www.pwc.at/publikationen Financial Services aktuell Banken, Fonds, Real Estate, Versicherungen Express Express Ausgabe 34, 28. April 2016 Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) MREL (Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities) soll sicherstellen, dass Banken bei Bedarf geordnet abgewickelt werden können. Dabei wird die M-REL Quote zur zusätzlichen Größe neben den Eigenmittelanforderungen. Als Antwort auf die globale Finanzkrise etablierte die Europäische Union eine europaweite Bankenunion, die die Recovery and Resolution Directive (BRRD) miteinschließt. Diese soll ein konsistentes Regelwerk zur Sanierung und Abwicklung von Banken schaffen. In Österreich wurde die BRRD per 01.01.2015 mit dem BaSAG (Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken in Kraft gesetzt). Die BRRD fordert unter anderem, dass die Banken über einen Mindestbetrag an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten verfügen. Dies soll sicherstellen, dass eine Bank in einer Krise für ihre systemrelevanten Teile durch die berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten Verluste tragen und gegebenenfalls durch das Abwicklungsinstrument Gläubigerbeteiligung (Bail-In) rekapitalisiert werden kann. Der Bail-in bezeichnet die Beteiligung von Gläubigern einer Bank (also den Anlegern in deren Schuldtiteln) an deren Verlusten bei deren Sanierung oder Abwicklung im Falle drohender Zahlungsunfähigkeit. Die Bezeichnung ist als Gegenstück zum Bail-out geprägt worden, also der Schuldenübernahme und Tilgung oder Haftungsübernahme durch Dritte. Hauptzielsetzung der MREL ist es daher sicherzustellen, dass Banken abgewickelt werden können ohne eine Gefährdung der Finanzmarktstabilität zu verursachen oder öffentliche Gelder zu benötigen. Auf einen Blick • Die einheitliche Abwicklungsbehörde (SRB) muss für Banken in ihrem Zuständigkeitsbereich im Jahr 2016 M-REL Ziele setzen • Ab 2017 tritt ein laufendes Reporting der MREL-Ausstattung als Teil des Meldewesens in Kraft • Für national beaufsichtigte Institute ist noch kein konkreter Zeitplan definiert – mit ersten Anforderungen ist jedoch im Jahr 2016 zu rechnen 1. Hintergrund und Zielsetzung von M-REL Als Antwort auf die globale Finanzkrise haben die G-20 beschlossen, die Überwachung von global operierenden sogenannten Systemically Important Financial Institutions (G-SIFIs) auszuweiten. Das Financial Stability Board (FSB) hat von den G-20 den Auftrag erhalten, ein konsistentes internationales Regelwerk zur Sanierungs- und Abwicklungsplanung aufzusetzen und dessen Implementierung zu überwachen. In weiterer Folge etabliert die Europäische Union eine europaweite Bankenunion, die eine Recovery and Resolution Directive (BRRD) miteinschließt. Die Richtlinie 2014/59/EU („BRRD“) und die Verordnung (EU) Nr. 806/2014 („SRM“) bilden als gemeinsames Regime für die Sanierung und Abwicklung von Banken die sogenannte „zweite Säule“ der europäischen Bankenunion und schließen an die Regelungen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Banken („SSM“), die sogenannte „erste Säule“, an. In Österreich wurde die BRRD durch das Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken („BaSAG“) umgesetzt. Das BaSAG ist mit 1.1.2015 in Kraft getreten. Die BRRD besteht aus den 3 HauptAbbildung 1: MREL als Erweiterung der Eigenmittelanforderungen teilen: Prävention (Sanierungs- und Abwicklungsplanung), Frühinterventionsmaßnahmen und Abwicklung. Ein wesentliches Instrument der Abwicklung ist der sogenannte BailIn, mit dem neben den Eigenmittelgebern auch die nicht nachrangigen Gläubiger der Bank zur Verlusttragung herangezogen werden können. Damit soll die Inanspruchnahme von Staatshilfen zur Bankenrettung vermieden werden. Daher fordert die BRRD, dass die Banken über einen