Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Fälle 6 zum Konversatorium Schuldrecht: Nacherfüllung, Schadensersatz statt der Leistung, Schadensersatz neben der Leistung Fall 6.1: K bestellt beim Lieferanten V eine Konfettimaschine zum Preis von EUR 50.000. V liefert die Maschine wie vereinbart. Als K sie in Betrieb nehmen möchte, stellt er fest, dass die Maschine zu fein eingestellt ist und dadurch die Papierstückchen, die produziert werden sich nicht als Konfetti eignen. Der Fehler ließe sich beheben, indem die Maschine von einem Fachmann mit einem Aufwand von wenigen Minuten anders eingestellt wird. Kann K von V die Neueinstellung der Maschine verlangen? Kann K alternativ die Lieferung einer neuen Maschine verlangen? Lösung: A. Anspruch des K auf Nachbesserung gem. § 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB K könnte gegen V einen Anspruch auf Nachbesserung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB haben. Nachbesserung ist die Beseitigung des Mangels, mit der Folge, dass sich die Sache in mangelfreiem, vertragsgemäßem Zustand befindet. K könnte daher die Neueinstellung der Maschine verlangen. Dieser Sekundäranspruch müsste zunächst wirksam entstanden sein. I. Anwendbarkeit des Mängelgewährleistungsrechts, §§ 437 ff. BGB 1. Kaufvertrag, § 433 BGB Damit die gewährleistungsrechtlichen Regelungen der §§ 437 ff. BGB überhaupt eingreifen können, müssten K und V zunächst einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen haben. K hat mit V vereinbart, dass dieser ihm die Maschine zu einem bestimmten Preis liefern solle. Damit haben K und V einen Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB geschlossen, aufgrund dessen sich V zunächst zu Übergabe und Übereignung der Kaufsache an K verpflichtet hatte (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB). 2. Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs, § 434 BGB Zudem müsste im Zeitpunkt des Gefahrübergangs ein Sachmangel i.S.v. § 434 BGB vorgelegen haben. a. Sachmangel, § 434 BGB Die für die Bestimmung des Vorliegens eines Sachmangels maßgebliche Grunddefinition des § 434 Abs. 1 BGB folgt im Ausgangspunkt einem subjektiven Mangelbegriff. Nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Kaufsache dann als mangelfrei anzusehen, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Bestehen wie im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung, weil die Parteien über bestimmte Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Eigenschaften des Vertragsgegenstandes nicht explizit gesprochen haben, sind subsidiär § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB in entsprechender Reihenfolge zu prüfen. Die Sache muss sich, damit Mangelfreiheit bejaht werden kann, für die im Vertrag vorausgesetzte oder, falls eine konkrete, von der üblichen Art der Verwendung abweichende Verwendung nicht Gegenstand der Absprache war, für die gewöhnliche Verwendung eignen und die übliche Beschaffenheit aufweisen, die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann. Jedenfalls Letzteres ist hier nicht der Fall: Eine Konfettimaschine, die Papierstückchen in einer nicht passenden Größe herstellt, eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung (=Herstellung von Konfetti in passender Größe) und weist auch nicht die übliche Beschaffenheit auf. Ein Sachmangel ist damit gegeben. b. Gefahrübergang, §§ 446 f. BGB Dieser Mangel müsste bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen haben. Beim Kaufvertrag gehen sowohl Leistungsgefahr (= Risiko des Verkäufers bei Untergang der Kaufsache ohne zusätzliche Gegenleistung nochmals leisten zu müssen) als auch Preisgefahr (= Risiko des Käufers trotz Untergang der Kaufsache den Kaufpreis an den Verkäufer zahlen zu müssen, ohne nochmalige Leistung verlangen zu können) grundsätzlich im Zeitpunkt der Übergabe der Kaufsache vom Verkäufer auf den Käufer über, vgl. § 446 Satz 1 BGB. Fraglich ist, ob die hier in Rede stehende Leistungsgefahr bereits übergegangen ist. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für den Übergang der Leistungsgefahr besteht nicht. Allerdings gehen Leistungs- und Preisgefahr nach h. M. zeitgleich über, so dass auch die §§ 446 Satz 3, 447 Abs. 1 BGB als Anhaltspunkte für den Übergang der Leistungsgefahr zu berücksichtigen sind. Die Leistungsgefahr könnte nämlich ausnahmsweise auch zu einem früheren Zeitpunkt übergegangen sein, vgl. §§ 447 Abs. 1 oder 446 Satz 3 BGB. Vorliegend sollte V die Maschine liefern. Dabei handelt es sich um eine Bringschuld. Damit bleibt für die Anwendung von § 447 Abs. 1 BGB, der für den Fall eines sog. Versendungskaufs einen vorgezogenen Gefahrübergang regelt, hierzu aber gerade die Vereinbarung einer Schickschuld verlangt, kein Raum. Auch für das Vorliegen eines in § 446 Satz 3 BGB der Übergabe gleichgestellten Annahmeverzugs des K (§§ 293 ff. BGB) bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Von einem Gefahrenübergang ist vorliegend somit im Zeitpunkt der Übergabe an K auszugehen, § 446 Satz 1 BGB. