Erfahrungsbericht zum Forschungsaufenthalt im außereuropäischen Ausland School of Economics and Management (SEM) Tongji University, China, Volksrepublik Aufenthalt von 01.03.2015 bis 19.04.2015 Studienfach: Betriebswirtschaftslehre (Promotion) Vom 01.03.2015 bis 19.04.2015 habe ich im Rahmen des Programms Tradition - Vertrauen – Zukunft einen Forschungsaufenthalt an School of Economics and Management (SEM) der Tongji Universität, Shanghai absolviert. Bewerbung und Vorbereitung: Durch eine Rundmail über den Mitarbeiterverteiler wurde ich auf das Programm Tradition Vertrauen – Zukunft aufmerksam. Die Bewerbung für einen Forschungsaufenthalt an der SEM (Tongji Universität) erfolgte ganz einfach und problemlos über die OnlineBewerbungsplattform. Dort waren alle Dokumente ersichtlich, die für eine Bewerbung erforderlich waren. Auch der aktuelle Bewerbungsfortschritt war stets einsehbar. Das zeitintensivste an der Bewerbung war das Anschreiben. Für eine erfolgreiche Bewerbung kann ich raten, sich mit der Forschung und den Forschern vor Ort an der SEM zu befassen und mögliche Überschneidungen mit den eigenen Forschungsarbeiten herauszustellen. Hat man Professoren oder Forscher mit Schnittstellen identifiziert, erleichtert dies auch das Herstellen von Kontakten vor Ort. Ca. zwei Wochen nach meiner Bewerbung habe ich eine positive Rückmeldung von der Tongji Universität erhalten. Nach dem Erhalt des Einladungsschreibens aus China und der Reservierungsbestätigung für das Gästehaus (um beides hat sich ausschließlich die Tongji Universität und das International Office gekümmert) hieß es: Visum beantragen und Flug buchen. Das Visum habe ich im Konsulat in Frankfurt beantragt. Nach drei Arbeitstagen konnte ich meinen Reisepass mit dem Visum wieder abholen. Danach ging es an das Buchen des Fluges. Auf der Seite www.skyscanner.de lässt sich zuverlässig die Preisentwicklung verfolgen. Ich würde raten, nicht allzu lange zu warten, die Preise steigen mit nahendem Abflugtermin an. Ich habe mich für einen Direktflug entschieden. Für einen Lufthansaflug (Frankfurt bis Shanghai (Direktflug) und heimwärts von Peking nach Frankfurt (Direktflug)) habe ich gut 815,- € gezahlt – identische Flüge wären bei etwas früherem buchen schon für 750 € verfügbar gewesen. Flüge mit Umstieg sind günstiger. Von der Zimmerreservierung im Vorfeld habe ich nichts mitbekommen, das wurde von Seiten der Tongji Universität und dem International Office komplett abgewickelt. Allerdings wurde das Zimmer nur für exakt den Zeitraum meines Forschungsaufenthaltes zur Verfügung gestellt. Da ich einen Tag vorher ankam, habe ich die erste Nacht bei einem Freund aus Shanghai verbracht. Bei hinreichend früher Anfrage an die Tongji Universität wäre es bestimmt möglich gewesen, das Zimmer für einen weiteren Tag (Anreisetag) zu reservieren und bereits eher zu beziehen. Ankunft und Unterbringung: Nach zehn Stunden Flug kam ich um 11h morgens (Ortszeit) in Shanghai an. Der Flughafen ist zwar sehr groß, aber übersichtlich. Einreise und Koffer entgegennehmen lief problemlos. Direkt nach der Gepäckausgabe wird man bereits von verschiedenen Chinesen angesprochen, ob man ein Taxi braucht. Taxi ist in Shanghai ein sehr geeignetes und günstiges Fortbewegungsmittel – aber hier wird auch viel Betrug betrieben. Wichtig ist: grundsätzlich alle „Taxifahrer“ am Flughafen ignorieren, auch wenn sie erzählen, sie