OLG München: Erbschein, Zwischenverfügung

OLG München, Beschluss v. 19.07.2016 – 34 Wx 62/16
Titel:
Auslegung einer Erbanteilsabtretung bei irriger Vorstellung über die Höhe der
Erbquote
Normenketten:
GBO § 18 Abs. 1, § 22 Abs. 1 S. 1, § 29, § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1
BGB § 119 Abs. 2, § 133, § 142, § 891, § 2032, § 2033
FamFG § 26
§ 119 Abs. 2 BGB
§ 133 BGB
§ 22 Abs. 1 GBO
§ 26 FamFG
Leitsätze:
Zur Richtigstellung einer als solcher namentlich bezeichneten Erbengemeinschaft sowie ihrer
Eintragungsgrundlage. (amtlicher Leitsatz)
Bei Gesamthandsverhältnissen wie z. B. der Erbengemeinschaft werden Bruchteile der Berechtigten
im Grundbuch nicht eingetragen. (amtlicher Leitsatz)
Zur Auslegung einer Erbanteilsabtretung als umfassend, wenn sich nachträglich eine höhere
Erbquote als ursprünglich angenommen herausstellt. (amtlicher Leitsatz)
Tritt ein Miterbe seinen Erbanteil mit notarieller Urkunde an einen Dritten in der irrigen Vorstellung
ab, ihm stünde am Nachlass eine bestimmte Erbquote zu, und erweist sich aufgrund eines später
aufgefundenen Erbvertrags, dass die Erbquote tatsächlich höher ist als angenommen, unterliegt er
einem zur Anfechtung berechtigenden Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des
Erbanteils iSv § 119 Abs. 2 BGB, der als solcher die Wirksamkeit des schuldrechtlichen
Kausalgeschäfts wie auch des dinglichen Erfüllungsgeschäfts unberührt lässt. (redaktioneller
Leitsatz)
In einem solchen Fall sind die in der notariellen Erbanteilsabtretung enthaltenen grundbuchlichen
Erklärungen entsprechend § 133 BGB regelmäßig dahin auszulegen, dass der Miterbe unabhängig
von seiner tatsächlichen Erbquote vollständig aus der Erbengemeinschaft ausscheidet. Dem steht
die Zulässigkeit der teilweisen Übertragung eines Erbteils zu einem Bruchteil (vgl. BGH NJW 1963,
1610; BayOLGZ 1990, 188, 190) nicht entgegen. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erbanteilsübertragung, Auslegung, Bruchteilsübertragung, Grundbuchberichtigung, Erbengemeinschaft,
Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaft, Anfechtbarkeit, Zwischenverfügung
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München Grundbuchamt - vom 2. Juli 2015 aufgehoben.
Gründe
Gründe:
1
I. Im Grundbuch ist als Eigentümerin von Grundbesitz die Erbengemeinschaft nach der 1952 verstorbenen
Ma. M. eingetragen. Mitglied der ursprünglich siebenköpfigen Erbengemeinschaft war F. O. (Nr. 8/V); des
weiteren gehörte er auch der Erbengemeinschaft einer 1954 verstorbenen Miterbin (A. R.) an (Nr. 8/VI). F.
O. ist am 5.6.1964 verstorben. Der Erbschein des Amtsgerichts W. (jetzt Amtsgericht F.) vom 4.11.1964
wies als Erben seine Ehefrau A. O. (1/2) und seine Kinder A. K. und Ma. W. zu je 1/4 aus. A. O. verstarb am
15.9.1964 und wurde gemäß Erbschein vom 4.11.1964 beerbt von ihren Kindern A. K., Ma. W. und A1 A.
Zu notarieller Urkunde vom 30.3.1966 traten A. K. ihre Erbanteile an den Nachlässen ihres Vaters F. O. und
ihrer Mutter A. O. sowie A1 A. seinen Erbanteil am Nachlass seiner Mutter A. O. an E. F. und R1 F. zu
gleichen Teilen ab, die ihrerseits die Erbteilsabtretungen annahmen.
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Im aktuellen am 27.8.1971 angelegten Grundbuch sind die Erbengemeinschaften „nach F. O.“ (zu Nr. 1 d I III sowie zu Nr. 1 j I und II) mit Ma. W. sowie den beiden ihrerseits inzwischen verstorbenen
Erbteilserwerbern R1 F. und E. F. zu je 1/2 aufgrund Erbanteilsübertragungen von A. K. und A1 A.
ausgewiesen.