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Sachverhalt ist anzunehmen, dass in diesem Zeitpunkt die Sache bereits mit dem Mangel behaftet war. 3. Kein Ausschluss der Mängelgewährleistung Die Mängelgewährleistung war vorliegend weder aufgrund eines vertraglichen Haftungsausschlusses (§ 444 BGB), noch im Hinblick auf eine positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers bzgl. des Mangels im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (§ 442 Abs. 1 BGB) ausgeschlossen. 4. Zwischenergebnis Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Die grundsätzliche Anwendbarkeit mängelgewährleistungsrechtlicher Ansprüche gem. §§ 437 ff. BGB ist gegeben. II. Anspruch auf Nachbesserung entstanden Der Anspruch auf Nachbesserung entsteht gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB bereits durch die mangelhafte Lieferung der Sache. Ein Vertretenmüssen des V ist für den Anspruch aus § 437 Nr. 1, § 439 BGB nicht erforderlich. K muss sich allerdings noch zugunsten der Nachbesserungsvariante entscheiden und von seinem in § 439 Abs. 1 BGB eingeräumten Wahlrecht (sog. ius variandi) Gebrauch machen. Damit ist der Anspruch entstanden. III. Anspruch nicht erloschen Der Anspruch ist nicht erloschen. IV. Anspruch durchsetzbar Der Anspruch ist durchsetzbar, da das Bestehen von Einreden vorliegend nicht ersichtlich ist. Insbesondere besteht hier kein Anhaltspunkt für das Eingreifen von § 439 Abs. 3 BGB. V. Ergebnis K hat gegen V einen Anspruch auf Nachbesserung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB. B. Anspruch des K auf Nachlieferung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB K könnte gegen V einen Anspruch auf Nachlieferung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB haben. Nachlieferung ist die Lieferung eines Ersatzstücks in vertragsgemäßem Zustand. Es lag eine Gattungsschuld (§ 243 Abs. 1 BGB) vor, da zwischen V und K der Kaufvertrag über eine neue Maschine abgeschlossen wurde. Damit ist nicht ein bestimmtes Stück Gegenstand des Kaufvertrags, sondern eine Sache, die nach einer Typenbezeichnung zu bestimmen ist und daher lediglich eine Stück einer umfassenden Gattung.. K könnte daher möglicherweise die Lieferung einer neuen Maschine verlangen. Der Nacherfüllungsanspruch müsste zunächst wirksam entstanden sein. I. Anwendbarkeit des Mängelgewährleistungsrechts, §§ 437 ff. BGB Die grundsätzliche Anwendbarkeit mängelgewährleistungsrechtlicher Ansprüche gem. §§ 437 ff. BGB ist gegeben (s.o.). II. Anspruch auf Nachlieferung entstanden Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Der Anspruch auf Nacherfüllung entsteht gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB bereits durch die mangelhafte Lieferung der Sache. Ein Kaufvertrag, sowie ein Mangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs liegen vor (s.o.). K muss sich wiederum ausdrücklich zugunsten der von ihm gewollten Nachlieferungsvariante entscheiden. Damit ist der Anspruch entstanden. III. Anspruch nicht erloschen Der Anspruch ist nicht erloschen. IV. Anspruch durchsetzbar Dem Anspruch könnte aber die Einrede des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB entgegenstehen. Danach kann V die von K gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei ist gem. Satz 2 der Vorschrift insb. der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte, zu berücksichtigen. Insbesondere dann, wenn die von K gewählte Art der Nacherfüllung in Form der Nachlieferung bei einem internen Kostenvergleich mit der Nachbesserung die Grenze der Zumutbarkeit überschreitet, könnte sich V wegen sog. relativer Unverhältnismäßigkeit auf das Leistungsverweigerungsrecht des § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB berufen. Üblicherweise ist dies der Fall, wenn die gewählte Art der Nacherfüllung 10 % teurer als die andere ist. Sollte V dagegen die Lieferung der mangelhaften Sache zu vertreten haben, wird dieser Wert auf 20 % erhöht (die Frage der jeweiligen Prozentsätze ist nicht unumstritten). Die Neueinstellung der vorhandenen Maschine wäre durch einen Fachmann binnen weniger Minuten zu erledigen. Es ist in Ermangelung genauerer Sachverhaltsangaben anzunehmen, dass der Kostenaufwand hierfür – u. U. durch den Einsatz eigener Mitarbeiter des V – nur einen sehr kleinen Bruchteil im Vergleich zu einer Neulieferung ausmachen würde. Die Kosten der Neulieferung stünden mit Sicherheit selbst bei einem Vertretenmüssen des V nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten der Neueinstellung. V kann