823 BGB Lösung Fall 20

Lösung Fall 20: Kinder auf der Baustelle
Anspruch des A gegen B gemäß § 831 BGB
1) Voraussetzungen
Der
Anspruchsgegner
Verrichtungsgehilfe
muss
muss
in
Geschäftsherr
Ausführung
sein
der
und
ein
Verrichtung
von
eine
ihm
eingesetzter
tatbestandsmäßige,
rechtswidrige, unerlaubte Handlung begangen haben.
a) Geschäftsherr, Verrichtungsgehilfe
Der
Anspruchsgegner
muss
Geschäftsherr
sein.
Geschäftsherr
ist
gem.
§ 831 Abs. 1 S. 1 BGB derjenige, der einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, also
derjenige, der einen so genannten Verrichtungsgehilfen einsetzt.
Verrichtungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Interesse
tätig wird und von dessen Weisungen abhängig ist. Erforderlich ist die Bestellung zu einer
Verrichtung, deren Vornahme in den Herrschafts- und Organisationsbereich des Bestellers
gehört, und zwar derart, dass damit eine weisungsbedürftige Abhängigkeit des Gehilfen von
dem Geschäftsherrn gegeben ist. Das Weisungsrecht braucht nicht ins Einzelne zu gehen.
Erforderlich und ausreichend ist, dass der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden
jederzeit beschränken oder entziehen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann.
Bauunternehmer B hat seinen Arbeitnehmer X zur Durchführung von Arbeiten auf seiner
Baustelle eingesetzt. Aufgrund des Arbeitsvertrags steht dem B ein Weisungsrecht
gegenüber dem X zu, so dass der X als Verrichtungsgehilfe des Geschäftsherrn B tätig
geworden ist.
Anmerkung: Wer durch Vertrag mit dem Geschäftsherrn dessen Auswahl- oder
Überwachungspflichten übernommen hat (z. B. Betriebsleiter, Werkführer, Bauleiter), wird
dadurch nicht zum Geschäftsherrn i. S. d. § 831 Ab. 1 S. 1 BGB, haftet aber evtl. neben
diesem gem. § 831 Abs. 2 BGB.
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2) Tatbestandsmäßige und rechtswidrige unerlaubte Handlung des Verrichtungsgehilfen
a) Unerlaubte Handlung des Gehilfen
Der Gehilfe muss den objektiven Tatbestand einer unerlaubten Handlung verwirklichen,
wobei es gleichgültig ist, ob es sich um eine unerlaubte Handlung handelt, die im BGB
geregelt ist (§§ 823 ff. BGB) oder außerhalb des BGB (z. B. im UWG).
X hat durch das Herunterwerfen des Holzstücks die Gesundheit des A verletzt und damit den
Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB erfüllt.
b) Rechtswidriges Handeln des Gehilfen
Die Rechtswidrigkeit des Gehilfenhandelns ist durch die Verwirklichung des Tatbestands
indiziert
und
nur
dann
zu
verneinen,
wenn
in
der
Person des
Gehilfen
ein
Rechtfertigungsgrund gegeben ist.
Im vorliegenden Fall ist kein Rechtfertigungsgrund ersichtlich. X handelte demnach
rechtswidrig.
Beachte: Schuldhaftes Verhalten eines Verrichtungsgehilfen ist nicht erforderlich, da
§ 831 BGB eine Haftung für eigenes Verschulden des Geschäftsherrn begründet. Der
Verrichtungsgehilfe braucht daher weder deliktsfähig zu sein (§§ 827, 828 BGB) noch eine
Schuldformen (§ 276 BGB) zu erfüllen.
3) In Ausübung der Verrichtung
Der Verrichtungsgehilfe muss in Ausführung der Verrichtung gehandelt haben, nicht nur bei
Gelegenheit: „Es muss ein unmittelbarer innerer Zusammenhang zwischen der ihm
aufgetragenen Verrichtung nach ihrer Art und ihrem Zweck einerseits und der schädigenden
Handlung andererseits vorliegen“.
Das Bemühen des X, die Kinder von der Baustelle fernzuhalten, gehörte zu dem ihm
übertragenen Aufgabenbereich. Deshalb bestand zwischen dem Werfen mit dem Holzstück
und der übertragenen Aufgabe, die Kinder fernzuhalten, ein äußerer und innerer
Zusammenhang.
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4) Verschulden
§ 831 BGB knüpft die Einstandspflicht des Geschäftsherrn an ein eigenes Verschulden des
Geschäftsherrn an, lässt aber zugunsten des Verletzten eine doppelte Vermutung eingreifen:
Hat der Verletzte eine rechtswidrige Schädigung durch den Verrichtungsgehilfen dargetan,
dann besteht eine vom Geschäftsherrn zu widerlegende Vermutung dafür,
dass er seinen Gehilfen nicht ausreichend ausgewählt, angewiesen, beaufsichtigt oder
mit
den
erforderlichen
Vorrichtungen
oder
Gerätschaften
versehen
hat
-
Verschuldensvermutung -, § 831 Abs. 1 S. 2, 1. Halbs. BGB,
und dass die Verletzung dieser Pflichten für die Schädigung ursächlich geworden ist –
Kausalitätsvermutung -, § 831 Abs. 1 S. 2, 2. Halbs. BGB.
B hat allein durch den Hinweis auf das Warnschild den Entlastungsbeweis nach
§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB nicht geführt.
Der Grund für diese Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten ist darin zu sehen, dass
es sich bei der Kausalität und dem Verschulden des Geschäftsherrn um Vorgänge handelt,
die sich im Bereich des Geschäftsherrn abspielen, so dass dem Geschädigten die
Beweisführung nicht zugemutet werden kann.
5) Rechtsfolgen
B ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den X dem A zugefügt hat.
Anmerkung: Erfüllt der Gehilfe selbst die Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung, z. B.
weil er im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB selbst schuldhaft gehandelt hat, so haftet er
persönlich nach § 823 Abs. 1 BGB, unabhängig von der Haftung des Geschäftsherrn nach
§ 831 BGB. Haften Geschäftsherr (§ 831 BGB) und Gehilfe (z. B. aus § 823 Abs. 1 BGB)
nebeneinander,
sind
sie
Gesamtschuldner
gemäß
§
Ausgleichspflicht im Innenverhältnis nach § 840 Abs. 2 BGB.
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840
Abs. 1
BGB
mit
der