Abschlusshausarbeit in der Grundphase aus dem Bereich Zivilrecht

Prof. Dr. Volker Wiese, LL.M. (McGill)
Lehrstuhl Zivilrecht III
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, deutsches und
internationales Zivilverfahrensrecht
Abschlusshausarbeit in der Grundphase
aus dem Bereich Zivilrecht
- Hausarbeit (Ausgabe Juli 2016) -
Julia, Lisa und Tim haben vor Kurzem ihr Jurastudium an verschiedenen deutschen Universitäten
aufgenommen. In den Semesterferien treffen sie sich bei einem Ehemaligentreffen an ihrer vormals
gemeinsam besuchten Schule wieder. Dabei kommen sie auf die ihrer Meinung nach „abgefahrensten“
Fälle im Zivilrecht zu sprechen.
Julia berichtet von folgendem Fall: Um seinem Chef einen Streich zu spielen, hat X, der in dem
Speiselokal des B zur Aushilfe als Kellner angestellt ist, am Ende seiner Vormittagsschicht und bei der
Gelegenheit, als er benutztes Geschirr abräumen musste, auf einigen der Tische mit falschen Preisen
präparierte Speisekarten ausgelegt, die von den echten Speisekarten nicht ohne weiteres zu unterscheiden
sind. Gast A bestellt daraufhin wenig später bei dem ebenfalls im Lokal angestellten Kellner K ein aus
einer derart gefälschten Karte ausgewähltes Zandergericht. Wörtlich sagte A dabei zu K: „Den Zander
bitte!“ und K erwiderte: „Eine vorzügliche Wahl. Den Zander haben wir heute ganz frisch
reinbekommen.“ In sämtlichen Speisekarten gibt es nur ein einziges und identisches Zandergericht, das
indes in den echten mit einem Preis von 46 ,- € und in den von X gefälschten mit einem Preis von 26,- €
ausgezeichnet ist. Als K den Streich des X entdeckt, weist er den A – freilich erst nach einer zur
Nervenberuhigung eingelegten 15minütigen Zigarettenpause – auf die Fälschung der Speisekarte hin und
fragt diesen, ob er an seiner Bestellung zu dem höheren Preis festhalten wolle; für 26 ,- € werde man den
Zander jedenfalls nicht servieren. A fragt, ob er einen Anspruch auf das Zandergericht habe.
Lisa stöhnt, in diesem Fall gehe ja tatsächlich alles durcheinander. Wie man da auslegen solle und wer da
für wessen Verhalten jetzt welche Verantwortung übernehmen müsse, sei ihr gar nicht mehr klar. Da gehe
es ihr genauso wie in folgendem Fall: Ethnologe M bewohnt schon seit 10 Jahren eine von V auf
unbestimmte Zeit angemietete Dreizimmerwohnung. Als M sich im Sommer 2015 für einen halbjährigen
Forschungsaufenthalt zu Eingeborenenstämmen ins Amazonasgebiet in Südamerika begibt, bittet er
seinen 17jährigen Neffen N, für diese Zeit in die Dreizimmerwohnung einzuziehen. Kontakt werde er (M)
während dieser Zeit freilich kaum halten können; der Stamm, den er im Amazonasgebiet besuchen werde,
lebe extrem abgeschieden und es gebe dort weder Internet noch Mobilfunknetz, geschweige denn
überhaupt Strom. Er werde aber versuchen, sich einmal pro Monat, jeweils zur Monatsmitte, bei N von
einer nicht allzu weit entfernten Missionarsstation aus telefonisch zu melden. Am 3. August 2015
übergibt schließlich V dem N an der Haustür der Dreizimmerwohnung ein an M adressiertes Schreiben. V
erklärt in diesem, er kündige den Mietvertrag „zum nächstmöglichen Termin“ wegen Eigenbedarfs.
Zugleich übergibt V dem N, den V für volljährig hält, ein an N selbst gerichtetes Schreiben, in dem er den
N wegen unerlaubter Untermiete auffordert, unverzüglich aus der Wohnung des M auszuziehen. Das erste
Schreiben übergibt N dem M erst nach dessen Rückkehr Ende Januar 2016. Das zweite Schreiben händigt
N hingegen bereits Anfang September 2015 an seine Eltern aus. V fragt nun, ob er – unterstellt, der
geltend gemachte Kündigungsgrund bestehe unstreitig – den Mietvertrag erfolgreich gekündigt habe und
wenn ja, zu welchem Termin. Außerdem will V wissen, ob N – vorausgesetzt, die Untervermietung sei
tatsächlich rechtswidrig gewesen – im September 2015 mit der Herausgabe der Wohnung in Verzug
geraten sei.
„Ätzend“, meint nunmehr Tim. Das alles sei doch an den Haaren herbeigezogen und solle doch wohl nur
irgendwelche Probleme mit dem Zugang von Erklärungen künstlich heraufbeschwören. Julia bemerkt,
dazu gebe es freilich eine ganze Menge zu bedenken. Dies sei ihm egal, entgegnet Tim. Da gefalle ihm
schon folgender Fall viel besser: E verkauft an seinen Abnehmer F einen Fernseher eines bestimmten
Typs XY, den E selbst beim Hersteller D ordert und mit D direkte Lieferung des Fernsehers an F
vereinbart. Fallfrage: Wie werden die Kaufverträge zwischen D und E sowie zwischen E und F erfüllt,
wenn es zur Auslieferung des Fernsehers kommt?
