Regelung für den Diamantengroßhandel in Belgien

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Staatliche Beihilfen: Kommission genehmigt alternative EinkommensteuerRegelung für den Diamantengroßhandel in Belgien
Brüssel, 29. Juli 2016
Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass das auf den Diamantengroßhandel
anwendbare belgische Körperschaftssteuerrecht mit den EU-Vorschriften über staatliche
Beihilfen vereinbar ist. Durch die einschlägigen Vorschriften werden keine Unternehmen
selektiv begünstigt, so dass keine Beihilfe im Sinne des EU-Rechts vorliegt.
Im Mai 2015 hatte Belgien die Kommission von der geplanten Einführung einer sektorspezifischen
Einkommensteuer-Regelung für Diamentenhändler unterrichtet, mit der spezifische Probleme behoben
werden sollten, die bei der Anwendung des allgemeinen Einkommensteuerrechts auf diese Branche
festgestellt worden waren. Die Maßnahme, ist nach Feststellung der Kommission nach einer
entsprechenden, inzwischen von den belgischen Behörden vorgenommenen Anpassung so konzipiert,
dass die Gefahr eines selektiven Vorteils für einzelne Unternehmen im Diamantengroßhandel möglichst
gering gehalten wird.
Nach dem allgemeinen belgischen Körperschaftssteuerrecht wird das zu besteuernde Einkommen vor
allem auf der Grundlage des sich aus der Rechnungslegung ergebenden Gewinns bemessen. Der
Gewinn der Unternehmen im Großhandel mit rohen und geschliffenen Diamanten hängt weitgehend
vom Inventarwert der in ihren Büchern aufgeführten Diamanten ab. Da für die Bewertung der Steine
jedoch erhebliche Expertise erforderlich ist, können die belgischen Finanzämter bei Steuerprüfungen
nur schwer den Wert der inventarisierten Diamanten beurteilen und korrigieren. Außerdem werden
Diamanten auf Großhandelsebene als Rohware gehandelt, was die Nachverfolgung einzelner Steine in
den Inventaren der Händler weiter erschwert. Daher kommt es oft zu Rechtsstreitigkeiten zwischen
den Diamantenhändlern und den Finanzbehörden, was mit einiger Rechtsunsicherheit verbunden ist.
Die neue spezifische Einkommensteuer für in Belgien ansässige Diamantenhändler sieht deshalb zur
Berechnung der Besteuerungsgrundlage für Diamantenhändler eine Methode vor, bei der die
Nachprüfung des Werts einzelner Steine in den Büchern der Händler durch die Finanzämter nicht
erforderlich ist. Gemäß der neuen Regelung wird der Bruttogewinn der Händler anhand eines festen
prozentualen Umsatzanteils berechnet, was auch zu Festsätzen für den Wert der beschafften Steine
und die Inventarschwankungen im betreffenden Rechnungslegungszeitraum führt (Kosten der
verkauften Waren).
Die Kommission hat die Maßnahme anhand des EU-Beihilferechts geprüft, um zu gewährleisten, dass
sie Diamantenhändler nicht in ungerechtfertigter Weise gegenüber anderen Branchen, die dem
normalen belgischen Einkommensteuerrecht unterliegen, bevorteilt. Sie hat auch geprüft, ob einzelne
Diamantenhändler gegenüber anderen begünstigt werden.Dabei hat sie festgestellt, dass die Regelung
Steuerfairness unter den Diamantenhändlern gewährleistet und die Schwierigkeiten vermieden werden,
die Steuerprüfer bei der Bewertung der Händlerinventare antreffen. De facto wird sogar mit einem
künftig höheren Steueraufkommen aus der Branche gerechnet. Nach den Schätzungen der belgischen
Behörden dürfte sich das Steueraufkommen des Diamantengroßhandels um mindestens 50 Mio. EUR
jährlich erhöhen und damit mehr als das Dreifache der bisherigen, auf der Grundlage des allgemeinen
Einkommensteuerrechts erzielten Einnahmen betragen.
