Lösung Fall 20: Kinder auf der Baustelle Anspruch des A gegen B gemäß § 831 BGB 1) Voraussetzungen Der Anspruchsgegner Verrichtungsgehilfe muss muss in Geschäftsherr Ausführung sein der und ein Verrichtung von eine ihm eingesetzter tatbestandsmäßige, rechtswidrige, unerlaubte Handlung begangen haben. a) Geschäftsherr, Verrichtungsgehilfe Der Anspruchsgegner muss Geschäftsherr sein. Geschäftsherr ist gem. § 831 Abs. 1 S. 1 BGB derjenige, der einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, also derjenige, der einen so genannten Verrichtungsgehilfen einsetzt. Verrichtungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Interesse tätig wird und von dessen Weisungen abhängig ist. Erforderlich ist die Bestellung zu einer Verrichtung, deren Vornahme in den Herrschafts- und Organisationsbereich des Bestellers gehört, und zwar derart, dass damit eine weisungsbedürftige Abhängigkeit des Gehilfen von dem Geschäftsherrn gegeben ist. Das Weisungsrecht braucht nicht ins Einzelne zu gehen. Erforderlich und ausreichend ist, dass der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken oder entziehen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann. Bauunternehmer B hat seinen Arbeitnehmer X zur Durchführung von Arbeiten auf seiner Baustelle eingesetzt. Aufgrund des Arbeitsvertrags steht dem B ein Weisungsrecht gegenüber dem X zu, so dass der X als Verrichtungsgehilfe des Geschäftsherrn B tätig geworden ist. Anmerkung: Wer durch Vertrag mit dem Geschäftsherrn dessen Auswahl- oder Überwachungspflichten übernommen hat (z. B. Betriebsleiter, Werkführer, Bauleiter), wird dadurch nicht zum Geschäftsherrn i. S. d. § 831 Ab. 1 S. 1 BGB, haftet aber evtl. neben diesem gem. § 831 Abs. 2 BGB. Seite 1 von 3 2) Tatbestandsmäßige und rechtswidrige unerlaubte Handlung des Verrichtungsgehilfen a) Unerlaubte Handlung des Gehilfen Der Gehilfe muss den objektiven Tatbestand einer unerlaubten Handlung verwirklichen, wobei es gleichgültig ist, ob es sich um eine unerlaubte Handlung handelt, die im BGB geregelt ist (§§ 823 ff. BGB) oder außerhalb des BGB (z. B. im UWG). X hat durch das Herunterwerfen des Holzstücks die Gesundheit des A verletzt und damit den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB erfüllt. b) Rechtswidriges Handeln des Gehilfen Die Rechtswidrigkeit des Gehilfenhandelns ist durch die Verwirklichung des Tatbestands indiziert und nur dann zu verneinen, wenn in der Person des Gehilfen ein Rechtfertigungsgrund gegeben ist. Im vorliegenden Fall ist kein Rechtfertigungsgrund ersichtlich. X handelte demnach rechtswidrig. Beachte: Schuldhaftes Verhalten eines Verrichtungsgehilfen ist nicht erforderlich, da § 831 BGB eine Haftung für eigenes Verschulden des Geschäftsherrn begründet. Der Verrichtungsgehilfe braucht daher weder deliktsfähig zu sein (§§ 827, 828 BGB) noch eine Schuldformen (§ 276 BGB) zu erfüllen. 3) In Ausübung der Verrichtung Der Verrichtungsgehilfe muss in Ausführung der Verrichtung gehandelt haben, nicht nur bei Gelegenheit: „Es muss ein unmittelbarer innerer Zusammenhang zwischen der ihm aufgetragenen Verrichtung nach ihrer Art und ihrem Zweck einerseits und der schädigenden Handlung andererseits vorliegen“. Das Bemühen des X, die Kinder von der Baustelle fernzuhalten, gehörte zu dem ihm übertragenen Aufgabenbereich. Deshalb bestand zwischen dem Werfen mit dem Holzstück und der übertragenen Aufgabe, die Kinder fernzuhalten, ein äußerer und innerer Zusammenhang. Seite 2 von 3 4) Verschulden § 831 BGB knüpft die Einstandspflicht des Geschäftsherrn an ein eigenes Verschulden des Geschäftsherrn an, lässt aber zugunsten des Verletzten eine doppelte Vermutung eingreifen: Hat der Verletzte eine rechtswidrige Schädigung durch den Verrichtungsgehilfen dargetan, dann besteht eine vom Geschäftsherrn zu widerlegende Vermutung dafür, dass er seinen Gehilfen nicht ausreichend ausgewählt, angewiesen, beaufsichtigt oder mit den erforderlichen Vorrichtungen oder Gerätschaften versehen hat - Verschuldensvermutung -, § 831 Abs. 1 S. 2, 1. Halbs. BGB, und dass die Verletzung dieser Pflichten für die Schädigung ursächlich geworden ist – Kausalitätsvermutung -, § 831 Abs. 1 S. 2, 2. Halbs. BGB. B hat allein durch den Hinweis auf das Warnschild den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB nicht geführt. Der Grund für diese Beweislastumkehr zugunsten des Geschädigten ist darin zu sehen, dass es sich bei der Kausalität und dem Verschulden des Geschäftsherrn um Vorgänge handelt, die sich im Bereich des Geschäftsherrn abspielen, so dass dem Geschädigten die Beweisführung nicht zugemutet werden kann. 5) Rechtsfolgen B ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den X dem A zugefügt hat. Anmerkung: Erfüllt der Gehilfe selbst die Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung, z. B. weil er im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB selbst schuldhaft gehandelt hat, so haftet er persönlich nach § 823 Abs. 1 BGB, unabhängig von der Haftung des Geschäftsherrn nach § 831 BGB. Haften Geschäftsherr (§ 831 BGB) und Gehilfe (z. B. aus § 823 Abs. 1 BGB) nebeneinander, sind sie Gesamtschuldner gemäß § Ausgleichspflicht im Innenverhältnis nach § 840 Abs. 2 BGB. Seite 3 von 3 840 Abs. 1 BGB mit der
© Copyright 2024 ExpyDoc