 2) Anspruch des L gegen E auf Herausgabe der Maschine gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB Da L dem E ohne Rechtsgrund das Eigentum und den Besitz an der Maschine geleistet hat, hat L gegen E einen Anspruch auf Herausgabe der beschädigten Maschine sowie auf Rückübertragung des Eigentums; allerdings nur in dem Zustand, in dem diese sich gerade befindet. Gegenüber dem Wertersatzanspruch gemäß § 818 Abs. 2 BGB kann E Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB einwenden. Teilweise wird vertreten, dass im Falle des Vorliegens des Tatbestandes des § 819 BGB (dazu siehe unten) dem E bereits im Bereicherungsrecht die Berufung auf § 818 Abs. 3 BGB versagt wird. Dann müsste E gemäß § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz leisten. Es bestünde dann neben dem Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 989 BGB (dazu siehe unten) ein Anspruch auf Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB. Vielfach wird dies leider in Urteilen und in Kommentaren nicht scharf abgegrenzt. Ich halte das nicht für richtig, weil die Tatbestandsvoraussetzungen unterschiedlich sind und § 819 BGB i. V. m. § 818 Abs. 4 BGB auf andere §§ verweisen, nicht aber die Anwendbarkeit von § 818 Abs. 3 BGB im Bereicherungsrecht verbieten. Man sollte unterscheiden, ob man im Bereicherungsrecht oder ob man, über den Verweis gemäß §§ 819 i. V. m. § 818 Abs. 4 BGB in das EBV gelangt (dort dann zum Schadensersatzanspruch gemäß § 989 BGB). Auch für den Klausuraufbau ist die Auffassung nicht so gut. Denn man müsste bereits an dieser Stelle die gesamte untere Prüfung inzident vornehmen. II. Schadensersatzansprüche 1) Ansprüche des L gegen E aus §§ 987 ff. bzw. § 823 BGB Seite 1 von 5 L könnte gegen E Ansprüche gemäß §§ 987 ff. BGB bzw. § 823 BGB haben. Da E zum Zeitpunkt der Beschädigung Eigentümer der Maschine war, scheiden jedoch solche Ansprüche aus. 2) Anspruch des L gegen E auf Schadensersatz gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989 BGB L könnte gegen E einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989 BGB haben. Voraussetzung hierfür ist, dass E etwas durch Leistung des L erlangt hat. L hat dem E das Eigentum und den Besitz an der Maschine geleistet, so dass E dieses erlangt hat. Weitere Voraussetzung ist, dass die Leistung des L an den E rechtsgrundlos war. Da der Schenkungsvertrag nichtig ist, war der Erwerb des E rechtsgrundlos. E ist daher gemäß § 812 Abs. 1 BGB verpflichtet, das Eigentum und den Besitz an der Maschine an L zurück zu übertragen. Da die Maschine beschädigt ist, ist des dem E jedoch (teilweise) nicht mehr möglich. Fraglich ist, ob er sich insoweit endgültig auf § 818 Abs. 3 BGB berufen kann und daher dem L die Maschine lediglich in beschädigtem Zustand ohne die Leistung von Schadensersatz (bzw. Wertersatz) zurückgeben kann. Dies wäre nicht der Fall, wenn E als Eigentümer wie ein unrechtmäßiger Besitzer nach Rechtshängigkeit gemäß § 989 BGB auf Schadensersatz wegen Verschlechterung der Sache haften würde. Zur Anwendung der Vorschriften gelangt man im Falle von Kenntnis des E vom Fehlen des rechtlichen Grundes. Da eine solche Kenntnis bei E laut Sachverhalt vorliegt, könnte L gemäß §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 BGB i. V. m. § 989 BGB Schadensersatzansprüche gegenüber E haben. Seite 2 von 5 Voraussetzung für eine Haftung gemäß § 989 BGB ist allerdings ein Verschulden des E. Nach herrschender Meinung ist allein die Weiterbenutzung der Sache schuldhaft, soweit sie nicht zur Erhaltung der Sache dient. Im vorliegenden Fall ist allerdings nicht festgestellt, dass der Schaden auf der Weiterbenutzung der Maschine beruht, so dass ein auf Verschulden beruhender Schadensersatzanspruch ausscheidet. Die Gegenmeinung, die ein Verschulden direkt in Bezug auf die Beschädigung der Sache fordert, würde man hier, mangels eines festgestellten Verschuldens, von vornherein nicht zu einem Schadensersatzanspruch des L gegen E kommen. Anders wäre es bei beiden Auffassungen nur, wenn man dem E die Beweislast dafür auferlegen würde, dass die Verschlechterung der Sache nicht infolge der unerlaubten Nutzung eingetreten ist; bleibt diese Frage offen, haftet E. Wendet man § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB auf das o. g. Schuldverhältnis an, käme man zu einer Beweislastumkehr. Das ist aber zweifelhaft, weil § 989 BGB das Verschulden als