30.07.2016 G ET REIDEDEKO: Anbau und Verarbeitung von Getreide zum Flechten und Dekorieren «Wir erhalten viel Wertschätzung» Seit mehr als 30 Jahren produzieren Claudia und Ruedi Künzi aus Maschwanden ZH Getreide zum Flechten und für Dekorationen. Die Freude am Tüfteln und Ausprobieren haben sie bis heute nicht verloren. MARIANNE VOSS Im Ausstellungsraum und im Laden von Claudia und Ruedi Künzi in Maschwanden kann man bestaunen, was alles aus Getreide entstehen kann: gebundene Garben, grosse Dekorationen für Kirchen, Ährensträusse oder winzige, geflochtene Rosetten zum Anstecken. Diese zum Teil sehr modern wirkenden Kunstwerke haben gar nichts mit verstaubter Tradition gemeinsam. Die Bäuerin erklärt: «Getreidedekorationen sind Naturprodukte und strahlen Sommergefühle aus. Sie wecken Gedanken an Wind und Weite.» Daher seien die Dekorationen nach wie vor sehr beliebt, momentan sogar trendig. Ihre Kunden sind einerseits Privatpersonen, die Getreide zum Flechten oder fertige Ge- Claudia und Ruedi Künzi vor dem mannshohen Schwarzen Emmer. genstände beziehen. Und dann – das ist wohl die grösste, aber auch lustigste Herausforderung – sind da die Werbeagenturen, die das Getreide entdeckt haben. Künzis kramen verschiedene Prospekte und Bilder hervor: Für den «Schellenursli»-Film bestückten sie den Stall mit langstieligem Stroh. Im Beldona-Katalog räkeln sich die leicht bekleideten Models vor Künzis Garben, für eine Messe wurde ein «Getreidefeld» bestellt oder für den Brotstand der Restaurantkette Marché werden in Maschwanden regelmässig Getreide-Stehsäcke hergestellt. Und der Preis? Sie nennen keine Zahlen, doch so viel: «Wir haben fixe Preise, ob für Private oder Agenturen. Märten kann man bei uns nicht.» Doch es sei eindrücklich. Für Hobby, Freizeit und Vergnügen spiele der Preis kaum eine Rolle. «Und zudem sind wir weit herum die Einzigen mit diesem Angebot.» Es braucht beide Ruedi Künzi bei der Ernte. Es war 1984, als Claudia Künzi einen Getreideflechtkurs besuchte und von der Lehrerin erfuhr, dass es schwierig sei, geeignetes Material zu erhalten. Das gab dem Paar die Idee, es mit einem neuen Betriebszweig zu versuchen. Die Investition war nur eine Handvoll Saatgut Sommerweizen und eine Are Land. Der erste Versuch gelang ganz gut, auch der Absatz funktionierte. Im Verlaufe der Jahre probierten sie verschiedenste Sorten aus und lernten, worauf zu achten ist. Das Saatgut vermehren sie meistens selber. Dieses Jahr hatten sie auf 15 Aren acht verschiedene Getreidesorten angepflanzt. Das Betriebsstandbein Spezialgetreide hat sich bei Künzis neben der Milchproduktion etabliert. Es generiert zirka einen Viertel des landwirtschaftlichen Einkommens. Der Aufwand darf aber nicht unterschätzt werden. «Das ist gar nicht etwa reine Frauensache, wie viele denken», betont Claudia Künzi. Der Mann sei vor allem für den Anbau, die Lagerung und die Lösung von handwerklichen Herausforderungen verantwortlich. Ihre Bereiche seien das Marketing, der Verkauf sowie die Herstellung von Dekogegenständen und die Kurse, die sie seit 10 Jahren auch erteile. Der Anbau und die Ernte des Flecht- und Dekogetreides erinnert ein bisschen an Grossvaters Zeiten. Eine wichtige Voraussetzung seien genügend motivierte Hilfskräfte, betont Ruedi Künzi. Die Ernte findet bereits in der Milchreife statt – nicht mit dem Mähdrescher, sondern mit einem Bindemäher oder von Hand mit der Sichel. Drei Tage trocknen die Garben an der Sonne und werden sorgfältig von Hand gekehrt. Darauf werden sie auf den Wagen geladen und in der Scheune kopfüber aufgehängt. Ein Luftentfeuchter sorgt dafür, dass die Halme und die Ähren nicht grau werden. Direkte Rückmeldungen Auch nach gut 30 Jahren sind Claudia und Ruedi Künzi mit voller Energie für ihr Getreide im Einsatz. «Wir bewegen uns nach wie vor in einem Pioniergebiet, und da braucht es Freude am Tüfteln und Ausprobieren.» Klar, sie haben auch Rückschläge erlebt. «Das waren Einbussen zum Beispiel durch Sturm, Hagel oder Schädlinge.» Dieses Jahr sehen die Erträge trotz des nassen Wetters nicht allzu schlecht aus. Das Schönste an diesem Erwerbszweig seien die Rückmeldungen von Kundinnen und Kunden für ihre Produkte und ihre Arbeit. «Die Leute sagen uns direkt, dass ihnen beispielsweise unsere Dekoration an einem Anlass gefallen hat.» Für einen Liter Milch habe sich noch nie jemand bedankt. «Für unsere Dekorationen erhalten wir aber sehr viel Wertschätzung.» Weitere Infos unter www.getreidedeko.ch. Claudia Künzi ist auch Präsidentin der Interessengruppe «Stroh-in-form», welche die kunsthandwerkliche Verarbeitung von Stroh fördert (www.stroh-in-form.ch). E- P AP ER Die Getreide-Stehsäcke sind eine beliebte Dekoration. Sehr dekorativ: ein geflochtener Strohfächer. Mehr Bilder im E-Paper: www.schweizerbauer.ch/epaper.
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