Berlin, im Juli 2016 Stellungnahme des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. zum Entwurf des Klimaschutzplans 2050 vom 21. Juni 2016 Berlin im Juli 2016. Der ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. begleitet den Prozess zur Erarbeitung eines Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung konstruktiv kritisch. Der neueste des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 enthält weiterhin Aspekte, die für die Immobilienwirtschaft gefährliche und existenzielle Eingriffe bedeuten. Der ZIA nimmt zum Entwurf des Klimaschutzplanes zur Kenntnis und hebt die folgenden, ebenfalls aktualisierten Punkte hervor: I. Positive Aspekte Strenge Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots und Fehlbetragsausgleich in Form einer Förderung (S. 33, 3. Absatz): Es ist sehr wichtig, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot in der derzeit bestehenden Form beachtet wird und dass dies auch im Klimaschutzplan festgestellt wird. Der Ausgleich des Deckelungsfehlbetrags in Form einer Förderung für Fälle, in denen die Anforderung bei Sanierung oder Neubau nicht wirtschaftlich darstellbar sind, muss schnell und unbürokratisch verfügbar sein. Berücksichtigung Quartiersansatz (S. 33, 1. Absatz): Zur Realisierung der ambitionierten Klimaschutzziele wird es künftig stärker darauf ankommen, den Sanierungsprozess über die Einzelgebäude hinaus auf eine breitere städtebauliche Basis zu stellen. Die gebäudeübergreifende Perspektive erlaubt wirtschaftliche Lösungen. Im Falle von kleinteiligen Eigentümerstrukturen oder denkmalgeschützten Gebäuden kann es hilfreich sein, diese mit effizienten Immobilien „zusammenspannen“ zu können. Innovative Lösungen sind insbesondere in der Ausnutzung der Energieeinsparmöglichkeiten durch die Integration von Wirtschaftsgebäuden in Quartierskonzepte vorstellbar. Staatliche Investitionsbeihilfen und steuerrechtliche Flankierungen im Gebäudebestand (S. 26, 5. Absatz): Die vorgeschlagene Abschaffung der bestehenden steuerlichen Hemmnissen für Gebäudebesitzer und Wohnungsunternehmen, sowie Investitionsbeihilfen sind zu begrüßen. Das hier vorliegend über finanzielle Anreize bei Sanierungen gesprochen wird, ist zwar grundsätzlich positiv zu werten, kann aber angesichts der bisher mehrfach gescheiterten Versuche der Bundesregierung diese einzuführen, nicht mehr als seriöse Kopplung gewertet werden. Insgesamt werden die angesprochenen Anreize weder im Umfang noch in der inhaltlichen Ausgestaltung ausreichend dargestellt. Forschungsförderung für innovative Speichertechnologien (S 35, 2. Absatz): Eine Förderung von Speichertechnologie durch die Bundesregierung ist richtig und sinnvoll. Es ist eine gute Methode, um langfristig hohe Überschüsse u.a. aus Wind und Solarenergie flexibel einsetzen zu können. Die Förderung ist auch sinnvoll, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und innovative Produkte für einen zukunftsträchtigen Markt zu sichern. Dem Gebäudesektor könnte als Speicherkapazität Sektor übergreifend eine zentrale Rolle zukommen – sowohl für die Industrie als auch für den Verkehr. 1 II. Negative Aspekte Elektrifizierungsstrategie berücksichtigt Kosten nicht (S. 16, letzter Absatz): Der Klimaschutzplan geht davon aus, dass wir im Jahr 2050 eine vollelektrifizierte Volkswirtschaft haben. Elektrische Energie wird in allen Sektoren eingesetzt, also auch im Gebäude- und Mobilitätssektor. Eine Elektrifizierung der Volkswirtschaft bedeutet, dass der Stromverbrauch in Deutschland auf bis zu 800 TWh (S.22, 3. Absatz) ansteigen wird, der dann hauptsächlich durch PV- und Windstrom erzeugt werden soll. Dies bedeutet, dass wir in Deutschland zusätzlich rund 600TWh PV- und Windkraftwerke bauen müssen,1 inklusive dem zusätzlichen Netzausbau und dem entsprechenden Speicherkapazitäten. Die Kosten hierfür können heute nicht seriös abgeschätzt werden und es kann bezweifelt werden, dass es eine große Akzeptanz bei der Bevölkerung für diese Strategie gibt. Zwangssanierungsmaßnahmen weiterhin enthalten (S. 33, Absatz 2): Bei der Verpflichtung für Wärme zur Nutzung von Erneuerbaren Energien im Bestand (25-30 Prozent anteilig an der Wärme) droht ein Sanierungszwang durch die Hintertür. Dies ist ein unverhältnismäßiger und vor allem unwirtschaftlicher