Tatbestandsvoraussetzung definiert und damit lex spezialis gegenüber § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB sein könnte. Im Folgenden soll § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht angewendet sowie unterstellt werden, dass die Frage des Verschuldens sich in einem Prozess nicht klären lässt. Dann wäre § 989 BGB zu verneinen, wenn E keine erweiterte, verschuldensunabhängige Haftung träfe. E könnte jedoch gemäß §§ 818 Abs. 4, 287 Satz 2 BGB auch für die zufälligen Beschädigungen haften. Nach herrschender Meinung sind gemäß § 818 Abs. 4 BGB aufgrund des Verweises auf die allgemeinen Vorschriften auch die §§ 284 ff. BGB anwendbar. Fraglich ist also, ob die Beschädigung während des Verzuges des E mit der Erfüllung des Anspruches des L auf Rückgabe der Maschine eingetreten ist. Gemäß § 286 BGB ist hierfür zunächst ein fälliger und durchsetzbarer Anspruch des L gegenüber E erforderlich. Dem L stand gemäß § 812 Abs. 1 BGB gegen E ein fälliger durchsetzbarer Anspruch auf Rückgabe der Maschine zu. Weitere Voraussetzung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB wäre an und für sich eine Mahnung des L gegenüber E. Eine solche erfolgte jedoch nicht. Seite 3 von 5 Eine Mahnung war jedoch gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. § 818 Abs. 4 BGB i. V. m. § 819 Abs. 1 BGB entbehrlich. Nach § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB steht der Mahnung die Erhebung einer Klage gleich. Problematisch ist hier jedoch, dass eine Rechtshängigkeit zum Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht gegeben war. Der Eintritt der Rechtshängigkeit wird jedoch gemäß § 819 Abs. 1 BGB fingiert. Gemäß § 286 Abs. 4 BGB wird das Vertretenmüssen der Nichtleistung vermutet. Da keine Entlastungsgründe ersichtlich sind, war die Nichtleistung des E auch schuldhaft (E wusste, dass er die Sache zurückgeben musste, tat dies jedoch nicht). Festzuhalten ist daher, dass sich E mit der Rückgabe der Maschine zum Zeitpunkt von deren Beschädigung in Verzug befand. Er hat daher auch die zufällige Verschlechterung der Sache zu vertreten. E haftet folglich gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989 BGB i. V. m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 287 Satz 2 BGB auch für die zufällige Beschädigung der Maschine. L hat daher gegen E einen Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung der Maschine. 3) Anspruch des L gegen E gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 2, 987 BGB auf Ersatz der Nutzungen Da E bösgläubig war, haftet er ab Kenntnis vom rechtlichen Mangel gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 2, 987 auf Herausgabe der Nutzungen (vor Bösgläubigkeit Herausgabe nach §§ 818 Abs. 1 BGB i. V. m. § 818 Abs. 2 BGB). Anders als im Bereicherungsrecht ist er nicht nur dazu verpflichtet, die Nutzungen, die er tatsächlich erlangt hat, herauszugeben, vielmehr muss er auch Nutzungen herausgeben, die er hätte ziehen können, deren Ziehung er jedoch schuldhaft unterlassen hat (Tatfrage, der Sachverhalt sagt hierzu nichts). Hier muss man aber beachten, dass wenn man dem E vorwirft, die Maschine weiter genutzt zu haben, man von ihm in keinem Fall Nutzungen verlangen kann, die er bei einem noch stärkeren Einsatz (Nutzung) der Maschine gehabt hätte. Seite 4 von 5 n.B.: Im BGB wird einerseits von Klageerhebung (z. B. §§ 204, 286 BGB), andererseits von Rechtshängigkeit (z. B. § 818 Abs. 4, 987, 989 BGB) gesprochen. Klage erhoben wird mit Zustellung der Klage an den Beklagten (§ 253 ZPO). Mit der Zustellung tritt dann auch die Rechtshängigkeit der Sache ein (§ 261 ZPO). Im Falle der Rechtshängigkeit braucht keine Mahnung für den Verzugseintritt zu erfolgen (§ 286 Abs. 1 Satz 2 BGB. n.B.: Mit Einreichung der Klage bei Gericht wird die Sache nur anhängig. Erst mit Zustellung beim Beklagten wird die Klage erhoben (§ 253 ZPO) und damit rechtshängig (§ 261 ZPO). n.B.: Für die Wahrung von Fristen oder die Verjährungshemmung wirkt die Zustellung allerdings auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurück, sofern diese nach Einreichung demnächst erfolgt - § 167 ZPO. Dies bedeutet, dass eine Klageeinreichung am letzten Tag der Verjährungsfrist ausreicht, wenn die Klage demnächst – wenn auch nach eigentlichem Verjährungseintritt – zugestellt wird, um die Verjährung zu hemmen. Seite 5 von 5
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