Mit dem Auftritt von „Pur“ kam der augenscheinliche Höhepunkt der diesjährigen Open-Air-Reihe gleich zu Beginn: Tausendfacher Jubel begleitete den Auftritt. Foto: Rudolf Hein Zum Auftakt ein pures Musikvergnügen Grandiose Stimmung, ein voller Schlosshof und ein reibungsloser Ablauf: Das Open Air Eyrichshof beginnt mit „Pur“ und einem Abend der lauten und auch leisen Töne. Von Tanja Kaufmann Eyrichshof – Die treuesten Fans besitzen kein Zeitgefühl. Am Mittwoch zeigt die Uhr gerade einmal 16 Uhr, als die ersten Pur-Freunde in Eyrichshof eintrudeln – rund viereinhalb Stunden vor Konzertbeginn. „Das ist noch gar nichts“, lacht ein Tourbegleiter, der die Wartenden zumindest schon einmal mit Fanartikeln versorgt: „Andere sind da noch verrückter.“ Hier aber geht es gesittet zu: Die Schlange vor dem Einlass am Gutshof wird zwar von Stunde zu Stunde länger, aber man steht ordentlich hintereinander, gedrängelt wird nicht. Ein angenehmes Fan-Publikum, findet auch der Mitarbeiter, der auf Nachfrage übrigens keine FanDessous auf der Bühne erwartet: „Die Fans sind eben mit älter geworden“, schmunzelt er. Doch was da im Laufe der Zeit von den Großparkplätzen in Ebern eintrudelt, geht durch alle Altersklassen. Eine Jugendliche aus Ebelsbach feiert gar ihren Geburtstag hier, eine weitere Anreise hat Renate Fries: Die 74-Jährige ist mit ihrer Tochter aus Aschaffenburg angereist. Nicht der nächste Weg, „aber wenn die schon mal so ein bisschen in der Nähe sind“, freuen sich die Damen, beides Pur-Fans seit Jahrzehnten. Rappelvoll war der Schlosshof am Mittwoch bei bestem Wetter und noch besserer Stimmung. Foto: Rudolf Hein Ihm flogen zwar keine Dessous, dafür aber die Herzen der Zuschauer zu: PurFrontmann Hartmut Engler. Foto: Rudolf Hein Pünktlich um 18 Uhr öffnete der Einlass für die Fans. Die Treuesten hatten bereits seit 16 Uhr die Stellung gehalten. Foto: Tanja Kaufmann Die Fans waren voll im Bilde: Aus ganz Deutschland und in allen Altersklassen waren sie angereist, um ihre Lieblingsband live zu erleben. Foto: Kaufmann Shuttlebusse drehten fleißig ihre Runden, um die Gäste einzusammeln. Die meisten nutzten diesen Service, in Eyrichshof blieb es ruhig. Foto: Kaufmann Gänsehaut-Gefühl am Abend – nicht wegen desWetters und auch nicht wegen Sicherheitsbedenken: Schuld war allein die Stimmung. Foto: Bastien Föllmer So vornehme Umkleiden hatten wir noch nie! Pur-Sänger Hartmut Engler Denn so lange gibt es die Band schon, die da im Schlosshof von Eyrichshof Schlag 20.30 Uhr die alten Gemäuer erbeben lässt: 35 Jahre hat die „in die Jahre gekommene Schülerband“, wie Frontmann Hartmut Engler scherzt, schon auf dem Buckel. Und aus fast jedem Jahr haben sie an diesem Abend einen Hit dabei, den nicht nur eingefleischte PurFans aus voller Kehle mitsingen können. Bevor es aber dazu kommt, dürfen die „Klima“-Schwestern Sarah und Vera mit ihrer gleichnamigen Band das Publikum warmspielen „Als Zehnjährige haben wir uns die erste Pur-Scheibe gekauft und rauf und runter gesungen“, strahlen die Musikerinnen. Jetzt mit dieser Band unterwegs zu sein, sei eine große Ehre. Sie revanchieren sich mit