daher die Nachlieferung gem. § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB verweigern. Der Anspruch auf Nachlieferung ist nicht durchsetzbar. Anmerkung: Bislang wurde neben der Frage der relativen Unverhältnismäßigkeit wegen der beiden anderen in § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB genannten Kriterien (Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, Bedeutung des Mangels) immer auch berücksichtigt, ob die Nacherfüllung nicht insgesamt gem. § 439 Abs. 3 Satz 3 HS 2 BGB wegen sog. absoluter Unverhältnismäßigkeit verweigert werden kann (auch in diesem Zusammenhang war der einschlägige Prozentsatz umstritten). Mittlerweile hat der BGH in Umsetzung eines EuGHUrteils entschieden, dass bei einem Verbrauchsgüterkauf eine Leistungsverweigerung nach § 439 Abs.3 Satz 3 HS 2 BGB jedenfalls dann nicht möglich ist, wenn dadurch die einzige mögliche Variante der Nacherfüllung zu entfallen droht (BGH, NJW 2012, 1073ff.). Insoweit ist die Vorschrift teleologisch, europarechtskonform zu reduzieren. Da die Einrede des § 439 Abs.3 Satz 1 BGB in der vorliegenden Fallvariante aber ohnehin bereits wegen Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 relativer Unverhältnismäßigkeit greift, kann auf Ausführungen zur absoluten Unverhältnismäßigkeit verzichtet werden. Die relative Unverhältnismäßigkeit ist ohne Weiteres auch im Verbrauchsgüterkauf zulässig, da sie von der Richtlinie ausdrücklich vorgesehen wird. V. Ergebnis K hat gegen V einen Anspruch auf Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB. Da V die Nachlieferung gem. § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB verweigern kann, hat K gem. § 439 Abs. 3 Satz 3 HS 1 BGB nur einen Anspruch auf Nachbesserung gem. § 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Fall 6.2: Wie Fall 6.1, mit dem Unterschied, dass in der Zeit, die vergeht, bis V die Maschine neu eingestellt hat, der K einen Kunden nicht beliefern kann, wodurch ihm ein Gewinn von EUR 2.000 entgeht. V hatte vor Übergabe der Maschine aus dem Lieferbericht des Herstellers ersehen, dass die Maschine zu fein eingestellt worden und damit nicht zur Konfettiherstellung geeignet war. Kann K von V diesen Betriebsausfallschaden ersetzt verlangen? Lösung: A. Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs.1 BGB I. Bestimmung der einschlägigen Anspruchsgrundlage 1. Schadensersatz neben oder Schadensersatz statt der Leistung? K könnte gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB haben. Dazu müsste der mangelbedingte Nutzungsausfallschaden jedoch eine Schadensposition neben der Leistung darstellen und zunächst vom Schadensersatz statt der Leistung abgegrenzt werden. Die Abgrenzung erfolgt danach, ob der Schaden bei hypothetisch rechtzeitig vorgenommener Nacherfüllung entfiele. Schäden, die bestehen bleiben, sind neben der Leistung ersatzfähig, Schäden die entfielen, sind statt der Leistung ersatzfähig. Hier wurde die Maschine zwar ordnungsgemäß neu eingestellt. Allerdings ist der entgangene Gewinn dadurch nicht kompensiert worden. Realisiert werden könnten im Falle einer ordnungsgemäßen Nacherfüllung allenfalls künftige Gewinne. Damit ist vorliegend ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung zu prüfen. Hinweis: Der sog. Vorrang der Nacherfüllung ist beim Schadensersatz neben der Leistung nicht zu beachten. Für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs neben der Leistung ist es irrelevant, ob Nacherfüllung verlangt worden ist. Schließlich würde die Schadensposition nicht entfallen, auch wenn rechtzeitig nacherfüllt worden wäre. Begründet findet sich diese Einschätzung auch darin, dass sich der Vorrang der Nacherfüllung im Fristsetzungserfordernis des § 281 BGB wiederspiegelt. Die Frist soll gesetzt werden, damit der Schuldner noch nachbessern/nachliefern kann. § 280 Abs. 1 BGB und § 286 BGB kennen ein solches Erfordernis nicht. 2. §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1 BGB oder §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, Abs. 2, 286 BGB? Schadensersatz neben der Leistung kann nach § 280 Abs. 1 BGB oder nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB gewährt werden. Es ist zu überlegen, ob der Anspruch auf Ersatz gem. § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB oder unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 437 Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Nr. 3, §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB (Verzug) zu gewähren ist. Die genaue Einordnung des mangelbedingten Nutzungsausfallschadens ist umstritten. Mitunter wird vertreten, dass die ordnungsgemäße Leistung (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB) im Falle eines mangelbedingten Nutzungsausfalls zeitlich verzögert sei. Jede