3
Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 8.6.1998 wurde der Erbschein nach dem verstorbenen F. O.
eingezogen, nachdem ein notarieller Ehe- und Erbvertrag der Eheleute F. und A. O. vom 18.3.1947
aufgetaucht und am 30.3.1998 eröffnet worden war, wonach sich die Eheleute gegenseitig zu (Allein-)Erben
eingesetzt hatten.
4
Zu notarieller Urkunde vom 9.12.2013 überließ der Beteiligte zu 1 als durch Erbschein ausgewiesener
Alleinerbe seiner Ehefrau Ma. W. den Erbanteil (1/3) am Nachlass von A. O. seiner Tochter und seiner
Enkelin, den Beteiligten zu 2 und 3, zu gleichen Teilen. Zugleich wurde Berichtigung des Grundbuchs
„durch richtige Eintragung der Erbfolge nach Herrn F. O. (= Alleinerbin Frau A. O.) und nach Frau A. O. (A.
K., Ma. W., und A1 A. zu gleichen Anteilen)“ nebst Berichtigung - soweit erforderlich - wegen des aktuellen
Erbfalls (Ma. W.) beantragt.
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Das Grundbuchamt hat am 2.7.2015 fristsetzende Zwischenverfügung wegen folgenden Hindernisses
erlassen:
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Das Grundbuch könne derzeit hinsichtlich der Erbfolge nach F. und A. O. nicht berichtigt werden, weil nicht
habe ermittelt werden können, ob A1 A. noch Mitglied der Erbengemeinschaft sei und daher einzutragen
wäre. Mit Rücksicht auf den Erbvertrag sei der Anteil von A1 A. als Erbeserbe größer, als bisher bekannt
gewesen sei. A1 A. habe seinen Erbanteil am 30.3.1966 übertragen. Aus der Urkunde ergebe sich nicht, ob
durch die Übertragung ein generelles Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft unabhängig davon gewollt
gewesen sei, ob noch weiterer Nachlass auftauchen sollte, oder ob das Ausscheiden sich auf den damals
bekannten Nachlass beschränkt habe. Trotz umfangreicher Ermittlungen habe das Grundbuchamt nicht
klären können, ob das Grundbuch tatsächlich unrichtig sei. A1 A. sei bereits verstorben, ebenso dessen
Erbin, ohne dass ein Nachlassverfahren durchgeführt worden sei. Es werde auf den Beibringungsgrundsatz
verwiesen, weshalb Berichtigungsbewilligungen sämtlicher Beteiligter der Erbanteilsübertragung vom
30.3.1966 bzw. deren Rechtsnachfolger erforderlich seien.
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Hiergegen richtet sich die notarielle Beschwerde mit der im Wesentlichen vorgebracht wird:
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Die Rechtsnachfolge sei durch öffentliche Urkunden nachgewiesen. Das Grundbuch sei an den
bezeichneten beiden Stellen aufgrund des Ehe- und Erbvertrags dahingehend zu berichtigen, dass die
jeweils drei Personen als Miteigentümer in Erbengemeinschaft nach A. O. (anstelle F. O.) auf der Grundlage
des Ehe- und Erbvertrags vom 18.3.1947 (anstelle des eingezogenen, aber noch vermerkten Erbscheins
vom 4.11.1964) zu verlautbaren seien. Eine Erbengemeinschaft nach F. O. habe nie bestanden und
entsprechende Erbanteilsabtretungen seien ins Leere gegangen. Hingegen habe die Urkunde vom
30.3.1966 auch die Abtretung sämtlicher Erbanteile - und diese insgesamt - am Nachlass von A. O. zum
Gegenstand. Seinerzeit habe zwar eine falsche Vorstellung vom Inhalt der Erbanteile bestanden, was aber
nichts daran ändere, dass der gesamte Erbanteil wirksam übertragen worden sei. Allenfalls sei unter den
gegebenen Voraussetzungen das der Erbteilsübertragung zugrunde liegende Geschäft anfechtbar
gewesen, die Abtretung selbst sei aber wirksam. Im Übrigen sei schon damals die volle Übertragung der
Erbenstellung von beiden Elternteilen gewollt gewesen.