würden mit „meter“ fahren oder sie seien vom Airporttaxi. Meiner Erfahrung nach sollte man insbesondere immer dann besonders vorsichtig sein, wenn jemand gut englisch spricht. Der 1 offizielle Taxistand ist im Flughafen ausgeschildert. Diesen Schildern folgen, eine steile Rolltreppe nach unten und schon sieht man die Warteschlange. Die Taxis kommen am laufenden Band, d.h. auch bei langer Schlange ist die Wartezeit nicht besonders lange. Offizielle Taxis erkennt man an der Lackierung sowie einer offiziellen Lizenz des Fahrers mit Foto, die beim Beifahrer angebracht werden muss, sowie eines Taxameters, das i.d.R. unter dem Handschubfach oder beim Radio angebracht ist. Immer darauf achten, dass das Taxameter eingeschaltet wird. Wenn das nicht passiert, einfach darauf zeigen oder „meter“ sagen. Sonst kann es sein, dass eine Taxifahrt schnell immens teuer wird. Offizielle Taxifahrer probieren eher sehr selten ohne meter zu fahren – falls sie es doch probieren, schalten sie dieses erfahrungsgemäß bei einem Hinweis dann beschämt an. Sollte man doch in eine „Taxifalle“ tappen, ist das i.d.R. nicht gefährlich, sondern „nur“ teuer oder zeitintensiv. Ich bin bei der Ankunft einem englisch sprechenden Taxifahrer gefolgt – über mehrere Parktürme zu seinem Auto. Er hat direkt meinen Koffer genommen und in sein Auto geladen. Dies war kein offizielles Taxi; Taxameteter und Lizenz haben gefehlt. Ich habe ihn dann mit Nachdruck gebeten, dass er mir meinen Koffer wieder gibt, was er ohne zu zögern gemacht hat. Ich musste zwar den ganzen Weg wieder zurück zum Flughafen laufen, aber passiert ist mir nichts – und auch bedroht habe ich mich nicht gefühlt. Als weitere Alternative vom Flughafen in die Innenstadt bietet sich der Maglev (Magnetschwebebahn) an. Dieser fährt allerdings nur eine Teilstrecke und man muss umsteigen, um weiter in die Innenstadt zu kommen (in die Metro oder ein Taxi nehmen). Wer sich vorher gut informiert, wie und wo er umsteigen muss, kann den Maglev mit einem für Maglev den Tag gültigen Flugticket vergünstigt nutzen. 430 km/h sind ein unglaubliches Erlebnis ;-) Eine weitere Möglichkeit ist die Metro. Allerdings dauert es hiermit 1-1,5h in die Innenstadt und man muss mit übervollen Zügen rechnen. Untergebracht war ich im Tongji Gästehaus. Das Gästehaus ist der Tongji Universität angegliedert und umfasst neben einem Hauptgebäude mehrere kasernenartige Nebengebäude. Für mich gab es ein Doppelzimmer zur Einzelnutzung. Die Ausstattung der Zimmer ist einfach und funktional – aber vollkommen ausreichend. Neben einem eigenen Bad mit WC und Dusche (incl. Fön, Handtücher, Kosmetik- und Toilettenartikel) gibt es eine Klimaanlage zum Heizen bzw. Kühlen und einen Wasserkocher, der echt Gold wert ist (für China-Suppe ). Anfang März war es in den Nächten noch sehr kalt – und trotz Heizen wurde es nicht richtig warm. Eine Wärmflasche vorsorglich von zu Hause mitbringen ist hier spitze. Vom Gästehaus zur Uni waren es ca. 5 Min zu Fuß. Um das Gästehaus herum gab es mehrere kleine Shops und Restaurants für den täglichen Bedarf und Hunger. 