Sehr geehrte(r) Herr/Frau Stadträtin/Stadtrat …. , die Situation der an den EU-Außengrenzen gestrandeten Geflüchteten ist nach wie vor unerträglich und es zeichnet sich keine Besserung ab: • Griechenland trägt laut UNHCR mit fast 60.000 Geflüchteten die Hauptlast in Europa. Das Land schiebt keine Flüchtlinge in die Türkei ab, weil die griechischen Gerichte entschieden haben, dass die Türkei kein sicherer Drittstaat ist (vgl. SZ 27.5.2016). Damit ist das EU-Türkei-Abkommen de facto gescheitert und die Zahl der Geflüchteten steigt weiter an in Griechenland. • Von den 160.000 Geflüchteten, die seit Herbst 2015 aus Griechenland und Italien im Rahmen des Relocation-Programms (resettlement.de/relocation/) auf andere EU-Staaten verteilt werden sollten, sind bis Mai 2016 lediglich ca. 1.600 (1 %!) umverteilt worden, weil die meisten EU-Staaten eine Aufnahme verweigern oder bisher nur eine verschwindend geringe Anzahl Geflüchteter aufgenommen haben. Auch die Bundesrepublik gehört zu diesen Staaten: Sie verpflichtete sich, 27.400 Geflüchtete aufzunehmen – bis dato sind lediglich 57 Menschen nach Deutschland geholt worden (vgl. taz 10.6.2016). Der überwiegende Teil der Geflüchteten harrt weiter in katastrophalen, menschenunwürdigen Übergangslagern aus. • Durch die Abriegelung der „Balkanroute“ steigen auch die Zahlen der Geflüchteten in Italien wieder. • 3000 Menschen sind bis Juli dieses Jahres auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken! Wir möchten daran erinnern, dass der Mannheimer Gemeinderat am 4. Oktober 2011 mit großer Mehrheit beschlossen hat, sich der bundesweiten Save-me Kampagne anzuschließen und jährlich ein bestimmtes Kontingent von Geflüchteten aufzunehmen, insbesondere solcher, die in provisorischen Lagern in so genannten ErstaufnahmeStaaten leben. Eine Aktualisierung und Umsetzung dieses Beschlusses ist dringend notwendig, da sich die Situation der Geflüchteten in den derzeitigen europäischen Hauptaufnahmeländern, Griechenland und Italien, dramatisch verschärft und die Haltung der meisten EU-Staaten inakzeptabel ist. Wir möchten Sie hiermit bitten, sich im Gemeinderat dafür einzusetzen, dass sich die Stadt Mannheim dem Land/Bund gegenüber bereit erklärt, ein Kontingent von mindestens 550 Geflüchteten aufzunehmen. Das sind lediglich zwei Prozent der 27.400 Menschen, die Deutschland mindestens aufnehmen muss. Relocation-Flüchtlinge erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, werden also auch vom Land finanziert. Außerdem verfügt Mannheim – soweit wir informiert sind – für die nächsten zwei Jahre über ausreichend Personal und Räumlichkeiten. Es käme demnach auf die Stadt keine erhebliche Mehrbelastung hinzu. Ein schnelles Handeln ist vonnöten, um den Geflüchteten zu helfen und die beiden Hauptaufnahmeländer zu entlasten. Deutschland gehört zu den wirtschaftsstärksten Ländern der EU und trägt dadurch eine besondere Verantwortung. Darüber hinaus hat der überwiegende Teil der Bevölkerung gezeigt, dass er Geflüchtete willkommen heißt und bereit ist zu helfen. In einer Studie des Bundesverbands für Wohnen und Stadtentwicklung wurden Landkreise und Kommunen gefragt, wie gut sie den Zuzug von Flüchtlingen verkraften: Von 650 befragten Bürgermeistern und Landräten sagten etwa 90 Prozent, die Geflüchteten hätten ihrem Ort mehr Chancen als Risiken gebracht (Stand: Ende April 2016/Quelle: Die ZEIT, 19.5.16, Nr. 22). In Spanien hat sich bereits auf kommunaler Ebene das Netzwerk „Städte der Zuflucht“ gebildet: Barcelona, Valencia, Madrid, Zaragoza u.a. haben ihrer Regierung gegenüber eine klare Ansage gemacht, dass sie zur weiteren Aufnahme von Flüchtlingen bereit sind. In Deutschland zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab: Der Rat von Osnabrück hat am 14. Juni 2016 mit großer Mehrheit beschlossen, sich für die Übernahme eines Kontingents Geflüchteter aus griechischen Lagern einzusetzen. Grundlage ist die Umsetzung des Relocation-Programms zur Umverteilung Geflüchteter aus Griechenland und Italien in andere EU-Staaten. Auch in anderen Städten fordern Bürger*innen ihre Kommunen dazu auf, Flüchtlinge aufzunehmen (www.proasyl.de/news/kommunale-initiativen-fordernaufnahme-von-fluechtlingen-aus-griechenland/). Mannheim ist bundesweit bekannt für seine Weltoffenheit und lange Tradition des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkünfte, Religionen und Kulturen. Lassen Sie uns deshalb auch jetzt nicht länger schweigen, warten und wegschauen, sondern nach vorne gehen und Verantwortung übernehmen! Setzen Sie als Mannheimer Gemeinderat ein Zeichen, indem Sie den Beschluss von 2011 reaktivieren und dem Land/Bund gegenüber erklären, dass die Stadt Mannheim zur Aufnahme von mindestens 550 Geflüchteten bereit ist! Wir freuen uns über entsprechende Anträge im Gemeinderat! Mit freundlichen Grüßen Save-Me Mannheim Anna Barbara Dell, Nadja Encke, Bettina Franke, Gisela Kerntke Tattersallstraße 39 68165 Mannheim und Mannheim sagt Ja! e.V. Gerhard Fontagnier, Markus Sprengler, Christian Ratz E 7, 7 68159 Mannheim Save Me und Mannheim sagt Ja! e.V. Mannheim [email protected]
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