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Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 4.12.2015 nicht abgeholfen. Es fehle ein Nachweis in der Form
des § 29 GBO, dass das Grundbuch - abgesehen von der Bezugnahme auf den eingezogenen Erbschein unrichtig sei. Weil Erbanteile auch zu Bruchteilen übertragbar seien, sei es nicht ausgeschlossen, dass die
Erbanteilsübertragung vom 30.3.1966 nur in Höhe des bekannten Erbanteils am Nachlass der Mutter
stattgefunden habe und nicht vollständig und unabhängig von der tatsächlichen Beteiligung an der
Erbengemeinschaft gewollt gewesen sei. Die materielle Rechtslage habe das Grundbuchamt bisher nicht
ermitteln können. Deshalb seien Berichtigungsbewilligungen beizubringen. Eine Berichtigung nur der
Eintragungsgrundlage, ohne die aktuelle Zusammensetzung der Erbengemeinschaft nach F. O. abgeklärt
zu haben, sei nicht möglich. Die Eintragung mit dem Zusatz „in Erbengemeinschaft nach F. O.“ sei zudem
richtig und nachvollziehbar, weil damit nur klargestellt werde, um welchen „ursprünglichen“ Erbanteil es sich
handele.
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II. Auf das nach § 71 Abs. 1, § 73 sowie § 15 Abs. 2 GBO namens sämtlicher Urkundsbeteiligter (vgl.
Demharter GBO 30. Aufl. § 15 Rn. 20) vom Notar zulässig eingelegte Rechtsmittel ist die
Zwischenverfügung aufzuheben.
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1. Gegenstand des Eintragungsersuchens bildet zunächst die zutreffende Eintragung der Erbnachfolge auf
den am 5.6.1964 verstorbenen F. O.. Insoweit ist der Antrag auszulegen, weil eine im Verfahren nach § 22
Abs. 1 GBO zu beseitigende Unrichtigkeit nicht vorliegt, es sich vielmehr um eine Richtigstellung handelt,
die im Amtsverfahren abgewickelt wird und in dem die Ermittlungsgrundsätze nach § 26 FamFG gelten
(Hügel/Holzer § 22 Rn. 97).
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Die Richtigstellung vor der Berichtigung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO durch Eintragung der Beteiligten zu
2 und 3 als Erbanteilserwerber nach dem Beteiligten zu 1 als dem Erben der Eingetragenen Ma. W.
(Palandt/Weidlich § 2033 Rn. 13) erscheint notwendig, weil sich auf der derzeitigen Grundlage der
Eintragung die Anteilsabtretung im Grundbuch nicht folgerichtig vollziehen ließe. Denn aus dem Grundbuch
erschlösse sich nicht ein Erbanteil am Nachlass der A. O., über den verfügt wird; insoweit wäre der
Grundsatz des § 39 Abs. 1 GBO tangiert.
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Indessen konnte das Grundbuchamt schon deshalb keine Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO
treffen, weil bezüglich der Erbfolge nach F. und A. O. im Amtsverfahren entschieden wird (Hügel/Holzer §
22 Rn. 97), Zwischenverfügungen aber nur im Antragsverfahren ergehen können (Hügel/Zeiser § 18 Rn. 4
f.). Zur Klärung, ob A1 A. noch der Erbengemeinschaft angehört - das Grundbuchamt spricht von der
Ermittlung der materiellen Rechtslage -, also dieser oder ein Rechtsnachfolger ggf. einzutragen wäre, ist
vielmehr das Grundbuchamt selbst berufen, wofür der Grundsatz des Freibeweises gilt (vgl. OLG Frankfurt
FGPrax 2011, 221/222; Hügel/Holzer § 22 Rn. 97).
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Die Zwischenverfügung ist auch deshalb zu beanstanden, weil das Grundbuchamt nicht fehlende
Berichtigungsbewilligungen monieren kann, wo die Unrichtigkeit auf den geführten Nachweis gestützt wird.
Ist der Nachweis der Unrichtigkeit nicht geführt, ist die beantragte Löschung nur aufgrund einer
Berichtigungsbewilligung möglich. Fehlt diese, muss das Grundbuchamt den Antrag sofort zurückweisen
(Senat vom 23.5.2014, 34 Wx 135/14, juris Rn. 15; BayObLG FGPrax 1998, 6; Wilke in Bauer/von Oefele
GBO 3. Aufl. § 18 Rn. 19; Demharter § 18 Rn. 32).
