Position der Vorsitzenden der Thüringer Hochschulräte zur

Erfurt, im Juli 2016
Position
der Vorsitzenden der Thüringer Hochschulräte
zur Novellierung des ThürHG
1. Die Thüringer Hochschulen befinden sich in einem zunehmenden nationalen,
europäischen und internationalen Wettbewerb, dem sie sich nicht entziehen
können. Ihre Attraktivität durch Leistungsfähigkeit in Forschung und Entwicklung
wie in der Lehre für Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
von außerhalb Thüringens ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des
Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts Thüringen und damit des gesamten
Landes. Messlatte für die Novellierung des Gesetzes muss deshalb die
Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Thüringer
Hochschulen in Forschung, Lehre, Nachwuchsförderung, Weiterbildung,
Wissenstransfer; Dienstleistungen und Infrastruktur sein, damit Hochschulen
ihren Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen der Zukunft in
Wissenschaft und Gesellschaft in Thüringen und darüber hinaus leisten können.
2. Die Herausforderungen der Zukunft können nur mit mehr, nicht mit weniger
Wissenschaft bewältigt werden. Dies gilt nicht nur, aber vor allem für die
übergreifenden Herausforderungen, die Thüringen nicht unberührt lassen:
- Wissenschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung
- Nachhaltigkeit in Ressourcennutzung und -verbrauch
- Klimawandel und seine Folgen
- Nachhaltige Sicherung gesunder Ernährung
- Gesundheit in alternden und jungen Gesellschaften
- Großräumige Migration und zunehmende Diversität (gesellschaftlich,
weltanschaulich-religiös, sprachlich, wirtschaftlich, politisch)
- Digitalisierung in Wissenschaft, Wirtschaft, Wertschöpfungsketten,
Gesellschaft, Administration
3. Die Regelungen des ThürHG zur Hochschulgovernance haben sich
grundsätzlich bewährt: die klare Zuordnung von Zuständigkeit,
Entscheidungskompetenz, Verantwortung, Rechenschaftspflicht auch zur
Kreation von Entscheidungsorganen einerseits und Kontrolle, Controlling,
Entgegennahme von Rechenschaftsberichten und Entlastung andererseits
muss auch bei Veränderungen beibehalten werden (vgl. Bericht der „ImbodenKommission“: „...nach wie vor sind in Deutschland die Autonomie, die interne
Steuerungsfähigkeit und das institutionelle Selbstverständnis der Universitäten
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im internationalen Vergleich wenig ausgeprägt...“ (Internationale
Expertenkommission zur Evaluation der Exzellenzinitiative - Endbericht,
Januar 2016, S. 20). Dazu gilt es, die Professionalität der Hochschulleitungen
und der Verwaltungen im Sinne optimaler Mittelverwendung zu stärken.
4. Bei Ausweitung der Partizipation aller Gruppen der Hochschule auf allen
Ebenen sind Verantwortungsstrukturen zu sichern, denn:
„Veränderungsunwillen, Obstruktionsverhalten, Verhinderungskartelle aus
unterschiedlichen, z. T. durchaus konträren Gründen“ (Peer Pasternack am
15.04.2016) in den Hochschulen sind nicht zu vernachlässigen.
5. Bei Änderungen der Kreation von Leitungsstrukturen ist das Prinzip der
„doppelten Legitimation“ durch akademisch und nicht-akademisch-politisch
Verantwortliche einzuhalten. Das bedeutet für die Kreation von
Hochschulräten, das Einvernehmen zwischen Academia und Politik
beizubehalten. Entscheidend ist die kluge Auswahl der Persönlichkeiten
("persons make the difference“).
6. Organisationsunterschiede zwischen den Thüringer Hochschulen sind
weiterhin zu ermöglichen und als Entwicklungsoption zu sichern (z. B.
„Nordhäuser Modell“, aber auch andere in der Zukunft).
7. Bei der Infrastruktur der Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist eine
Institutionen übergreifende Kooperation anzustreben, jedoch keine
Ausgliederung aus Hochschulen, um Kooperations- und damit
Effizienzgewinne nicht zu konterkarieren. Angesichts der Größe Thüringens
und der Unterschiede der Einrichtungen dürfte es sich empfehlen, einen
„mittleren Zentralisierungsgrad“, jeweils unter Federführung entsprechend
leistungsfähiger Hochschulen anzustreben.