Schlechtleistung stelle daher immer auch eine (teilweise) Nichtleistung dar. Außerdem dürfe derjenige Schuldner, der immerhin eine – wenn auch mangelhafte – Leistung erbringt, nicht unter leichteren Voraussetzungen zum Schadensersatz verpflichtet werden, als derjenige, der überhaupt nicht leistet und erst unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 286 BGB zur Rechenschaft gezogen wird. Weil die Leistung einer mangelhaften Sache eine weniger ins Gewicht fallende Pflichtverletzung als eine vollständige Nichtleistung i.S.v. § 286 BGB darstelle, müssten die Verzugsvoraussetzungen hier erst Recht zur Anwendung kommen. Demzufolge wären nach dieser Ansicht die §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, Abs. 2, 286 BGB einschlägig. Diese Argumentation wird jedoch von der herrschenden Meinung zu Recht abgelehnt. Zum einen ist es keineswegs zutreffend, dass die Lieferung einer mangelhaften Sache eine weniger schwerwiegende Pflichtverletzung darstellt als die Nichtleistung. Denn mit der Lieferung einer mangelhaften Sache wird unter Umständen eine potentielle Gefahrenquelle geschaffen, die in negativer Weise auf die Gütersphäre des Käufers einwirken und weitere Schadensposten nach sich ziehen kann. Des Weiteren verlangt der Wortlaut des § 286 BGB ausdrücklich eine Nichtleistung, die etwas qualitativ anderes als die Erbringung einer mangelhaften Leistung ist. Diese Überlegung wird dadurch bekräftigt, dass im Falle einer Nichtleistung weiterhin der ursprüngliche Erfüllungsanspruch des Käufers (§ 433 Abs.1 BGB) besteht, der sich jedoch bei mangelhafter Leistung in den Nacherfüllungsanspruch umwandelt. Zudem deutet auch § 437 Nr. 3 BGB darauf hin, dass die Schlechtleistung als erstmalige Pflichtverletzung und nicht als Verzug zu werten ist: § 286 BGB wird nämlich in § 437 Nr.3 BGB im Gegensatz zu allen anderen schadensersatzrelevanten Vorschriften (§§ 280, 281, 283, 311a Abs.2 BGB) explizit nicht erwähnt. Zwar ergibt sich über § 280 Abs. 2 BGB eine mittelbare Verweisung auf § 286 BGB. Allerdings gilt das wegen § 280 Abs. 3 BGB auch für die §§ 281 und 283 BGB, auf die § 437 Nr. 3 BGB aber im Gegensatz zu § 286 BGB unmittelbar Bezug nimmt. Die Anwendbarkeit der §§ 434 ff. BGB setzt voraus, dass bereits eine Leistung erbracht wurde und der Gefahrübergang i.S.v. § 446 Satz 1 BGB stattgefunden hat. § 286 BGB ist im Rahmen des Gewährleistungsrechts der §§ 434 ff. BGB vielmehr nur dann anwendbar, soweit es darum geht, dass sich der Verkäufer mit der Erfüllung der Nacherfüllungspflicht in Verzug befindet und damit (nach Lieferung einer mangelhaften Sache) eine zweite Pflichtverletzung begeht. Im Übrigen ist die sofortige Schadensersatzpflicht des V nach den §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1 BGB auch dadurch gerechtfertigt, dass V die Maschine vor der Auslieferung auf ihre Beschaffenheit kontrollieren kann (aber nicht muss). Der BGH (BGH, NJW 2009, 2674ff.) hat sich dieser überzeugenden herrschenden Meinung mittlerweile angeschlossen. 3. Zwischenergebnis Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Damit sind – vorbehaltlich der Anwendbarkeit der §§ 434 ff. BGB – die §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB im Falle des mangelbedingten Nutzungsausfalls die richtige Anspruchsgrundlage. II. Anwendbarkeit des Mängelgewährleistungsrechts, §§ 437 ff. BGB 1. Kaufvertrag, § 433 BGB Damit die gewährleistungsrechtlichen Regelungen der §§ 437 ff. BGB überhaupt eingreifen können, müssten K und V zunächst einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen haben. Dies war vorliegend der Fall, s.o. 2. Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs, § 434 BGB Zudem müsste im Zeitpunkt des Gefahrübergangs ein Sachmangel i.S.v. § 434 BGB vorgelegen haben. a. Sachmangel, § 434 BGB Da die Parteien weder eine konkrete Beschaffenheit i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbart noch einen besonderen Verwendungszweck i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 BGB verabredet hatten, kommt hier allein ein Sachmangel gem. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr.2 BGB in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da die Maschine nicht imstande war, die Konfettistücke in passender Größe herzustellen und insofern nicht die übliche Beschaffenheit aufweist, die bei vergleichbaren Sachen erwartet werden kann, s.o. b. Gefahrübergang, §§ 446 f. BGB Dieser Mangel müsste bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen haben. Für ein Eingreifen der §§ 446 Satz 3, 447 Abs.1 gibt es keine Anhaltspunkte. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Sachverhalt ist anzunehmen, dass die Sache bereits bei Übergabe und damit bei Gefahrübergang i.S.v. § 446 Satz 1 BGB mit dem Mangel behaftet war. Insoweit ergeben sich ebenfalls keine Abweichungen zu oben. 3. Kein Ausschluss der Mängelgewährleistung Die Mängelgewährleistung war vorliegend weder aufgrund eines vertraglichen Haftungsausschlusses (§ 444 BGB), noch im Hinblick auf eine positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers bzgl. des Mangels im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (§ 442 Abs. 1 BGB) ausgeschlossen. 4. Zwischenergebnis Die grundsätzliche Anwendbarkeit mängelgewährleistungsrechtlicher Ansprüche gem. §§ 437 ff. BGB ist gegeben. Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 III. Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB 1. Schuldverhältnis Mit dem zwischen K und V geschlossenen Kaufvertrag liegt das für § 280 Abs. 1 BGB erforderliche Schuldverhältnis vor. 2. Pflichtverletzung Die maßgebliche Pflichtverletzung liegt in der Lieferung einer mangelhaften Sache, nicht in der nicht-rechtzeitigen Lieferung einer mangelfreien Sache. Insoweit verstößt V gegen seine Verpflichtung aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB. 3. Vertretenmüssen, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB V müsste die Pflichtverletzung (Lieferung einer mangelhaften Sache) zu vertreten haben. Den Maßstab für das Vertretenmüssen bilden dabei die Regelungen der §§ 276 ff. BGB. Gem. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Schuldner grundsätzlich für Vorsatz und Fahrlässigkeit einzustehen. Ein Vorsatzvorwurf gegenüber V steht nicht im Raum, jedoch der der Fahrlässigkeit. V hat zwar die mangelhafte Einstellung der Maschine nicht durch eigenes Verhalten kausal herbeigeführt, er hat aber eine Überprüfung der Einstellung bzw. eine Neueinstellung der Maschine unterlassen, obwohl er laut Sachverhalt eindeutig Kenntnis von dem Mangel aufgrund des Lieferberichts hatte. Den Verkäufer trifft zwar keine grundsätzliche Untersuchungspflicht des Kaufgegenstands, er darf aber auch nicht „sehenden Auges“ den Käufer mit einer mangelhaften Sache belasten. Erkennt er einen Mangel, so muss er sich um dessen Beseitigung bemühen. Durch die Nichtbeseitigung des Mangels ließ V also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht und handelte folglich fahrlässig. Ein Vertretenmüssen liegt vor, so dass es auf die Vermutungsregelung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht ankommt. 4. kausaler Schaden, §§ 249ff. BGB Die aufgrund der Produktionsausfälle entstanden Umsatzeinbußen sind adäquat kausal auf die Mangelhaftigkeit der Maschine zurückzuführen und damit nach Maßgabe der sog. Differenzhypothese vom Umfang des Schadensersatzanspruchs mitumfasst. B. Ergebnis Ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1 BGB ist gegeben. Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Fall 6.3: Wie Fall 6.2, mit dem Unterschied, dass V zu dem Zeitpunkt, der für das Neueinstellen vereinbart ist, nicht erscheint, da V, der von sich weiß, dass er gerne einmal Termine vergisst, den vereinbarten Zeitpunkt nicht in seinen Kalender eingetragen hat. Erst drei Tage später, als V die Vereinbarung wieder einfällt, schickt er einen Monteur. In dieser Zwischenzeit konnte der K einen weiteren Auftrag nicht erfüllen, der ihm einen Gewinn von EUR 750 beschert hätte. Kann K von V auch diese EUR 750 ersetzt verlangen? Lösung: A. Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB I. Bestimmung der einschlägigen Anspruchsgrundlage 1. Schadensersatz neben oder Schadensersatz statt der Leistung? K könnte den entgangenen Gewinn in Höhe von 750 € möglicherweise über den Schadensersatzanspruch des §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB ersetzt verlangen. Dazu müsste der entgangene Gewinn vorliegend aber einen Verzugsschaden darstellen. Da der Verzugsschaden eine besondere Form den Schadensersatzes neben der Leistung begründet, gilt es zunächst zu klären, ob es sich nicht um eine über den Schadensersatz statt der Leistung zu kompensierende Schadensposition handelt. Die Abgrenzung beider Schadensersatzkategorien erfolgt danach, ob der Schaden bei hypothetisch rechtzeitig vorgenommener Nacherfüllung entfiele. Schäden, die bestehen bleiben, sind neben der Leistung ersatzfähig, Schäden die entfielen, sind statt der Leistung ersatzfähig. Im vorliegenden Fall wurde die Maschine zwar repariert. Allerdings ist der Monteur verspätet zum verabredeten Reparaturtermin erschienen. Da die konkrete entgangene und in der Vergangenheit liegende Gewinnchance trotz der vorgenommenen Nacherfüllung nicht mehr kompensiert werden kann, handelt es sich um einen Schadensersatz neben der Leistung. Die Reparatur versetzt den K nur noch in die Lage, künftige Gewinne zu realisieren. 2. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB oder §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 2 286 BGB? Schadensersatz neben der Leistung kann nach § 280 Abs. 1 BGB oder nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB gewährt werden. Es ist zu überlegen, ob der Anspruch auf Ersatz gem. § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 BGB (sog. positive Pflichtverletzung) oder nur unter den Voraussetzungen des § 437 Nr. 3, §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB (Verzug) zu gewähren ist. Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Vorliegend wird die potentielle Schadensposition des entgangenen Gewinns durch die verspätet erbrachte Nacherfüllung hervorgerufen. Zwar ist die ursprüngliche Lieferung der mangelhaften Sache mitursächlich, weil es ohne sie nie zu der beschriebenen Situation gekommen wäre (erste Pflichtverletzung). Entscheidend (und Hauptursache) ist aber, dass V die Nacherfüllung in Form der Reparatur verspätet durchführen lässt (zweite Pflichtverletzung). Befindet sich der Verkäufer mit der Nacherfüllung in Verzug und wird dadurch ein Schaden verursacht, so sind die §§ 437 Nr.3, 280 Abs.1, Abs. 2, 286 BGB richtige Anspruchsgrundlage. [Hinweis 1: Es wäre aber auch genauso möglich auf die erste Pflichtverletzung für die Bestimmung des Schadensersatzes nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB abzustellen. Denn schließlich ist auch diese kausal für den Schaden und V trifft Verschulden hinsichtlich der Lieferung einer mangelhaften Sache] [Hinweis 2: Insoweit besteht ein entscheidender Unterschied zu Fall 6.2. Dort wurde der Schaden durch die erstmalige Schlechtleistung verursacht, während hier der Schuldner auch noch zusätzlich mit der Beseitigung des Mangels in Verzug kommt.] II. Anwendbarkeit des Mängelgewährleistungsrechts, §§ 437 ff. BGB 1. Kaufvertrag, § 433 BGB V und K haben einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen, s.o. 2. Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs, § 434 BGB Zudem müsste im Zeitpunkt des Gefahrübergangs ein Sachmangel i.S.v. § 434 BGB vorgelegen haben. a. Sachmangel, § 434 BGB Es liegt ein Sachmangel i.S.v. § 434 Abs. 2 Nr.2 BGB vor, s.o. b. Gefahrübergang, §§ 446 f. BGB Die §§ 446 Satz 3, 447 Abs.1 BGB sind vorliegend nicht einschlägig, s.o. Außerdem ist in Ermangelung anderweitiger Sachverhaltsangaben davon auszugehen, dass die Sache schon bei Übergabe (und damit bei Gefahrübergang i.S.v. § 446 Satz 1 BGB) mangelhaft war, s.o. 3. Kein Ausschluss der Mängelgewährleistung Die Mängelgewährleistung war vorliegend weder aufgrund eines vertraglichen Haftungsausschlusses (§ 444 BGB), noch im Hinblick auf eine positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers bzgl. des Mangels im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (§ 442 Abs. 1 BGB) ausgeschlossen. 4. Zwischenergebnis Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Die grundsätzliche Anwendbarkeit mängelgewährleistungsrechtlicher Ansprüche gem. §§ 437 ff. BGB ist gegeben. III. Voraussetzungen des §§ 280 Abs.1, Abs. 2, 286 BGB 1. Schuldverhältnis Mit dem zwischen K und V geschlossenen Kaufvertrag liegt das für § 280 Abs. 1 BGB erforderliche Schuldverhältnis vor, s.o. 2. Pflichtverletzung Die Pflichtverletzung liegt in der nicht-rechtzeitigen Nachbesserung der mangelhaften Sache, also im Eintritt des Verzugs der Nacherfüllung, nicht in der nicht-rechtzeitigen Lieferung einer mangelfreien Sache, also im Eintritt des Verzugs der ursprünglichen Leistung. Folglich müssten die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs gegeben sein (§ 286 BGB). a) Fälliger und durchsetzbarer Nacherfüllungsanspruch des K K müsste ein fälliger und durchsetzbarer Nacherfüllungsanspruch zustehen. Die Erfüllung des Nacherfüllungsanspruchs dürfte insbesondere nicht unmöglich i. S. v. § 275 Abs. 1-3 BGB gewesen sein. Hierfür bestehen vorliegend keinerlei Anhaltpunkte. Ansprüche werden gem. § 271 Abs. 1 BGB im Zweifelsfalle grundsätzlich mit ihrer Entstehung sofort fällig. Beim Nacherfüllungsanspruch, ist, da der Käufer mitunter zwischen Nachbesserung und Nachlieferung wählen muss, spätestens mit dessen Geltendmachung durch Anzeige des Mangels und Ausübung des Wahlrechts von der Fälligkeit auszugehen. Zuletzt dürften dem Anspruch auch keinerlei die Durchsetzbarkeit hemmende Einreden entgegenstehen. Vorliegend wurde die Leistungspflicht bis zum für die Reparatur vereinbarten Zeitpunkt gestundet. Diesen Termin ließ V jedoch ungenutzt verstreichen, so dass i. E. sowohl die Fälligkeit als auch die Durchsetzbarkeit des Anspruchs zu bejahen sind. b) Mahnung oder Entbehrlichkeit der Mahnung K müsste den V gemahnt haben (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder die Mahnung müsste entbehrlich gewesen sein (§ 286 Abs. 2 BGB). K hat den V nicht gemahnt. Allerdings hatten K und V einen konkreten Zeitpunkt, zu dem die Nacherfüllung erbracht werden soll, vereinbart, sodass die Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt war. Damit ist eine Mahnung gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich. c) Nichtleistung des Schuldners Da V die Reparatur trotz des fälligen und einredefreien Nacherfüllungsanspruchs zum verabredeten Zeitpunkt nicht durchführen ließ, sind bis auf das Vertretenmüssen alle Verzugsvoraussetzungen des § 286 BGB erfüllt. 