Personale Kompetenz entwickeln

Coaching Methoden und Porträts
erfolgreicher Coaches
Band 2
Armin Fichtner, Werner Müller (Hrsg.)
Sammlung infoline 3
Coaching - Methoden und Porträts erfolgreicher Coaches Bd. 2
Armin Fichtner, Werner Müller (Hrsg.)
Copyright: © 2013 Armin Fichtner, Werner Müller
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-7090-7
Ingrid Kastien
Personale Kompetenz entwickeln – berufliche
Ziele erreichen
20 Jahre Coaching und Potenzialentwicklung
Coaching ist etablierter Bestandteil der Personalentwicklung.
Kein großes Unternehmen verzichtet auf diese individuelle,
zielgerichtete und effiziente Unterstützung ihrer Führungskräfte und Verantwortungsträger. Die Kleineren ziehen nach,
insbesondere in Veränderungssituationen.
Ich gebe hier Einblick, wie ich Expertin für Coaching und Führungsberatung geworden bin, was zu meinem Erfahrungsschatz beigetragen hat und für welche Zielgruppe ich arbeite.
Dem Überblick über meine favorisierten Methoden folgt eine
kurze Darstellung des Führungsfeedbacks und mein spezielles
Angebot Potenzialdialog.
Mein Weg zum erfolgreichen Coach
Vor über 20 Jahren habe ich begonnen, meine Beratung von
Führungskräften Coaching zu nennen. Dadurch fühle ich mich
vor allem Pionieren wie Dr. Wolfgang Loos und Professor Uwe
Grau verbunden, deren Konzepte mich auf der Grundlage
meiner systemischen Ausbildung geprägt haben. Von Anfang
an war ich davon überzeugt, dass Coaching seinen Weg
machen wird. Ich gehöre deshalb zu den Coaches, die
Coaching zu ihrem Hauptschwerpunkt gemacht haben.
Die Wurzeln für meine hohe Identifikation mit dem Thema
Beratung reichen weit zurück. Während meines Studiums
interessierte mich vor allem die Kommunikationssoziologie.
Gleich zu Beginn meiner Beratungstätigkeit im Non-ProfitBereich Ende der 70iger Jahre baute ich mir mit einer der
ersten systemischen Familientherapie-Ausbildungen in
Deutschland mein beraterisches Fundament auf. Dies in Ein-
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klang mit einer Haltung, die bis heute von einer humanistischen, lösungsorientierten Grundeinstellung und Werten
wie Transparenz und Fairness geprägt ist. 1986 entdeckte ich
den damals bahnbrechenden, lösungsorientierten Ansatz von
Steve de Shazer und integrierte ihn in meine Beratungsarbeit.
Die Möglichkeit, über eine Tätigkeit bei md gesellschaft für
management-diagnostik in Hamburg in die Wirtschaft zu
wechseln, war eine glückliche Fügung. Nach 15 Jahren im
psychosozialen Bereich wollte ich meiner beruflichen Laufbahn eine andere Richtung geben. Bei md wurde ich Profi für
alle Verfahren der Potenzialanalyse mit besonderem Interesse
am Strukturierten Interview. Zehn Jahre führte ich z.B.
zusammen mit meinen md-Kollegen bei AUDI die Interviews
und Assessments für Führungsnachwuchskräfte sowie Beobachtertrainings durch. Dies vermittelte mir umfangreiches
Wissen darüber, wie Unternehmen „funktionieren“ und trug
wesentlich zu meiner heutigen Profilierung als Coach bei.
2005 gründete ich mein eigenes Beratungsunternehmen. Ich
wollte meine diagnostische Expertise stärker mit meinem
Beratungsansatz kombinieren und den Akzent eindeutig auf
Coaching setzen. Ein Ergebnis war das Konzept Potenzialdialog (s.u.). Bei großen Projekten kooperiere ich mit Partnern
aus meinem Netzwerk.
