Bereicherungsrecht Lösung Fall 29

Lösung Fall 29: Urlaubsüberraschung
I. Ansprüche H gegen N auf Herausgabe des Erlöses i.H.v. 6.300 €
1) Ein Anspruch auf den Erlös gemäß § 285 BGB besteht nicht, da die Vorschrift auf den
dinglichen Anspruch aus § 985 BGB nicht anwendbar ist (streitig, h. M.).
2) Auch ein Anspruch auf Herausgabe des Erlöses gemäß §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB
ist nicht gegeben, weil N nicht bewusst ein fremdes Geschäft als eigenes geführt hat.
3) H könnte gegen N einen Anspruch auf Herausgabe des Erlöses gemäß § 816 Abs. 1 S.
1 BGB haben.
a) N, der wegen § 935 BGB an den gestohlenen Teppichen kein Eigentum erwerben konnte,
hat als Nichtberechtigter über die Teppiche verfügt.
Für die Anwendbarkeit des § 816 BGB ist nicht erforderlich, dass die Verfügung von Beginn
an wirksam ist. Es genügt, wenn die zunächst unwirksame Verfügung später wirksam wird.
Damit die Rechtsfolge des § 816 BGB eingreifen kann, ist aber erforderlich, dass die
Verfügung wirksam geworden ist.
b) Auch die Verfügung des N an E war zunächst unwirksam, da auch E wegen § 935 BGB die
Teppiche nicht gutgläubig erwerben konnte. Die Verfügung wird jedoch wirksam, wenn H sie
gemäß § 185 Abs. 2 BGB genehmigt.
b.aa) Zwar sind die Teppiche im Zeitpunkt der Abgabe der Genehmigungserklärung nicht mehr
vorhanden. Dennoch kann die Genehmigung wirksam erteilt werden, weil sie auf den Zeitpunkt
der Vornahme der Verfügung zurückwirkt, § 184 BGB. Die Rechtslage ist also so zu beurteilen,
als hätte E im Zeitpunkt der Übertragung der Teppiche von N auf E das Eigentum erworben.
b.bb) Die Genehmigung hat gemäß § 185 Abs. 2 BGB zur Folge, dass der Erwerber E das
Eigentum an den Teppichen erwirbt. Nach § 184 BGB wirkt dieser Eigentumserwerb auf den
Zeitpunkt der Verfügung zurück. Doch führt diese rückwirkende Genehmigung nicht dazu,
dass der Nichtberechtigte N zum Berechtigten i.S.d. § 816 Abs. 1 BGB wird. Auch nach der
Genehmigung bleibt der Verfügende Nichtberechtigter.
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b.cc) Da mit der Genehmigung der Erwerb des Rechts und damit auch der Rechtsverlust beim
Berechtigten eintritt, besteht für den Rechtsinhaber die Gefahr, dass er nichts erhält: Den
Gegenstand erhält er nicht mehr zurück, weil die Verfügung wirksam geworden ist. Den Erlös
erhält er nicht, falls der Verfügende vermögenslos geworden ist. Die Rspr. hat teilweise bereits
in der Klageerhebung auf Herausgabe des Erlöses konkludent die Genehmigung der
Verfügung erkannt (BGHZ 106, 381, 390). Demnach trägt der Genehmigende das Risiko, dass
er vom nichtberechtigt Verfügenden tatsächlich den erzielten Erlös herausbekommt.
Mit Rücksicht auf die Risikoverteilung geht die Lit. hingegen davon aus, dass die Genehmigung
nur Zug um Zug gegen die Herausgabe des Erlöses erteilt wird, der Genehmigende also sein
Eigentum erst Zug um Zug gegen den tatsächlichen Erhalt des Erlöses verliert.
Wenn H also die Verfügung des N zugunsten des E – die Eigentumsübertragung – genehmigt,
wird diese wirksam. Die Voraussetzungen des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB liegen dann vor.
c) Als Rechtsfolge muss N das durch die Verfügung Erlangte, also den erzielten Erlös,
herausgeben.
Die Erwerbskosten, die N an den D gezahlt hat, sind nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB
abzugsfähig. Sie können nicht als Wegfall der Bereicherung berücksichtigt werden.
Solange N die Teppiche noch im Besitz hatte, hätte er den Besitz gemäß § 985 BGB an H
herausgeben müssen, ohne sich darauf berufen zu können, er habe an D den Kaufpreis
gezahlt. Nach der Veräußerung tritt § 816 Abs. 1 BGB an die Stelle des § 985 BGB. Wird nun
E nach der Veräußerung gemäß § 816 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen, so muss das
Gleiche gelten.
H wird die Genehmigung Zug um Zug gegen Zahlung des von E gezahlten Kaufpreises in
Höhe von 6.300 € erteilen.
II. Ansprüche des H gegen D
1) Erlösanspruch gemäß §§ 687 Abs. 2, 681, 667 BGB
Die Weiterveräußerung der Teppiche enthielt eine Geschäftsanmaßung. D muss das dadurch
Erlangte herausgeben, also 5.300 €.
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2) Ansprüche des H gegen D auf Schadensersatz gem. §§ 989, 990 BGB
D war nichtberechtigter, bösgläubiger Besitzer und hat den gestohlenen Gegenstand an N
weitergegeben. Sollte der Gegenstand von N nicht mehr erlangt werden können, wäre D dem
H schadenersatzpflichtig i. H. v. € 5.000 (Wert der Sache).
Der Anspruch geht allerdings unter, wenn H die Verfügung des D oder die des N genehmigt
und den Erlös entweder von D (im Falle der Genehmigung der Geschäftes D-N) oder von N
(im Falle der Genehmigung der Geschäftes N-E) tatsächlich erhält.
3) Erlösanspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB
D hat als Nichtberechtigter eine Verfügung getroffen, die jedoch mit Rücksicht auf § 935 BGB
unwirksam war, sodass ein Erlösanspruch gemäß § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nur besteht, wenn
H die Verfügung des D genehmigt.
Bitte beachten Sie, wenn H die Verfügung des D genehmigt, erwirbt bereits N Eigentum und
verfügt dann anschließend an E als Berechtigter. In diesem Fall kann H nicht den
Veräußerungserlös im Verhältnis N-E abschöpfen. Für H ist es daher in der Regel besser, das
Rechtsgeschäft zwischen N und E mit dem höheren Veräußerungserlös zu genehmigen.
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