3. Vertretenmüssen, §§ 286 Abs.4, 280 Abs. 1 Satz 2 BGB V müsste die Pflichtverletzung zu vertreten haben i.S.d. § 276 BGB. Hinsichtlich der Säumnis handelte er nicht vorsätzlich, doch möglicherweise fahrlässig. Da V Kenntnis von Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 seiner vergesslichen Natur hat, missachtete er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, indem er den Termin nicht in seinen Kalender aufnahm und daher die Nacherfüllung versäumte, und handelte somit fahrlässig. Im Verhältnis zu § 286 Abs. 4 BGB stellt § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB in materieller Hinsicht keine weitergehenden Anforderungen. 3. Kausaler Schaden, §§ 249 ff. BGB Die von K geltend gemachten Umsatzeinbußen i.H.v. 750 EUR sind adäquat kausal auf die Verzögerung der Leistung (=Verspätung der Nacherfüllung) zurückzuführen. Als entgangener Gewinn i.S.v. § 252 BGB sind sie im Rahmen des vorliegenden Schadensersatzes neben der Leistung zu ersetzen. B. Ergebnis Ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB ist gegeben. Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Fall 6.4: Wie Fall 6.3, mit dem Unterschied, dass V die Nachbesserung nicht an einem vereinbarten Zeitpunkt und auch nicht später vornimmt, da er sie vollkommen vergisst. K erklärt dem V, dass er auf die Nacherfüllung verzichte und beschließt, die Maschine zu behalten. Mit dem Fehler hat sie aber nur noch einen Wert von 45.000 €. Kann K die 5.000 € Wertunterschied von V ersetzt verlangen? (Vorausgesetzt, dass der Kaufpreis von 50.000 € dem wirklichen Wert der Maschine entspricht. Eine Minderung ist an dieser Stelle nicht zu prüfen.) Lösung: A. Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB I. Bestimmung der einschlägigen Anspruchsgrundlage 1. Schadensersatz neben oder Schadensersatz statt der Leistung? Möglicherweise kann K die 5.000 € Wertunterschied gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB ersetzt verlangen. Dazu müsste der mangelbedingte Minderwert jedoch einen Schadensposten statt der Leistung darstellen, sodass auch hier wieder eine Abgrenzung zum Schadensersatz neben der Leistung erforderlich ist. Die Abgrenzung beider Schadensersatzkategorien erfolgt danach, ob der Schaden bei hypothetisch rechtzeitig vorgenommener Nacherfüllung entfiele. Schäden, die bestehen bleiben, sind neben der Leistung ersatzfähig, Schäden die entfielen, sind statt der Leistung ersatzfähig. Der Schaden liegt im Wertunterschied von 5.000 €. Würde die Maschine noch repariert werden, würde dieser Minderwert beseitigt werden. Der Schaden ist also nicht endgültig eingetreten, sondern wäre durch eine hypothetisch rechtzeitig vorgenommene Nachbesserung entfallen. Es kommt daher allein ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung in Betracht. Hinweis: Dabei ist unbeachtlich, dass K nun schon Schadensersatz verlangt hat (§ 281 Abs. 4 BGB) und damit die Nacherfüllung nicht mehr möglich ist, weil sie dem V nicht mehr erlaubt ist. Wäre sie nämlich im erlaubten, letztmöglichen Zeitpunkt vorgenommen worden, wäre der Schaden beseitigt worden. Es kommt auf eine gedachte, hypothetische Nacherfüllung an. 2. Abgrenzung der §§ 281, 283, 311a Abs. 2 BGB Schadensersatz statt der Leistung wird gem. § 280 Abs. 3 BGB nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 BGB, § 282 BGB oder § 283 BGB gewährt. Da vorliegend eine leistungsbezogene Pflicht, nämlich die Nacherfüllung, verletzt worden sein könnte und deren Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Erfüllung nicht unmöglich i.S.d. § 275 BGB geworden ist, ist § 281 BGB einschlägig. Daher müssen die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB und des § 281 BGB erfüllt sein. II. Anwendbarkeit des Mängelgewährleistungsrechts, §§ 437 ff. BGB 1. Kaufvertrag, § 433 BGB K und V haben einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen, s.o. 2. Sachmangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs, § 434 BGB Zudem müsste im Zeitpunkt des Gefahrübergangs ein Sachmangel i.S.v. § 434 BGB vorgelegen haben. a. Sachmangel, § 434 BGB Es liegt ein Sachmangel i.S.v. § 434 Abs.1 Satz 2 Nr.2 BGB vor, s.o.. b. Gefahrübergang, §§ 446 f. BGB Dieser lag auch schon im Zeitpunkt der Übergabe und damit bei Gefahrübergang vor, s.o. 3. Kein Ausschluss der Mängelgewährleistung Die Mängelgewährleistung war vorliegend weder aufgrund eines vertraglichen Haftungsausschlusses (§ 444 BGB), noch im Hinblick auf eine positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers bzgl. des Mangels im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (§ 442 Abs. 1 BGB) ausgeschlossen. 