Störungen in der Wahrnehmung von Gesichtern (Prosopagnosie)

Störungen in der
Wahrnehmung von Gesichtern
(Prosopagnosie)
Grundlagen: Klassische KonditionierungFachbereich, Titel, Datum
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Definition
Prospopagnosie:
Einschränkung
im
Erkennen
und
Identifizieren von Gesichtern, obwohl Personen aufgrund ihrer
Stimme oder ihres Ganges differenziert und bekannte Personen
aufgrund nicht-visueller Merkmale identifiziert werden können.
Auszuschließen sind...
...Störungen der visuellen Basisfunktionen
...amnestische Defizite
...ein dementieller Abbauprozess
Prosopagnosien
treten
häufig
in
Kombination
mit
einer
Objektagnosie auf, können jedoch auch doppelt dissoziiert sein.
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Klassifikation
„Klassische“ Klassifikation
Apperzeptive Prosopagnosie sind durch eine mangelhafte
perzeptive Analyse der lokalen Eigenschaften von
Gesichtern charakterisiert.
Assoziative Prosopagnosien sind durch
Differenzierung
von
vertrauten
und
Gesichtern gekennzeichnet.
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die fehlende
unbekannten
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Fallbeispiel 1
Fallbeispiel: Apperzeptive Prosopagnosie
Patient:
männlich, 48 Jahre, Beruf. Juwelier
Ätiologie:
bilateraler Posteriorinfarkt
Symptome/primär:
Homonyme Hemianopsie
Symptome/sekundär:
leichte Defizite in der Objekt- und
Farberkennung. Prosopagnosie („...alle Gesichter sehen gleich aus...“):
Unfähigkeit, Frau oder Kinder auf Photos zu erkennen, langjährige
Kunden im Geschäft zu begrüßen, oder sein eigenes Gesicht aus einer
Reihe von Portraitaufnahmen herauszusuchen. Differenzierung von
unbekannten Gesichtern im Multiple-Choice-Test nicht möglich.
Portraits von berühmten Personen werden, z.T. aufgrund ausgeprägter
lokaler Gesichtsmerkmale identifiziert.
Verlauf: Trotz fortlaufendem Training der Gesichterwahrnehmung war
das Defizit auch ein Jahr nach dem Insult war der Defekt noch stabil
ausgeprägt.
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Prävalenz
Schätzung
aus
einer
Gruppenstudie:
Relativ
häufiger
prosopagnostische Defizite nach rechts-posterioren Läsionen (4/9
Patienten) als nach entsprechenden links-posterioren Läsionen
(1/21 Patienten).
Problem: Gruppenstudien erfassen lediglich die Identifikation von
bekannten Gesichtern (famous faces).
Bitte auch beachten: Entwicklungsbedingte Prosopagnosien
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Ätiologie
Apperzeptive
Prosopagnosien
gehen
auf
ausgedehnte
Schädigungen (Infarkte, Anoxien) in der medialen okzipito-temporalen
Region zurück. Sensitiv ist die basale Unterseite des Kortex (Gyrus
fusiformis). Teilweise reichen unilaterale Läsionen in der rechten
Hemisphäre aus, um eine Prosopagnosie hervorzurufen.
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Ätiologie
Assoziative Prosopagnosien gehen oft auf Läsionen des rechten
inferioren temporalen Kortex zurück. Allerdings ist diese Zuordnung
nicht zwingend, da die defekten Verarbeitungsmodule nicht immer
genau im Kortex lokalisiert werden können. Je höher/komplexer die
Störung, desto heterogener die Läsionsorte, die man in
Einzelfallstudien finden kann.
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Diagnose
Exploration:
-
Sehen Gesichter für Sie gleich aus?
-
Haben Sie Probleme, das Pflegepersonal
auseinander zu halten?
-
Fällt es Ihnen schwer, ihren Besuch sofort zu
erkennen?
-
Sehen Schauspieler im Fernsehen gleich aus?
-
Können Sie Bilder von Prominenten in der
Zeitung sofort erkennen, ohne die
Bildunterschrift zu lesen ?
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Diagnose: Kognitionspsychologisches Modell
Apperzeptive Prosopagnosie
Assoziative Prosopagnosie
Modell nach Bruce & Young
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Diagnose
Strukturelle Enkodierung:
Perzeptive Analyse von
Gesichtermerkmalen. Spezifische
lokale Merkmale (z.B. Augen, Nase,
Mund) werden zu einem globalen
Eindruck zusammengesetzt.
