hier - MARTYRIA

Gedanken zum SonntagsEvangelium
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17. Sonntag im Jahreskreis (LJ C)
24. Juli 2016
Biblische Texte:
Gen 18,20-32 / Kol 2,12-14
Lk 11,1-13
Kann man denn mit Gott verhandeln?
Wer auf einen orientalischen Markt geht, muss verhandeln können. Der
Verkaufspreis für Kleidung, Schmuck und Parfum oder andere
Gebrauchsgegenstände wird vom Händler immer hoch angesetzt.
Daher gilt: Bewusst ganz niedrig dagegenhalten! Zwischendurch gilt:
vom Stand weggehen und nach ein paar Minuten wiederkommen und
erneut Interesse zeigen. Aber immer schön den Preis nach unten
drücken! Wer direkt den erst genannten Verkaufspreis zahlt, ist kein
guter Käufer. Irgendwann einigt man sich genau in der Mitte. Und
meistens hat man das Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben,
wobei… letztlich der Verkäufer immer noch der Gewinner ist.
Die Lesung aus dem Buch Genesis gehört wohl zu den interessantesten
Lesungen des Alten Testamentes. Kann man mit Gott wirklich
verhandeln? Abraham kann es, er macht es einfach. Die schönen
Sprüche „Hier gehts ja zu wie in Sodom und Gomorra!“ deuten darauf
hin, dass alles chaotisch ist. Noch schlimmer: Es ist sündhaft kurz vor
dem Untergang! Abraham will das Beste noch rausschlagen! Da muss
es doch noch ein paar Menschen geben, die nicht vollkommen
verdorben sind! Es ist der Glaube an das immer noch Gute, das
irgendwo existiert. Die Bibel und die jüdische Tradition nennt diese
Menschen die „Gerechten“. Jene, die anderen helfen, die etwas Gutes
tun und damit die Heilsordnung wieder herstellen. Einer der Gerechten,
dessen Namen uns allen bekannt ist und der in Jerusalem ein Grab auf
dem Friedhof nahe der Dormitioabtei hat, ist Oscar Schindler. Wir
kennen den Film „Schindlers Liste“, in der es um die Juden geht, die
der Fabrikant Oscar Schindler vor der Deportation und damit vor dem
Konzentrationslager rettet. Schindler - selbst kein Jude - gilt als
„Gerechter“, weil er Menschenleben gerettet hat. Er hat verhandelt,
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Gedanken zum SonntagsEvangelium
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wie Abraham, Name für Name. Wer auf der Liste stand, hatte eine
Chance, gerettet zu werden.
Abraham hat es ihm vorgemacht. Es muss doch in Sodom und Gomorra
wenigstens 50 Gerechte geben! Wenn nicht 50, dann vielleicht 45.
Wenn die nicht, dann nur 40. Er handelt Gott runter bis auf zehn
Männer. Das sind so viele, wie es braucht, um einen Synagogengottesdienst feiern zu können. Und in der Tat: Gott lässt mit sich
verhandeln.
Hintergrund dieser Verhandlungen ist die feste Überzeugung
Abrahams, dass im Menschen etwas Gutes existiert, oder anders
angesagt: Dass es neben all dem Übel auf dieser Welt noch gute
Menschen gibt. Die Ereignisse der letzten Wochen lassen viele
Menschen zweifeln. Manche sagen: In der Welt gibt es nur noch
krankhafte Typen, nur noch Mord und Totschlag. Aber wir uns dürfen als
Christinnen und Christen nicht in den Sog dieses Missmutes mitreißen
lassen. Jesus lehrt im Evangelium seine Jünger das Vaterunser als
Gebet. Eine der Kernbitten lautet: „Dein Reich komme! Dein Wille
geschehe!“ Jesus hat eine Perspektive, die über das Hier und Jetzt und
unsere Möglichkeiten hinausgeht. Aber es ist für ihn auch klar, dass das
Reich Gottes nicht einfach ein jenseitiger Palmenstrand mit
Meeresrauschen ist. Im Gegenteil! Das Reich Gottes ist die Wirklichkeit,
an der wir jetzt schon mitbauen können! Wir sind die Bauleute,
Konstrukteure und Ingenieure des Reiches Gottes! Es ereignet sich
immer dann, wenn wir anders reagieren, als man allgemein die Lage
einschätzt. Ein Grundprinzip dieses Reiches Gottes ist, dass wir die
Hoffnung nicht aufgeben, dass sich die Dinge doch zum Guten
wenden! Wir dürfen mit Gott verhandeln, dürfen ihm Vorschläge
machen, dürfen ihn herausfordern! Nach seinem Willen zu fragen heißt
ja nicht, dass wir ohne Eigendynamik sind. Es ist ein großer
Unterschied, ob jemand einen eigenen Willen hat oder ob jemand
„eigenwillig“ ist.
Es gilt das gesprochene Wort.
(c) 2016 P. Jeremias Müller
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