Bayerische Staatskanzlei

Bayerische Staatskanzlei
Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, MdL, beim
Trauerakt anlässlich des Amoklaufs in München am 31. Juli 2016 um
18 Uhr im Landtag
Manuskriptfassung: Es gilt das gesprochene Wort.
Verehrte Angehörige der Opfer,
verehrter Herr Bundespräsident,
Frau Bundeskanzlerin,
Herr Bundesratspräsident,
meine Herren Verfassungsgerichtspräsidenten,
verehrte Frau Landtagspräsidentin,
Herr Oberbürgermeister,
meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es ist wohl der schwierigste Moment in meinem Leben. Neun Menschen
wurden am Freitag vor einer Woche hier in München ermordet. Von einem
18-jährigen Amokläufer kaltblütig erschossen. Neun Leben wurden
ausgelöscht. Wir alle sind schockiert, erschüttert. Seit Tagen trägt unser
Land tiefe Trauer.
Ich möchte Ihnen, Herr Kardinal Marx, und Ihnen, Herr Landesbischof
Bedford-Strom, danke sagen für Ihre tröstenden Worte, die Sie im Dom
gefunden haben.
Sehr geehrte Angehörige der Opfer,
ich danke Ihnen sehr für Ihr Kommen. Ich danke Ihnen, weil Sie uns
gestatten, mit Ihnen zu trauern.
Sie haben das Liebste auf grausame Weise verloren: den Menschen, der
die Welt für Sie heller, froher, lebenswerter gemacht hat. Ich weiß, wir
können Ihr unermessliches Leid nicht lindern. Dafür ist der Verlust zu
schwer.
Und dennoch haben wir uns heute in der Frauenkirche und im Landtag
versammelt. Wir haben uns versammelt, weil wir in Bayern und darüber
hinaus mit Ihnen fühlen und mit Ihnen die Trauer und den Schmerz teilen
wollen.
Die Anteilnahme so vieler Menschen beim Gottesdienst hat mich dankbar
und hoffnungsvoll gestimmt. Dankbar für die Hilfsbereitschaft und
Solidarität der Menschen in unserer Heimat und hoffnungsvoll, weil ich fest
überzeugt bin: Nur gemeinsam können wir diese schwere Zeit voller Gewalt
und Terror bewältigen.
Der unfassbar brutale Amoklauf in München, aber auch die schrecklichen
Attentate in Würzburg und Ansbach haben sich in unsere Herzen
eingebrannt. Und sie haben auch für uns die Welt verändert. Bayern ist im
Mark getroffen worden.
Dutzende Menschen müssen mit den schweren Folgen der drei Attentate
leben. Sie haben Wunden davongetragen – körperliche und seelische.
Deshalb sind wir in Gedanken auch in dieser Stunde bei allen Verwundeten
und hoffen inständig, dass sie alle bald wieder gesund werden und die
grauenvollen Erlebnisse verarbeiten können.
Gottlob haben wir hervorragende Notärzte und Rettungssanitäter,
Mediziner und Krankenschwestern, Kriseninterventionsteams und
Seelsorger. Sie waren nach den Anschlägen sofort zur Stelle, haben die
Verletzten versorgt und ihnen Beistand geleistet. Und dieser Beistand wird
nach allen Erfahrungen noch lange notwendig sein.
Ich bin unendlich dankbar für all die Haupt- und Ehrenamtlichen in unserem
Land, die ihr Leben in den Dienst für andere stellen. Ich bin besonders
dankbar für die Menschlichkeit, die Menschlichkeit inmitten der
Unmenschlichkeit des Terrors.
Hinter uns liegen die schwärzesten Tage unseres Landes, des Freistaats
Bayern, seit langem. Mindestens seit 44 Jahren. Aber die Menschen haben
zusammen gehalten. Sie haben sich gegenseitig gestützt und geholfen,
getröstet und – wie wir gehört haben – Obdach gewährt. Die
Mitmenschlichkeit hat über den Terror gesiegt.
Wir alle haben auch gesehen, was unsere Polizei in München, in Würzburg
und in Ansbach geleistet hat. Hier in München mit großer Unterstützung
auch von außerhalb Bayerns, für die wir dankbar sind.
Allen Polizeikräften in unserem Lande sage ich Vergelt’s Gott. Vergelt’s
Gott für Ihre Arbeit! Wir sind uns bewusst: Tag für Tag setzen Sie Ihr Leben
für uns alle ein, für unsere Sicherheit. Dafür danke ich allen Polizistinnen
und Polizisten im Namen der Bayerischen Staatsregierung. Sie geben uns
in Bayern immer wieder ein Gefühl des Schutzes und der Hilfe.
Verehrte Trauergäste,
zuallererst kommt es jetzt darauf an, dass wir füreinander einstehen und
Mitmenschlichkeit pflegen, heute und in der Zukunft. Das ist ein
Markenkern für die Menschen hier im Freistaat Bayern, das füreinander
Einstehen und die Mitmenschlichkeit. Der Wegweiser für die Gegenwart,
aber auch für die Zukunft.
Und daneben müssen wir die Arbeit unserer Sicherheitsapparate stärken,
immer innerhalb des rechtsstaatlichen Rahmens: mehr Personal, noch
modernere, noch bessere Ausrüstung und eine stärkere Polizeipräsenz.
Das ist die notwendige Antwort eines starken Rechtsstaats. Und es ist die
notwendige Antwort dann, wenn Gewalttäter das Leben unserer
Bürgerinnen und Bürger bedrohen. Das sind wir den Opfern und ihren
Angehörigen schuldig.
Sicherheit, meine Damen und Herren, ist das höchste Gut einer
Demokratie. Sie ist aber gleichzeitig auch die oberste Pflicht des Staates.
Eine Regierung darf nicht tatenlos zusehen, wenn die Sicherheit, die
Gesundheit, das Leben seiner Bevölkerung auf dem Spiel steht. Die
Menschen in unserem Lande haben ein Recht darauf, dass wir in den
unterschiedlichen Ebenen Verantwortung tragen, dass wir entschlossen
gegen jede Form von Gewalt und Terror vorgehen. Und ebenso
entschlossen gegen jede Form von Extremismus, Rassismus,
Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Beides muss uns leiten.
Verehrte Angehörige,
Ihnen allen wünsche ich in dieser schweren Zeit viel Kraft, gute Freunde,
Menschen, mit denen Sie reden und denen Sie Ihr Herz ausschütten
können. Menschen, mit denen Sie zusammen auch weinen können. Und
ich wünsche Ihnen Menschen, mit denen Sie irgendwann auch wieder
lachen können.
Seien Sie versichert, dass die Bayerische Staatsregierung an Ihrer Seite
steht und wir Sie auf Ihrem schwierigen Weg in den nächsten Wochen und
Monate unterstützen und Ihnen beistehen, wann immer Sie dies wünschen.
Viel Kraft und Gottes Segen!