sehr persönlich gehaltenen Text

Maria Poelchau (1926 - 2016)
Maria war von Anfang Mitglied der Hamburger Englischgruppe, die es, wenn ich mich richtig
erinnere, seit 1999 gibt. Ich war neu in Hamburg und freute mich, Maria dort anzutreffen, nachdem
ich sie ein paar Jahre zuvor bei einem Straelener Übersetzerseminar kennengelernt hatte. Wir
damals noch jüngeren Übersetzer haben ihren Rat geschätzt und von ihren Erfahrungen gelernt. Sie
hat sich mit uns über unsere Textbeispiele gebeugt und Vorschläge gemacht, und wir haben mit ihr
über das Für und Wider verschiedener Lösungen debattiert. Obwohl sie damals keine eigenen
Übersetzungsprojekte mehr hatte, interessierte sie sich für unsere zahlreichen Fragen und Probleme.
Maria kam unverdrossen zu den monatlichen Treffen, bei Regen und Sonnenschein, oft trug sie
einen Regenhut. In den ersten Jahren war die Gruppe meinem Gefühl nach erst vollständig, wenn
Maria da war. Ich habe mich aber nicht nur über ihre Anwesenheit in der Gruppe gefreut, sondern
sie auch für ihre Eleganz und ihre vornehme, leicht ironische hanseatische Art bewundert.
Zu ihrem achtzigsten Geburtstag hatte sie einige von uns in ein Lokal bei ihrer Wohnung am
Schlump eingeladen. In meinem Kopf habe ich ein Bild von uns Gästen um den Tisch im Garten
des Lokals, in der Dunkelheit blühte der Flieder, Kerzen erhellten die Gesichter, wir feierten und
unterhielten uns lebhaft mit viel Lachen. Es war ein Abend des glücklichen Zusammenseins.
Nach Wolfenbüttel kam Maria, inzwischen über achtzig, mehrmals, und an den Hamburger
Mittwochstreffen nahm sie regelmäßig teil, auch als das Leben beschwerlicher wurde und die Wege
nicht mehr so leicht zu bewältigen waren. Eine Freundin sagte einmal, als wir Maria über den Platz
bei der Rinderschlachthalle kommen sahen: ″Ich freue mich jedesmal, wenn ich Maria sehe.
Hoffentlich kommt sie noch recht lange zu unseren Treffen.″
Sie kam so lange es ihr möglich war. Jetzt ist ihr Lebensweg zuende.