2 Zimmer Tongji Gästehaus An der Uni An meinem ersten Tag an der Uni führte mich der Weg zunächst zum International Office im 13. Stock des Unigebäudes in der Siping Road. Dort im 16. Stock war dann auch mein Büro. Nach einer Registrierung (Einladungsschreiben musste vorgelegt werden) habe ich einen Internetzugang erhalten. Diese werden i.d.R. für 6 Monate verkauft. Wenn der Aufenthalt kürzer ist kann es ggf. zu Problemen kommen, einen Zugang zu erhalten bzw. eine reduzierte Gebühr zu bezahlen (da diese standardisiert für 6 Monate ausgelegt sind). Selbst wenn eine kürzere Laufzeit nicht möglich ist, ist die Gebühr für 6 Monate nicht hoch (15,- €) und ein guter Kompromiss. Im International Office erhält man ein Begrüßungsset mit Metroplan, Campusplan und wichtigen Adressen wie Arzt und Apotheke, Botschaften. Nach einer Vorstellung beim Dekan wurde ich in mein Büro gebracht. Dieses habe ich mir mit einer Doktorandin aus Portugal und einer Forscherin aus Indien geteilt. Der Platz war sehr großzügig und jeder hatte seine eigene Schreibtischnische. Dank eines eigenen Schlüssels war das Kommen und Gehen jeder Zeit möglich. Die Pforte der Uni war außer an den Wochenenden bis 24h besetzt, so dass man auch mal etwas länger arbeiten konnte (die meisten Chinesen gingen pünktlich um 17h). Vor Ort habe ich eher autonom gearbeitet. Es gab keine Ein- und Anbindung an Büro - Arbeitsplatz Programme oder 3 Doktorandengruppen (in China haben Doktoranden kein Büro sondern arbeiten von zu Hause oder promovieren neben der Arbeit). Diese Freiheit und Autonomie hatte den Vorteil, dass ich viel Zeit für meine eigenen Arbeiten und Forschungen hatte. Es hat aber auch manchmal dazu geführt, dass man sich etwas einsam und isoliert gefühlt hat. Leben in Shanghai Alle Bedenken, die ich im Vorfeld hatte als ich nach China bin („als Frau alleine in China“…) haben sich schnell erledigt. In China ist es nicht gefährlich auf die Straße zu gehen, aber über. Autochaos überall – rote Ampeln werden grundsätzlich nicht beachtet, Motorräder und Roller fahren auf dem Bürgersteig und es gilt das Gesetz der lauteren Hupe. Bis man sich daran gewöhnt ist das wirklich etwas gefährlich. Bis ich mich sicher auf den Straßen Shanghais gefühlt habe, habe ich versucht, möglichst nur in Gruppen von Chinesen und in der Mitte dieser Gruppen über die Straße zu gehen. Shanghai bietet vielfältige Möglichkeiten, das Land, die Leute, die Kultur zu entdecken. Sehr empfehlen kann ich Wochenendtrips in die anliegenden Städte und Gebiete (z.B. Hangzhou). Die Zuganbindung in Shanghai ist super und Züge sind auf einem neuen technischen Stand (zum Teil moderner und komfortabler als in Deutschland). Die Buchung der Tickets erfolgt stets mehrere Tage vor der Fahrt und man bekommt direkt einen festen Platz zugewiesen. Am besten im Internet buchen (am Bahnhofsschalter versteht niemand englisch, obwohl es offiziell einen englischen Schalter gibt – bei dem häufig aber keiner englisch spricht). Über www.ctrip.com kann man zu sehr günstigen Gebühren Tickets kaufen (alles auf Englisch und sehr übersichtlich). Abholung erfolgt im Ticketoffice am Bahnhof mit dem Reisepass (Gebäude ist außerhalb des Bahnhofs). Entweder einen Chinesen mitnehmen, sich von einem Chinesen etwas schriftlich übersetzen lassen oder einfach nur den Reisepass hinlegen. Der Beamte hinter dem Schalter weiß dann was zu tun ist und sucht über die Reisepassnummer oder die Reservierungsnummer (je nach dem, was man dabei hat) die reservierten Tickets. Dann kann es schon losgehen. Auch der Nachtzug ist eine tolle Erfahrung für weitere Strecken und eine gute Möglichkeit, Chinesen kennen zu lernen (unbedingt Weichschläfer nehmen, Hartschläfer