Mindestbetrag an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten verfügen. Dies soll sicherstellen, dass eine Bank in einer Krise für ihre systemrelevanten Teile durch die berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten Verluste tragen und gegebenenfalls rekapitalisiert werden kann. Durch die Fortführung der systemrelevanten Teile wird die Stabilität des Finanzmarktes gewahrt. MREL wird künftig ein fester Bestandteil des regulatorischen Rahmenwerkes sein und die definierte M-REL Quote je Bank damit eine zusätzliche Größe neben den Eigenmittelanforderungen. Die Themen Abwicklung und Abwicklungsplanung und damit einhergehend MREL sind im Zuständigkeitsbereich Abbildung 2: Kriterien für die Bestimmung der Höhe der MREL-Anforderung (EBA/RTS/2015/05) der Abwicklungsbehörden. Der SRB (Single Resolution Board) erfüllt die Funktion einer europäischen Abwicklungsbehörde und ist für alle direkt von der EZB-beaufsichtigten Finanzinstitute und für definierte weitere internationale Finanzinstitute zuständig. Für die national beaufsichtigten Banken sind die nationalen Abwicklungsbehörden zuständig. Als nationale Abwicklungsbehörde ist in Österreich die FMA (Finanzmarktaufsicht) vorgesehen. Die Einschätzungen der Abwicklungsbehörden spielen eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der institutsspezifischen MREL-Anforderung. Diese Vorgehensweise erkennt, dass sich nicht alle Banken eins zu eins vergleichen lassen. Somit sollen die jeweilige Abwicklungsstrategie, die Einschätzung der Abwickelbarkeit, die Größe sowie das Geschäftsmodell jedes Instituts bei der Festlegung der institutsspezifischen MREL Quote berücksichtigt werden. Die EBA wird bis spätestens 21. Oktober 2016 einen Bericht veröffentlichen, der sich mit den Differenzen in den MRELAnforderungen für vergleichbare Institute auseinandersetzt. Damit soll die Transparenz unter den europäischen Banken verbessert werden. 2. MREL-Anforderungen – Aktueller Stand in Europa Die Bestimmung der MREL Quote ist ab 2016 zwingend vorgeschrieben. Der (noch nicht finalisierte) Entwurf des technischen Regulierungsstandards (RTS) der EBA zu MREL sieht vor, dass die Abwicklungsbehörden eine entsprechende Übergangsfrist bis zur Erreichung der MREL-Ziele festlegen. Das MREL-Ziel wird jeweils auf Einzelfallbasis festgelegt. Dies geschieht auf Grundlage von mindestens sechs einheitlichen, in der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (BRRD) festgelegten Kriterien (siehe Abbildung 2). Financial Services aktuell – Express Ausgabe 34, April 2016 2 Diese technischen Standards definieren die Mindestkriterien genauer. So soll sichergestellt werden, dass Institute, die sich bezüglich Risikoprofil, Abwicklungsfähigkeit und anderen Kriterien gleichen, unabhängig vom Standort auch vergleichbare MRELZiele bekommen. Der SRB arbeitet mit den Banken individuelle Umsetzungspläne zur Erreichung des jeweiligen MREL-Ziels aus, die in der Übergangsphase auch Zwischenziele vorschreiben. Global systemrelevante Banken (Global Systemically Important Banks – G- SIBs) müssen weiters den internationale VerlustabsorptionsfähigkeitsStandard (Total Loss-Absorbing Capacity, TLAC) erfüllen. Angedacht ist, dass die G-SIBs eine Mindest-TLACQuote von 16-20% der risikogewichteten Aktiva einhalten sollen. TLAC wurde zwar noch nicht in europäisches Recht umgesetzt, der SRB geht jedoch davon aus, G-SIBs innerhalb der Bankenunion diesen Standard bis 2019 erfüllen werden müssen. Vorgangsweise in Großbritannien Die Bank of England (BoE) und die Prudential Regulation Authority (PRA) haben im Dezember 2015 Kon- sultationen über die Grundsätze zur MREL-Festsetzung für alle Banken, Bausparkassen und für bestimmte Wertpapierfirmen in Großbritannien eingeleitet. Als Abwicklungsbehörde hat die BoE ihre