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2. Im Übrigen gilt Folgendes:
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a) Das Grundbuch wies bzw. weist in der ersten Abteilung unter Nr. 1 d und Nr. 1 j R1 F., E. F. (zu je 1/2
infolge Anteilsabtretung) sowie Ma. W. in Erbengemeinschaft nach F. O. aus. Insoweit war und ist das
Grundbuch hinsichtlich der bezeichneten Personen nicht unrichtig. Bereits im geschlossenen Grundbuch
war davon abgesehen worden, die nachverstorbene A. O. als Erbin von F. O. noch einzutragen, weil dies
den (damals) aktuellen Rechtszustand nicht zutreffend wiedergegeben hätte (BayObLGZ 1994, 158;
Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 808). Aus dem bei der Umschreibung zutreffend
komprimierten Inhalt (vgl. § 30 Abs. 1 Buchst. d GBV) lässt sich auf dem neuen Blatt jedenfalls noch die
ursprüngliche Erbengemeinschaft von A. K., A1 A. und Ma. W. erkennen. Danach stand der Erbanteil am
Grundstück nach dem allein maßgeblichen aktuellen Grundbuchblatt (vgl. Meikel/Böttcher GBO 10. Aufl. vor
§ 28 GBV Rn. 3) im Eintragungszeitpunkt zunächst den drei bezeichneten Personen zu, ohne dass es noch
darauf ankam, ob zwei der drei Personen unmittelbar nach F. O. oder sämtliche erst nach A. O. als deren
Erben berufen waren. Dass der eine oder der andere Erbgang quotenmäßig unterschiedliche Folgen hatte,
spielt für die Eintragung keine Rolle, weil bei Gesamthandsverhältnissen (vgl. § 2032 BGB) Bruchteile nicht
eingetragen werden (OLG München - 32. Zivilsenat - vom 9.6.2005, 32 Wx 52/05 = Rpfleger 2005, 530 mit
Anm. Demharter; OLG Frankfurt Rpfleger 1982, 469; Demharter § 47 Rn. 22).
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b) Nicht zutreffend angegeben ist indessen die Eintragungsgrundlage mit dem angeführten und inzwischen
wegen Unrichtigkeit eingezogenen Erbschein für F. O., ferner die Bezeichnung der Erbengemeinschaft als
solche nach F. O.
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aa) Bei der nach § 47 (Abs. 1) GBO notwendigen Eintragung des mit „Erbengemeinschaft“ für die
Personenmehrheit maßgeblichen Rechtsverhältnisses ist die namentliche Aufführung des Erblassers
unüblich, jedenfalls nicht zwingend (Meikel/Böhringer GBO 11. Aufl. § 47 Rn. 236; Schöner/Stöber Rn. 806).
Hilfreich und zulässig erscheint der Zusatz, wenn er - wie hier bei zahlreichen Personen in mehreren Erbenund Untererbengemeinschaften als Berechtigte am selben Grundstück - dem Grundsatz der Bestimmtheit
und Rechtsklarheit dient (vgl. Hügel/Reetz § 47 Rn. 1; Demharter § 47 Rn. 1). Am guten Glauben des
Grundbuchs nimmt der Zusatz nicht teil. Geschützt nach § 891 BGB ist das für einen Berechtigten
eingetragene Recht, und zwar losgelöst von jedem konkreten Entstehenstatbestand (Staudinger/Gursky
BGB Bearb. Juli 2013 § 891 Rn. 5; siehe auch OLG Köln MittRhNotK 1995, 321); auf dessen rechtliche
Ableitung (Herkunft) kommt es also nicht an. Deshalb teilt der Senat zwar die Ansicht des Grundbuchamts,
dass eine Grundbuchunrichtigkeit i. S. v. § 22 Abs. 1 GBO daraus nicht folgt, dem Zusatz vielmehr eine
Klarstellungsfunktion zukommt, als er die Verbindungslinie zum Anteil (Band 23 Bl. 5; lfd. Nr. 8/V) im
geschlossenen Grundbuchblatt aufzeigen soll. Im Hinblick auf die nun begehrte Eintragung der Erwerber
von Erbanteilen der A. O. aus dem Nachlass von Ma. W. erscheint es jedoch unumgänglich, die
Bezeichnung der Erbengemeinschaft als solche „nach F. O.“ richtigzustellen. Insofern lassen sich die
Grundsätze zur Richtigstellung einer Berechtigtenbezeichnung heranziehen (vgl. Schöner/Stöber Rn. 290).