Meine Zielgruppe
Meine Hauptzielgruppe sind Führungskräfte des mittleren
Managements großer Unternehmen sowie Geschäftführer und
Bereichsleiter mittelständischer und kleiner Betriebe. Personalentwickler suchen meinen konzeptionellen Rat, insbesondere bei Restrukturierungsprojekten. Seit Jahren bin ich
in den Coachpools vieler Unternehmen gelistet, z.B. bei VW
und Lufthansa, teilweise auditiert. Meine Branchen-erfahrung
reicht von der Industrie über Mobilitätsunternehmen, Banken
und Versicherungen bis hin zu Wissenschafts-instituten, wie
z.B. dem Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polarund Meeresforschung Eine umfangreiche Referenzliste finden
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Sie auf meiner Website. 20 % meiner Klienten, darunter
Selbstständige und Freiberufler kommen privat, in der Regel
über Empfehlung oder über die Rauen Coach-Datenbank.
Ablauf eines Coachings
Der Coachingprozess beginnt mit einem kostenfreien Kennenlerngespräch, in dem die Ausgangssituation und der Veränderungswunsch besprochen werden. Dabei werden die
Chancen einer Zusammenarbeit ausgelotet und die Rahmenbedingungen geklärt. Die Dauer des Coachingprozesses beträgt im Durchschnitt sechs Sitzungen, die Länge der einzelnen Sequenzen und die Terminintervalle richten sich nach
den Bedürfnissen des Coachees und sind abhängig vom
Prozess. Bei einem Unternehmenscoaching findet meist ein
erweitertes Zielgespräch mit der Personalentwicklung und
/oder der vorgesetzten Führungskraft statt, manchmal auch
ein Auswertungsgespräch am Ende des Coachingprozesses.
Die Zusicherung absoluter Vertraulichkeit ist neben der
Dokumentation der Rahmenbedingungen Bestandteil einer
Coachingvereinbarung. Meine Coachings werden zur
Qualitätssicherung mit einer Evaluation abgeschlossen. •
Check-the-Coach vom Artop Institut an der Humboldt-Universität Berlin, Dr.
Th. Bachmann, A. Jansen & E. Mäthner.
•
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Methoden und Interventionen im Coaching
Coaching soll Suchprozesse anregen. Coachees wünschen
sich dabei zum einen die Erweiterung ihrer Möglichkeiten und
Handlungsspielräume durch einen Perspektivwechsel zum
anderen erwarten sie Orientierung und Komplexitätsreduzierung. Unternehmen versprechen sich von einer
„Coaching-Maßnahme“ motivierte und leistungsfähige Mitarbeitende, die anstehende Herausforderungen meistern. Entsprechend setze ich meine Methoden ein. Motor des Perspektivwechsels sind die bekannten systemisch-konstruktiven
Fragen u.U. ergänzt durch die MiniMax-Interventionen von
Manfred Prior. Was wird anders sein, wenn das Coaching
erfolgreich beendet ist? Woran genau werden der Coachee,
seine Führungskraft, seine Mitarbeitenden, seine Kunden das
erkennen? etc.. Skalen und Indikatoren der Veränderung
werden auf einer von mir entwickelten Grafik dokumentiert und
dienen als „roter Faden“ im Coachingprozess. Sie sind
Grundlage für zwischenzeitliche Resümees und zeigen an,
wann das Coachingziel erreicht ist. Einige Klienten, z.B.
Geschäftsführende von mittelständischen Unternehmen und
Freiberufler, nutzen meine Unterstützung als Sparringspartnerin auch nach dem ersten Coachingprozess immer mal wieder
gezielt zu bestimmten Fragestellungen. Wenn schon eine
längere Beratungsbeziehung besteht, ist auch eine
gemeinsame Reflexion per Telefoncoaching möglich. Perspektivwechsel kann auch durch ein Feed-foreward bewirkt
werden oder durch die Frage, was das Gute am Schlechten
ist. Genauso ergeben sich neue Optionen durch den Switch
vom Entweder-Oder zum Sowohl-als-auch. Gemeinsam wird
daran gearbeitet, wie eine neue Haltung erreicht und wie
neues Verhalten umgesetzt werden kann, welche Ressourcen
dafür vorhanden sind, welche Rahmenbedingungen entsprechend beeinflusst werden können oder müssen. Transferaufgaben helfen dem Coachee, das zu erproben und zu
verankern.