initiale Interpretation der MREL Anforderungen bekannt gegeben und wendet teilweise dem TLAC-Standard ähnliche Kriterien für die MREL-Anforderungen an. Die BoE geht bei einer Schieflage von Instituten ab einem Schwellwert von mehr als 40.000 Konten davon aus, dass Sie mit Abwicklungsmechanismen wie der Übertragung von Teilen des Instituts auf Dritte oder Bail-In aktiv werden wird. Für größere komplexere Institute, deren Ausfall die Finanzmarktstabilität beeinflussen könnte, geht die BoE grundsätzlich von einer MREL Erfordernis in Höhe des Doppelten der Mindestkapitalanforderung aus. Weiters wird von solchen Instituten gefordert, dass externe MREL Emissionen im Vergleich zu operativen Verbindlichkeiten strikt strukturell nachrangig - somit von einer nicht operativen Holding - begeben werden müssen. Zusätzlich ist von Interesse, dass z.B. zusätzliche Verbindlichkeiten (wie z.B. solche mit signifikanten Derivativ-Komponenten) nicht als MREL fähig betrachtet werden und auch dass ein Unterschreiten der MREL Vorgaben gleiche Konsequenzen wie ein Unterschreiten der Mindestkapitalanforderungen nach sich ziehen soll. Von besonderem Interesse wird es sein inwieweit die Interpretationen der BoE und PRA auch die Meinungen der weiteren europäischen Akteure beeinflussen werden. Umsetzung auf nationaler Ebene Darüber hinaus hat die EBA bis 31. Oktober 2016 der Kommission einen Bericht über die MREL-Umsetzung auf nationaler Ebene sowie über bestimmte MREL-Aspekte im Rahmen der BRRD vorzulegen. Der Ausschuss zur Abwicklungsplanung erstellt gerade ein Abwicklungshandbuch, das die nationalen Abwicklungsbehörden bei der Erstellung der Abwicklungspläne unterstützen soll. Derzeit liegt noch kein genauer Zeitplan für Banken im direkten Einflussbereich der nationalen Abwicklungsbehörden vor – mit Anforderungen an die betroffenen Banken im Jahr 2016 ist jedoch zu rechnen. Abbildung 3: Möglicher Gesamtzeitplan MREL und wesentliche Einflussfaktoren Financial Services aktuell – Express Ausgabe 34, April 2016 3 3. Aktuell: Erhebung und Übermittlung granularer Daten zu den Verbindlichkeiten durch SRB Banken Am 22. Februar 2016 hat der Einheitliche Abwicklungsausschuss (Single Resolution Board, SRB) angekündigt, mit der Datenerhebung zur Abwicklungsplanung und Bestimmung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) bei allen Bankengruppen in seinem direkten Verantwortungsbereich zu beginnen. Diese SRB Datenerhebung betrifft derzeit 10 Bankengruppen mit Sitz in Österreich. Für die weiteren österreichischen Banken kann von einer ähnlichen Anforderung (konkreter Zeitraum und Umfang derzeit noch offen) der nationalen Abwicklungsbehörde im weiteren Verlauf von 2016 ausgegangen werden. bis hin zu Derivaten und Intergruppen-Aspekten die Passivseite der Banken umfassend abfragen. Die Veröffentlichung der finalen Version der Erläuterungen nach Abschluss der derzeit laufenden Konsultation erfolgt am 30. April 2016. Die Lieferung der Daten ist von den betroffenen Banken bis Mitte Mai bzw. Mitte Juni gefordert. Die Informationen sind grundsätzlich auf konsolidierter, teilkonsolidierter und Einzelunternehmens-Basis anzugeben. Die derzeitige erste Informationserhebung erfordert die Daten auf Ebene der EU-Muttergesellschaft (konsolidiert und auf Einzelebene) sowie der Tochtergesellschaften innerhalb der EU sofern diese Einlagen entgegennehmen, Wertpapiere emittieren oder Derivate handeln. Das SRB Template dient der Analyse der Verbindlichkeitsstrukturen der Banken und wird als Basis für die Erstellung der Abwicklungspläne und der MREL Vorgaben an die betroffenen Banken herangezogen werden. In dem Template werden Themenfelder abgedeckt, welche von Eigenmitteln, über Einlagen, Wertpapiere Vor allem für jene Banken, die unter SRB Zuständigkeit fallen, wird das Thema MREL damit spätestens jetzt zu einer realen Herausforderung. 