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Allerdings wäre es ebenfalls irreführend, dahingehend richtigzustellen, dass die drei ursprünglichen
Personen Miteigentümer in Erbengemeinschaft „nach A. O.“ sind. Denn in diesem Fall wäre die Herkunft
des Erbanteils am Grundstück aus dem Nachlass von F. O. aus den Grundbucheintragungen nicht
erkennbar. Weil nach der gewählten Systematik die Eintragung von A. O. selbst als (Allein-)Erbin nicht mehr
in Frage kommt, ließe sich hinreichende Klarheit beispielsweise durch einen richtigstellenden Eintrag (in
Spalte 2 zu lfd. Nrn. 1 d I - III und 1 j I - II des zu berichtigenden Eintrags; vgl. Schöner/Stöber Rn. 292)
folgenden Inhalts herstellen: „in Erbengemeinschaft nach A. O. als Alleinerbin des F. O.“
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bb) Zugleich zu berichtigen wäre in Spalte 4 die bezeichnete Erbfolge (anstelle des Erbscheins vom
4.11.1964 - Az. 82/64 - der Erbvertrag vom 18.3.1947). Der Erbschein, dessen Unrichtigkeit der später
aufgetauchte Erbvertrag vom 18.3.1947 belegt, ist eingezogen; er bildet keine Legitimationsgrundlage mehr.
Die Angabe über die Grundlage der Eigentumseintragung nimmt am öffentlichen Glauben des Grundbuchs
(§ 891 BGB) nicht teil, weil die Eintragung des Erwerbsgrunds seine Rechtfertigung nur in
Ordnungsvorschriften findet (BGHZ 27, 64/67 f.). Erläuternde oder ergänzende Zusätze kommen (nur) in
Frage, wenn sie tatsächlich zu einer Richtigstellung führen, dürfen aber ihrerseits nicht neue Unsicherheiten
schaffen (BayObLGZ 2002, 30/32; auch BayObLG MittBayNot 74/75; KGJ 4, 329/334 f.).
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cc) Dies ist für die Unrichtigkeit des Erwerbsgrunds wegen einer Erbfolge nach F. O. nach der nun
gegebenen Urkundenlage (§ 29 Abs. 1, § 35 Abs. 2 GBO) zweifelsfrei. Darüber hinaus hat der Senat,
anders als die Grundbuchrechtspflegerin, aber auch keine Zweifel, dass der Zedent A1 A. trotz der
gegenüber den seinerzeitigen Erkenntnissen zu seinen Gunsten veränderten Erbquote nicht mehr Mitglied
der Erbengemeinschaft (nach A. O.) ist und somit dessen richtigstellende Eintragung (statt oder neben den
zutreffend eingetragenen Zessionaren) nicht in Betracht kommt.
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(1) Dazu bedarf es einer Auslegung der notariellen Erbanteilsabtretungen vom 30.3.1966. Auszulegen sind
die in der Urkunde enthaltenen grundbuchamtlichen Erklärungen entsprechend § 133 BGB, wobei jedoch zu
beachten ist, dass der das Grundbuchverfahren beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz und das
grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen der Auslegung durch das
Grundbuchamt Grenzen setzen (vgl. BayObLGZ 1984, 124; Demharter § 19 Rn. 28). Bei der Auslegung
selbst ist auf Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als
nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (BGH FGPrax 2015, 5 Rn. 10; BGHZ 113, 374/378 und st.
Rspr.). Außerhalb der Eintragungsbewilligung liegende Umstände dürfen zur Auslegung nur insoweit
herangezogen werden, als sie für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH und Demharter je a. a.
O.).