Konfiguration kann auch aus anderen
Perspektiven wiedererkannt werden,
d.h. auch eine ‚objekt-zentrierte’
Repräsentation.
Störung der strukturellen Enkodierung:
Apperzeptive Prosopagnosie, da Patient die lokalen Elemente eines
Gesichtes nicht mehr zusammenfügen kann. Der globale Eindruck ist
nicht unmittelbar verfügbar und Wechsel der Perspektive werden
nicht toleriert.
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Diagnose
Apperzeptive Störung aufgrund struktureller Enkodierungsprobleme:
-Beschreibung von Photos von Personen vs. Zeichnen eines Gesichtes
-Benton Facial Recognition Test: Differenzierung unbekannter Gesichter
Gleiche Perspektive
& Beleuchtung
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Unterschiede in Perspektive
und/oder Beleuchtung
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Diagnose
Ausdrucksanalyse:
Dekodierung des emotionalen
Zustands einer Person
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Mundbewegungen: Verständnis des
semantischen Gehalts einer verbalen
Botschaft
Gerichtete Gesichtsanalyse:
Wiedererkennen von
Merkmalen eines bekannten
Gesichtes
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Diagnose
Apperzeptive Störung aufgrund fehlender gerichteter Analyse:
-Benton Facial Recognition Test: Differenzierung unbekannter Gesichter
Apperzeptive Störung aufgrund fehlender Ausdrucksanalyse:
-Facial Action Coding System (FACS, Ekman & Friesen)
‚Überraschung‘ – ‚Furcht‘ –
‚Freude‘ – ‚Wut‘ – ‚Angst‘
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Diagnose
Gesichter-Erkennungs-Einheiten (FRU):
Bekannte Gesichter lösen ein Gefühl der
Vertrautheit aus. Kann durch Informationen aus
der kognitiven Verarbeitung (Gang, Stimme
usw.) unterstützt werden. Noch kein Zugriff auf
Identität oder episodisches Gedächtnis.
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Störung der GesichterErkennungs-Einheiten
(FRU):
Assoziative Prosopagnosie, da
Gesichter als ‚Gesichter‘
erkannt werden, jedoch kein
Zugriff auf das Gedächtnis
durch ein bekanntes Gesicht
ausgelöst wird.
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Diagnose
Assoziative Störung aufgrund Störungen der Gesichter-ErkennungsEinheiten:
-Bekannte und unbekannte Gesichter aufgrund eines
Vertrautheitsgefühles differenzieren lassen
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Diagnose
Personen-Erkennungs-Einheiten (PIN):
Zu dem Vertrautheitsgefühl kann die
Identität einer Person assoziiert werden. Es
findet auch ein Zugriff auf die weiteren
Charakteristika der Person statt, wobei das
kognitive System unterstützend wirkt.
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Störung der PersonenErkennungs-Einheiten
(PIN):
Assoziative Prosopagnosie,
da bekannte Gesichter zwar
ein Vertrautheitsgefühl
auslösen, aber nicht
identifiziert werden können.
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Diagnose
Assoziative Störung aufgrund Störungen der Personen-ErkennungsEinheiten:
- Famous Faces Test: Bekannte Gesichtern kategorisieren lassen, bzw.
assoziierte Informationen geben lassen.
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Diagnose
Störung der Namensfindung:
Gesichter-spezifische Anomie, bei jedoch intaktem Perzept und
intaktem Wissen über die Person.
Diagnose über den
Famous-Faces-Test
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Therapie
Es liegen keine standardisierten Therapieprogramme zur Rehabilitation
einer Prosopagnosie vor. Intensives Training mit Testverfahren
(Gesichter-diskrimination,Gesichter-Namen-Assoziation) war nur
begrenzt erfolgreich.
Empfehlungen im Fall einer apperzeptiven Störung:
Anwendung bestimmter Suchroutinen, um möglichst schnell die lokalen
Charakteristika von Gesichtern identifizieren zu können.
Empfehlungen im Fall einer assoziativem Störung:
Sammlung eines Sets von Charakteristika von engen Freunden &
Bekannten, anhand derer diese möglichst schnell analysiert werden
können.
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Therapie: Spezifität von Gesichtern
Leistung im Wiedererkennen
Schafe
Menschen
Gesunde
66%
89%
WJ
87%
50%
Fallgeschichte des Patienten WJ:
WJ hatte ein stabile Prosopagnosie. Nach seinem Schlaganfall wurde er
Farmer, und lernte, seine Schafe zu differenzieren. Er lernte allerdings
nie, neue Gesichter von Menschen zu unterscheiden.
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