„Straight, kurz und knapp“, das gefalle ihm, meint Tim. Lisa kann es sich allerdings nicht verkneifen,
Tim darauf hinzuweisen, dass es bei diesem Fall doch nicht ums Ergebnis gehe; vielmehr gebe es
mehrere Lösungswege, die man bedenken müsse und die gar nicht so unkompliziert seien, wenn man den
Fall mal etwas näher betrachte. „Na, das gilt ja nun für alle unsere Fälle“, bemerkt jetzt Julia, „da kann
man immer mal mehr oder weniger zu sagen.“ Tim fügt hinzu: „Sind ja auch immerhin zwischen 0 und
18 Punkte zu verteilen!“
Beteiligen Sie sich an der zwischen Julia, Lisa und Tim entbrannten Diskussion um die richtige Lösung
der Fälle, indem Sie im Rahmen eines – möglichst alle Rechtsfragen umfassenden – Gutachtens
beantworten:
I.
Hat A einen Anspruch auf Leistung des Zandergerichts?
II.1.
Hat V – unterstellt, der von ihm geltend gemachte Kündigungsgrund besteht unstreitig – den
Mietvertrag mit M erfolgreich gekündigt; und wenn ja, zu welchem Termin?
II.2.
Ist N – vorausgesetzt, die Untervermietung der Wohnung an ihn war rechtswidrig – im September
2015 mit der Herausgabe der Wohnung gegenüber V in Verzug geraten?
III.
Wie werden die Kaufverträge zwischen D und E sowie zwischen E und F erfüllt, wenn es zur
Auslieferung des Fernsehers Typs XY kommt?
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Bearbeitervermerk:
Das Gutachten – der Text der Arbeit, ausgenommen Deckblatt, Sachverhalt, Inhaltsverzeichnis und
Literaturverzeichnis – darf 40.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen, ohne Fußnoten) in der Schriftart Times
New Roman mit der Schriftgröße 12 nicht überschreiten. Dabei sind ein 1,5-facher Zeilenabstand und 1/3
Korrekturrand einzuhalten; Fußnoten dürfen in der Schriftgröße 10 im einfachen Zeilenabstand
geschrieben werden. Beachten Sie, dass bei Überschreitung der Zeichenbegrenzung (oder inhaltlichen
Ausführungen in den Fußnoten) die unzulässigen Ausführungen nicht gewertet werden und zudem noch
ein Punktabzug vorgenommen werden wird.
Bitte achten Sie auf die einschlägigen Formalia, die Sie u.a. in der Ausbildungsliteratur finden.
Die Hausarbeit ist bis zum 17. Oktober 2016 bis spätestens 14 Uhr während der Öffnungszeiten des
Sekretariats ab 13 Uhr (siehe die Homepage des Lehrstuhls) am Lehrstuhl abzugeben. Bei einer
Einsendung per Post (Achtung – Freistempler werden nicht akzeptiert!) muss der Umschlag einen
deutlich lesbaren Poststempel spätestens vom 14. Oktober 2016 tragen.
Eine Korrektur der Arbeit kann nur erfolgen, wenn Sie bis zum 17. Oktober 2016 bis spätestens 14:30
Uhr eine WORD-Version der Hausarbeit an [email protected] senden. Die E-Mail sollte den
Betreff „Abschlusshausarbeit“ und Ihren Namen enthalten, die Word-Datei nach dem Muster
„Abschlusshausarbeit, Nachname, Vorname“ benannt sein.
Für die Teilnahme an der Hausarbeit ist eine Eintragung in CampusOnline erforderlich, die bis zum 1.
Oktober 2016 möglich ist.
Ergänzende Hinweise:
1. Jede Hausarbeit soll Folgendes in nachstehender Reihenfolge enthalten:
–
Deckblatt#1 mit Namen, Vornamen sowie Geburtsdatum des Bearbeiters/der Bearbeiterin, seiner/ihrer
Matrikelnummer, E-Mail-Adresse sowie der Bezeichnung der Hausarbeit und dem Namen des Dozenten;
–
Deckblatt#2 ausschließlich mit der Matrikelnummer des Bearbeiters/der Bearbeiterin;
–
Sachverhalt (Aufgabentext);
–
Gliederung mit Angabe der Seitenzahlen;
–
Literaturverzeichnis;
–
Gutachten.
Gliederung und Literaturverzeichnis sind römisch zu nummerieren, das Gutachten ist arabisch zu nummerieren.
2. Der Hausarbeit ist auf dem Deckblatt#1(!) die Erklärung anzufügen, dass die Arbeit selbständig und nur mit den
zugelassenen Hilfsmitteln angefertigt wurde. Diese Erklärung ist zu unterschreiben.
3. Gestaltung der Arbeit
Halten Sie sich auf jeden Fall an die Aufgabenstellung. Bedenken Sie, dass das Layout den ersten Eindruck prägt,
den der Korrektor von Ihrer Arbeit hat.
Verwenden Sie hinreichend Gliederungspunkte und Untergliederungen, um sich selbst über die Struktur Ihrer
Lösung klar zu werden. Sie ermöglichen dem Korrektor dadurch auch ein leichteres Verständnis Ihrer Lösung.
Gebrauchen Sie das herkömmliche Gliederungssystem: A. I. 1. a) aa) (1). Denken Sie daran: „Wer A sagt, muss
auch B sagen.“
Viel Erfolg!
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