Eingriff in die Eigentumsrechte. Was angesichts der angespannten Immobilienmärkte in Deutschland gebraucht wird, ist bezahlbares Wohnen und Bauen. Jedoch wird der dringend benötigte Neubau von Wohn- und Wirtschaftsimmobilien unter dem aktuellen Entwurf des Klimaschutzplans 2050 leiden. Die Ideen, die wir gemeinsam mit der Politik im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen erarbeitet haben, sind hier nicht ausreichend repräsentiert. Wegfall der 140-Prozent-Regel bei Sanierungen bis 2030 (S. 31, 4. Absatz): Der Wegfall der sogenannten „140-Prozent-Regel“ würde eine massive mittelfristige Anhebung der Anforderungen an energetische Sanierungen bedeuten und das Gegenteil von dem bewirken, was eigentlich angestrebt wird: Sanierungsanstrengungen würden erlahmen. Technologieoffenheit fehlt an vielen Stellen im Klimaschutzplan: o Auch die geforderte Technologieoffenheit findet im aktuellen Entwurf des BMUB nicht ausreichend Beachtung. Um in 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, ist Technologieoffenheit aber ein maßgeblicher Pfeiler. Das Verbot von Gas und Ölheizungen, mittelfristig auch von Pelletheizungen führt zu einer Einschränkung der Auswahlmöglichkeiten für Investoren (S. 7, Absatz 4). o Die Förderung soll in Abhängigkeit zu den verwendeten Baustoffen erfolgen. Es macht keinen Sinn, energieeffizienten Neubau und die Wirtschaftlichkeit durch diese regulatorische Beschränkung zu verhindern. Die Folge wird nicht die Entspannung der Märkte, sondern vielmehr ein Sanierungsstau sein. Die Wahl der Baustoffe muss in erster Linie der Entscheidung des Investors obliegen (S. 34, 3. Absatz). o Die starke Ausrichtung auf Strom beschränkt die Technologieoffenheit im Gebäudebereich (S.16, letzter Absatz). Mindestanforderung der Gebäudestandards (S. 29, letzter Absatz): Die im Klimaschutzplan vorgeschlagenen Ziele mit 40 kWh/m2a für Wohngebäude und 52 kWh/m2a für Nichtwohngebäude als Mindestanforderung für Primärenergiebedarf bedeuten einen enormen Kraftakt für die Immobilienwirtschaft, der teilweise auch die Grenzen des technisch 1 In 2015 wurden, laut Statistischem Bundesamt, in Deutschland 195,9 TWh Strom durch Erneuerbare Energieträger erzeugt. 2 Machbaren überschreitet. Es fehlt hier eine Ausdifferenzierung nach Art und Nutzung der Gebäude, z.B. bei Spezialimmobilien wie Shopping-Centern, ist es schon mit dem aktuellen EnEV 2016-Standard technisch nicht immer möglich, einen Neubau zu realisieren. Verschärfung der Neubaustandards (S. 31, 5. Absatz): Die hier vorgeschlagenen erheblichen Verschärfungen des Neubaustandards auf den Endenergiebedarf für Wohngebäude auf einen Wert unterhalb von 30 kWh/m2a sind unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten, gerade auch aus dem Blickwinkel der Ergebnisse des Bündnisses für bezahlbares Bauen und Wohnen heraus, abzulehnen. Einführung von Klimaschutzklassen zur Einordnung des jeweiligen Sanierungsbedarfs (S. 33, 4. Absatz): Wir haben bereits Energieausweise mit einer Klassifizierung, deren zielorientierte Fortentwicklung anzustreben ist. Erforderlich ist hier die Ermittlung und die Berücksichtigung der gebäudespezifischen Nutzungsart mit differenzierten Effizienzklassen, die dem unterschiedlichen Energiestandard des realen Bestandes gerecht wird, wie bei der EnEV mit nachgeschalteter DIN 18599 und deren Nutzungsprofilen. Allerdings halten wir diese für nicht ausgereift, da die Praxis hier nicht ausreichend mit entsprechenden validen Daten an der Ausgestaltung beteiligt war. Dies wäre unserer Ansicht nach jedoch zwingend erforderlich gewesen und ist es auch weiterhin. III. Eigene Vorschläge durch den ZIA Der ZIA hat gemeinsam mit seiner neu gegründeten Task Force Energie und seinem Ausschuss Energie und Gebäudetechnik ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, das derzeit technisch und wirtschaftlich machbare Möglichkeiten untersucht. Der ZIA wird darüber hinaus zur stetigen Verbesserung der Ökobilanz der Immobilienwirtschaft konkrete Vorschläge erarbeiten. Mit diesen Ergebnissen, die in den weiteren Prozess zur Erarbeitung des Klimaschutzplans 2050 eingebracht werden sollen, wollen wir es gemeinsam mit der Politik schaffen, die Energiewende erfolgreich zu gestalten. 3
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