4. Zwischenergebnis Die grundsätzliche Anwendbarkeit mängelgewährleistungsrechtlicher Ansprüche gem. §§ 437 ff. BGB ist gegeben. III. Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 281 BGB 1. Schuldverhältnis, § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB Voraussetzung für das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs ist gem. der zentralen Grundnorm des § 280 Abs. 1 BGB zunächst das Vorliegen eines Schuldverhältnisses. K und V haben einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen. Ein Schuldverhältnis i.S.d. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ist damit gegeben. 2. Pflichtverletzung, § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 V müsste zudem eine Pflichtverletzung begangen haben. Als solche kommen grundsätzlich Nicht-, Spät- oder Schlechtleistung in Betracht. Bezugspunkt ist hier die Nacherfüllung. Diese hat V nicht erbracht, so dass ein Fall der schlichten Nichtleistung gegeben ist. 3. Fristsetzung K müsste dem V darüber hinaus gem. § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben. Diese müsste erfolglos abgelaufen oder gem. Abs. 2 der Vorschrift entbehrlich sein. Die Fristsetzung ist die bestimmte und eindeutige Aufforderung zur Leistung innerhalb eines bestimmten Zeitraums. K und V hatten einen Termin für die Neueinstellung vereinbart. Darin ist das bestimmte und eindeutige Verlangen des K erkennbar. Insbesondere wird hierdurch auch ein Zeitpunkt bestimmt. V hat die Maschine nicht zur vereinbarten Zeit neu eingestellt, die Nachbesserung also nicht erbracht. Damit ist die Frist erfolglos abgelaufen. 4. Vertretenmüssen, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB V müsste die Pflichtverletzung zu vertreten haben. Beim Anspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs.1, Abs. 3, 281 BGB ist umstritten, auf welche Pflichtverletzung sich das Vertretenmüssen des Verkäufers beziehen muss: Teilweise wird verlangt, dass der Verkäufer kumulativ sowohl die Lieferung der mangelhaften Sache (1. Pflichtverletzung) als auch das endgültige Ausbleiben der Nacherfüllung (2.Pflichverletzung) zu vertreten haben muss. Diese Auffassung ist abzulehnen, da sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet werden kann und zudem unnötig hohe Anforderungen an ein Schadensersatzverlangen des Käufers aufstellt. Eine andere Ansicht bezieht das Vertretenmüssen bei § 281 BGB dagegen allein auf die Nichtbehebung des Mangels, also die zweite Pflichtverletzung (=Nichtleisten der Nacherfüllung). Allein diese Sichtweise entspreche dem im Fristsetzungserfordernis des § 281 Abs.1 BGB zum Ausdruck gebrachten „Recht zur zweiten Andienung“. Nach wohl überwiegender Auffassung ist dagegen erforderlich, dass der Verkäufer zumindest eine der beiden genannten Pflichtverletzungen zu vertreten haben muss. Die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers stelle nur eine zweite Gelegenheit dar, die eigentlich geschuldete Leistung zu erbringen. Verstößt er auch gegen diese Pflicht, so soll es keine Rolle spielen, dass er die zweite Pflichtverletzung unter Umständen gar nicht zu vertreten hat. Denn mit der Lieferung der mangelhaften Sache (1.Pflichtverletzung) hat der Verkäufer selbst die Gefahr begründet, dass die Nacherfüllung möglicherweise aus nicht von ihm zu vertretenden Umständen ausbleibt (Risikoerhöhung). Die erste Pflichtverletzung werde eben nicht dadurch hinfällig, dass der Verkäufer auch gegen seine Nacherfüllungspflicht verstößt. Letztlich muss man sich hier nicht für eine der obigen Ansichten entscheiden, da V sowohl mit Blick auf die erste (Lieferung der mangelhaften Sache) wie die zweite Pflichtverletzung (Ausbleiben der Nacherfüllung) Fährlässigkeit vorzuwerfen ist. 5. kausaler Schaden, §§ 249 ff. BGB Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht IIa Sommersemester 2016 Was den Umfang des von K geltend gemachten Anspruchs auf den „kleinen Schadensersatz“ statt der Leistung (er will die Sache behalten) angeht, ist der mangelbedingte Minderwert i.H.v. 5.000 € nach Maßgabe der sog. Differenzhypothese mitumfasst. 6. Zwischenergebnis Der Anspruch ist entstanden. Für das Eingreifen rechtsvernichtender Einwendungen oder rechtshemmender Einreden bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Der Anspruch ist mithin nicht erloschen und durchsetzbar. B. Ergebnis Ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB ist mithin gegeben.
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