Außerdem beschränken die regelmäßigen Prüfungen und Sicherheitsklauseln in der neuen Regelung die
Gefahr, dass den Diamantenhändlern aus der steuerlichen Sonderbehandlung ungerechtfertigte
Vorteile entstehen. Insbesondere ist eine Mindestbesteuerungsgrundlage von 0,55% des Umsatzes
vorgesehen. Belgien hat zugesichert, die Höhe der in der Regelung verankerten prozentualen
Bruttogewinnspanne mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen.
Auf dieser Grundlage gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die Steuerregelung für den
Diamantengroßhandel nicht mit staatlichen Beihilfen im Sinne des EU-Rechts verbunden ist.
Hintergrund
Im Mai 2015 hatte Belgien die Kommission von der geplanten Einführung einer sektorspezifischen
Einkommensteuer-Regelung für den Großhandel mit rohen und geschliffenen Diamanten unterrichtet.
Im Oktober 2015 beantragten die belgischen Behörden die Aussetzung des Anmeldeverfahrens, um
nach einem Meinungsaustausch mit der Kommission im März 2016 eine geänderte Regelung zur
Besteuerung des Diamantenhandels vorzuschlagen.
Grund für die Bemühungen um eine spezifische Steuer waren die Schwierigkeiten bei der zur
Überprüfung der zu versteuernden Gewinne erforderlichen Bewertung und Nachverfolgung einzelner
Steine in der Rechnungslegung. Auf der Großhandelsebene werden Diamanten als Rohstoff gehandelt
und dabei immer wieder in unterschiedlichen Tranchen weiterverkauft. Andere wiederum werden
geschliffen, poliert und dann verkauft. Durch das Schleifen und Polieren ändern sich Aussehen und
Wert der Steine, und es kann nicht mehr nachverfolgt werden, von welchem Rohdiamanten sie
abstammen. Aus diesem Grund ist es für Steuerprüfer nahezu unmöglich, einzelne Steine in der
Buchführung nachzuverfolgen und ihr den Wert polierter und geschliffener Diamanten zu entnehmen.
Momentan unterliegen die belgischen Diamantengroßhändler dem allgemeinen belgischen
Einkommensteuerrecht. In den 1990er Jahren wurde eine spezifische, steuerrechtskonforme
Prüftechnik entwickelt, die bis heute von den belgischen Finanzämtern angewandt wird. Die Probleme
bei der Bewertung und Nachverfolgung einzelner Steine konnten mit dieser Technik jedoch nicht gelöst
werden.
In der neuen Steuerregelung wird die Bruttogewinnspanne der Händler bei 2,1 % des Umsatzes
angesetzt. Damit werden auch die Kosten der verkauften Waren in der Buchführung der Händler
festgesetzt, wobei die Inventarschwankungen im betreffenden Rechnungslegungszeitraum einbezogen
werden. Die übrigen Bestandteile der Steuerbemessungsgrundlage werden weiter nach den üblichen
Steuervorschriften bestimmt. Der Prozentsatz wurde in einer Höhe festgelegt, die dazu führt, dass
mindestens 75 % der Diamantengroßhändler durch die neue Regelung mehr Steuern abführen werden
als im Zeitraum 2012-2014 auf der Grundlage des normalen Einkommensteuerrechts. Die
Bruttogewinnspanne von 2,1 % entspricht dem gewichteten Durchschnitt des obersten Quartils der
Bruttogewinnspanne kleiner, mittlerer und großer Diamantenhändler im Zeitraum 2012-2014 (der
Median beträgt 1,65 %).
Im Interesse der Steuergerechtigkeit wird in der neuen Regelung eine Mindestbesteuerungsgrundlage
von 0,55 % des Händlerumsatzes festgelegt. Zudem hat Belgien zugesichert, die Höhe der
prozentualen Bruttogewinnspanne mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen.
Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, wird die
nichtvertrauliche Fassung des Beschlusses über das Beihilfenregister auf der Website der GD
Wettbewerb unter der Nummer SA.42007 zugänglich gemacht. Über neu im Internet und im Amtsblatt
veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Nachrichtenanzeiger State Aid Weekly eNews.
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