Argentina 2

Meine Erlebnisse am anderen Ende der Welt
Voller Vorfreude stieg ich Ende Juli in Frankfurt ins Flugzeug. 13 Stunden später war ich
dann endlich am Ziel, angekommen im winterlichen Argentinien. Als sich dann, nach der
Zollkontrolle, die Türen öffneten und ich meinen Austauschpartner Seba wieder sah war
die Freude riesig.
Nun war ich also da, 13.000km von Deutschland entfernt, auf der anderen Seite der Welt
in einer Stadt, größer als alles was ich je zu sehen bekommen hatte. Bereits aus dem
Flugzeug war das riesige Lichtermeer überwältigend. Weiter ging es mit dem Auto in
Richtung El Palomar, ein Ort im Einzugsgebiet der Megacity Buenos Aires. Schon kurz
nach dem Flughafen, auf der Fahrt sah alles anders aus. Die Orte die neben der
Stadtautobahn an uns vorbeizogen gingen nahtlos ineinander über, kein Fleck grün war zu
sehen. Auch die Bebauung in Argentinien ist ganz anders, viel dichter und entweder gibt
es riesengroße Wohnblöcke oder kleine ein-, maximal zweistöckige Einfamilienhäuser. Ich
wohnte in einer "Ciudad Jardin" was auf Deutsch so viel wie Gartenstadt bedeutet. Das
heißt, es gab Im Vergleich zu anderen Stadtteilen viel mehr Bäume, Pflanzen und Parks.
Die Familie war mir gegenüber von Anfang an sehr nett, freundlich und aufgeschlossen.
Die erste Woche waren noch Ferien, was mir die perfekte Gelegenheit bot die Umgebung
und Buenos Aires näher kennenzulernen. Auf dem Weg mit dem Vorortzug ins Zentrum
passiert man etliche weniger schöne Stadtviertel, hier wurde mir klar wie schwer das
Problem Armut in Argentinien doch wiegt. Andererseits wachsen am Rio de la Plata, ganz
in der Nähe des Stadtzentrums, die Wolkenkratzer nach amerikanischem Vorbild immer
weiter gen Himmel. Das Zentrum selbst dagegen wirkt eher europäisch. Die Gebäude
erinnern je nach Viertel geradezu an Paris, Barcelona oder andere europäische Städte.
Hier zeigt sich das Buenos Aires erst sehr spät entstanden ist und hauptsächlich von
europäischen Einwanderern errichtet wurde. Einzig die Hafenviertel La Boca und San
Telmo sind anders. Hier dominieren die klassischen, bunt gestrichenen Wellblechhäuser.
Wenn man etwas aus dem Zentrum heraus fährt kann man den Rio de La Plata in seiner
vollen Größe bewundern. Der Fluss welcher aus dem Norden kommt ist auf Höhe von
Buenos Aires ca. 50km breit. Dies führt dazu, dass man das andere Ufer (Uruguay) erst
bei einem Blick aus dem 23. Stock eines Hochhauses sieht. So hat man das Gefühl aufs
Meer hinaus zu blicken. Der Fluss mündet dagegen erst knapp 300km später auf mehr als
200km Breite in den Atlantik. Auch ziemlich beeindruckend ist die Avenida 9 de Julio,
welche mit 20 Fahrspuren sogar die breiteste Straße der Welt ist.
Doch auch in Argentinien gehen die Ferien vorbei und somit ging es für mich auch in die
Schule. Ich besuchte die deutsche Schule Hurlingham, Instituto Cultural Roca oder kurz
einfach die 'Roca'. Schule in Argentinien unterscheidet sich in vielen Dingen von hier. Was
sofort auffällt ist die Schuluniform die von jedem Schüler getragen werden muss. Auch die
Schüler Lehrer Beziehung ist viel intensiver und freundschaftlicher. Die Ausstattung ist
relativ gut 'gebraucht' und auch bei weitem nicht so hoch technisiert wie bei uns. Der
Unterricht ist um einiges unruhiger und ich bezweifle, dass man wirklich viel lernt. Es wird
nach Herzenslust geredet, Karten gespielt und sogar ein Volleyball verirrte sich einmal ins
Klassenzimmer. Das alles während der Lehrer den Stoff unterrichtet. Mittagsschule ist an
5 Tagen die Woche und auch in der Mittagspause müssen alle Schüler auf dem
Schulgelände bleiben. Zwei Mal die Woche fährt die ganze Schule mit 8 Bussen auf den
Sportplatz welcher am Stadtrand gelegen ist. Allgemein hat Sport einen hohen Stellenwert
in Argentinien, zum Beispiel besitzt die Schule ein eigenes Hallenbad und führt
regelmäßige Projekttage durch an denen die Schüler neue Sportarten ausprobieren
können. Auch nicht fehlen durfte das alljährliche Schulfest bei dem jede Klasse einen
Beitrag hat, der den Eltern gezeigt wird. Besonders hervorzuheben ist eine
Videokonferenz mit einer Argentinischen Polarstation, wo die Forscher den Schülern
Fragen beantworteten.
Trotz aller Schule könnte ich auch noch einen Blick über den Tellerrand hinaus werfen und
einige Tage durch das meiner Meinung nach schönste Land der Welt reisen. Dabei wurde
ich immer wieder von der offenen und freundlichen Art der Argentinier überrascht. Wie
gern sie auch völlig fremden Menschen Einblick in Ihr Leben und ihre Kultur geben. Die
Natur Argentiniens ist atemberaubend, sei es der im August tief verschneite Süden oder
die Pampa, wo man stundenlang stur geradeaus fährt und außer ein paar Kühen nichts zu
sehen bekommt. Genauso beeindruckend ist die immense Vielfältigkeit des Regenwalds.
Auch der karge Norden wo noch heute Ureinwohner zu finden sind ist eine Reise wert.
Nicht zu vergessen das Highlight des Landes, mitten im Regenwald die Wasserfälle von
Iguazu wo auf 2,7 Kilometern jede Sekunde bis zu 7000 Kubikmeter Wasser in die Tiefe
rauschen.
Und bei all dem verbesserten sich auch meine Spanischkentnisse spielend leicht. Jeden
Tag Verstand ich mehr und konnte mich besser mit meinen neuen "amigos" unterhalten.
Alles in allem war die Zeit vor Ort so vollgepackt mit schönen, neuen Erfahrungen, dass
sie in Windeseile an mir vorbeizog und mir sieben Wochen viel zu kurz erschienen und ich
erst gar nicht wieder heim gehen wollte. Doch irgendwann muss auch die schönste Zeit zu
Ende gehen und ganz in diesem Sinne: ¡te extraño Argentina!
Maximilian Stotkiewitz