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Um Coachees die o.g. Orientierung zu ermöglichen, setze ich
häufig das Systembrett für Aufstellungen ein. Es ist immer
wieder erstaunlich, welche Aha-Erlebnisse dabei entstehen.
Der Chefin fällt z.B. wie Schuppen von den Augen, dass sie zu
Mitarbeiter Schmidt gar keinen Draht bekommen kann, weil
Mitarbeiterin Müller dazwischen steht. Ein Organigramm kann
abbilden, wie der Klient in die Organisation eingebunden ist.
Eine Standortbestimmung mittels einer systematischen Kompetenzeinschätzung ist ebenfalls für eine Orientierung
hilfreich. Wo liegen Stärken, Schwächen und Potenziale?
Welche Führungs- und Managementfähigkeiten muss der
Coachee ausbauen? Die 67 Karten des Leadership Architect
von Lombardo und Eichinger bieten z.B. eine Grundlage für
eine solche Reflexion im Gespräch. Ein weitergehendes
Instrument stellt der Potenzialdialog dar (s.u.). Wenn
Abbildungen mehr Orientierung bieten als Worte, greife ich auf
Bildkarten zurück, die innere Stimmungen symbolisieren und
die helfen, Emotionen auszudrücken.
Alle Methoden sind eingebettet in einen reflektierten Beratungsprozess, der sich teils vorbereitet und gesteuert, teils intuitiv und assoziativ vollzieht. Ein Prozess, getragen von
Transparenz, gleicher Augenhöhe und Wertschätzung, der
Raum bietet für menschliche Begegnung, Konzentration und
Inspiration.
Führungsfeedback oder 360°
Für verschiedene Unternehmen moderiere ich regelmäßig
Führungsfeedbacks. Dieses Instrument – die meisten Firmen
haben ihr eigenes Tool – schätze ich sehr, weil es sowohl
Diagnostik beinhaltet, als auch den Beratungsgedanken und
die persönliche Entwicklung im Beruf in den Vordergrund stellt.
Der Potenzialdialog – mein spezielles Angebot
Mit dem Potenzialdialog lassen sich Mitarbeiterpotenziale und
Talente durch einen gleichberechtigten Dialog entdecken.
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Dieses kompakte Potenzialanalyse-Verfahren besteht aus
einer Selbsteinschätzung, einem halbstrukturierten Interview
ergänzt durch den wissenschaftlich fundierten Persönlichkeitsfragebogen BIP Bochumer Inventar zur berufsbezogenen
Persönlichkeitsbeschreibung von Dr. Rüdiger Hossiep und M.
Paschen. Der Potenzialdialog kann entweder individuell im
Rahmen von Coaching oder als Element eines Screenings
eingesetzt werden. In Unternehmen führe ich Potenzialdialoge
im Tandem mit einem internen Personalentwickler oder mit
einer externen Netzwerkpartnerin durch (Mehraugenprinzip).
Der Potenzialdialog zeichnet sich durch eine hohe
Transparenz und durch die diagnostische Mitwirkung des
Teilnehmers aus und stellt deshalb eine neue Qualität in der
Personaldiagnostik und Personalentwicklung dar. Näheres
erfahren
Sie
in
meinem
Webartikel
unter
www.potenzialdialog.de. Wenn es vorrangig darum geht, die
Muster der eigenen beruflichen Entwicklung zu erkennen,
arbeite ich mit dem Karriereanker von Edgar H. Schein.
Coaching als kreativer Prozess
Jenseits aller Methoden sind es oft intuitive Interventionen,
von denen meine Kunden im Coaching profitieren.
Interventionen, die für ihren Erkenntnisprozess, ihre Entwicklung und ihre Balance wertvoll und weiterbringend sind, die
entlasten und Mut machen. Wie in der künstlerischen Arbeit
entsteht auch im Prozess des Coachings etwas Neues. Der
Coachee hat am Ende für sich Spielräume und Lösungen
geschaffen, die zuvor nicht sichtbar waren und die er oder sie
jetzt nutzen kann.
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Foto: Sonja K. Sancken
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