4. Herausforderung für Banken Eine der größten Herausforderungen ist zurzeit die Ungewissheit bezüglich der Höhe der zukünftig zu erfüllenden MREL-Quote, die in den kommenden Monaten den wichtigsten Bankengruppen bekanntgegeben wird. Vor Festlegung sollten sich die Banken jedoch bereits mit dem Thema auseinandersetzen um den aktuellen Stand sowie eine mögliche zu erwartende Ziel-MREL Quote zu eruieren. Dabei sollten Banken ihre Verbindlichkeitsstruktur unter Berücksichtigung der MREL-Kriterien detailliert analysieren. Ziel ist es nicht nur sich für den Dialog mit den Regulatoren vorzubereiten sondern auch zeitnah zu identifizieren, welchen Einfluss die Anforderungen aus MREL auf die Gesamtbanksteuerung haben. Sollte der aktuelle Stand an den berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten und Eigenmitteln die erwartete MREL-Quote nicht erfüllen, müsste die Bank den eventuellen Bedarf an zusätzlichen Verbindlichkeiten in der Kapitalplanung berücksichtigen und die Emissionsstrategie dementsprechend anpassen. Jede Änderung der Refinanzierungsstruktur bedeutet in diesem Fall steigende Refinanzierungskosten, Abbildung 4: Überblick MREL Datenabfrage SRB – acht neue Meldesheets Financial Services aktuell – Express Ausgabe 34, April 2016 4 die das Geschäftsmodell des Instituts wesentlich beeinflussen können. Dies stellt die größte Herausforderung für die Banken in den kommenden Jahren bei der Erfüllung der MRELAnforderung dar. Für die Übermittlung der erforderlichen Informationen ist ein hoher manueller Aufwand für die initiale Befüllung zu erwarten, da die Detailinformationen regelmäßig nicht im Datenbestand vorliegen und die Meldefrist für IT Umsetzungen zu kurz ist. Da MREL künftig ein fester Bestandteil des regulatorischen Rahmenwerkes sein wird, sollten sich Banken weiters bereits jetzt darauf vorbereiten, die Anforderungen aus MREL hinsichtlich Ihrer Verfügbarkeit in den Datenhaushalten und Ihrer Abbildung in den Reportingsystemen zu analysieren und vorzubereiten. Auch wenn das aktuelle Liability Data Template eine mögliche erhöhte Anforderung an die Granularität der geforderten Daten aufweist, bildet es eine gute Ausgangsbasis für die Evaluierung der künftigen Reportinganforderungen. Zukünftig kann hier ein hoher Aufwand für automatisierte technische Umsetzungen im Meldewesen erwartet werden, da bisher nicht relevante Zusatzdaten angebunden werden müssen (Legal, Treasury, externe Datenanbieter…). Ihre Ansprechpartner Financial Services Der SRB hat auch bereits angekündigt, dass zukünftig von den Banken erwartet wird MREL, Bail-In und weitere abwicklungsrelevante Informationen in sehr kurzer Zeit liefern zu können, da Schritte im Rahmen einer Abwicklung innerhalb weniger Tage durchgeführt werden könnten. Tadeh Amirian Manager Financial Services Banking +43 1 501 88-1304 [email protected] Georg Ogrinz Partner Financial Services Consulting +43 1 501 88-1180 [email protected] Johannes Wolfslehner Senior Manager Financial Services Consulting +43 1 501 88-1186 [email protected] PwC Wien Erdbergstraße 200, 1030 Wien www.pwc.at Medieninhaber und Herausgeber: PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Erdbergstraße 200, 1030 Wien Für den Inhalt verantwortlich: StB Mag. Thomas Strobach, [email protected] Für Änderungen der Zustellung verantwortlich: Tatjana Wallner, [email protected], Tel.: +43 1 501 88-3308 Fax: +43 1 501 88-73308 Der Inhalt dieses Newsletters wurde sorgfältig ausgearbeitet. Er enthält jedoch lediglich allgemeine Informationen und spiegelt die persönliche Meinung des Autors wider, daher kann er eine individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. 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