Link - Doris Jandl

"Wir begleiten Menschen, damit sie Konflikte selbst lösen können" | ...
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22. Juli 2016 - 00:04 Uhr · Erhard Gstöttner · Linz
"Wir begleiten Menschen, damit sie Konflikte selbst lösen
können"
Helfen, Konflikte zu lösen: die Mediatoren Doris Jandl-Albrecht, Karl Glaser und Birgit Ellinger (von links) Bild:
gsto
LEONDING / LINZ. Nach Totschlag-Drama von Leonding: Mediatoren helfen auch bei
Nachbarschaftsstreit.
Ein Nachbarschaftsstreit endete in der Leondinger Ortschaft Berg mit dem Tod von zwei Menschen. Diese
Woche verurteilte ein Geschworenengericht in Linz den Täter Roland H. wegen Totschlags zu sieben Jahren
Haft. Der Linzer Rechtsanwalt und Mediator Karl Glaser und seine Mediationskolleginnen Doris Jandl-Albrecht
und Birgit Elllinger erklären aus Anlass des tragischen Ereignisses von Leonding, wie man Konflikte lösen kann.
OÖNachrichten: Hätte man den Leondinger Nachbarschaftsstreit noch lösen können? Hätte hier
Mediation, die Methode zur konstruktiven Überwindung von Konflikten, geholfen?
Glaser: Nein, denn diese Auseinandersetzung war derartig ausgeufert, dass sie schon längst die höchste
Konfliktstufe auf der neunteiligen Analyse-Skala erreicht hatte: gemeinsam in den Abgrund.
Kann man Menschen zur Mediation, zum konstruktiven Lösen von Konflikten, zwingen?
Ellinger: Nein, ohne Bereitschaft der Beteiligten ist kaum etwas zu erreichen. Die wichtigste Voraussetzung ist
die Erkenntnis und die Bereitschaft: Ich nehme meine Konflikte und meine Zukunft in die Hand. Bei Familie Z.
hätte Mediation vor etwa zwölf bis 15 Jahren noch gefruchtet. Glaser: Die meisten Österreicher haben aber noch
immer nicht intus, dass es kein Grund zur Scham ist, Konflikte durch Mediation zu lösen.
Was machen eigentlich Mediatoren?
Ellinger: Wir begleiten Menschen, damit sie Konflikte selbst lösen können. Wir müssen auf das Wohl aller
Streitparteien achten und unparteiisch sein.
Muss man bei Konflikten darauf warten, dass die Streitenden zur Einsicht kommen, dass eine
gemeinsame Lösung gut wäre?
Jandl-Albrecht: Oft ist der Anstoß von außen wichtig. Das Ehepaar Z. in Leonding hatte häufig, wenn es sich
belästigt fühlte, die Polizei verständigt. Gut wäre es gewesen, wenn die Polizei in diesem Fall Mediation hätte
vermitteln können.
Wie bringt man Menschen dazu, Ihre professionelle Hilfe bei der Lösung von Konflikten in Anspruch zu
nehmen?
Ellinger: Die Scham ist sehr groß, sich helfen zu lassen. Wichtig ist, zu vermitteln, dass man sich nicht
27.07.2016 17:49
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grundlegend verändern muss. In der Mediation geht es darum, eine Lösung zu finden, es geht um die Zukunft,
nicht um die Vergangenheit. Glaser: In Österreich ist das Zivilprozessrecht eine große Hürde für die Mediation.
Viele Menschen bei uns prozessieren lieber, anstatt Vermittlung anzunehmen. Denn wer im Zivilprozess gewinnt,
hat keine Kosten zu tragen. Doch mittlerweile zahlen viele Rechtsschutzversicherungen auch für Mediation und
nicht nur für das Prozessieren.
Gibt es Mediation ausschließlich bei privaten Konflikten oder auch in anderen Bereichen?
Jandl-Albrecht: Ich bin viel in Unternehmen tätig. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn in Betrieben ein Konflikt
zwischen zwei Streitenden positiv gelöst wird, dann strahlt das auf die Kollegen aus, nach dem Motto: Ja es geht
doch, da bemühen wir uns jetzt auch. Man muss bedenken, dass ungelöste Konflikte in Firmen die Leistung
mindern. Straffe Hierarchien erschweren allerdings die positive Erledigung von Auseinandersetzungen.
Eine Mediationsstunde kostet bis zu 120 Euro. Wer kann sich das leisten?
Glaser: Vom Familienministerium gibt es Förderungen. Meine Kolleginnen und ich planen ein Modell ähnlich der
ersten anwaltlichen Auskunft, die gratis ist. Wir möchten zudem in Gemeindeämtern Vorträge und Fragestunden
anbieten. Jandl-Albrecht: Ich habe im Bezirk Eferding fast alle Bürgermeister besucht. Mehrere Gemeinden
bieten dort mittlerweile Vorträge über Mediation an. Recht sinnvoll wäre es, dazu auch Vereine und
beispielsweise auch die Feuerwehrleute einzuladen.
Unsere Interviewpartner
Karl Glaser (69) war bis 2010 als Rechtsanwalt in Linz tätig. Bereits seit 1996 arbeitet der gebürtige Salzburger
als Mediator. Am Wifi und im Bfi ist der Jurist als Ausbildner von Mediatoren tätig. In der oberösterreichischen
Landesspitalsgesellschaft Gespag war Glaser als Mediator tätig. Weitere Infos unter: glaser-mediation.at
Birgit Ellinger ist seit 2006 Mediatorin, war zuvor bereits als Coach und Trainerin tätig. Die Praxispartnerin von
Karl Glaser unterrichtet zudem an den Fachhochschulen für Gesundheitsberufe in Linz und Steyr
Konfliktmanagement, Kommunikation und Gesprächsführung.
Doris Jandl-Albrecht war Beamtin, ist seit 2007 beruflich selbstständig und arbeitet vor allem als Mediatorin,
häufig als Konfliktlöserin in Firmen.
Bei Auseinandersetzungen wegen Beeinträchtigungen durch Bäume ist von Gesetzes wegen Mediation
vorgeschrieben. Ein Gerichtsverfahren gibt es erst, wenn durch Mediation keine Lösung zustande kommt.
Quelle: nachrichten.at
Artikel: http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/linz/Wir-begleiten-Menschen-damit-sie-Konflikte-selbstloesen-koennen;art66,2296531
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