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(2) Nach dem Inhalt der Urkunde tritt A1 A. ohne Vorbehalt oder sonstige Einschränkung seinen Erbanteil
am Nachlass seiner Mutter A. O. an die beiden Erwerber E. F. und R1 F. zu gleichen Teilen ab; beantragt
wird in Bezug auf den gegenständlichen Grundbesitz die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung
der Erbfolgen gemäß den vorgelegten Erbscheinen und der hier beurkundeten Erbanteilsabtretungen,
wobei der Zusatz aufgenommen ist, dass die Abtretungen „die Erbanteile nur in dem jetzt vorhandenen
Bestand“ umfassen (Ziff. IV.) und die Beteiligten „daher“ keinerlei gezogene Nutzungen und keine
geleisteten Aufwendungen bezüglich dieser Erbanteile sich gegenseitig zu erstatten hätten. Daraus ist zu
entnehmen, dass sich nach den Vorstellungen der Vertragsparteien der „Bestand“ auf einen tatsächlichen
(Ist-)Zustand bezog, nicht aber auf eine bestimmte im Vertrag an keiner Stelle fixierte Quote. Aus der
Gegenleistung (Ziff. V.) mag sich folgern lassen, dass der Anteil von A1 A. deutlich niedriger eingeschätzt
wurde als derjenige von A. K. Unabhängig von der Frage, ob die schuldrechtlich vereinbarte Gegenleistung
bei der Auslegung von Grundbucherklärungen überhaupt berücksichtigt werden dürfte, erlaubt dies im
Hinblick auf den abstrakten Charakter der Abtretung als Verfügungsgeschäft keinen hinreichenden Schluss
auf deren Umfang oder Gültigkeit. Vielmehr ist es die nächstliegende Bedeutung der grundbuchbezogenen
Erklärung, mit der Abtretung unabhängig von der Erbquote vollständig aus der Erbengemeinschaft nach A.
O. auszuscheiden.
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(3) Zutreffend ist zwar, dass auch die teilweise Übertragung eines Erbteils zu einem Bruchteil in Frage
kommt (BGH NJW 1963, 1610; BayObLGZ 1990, 188/190; Schöner/Stöber Rn. 964). Dass die
Vertragsparteien solches beabsichtigt hätten, ist jedoch schon deshalb auszuschließen, weil A1 A. nach
Sachlage seinen Erbteil als solchen - im Ganzen - übertragen wollte und mangels Kenntnis des Erbvertrags
von F. und A. O. nur über dessen Größe im Irrtum war, also einem Irrtum über eine verkehrswesentliche
Eigenschaft des Erbanteils unterlag (vgl. RGZ 101, 64/68; Palandt/Ellenberger BGB 75. Aufl. § 119 Rn. 27).
Dies lässt die Wirksamkeit des schuldrechtlichen wie des dinglichen Geschäfts unberührt. Dafür, dass das
Geschäft - auch das unabhängige Erfüllungsgeschäft (siehe BGH WM 1969, 592) - wegen
Eigenschaftsirrtums (§ 119 Abs. 2 BGB) wirksam angefochten und damit vernichtet wurde (§ 142 BGB), ist
nichts ersichtlich. Unabhängig davon wäre die Anfechtungsfrist inzwischen längst abgelaufen (§ 121 Abs. 2
BGB; Art. 229 § 6 Abs. 5 i. V. m. Abs. 4 EGBGB).
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c) Die Richtigstellung scheitert nicht daran, dass der davon in der Erbanteilsquote betroffene - als solcher
nicht eingetragene - A1 A. bzw. seine Erben oder Erbeserben nicht angehört wurden. Zwar trifft es zu, dass
im Richtigstellungsverfahren der - wenn auch nur formell - Betroffene angehört wird (vgl. Senat vom
17.12.2013, 34 Wx 454/12 = FGPrax 2014, 51/52; Hügel/Holzer § 22 Rn. 97 a. E.). Ob diese
Voraussetzungen hier zutreffen, obwohl eine den guten Glauben vermittelnde Eintragung von oder
zugunsten von A1 A. gar nicht vorliegt, kann auf sich beruhen. Denn das Gebot der Anhörung findet dort
seine Grenze, wo in Ausschöpfung der Pflicht zur Amtsermittlung (§ 26 FamFG) dieser unbekannt bleibt
(Bumiller/Harders/Schwamb FamFG 11. Aufl. § 7 Rn. 7). Das Amtsgericht hat insoweit festgestellt, dass A1
A. im April 1972 verstorben war und von seiner Ehefrau beerbt wurde, die ihrerseits im Juli 1979 verstorben
ist. Deren Erben sind unbekannt, ein Nachlassverfahren fand nicht statt.
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3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.