sind sehr unbequem – Oropax mitnehmen gegen Schnarcher). Am besten vor der Abreise einen Lonely Planet (Reiseführer) besorgen. Damit kommt man super durch Shanghai und ganz China ohne das Gefühl, etwas Wichtiges zu verpassen. Das wohl Problematischste in China ist, dass die überwiegende Bevölkerung kein oder nur sehr unverständliches Englisch spricht. Dies trifft auch auf viele Professoren an der Uni zu, was einen Kontakt sehr schwierig machen kann. Für alle Einkäufe, bei denen man etwas erklären muss (z.B. Kauf einer SIM) am besten einen Chinesen mitnehmen bzw. beim Sekretariat des Dekans bitten, dass sie einen Studenten schicken, der Zugticketabholung auf Englisch und Chinesisch mit einem kurz dies und jenes erledigt. Das fühlt sich zwar erst einmal etwas 4 komisch an, ist aber eine gute Lösung, insb. auch weil man als Nicht-Chinese ohne chinesische Begleitung grundsätzlich erst einmal mehr zahlt Ein weiterer limitierender Faktor ist das Internet. Neben einigen zensierten Seiten ist dieses häufig sehr instabil und langsam. Daten, die man vor Ort zum Arbeiten braucht, am besten bereits in Deutschland besorgen und mitbringen. Auch ein VPN Client ist unerlässlich um auf alle forschungsrelevanten Seiten zugreifen zu können. Geld und Transport Einige Bankinstitute bieten Kreditkarten an, mit denen man kostenlos in China Geld abheben kann (z.B. DKB, Cortal Consors). Eine solche rechtzeitig zu beantragen ist ratsam, man kann hier viel an Gebühren sparen. Geldautomaten gibt es in China an fast jeder Ecke – und das Abheben ist genauso unproblematisch wie in Deutschland. Um Diebstahl vorzubeugen habe ich statt einem Geldbeutel einen Geldgürtel getragen, in dem sämtliche wichtigen Dokumente und Geldkarten sowie Bargeld waren. Auch bietet sich an, alle offiziellen Dokumente (Reisepass, Visum, Perso) zu kopieren und in Kopie im Hotel zu lassen. Im Falle eines Diebstahls geht es mit Kopien in der Botschaft einfacher als ohne, neue, vorläufige Dokumente zu erhalten. Shanghai bei Nacht Den Weg zur Uni bin ich jeden Tag gelaufen. Fürs Einkaufen in internationalen Supermärkten (z.B. Carrefour am Hongkou Football Stadium), die etwas entfernt lagen oder für Trips in das Stadtzentrum habe ich meist die Metro benutzt. Am bequemsten ist hierfür eine Metrocard. Diese kann man in fast allen Metrostationen kaufen. Sie kosten 20 Yuan Pfand (ca. 3 €) und man kann weitere Beträge aufladen und diese „abfahren“. Mit der Metrocard spart man sich das Anstehen und Kaufen von Einzeltickets für jede Fahrt. Die Fahrt an sich kostet jedoch genau so viel wie ein Einzelticket, d.h. man spart durch die Metrocard Zeit (und Nerven), aber kein Geld. In jeder Station hängen Metropläne aus, i.d.R. auch auf Englisch beschriftet, so dass man sich eigentlich nicht verirren kann. Auch die Namen der Stationen sind in der Metro auf Englisch ausgeschrieben sowie an den Stationen selbst. Zurückgeben kann man die Metrocard in der Station East Nanjing Road. Sie gilt auch für Taxi und Bus. Gerade Taxi ist eine gute Option, wenn man einmal etwas länger in der Stadt ist, denn die Metro fährt nur bis 22.30/23.00h. Zusammenfassend war die Zeit in Shanghai eine unheimlich prägende und wertvolle Zeit. Ich kann einen Aufenthalt uneingeschränkt empfehlen! Das Einzige, was ich anders machen würde: Ich würde länger als 6 Wochen bleiben 5
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