sonnenklarem Gute-Laune-Pop, der die Stimmung im lichtdurchfluteten Schlosshof gleich noch ein bisschen hebt. Als dann die Mannen um Hartmut Engler aber die Bühne erklimmen, gibt es in der Menge kein Halten mehr. Dabei sind die ersten Songs noch gar nicht zum Mitsingen geeignet: Die Band spielt aus ihrem aktuellen Album „Achtung“, weder altbekannte Ohrwürmer also, noch wirkliche Partymusik. Doch Hartmut Engler hat recht, wenn er die stillen Töne samt ernster Botschaft an den Anfang stellt. „Achtung Respekt“ for- dert er und schlägt doch mit „Neue Brücken“ gleich den Bogen in die Jahre zurück, um mit beiden Liedern Toleranz und Menschlichkeit anzumahnen und aufzurufen für den „Mut, gegen die Ohnmacht anzugehen und unsere Lebensart zu leben“. Sie wissen, wovon sie singen. „Einige von uns in der Band sind Söhne von heimatvertriebenen Eltern“, sagt Hartmut Engler, der gleich darauf einer alten Dame eine besondere Hymne widmet: „Wenn sie diesen Tango hört“ handelt von einer Witwe, die er gut kennt: „Es ist meine Mama und sie ist mittlerweile 91 Jahre – und lässt euch alle schön grüßen!“ Nicht nur dafür erntet er Riesenjubel, begeistert ist das Publikum die kommenden zweieinhalb Stundennatürlich vor allem immer dann, wenn die Höhepunkte der 35-jährigen Musikkarriere durch die Weiten des Schlosshofes klingen. „Lena“ oder „Freunde“, „Herzbeben“ oder „Drachen“ – nicht einmal singt Hartmut Engler an diesem Abend allein, die Begleitung ist zuweilen tausendfach. Gänsehautgefühl, und das bei sommerlich milden Temperaturen. Als Schloss- und Gutshof zu späterer Stunde auch noch in heimelige Beleuchtung getaucht sind, ist die Botschaft vom Anfang lange angekommen: Zusammen friedlich feiern, das will man hier. Rund 4700 Besucher sollen es am Ende gewesen sein, die sich jedoch bestens auf dem Gelände verteilten. Auch Ausschank und Toilettensituation waren in diesem Jahr besser geregelt – mit ein bisschen Stau ist bei solchen Veranstaltungen immer zu rechnen. Verkehrstechnisch kam es dazu nahezu gar nicht – „sehr entspannt“ schätzte der Verkehrsexperte der Eberner Polizei, POK Tobias Kern, die Lage ein. Die „Ringfahrbahn“ der Shuttle-Busse über Juliusallee respektive Bundesstraße war frei. Ein bisschen Stau gab’s quasi am mittleren Ring: Am Strasser Kreisel wurden die meisten Besucher abgefangen und auf den FTE-Parkplatz gelotst. Das machte es auch für die Feuerwehr stressfreier, die in Eyrichshof Verkehrsregelung und Platzeinweisung übernommen hatte. „Hier kommt wenig an“, bestätigte Rainer Kaffer. Wer aus Haßfurt kam, bog gleich in die Alte Kaserne ab und ließ sich per Shuttle zum Schloss chauffieren. Gelassenheit herrschte überall vor – ob an der Einlasskontrolle, wo sich jeder bereitwillig in die Taschen spitzen ließ, oder im kleinen Ort selbst: Die Einwohner störten sich in keinster Weise an der Musikbeschallung, sondern zogen ihren eigenen Nutzen daraus: mit privaten kleinen Partys samt Live-Musik im eigenen Garten, der Picknickdecke am nahen Radweg oder als gemeinschaftliche Zaungäste am Schlosstor – auch das war Musikgenuss pur.
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