Kapitalmarktbrief

Juli 2016
Kapitalmarktbrief
Richtungsweisende Strahlen
Sonnenstrahlen, die durch Lücken in dicken Wolken fallen, werden
auch als „Strahlenbüschel“ bezeichnet. Vor der Einführung des Global
Positioning System (GPS) suchten Flugzeug- und Schiffskapitäne häufig
genau nach solchen Strahlenbüscheln – bzw. Sonnenstrahlen –, um im
Sturm nicht die Orientierung zu verlieren. Im laufenden Jahr sind die
Kapitalmärkte schon häufig in schwere See geraten. Anleger, die sich nur
auf kurzfristige Faktoren konzentrieren und den längeren Zeithorizont
außer Acht lassen, könnten daher die richtungsweisenden Strahlen
übersehen.
Im Euroraum verbessert sich die Arbeitsmarktsituation seit drei Jahren,
was den privaten Konsum stützt. Im Juli beginnt die Berichtssaison der
europäischen Unternehmen für das zweite Quartal. Bisher rechnen die
Anleger mit einem Gewinnanstieg gegenüber dem Vorquartal. Der Index
für die Gewinnrevisionen, der das Verhältnis zwischen Aufwärts- bzw.
Abwärtskorrekturen der Gewinnprognosen angibt, hat sich verbessert.
Trotz einer stetigen Verbesserung der Fundamentaldaten könnte die
Marktvolatilität angesichts der politischen Risiken hoch bleiben, nicht
zuletzt auch wegen der Folgewirkungen des sogenannten „Brexits“.
Die Abstimmung in Großbritannien für einen Austritt aus der Europäischen
Union dürfte auch dazu führen, dass die nächste Zinsanhebung der
Federal Reserve später kommt, und das obowohl sich der Konsum in
den USA nach einer Schwächephase zum Jahresbeginn wieder deutlich
erholt. Dabei übersteigt der Umsatz im nicht-stationären Einzelhandel –
darunter auch der Internethandel – den Umsatz im traditionellen
Einzelhandel. Auch in den USA beginnt die Berichtssaison für das zweite
Quartal. Ähnlich wie im Euroraum rechnen Anleger in US-Aktien mit
einem Gewinnanstieg, da sich die Gewinnrevisionenen auch auf der
anderen Seite des Atlantiks verbessert haben.
Aus der Gesamtsicht ergeben sich weitere Anzeichen für eine
Stabilisierung des globalen Wachstums, dazu gehört auch, dass Chinas
Importe im Vergleich zum Vormonat gestiegen sind. Im Mai wurden
die höchsten Importe seit Oktober 2014 verzeichnet. Da China die
Charles Ma
Client Investment Strategist
Anleger, die sich nur auf
kurzfristige Faktoren
konzentrieren und den
längeren Zeithorizont
außer Acht lassen, könnten
die richtungsweisenden
Strahlen übersehen
Stand: 24.06.16
Aktienindizes
DAX9.557
Euro Stoxx 50
2.740
S&P 500
2.037
Nasdaq4.708
Nikkei 225
15.309
Hang Seng
20.227
Währungen
USD/EUR1,107
Rohstoffe
Öl (Brent, USD/Barrel)
48,8
Zinsen in %
USA
3 Monate
2 Jahre
10 Jahre
EWU
3 Monate
2 Jahre
10 Jahre
Japan 3 Monate
2 Jahre
10 Jahre
0,62
0,77
1,74
-0,27
-0,56
0,10
0,06
-0,28
-0,15
Kapitalmarktbarometer
RentenfondsAktienfonds
Neue Publikation
„Großbritannien am Wendepunkt: Mehrheit stimmt für EU-Austritt“
www.allianzglobalinvestors.de
„Fabrik der Welt“ ist, deutet ein stetiger Anstieg der Importdaten des
Landes auf eine Belebung des Welthandels hin. Der Welthandel ist die
wichtigste Wachstumslokomotive für die Weltwirtschaft; er hat einen
Anteil von über 40% am weltweiten BIP.
Insgesamt rechnen wir weiterhin mit einem langsamen Wachstum
und hoher Marktvolatilität. Die Anleger sollten den Horizont nach
richtungsweisenden Strahlen absuchen, damit sie ihr Ziel nicht verfehlen.
Gute Fahrt wünscht
Charles Ma
Allianz Global Investors: Kapitalmarktbrief – Juli 2016
Märkte im Detail
Taktische Allokation Aktien & Anleihen
• Zuletzt mehrten sich die Zeichen für eine Stabilisierung der Konjunkturindikatoren. Das Bild, dass uns eine globale Rezession/Deflation
erspart bleibt, wird dadurch gestärkt. Abwärtsrisiken bestehen allerdings weiter.
• Riskante Vermögensklassen sollten langfristig gegenüber Staatsanleihen bevorzugt bleiben. Kurzfristig/taktisch gibt es aber einige
Wolken am Horizont, darunter politische Risiken und die Bewertungen in einigen Vermögensklassen.
• Da mit erhöhter Volatilität auch weiterhin zu rechnen ist, ist aktives Management auch zwischen den Vermögensklassen ein Muss.
Aktien Deutschland
Aktien Emerging Markets • Dank des Beschäftigungsanstiegs und guter Frühindikatoren
sind die Konjunkturaussichten weiterhin positiv. Der private
Konsum erweist sich als erfreuliche Konjunkturstütze.
• Die Bewertungen am deutschen Aktienmarkt bleiben attraktiv
und liegen gemessen am zyklusbereinigten Kurs-GewinnVerhältnis („Shiller-KGV“) unterhalb ihres langfristigen
Mittelwerts.
• Die globalen Konjunkturdaten zeigen sich freundlicher, vor
allem auf Grund der konjunkturellen Stabilisierungstendenzen
in den Schwellenländern.
• Die Kapitalbilanz der Schwellenländer hat sich zwar weiter
verschlechtert, aber das Momentum konnte sich verlangsamen.
Chinas Währungsreserven sind im zuletzt dagegen wieder
leicht gestiegen.
• Bei Aktien der Emerging Markets inklusive China zeigen sich
kurzfristig Stabilisierungstendenzen. Dollarkurs und
Rohstoffpreise sorgten für eine Atempause. Längerfristig ist
aber noch Vorsicht angebracht.
Aktien Europa • Die Eurozone bewegt sich konjunkturell in stetigem
Erholungsmodus. Die Arbeitslosigkeit ging weiter zurück.
Der private Konsum stützt die Konjunktur.
• Eine Verbesserung der Dynamik der Gewinnrevisionen könnte
das Vertrauen der Anleger steigern.
• Höhere politische Risiken in einigen europäischen Ländern
könnten dieses Vertrauen jedoch zum Teil wieder dämpfen.
• Die Bewertungen auf Basis der Shiller-KGVs lassen die
europäischen Aktienmärkte vorteilhaft erscheinen.
Aktien USA • Ein in die Jahre gekommener Konjunkturzyklus, eine hohe
Bewertung und die Unsicherheit über die Fed-Politik lasten
auf US-Aktien. Die taktische Untergewichtung bei Aktien
sollte daher vornehmlich über eine Reduzierung von
US- (und japanischen) Aktien vorgenommen werden.
• Konsum und Arbeitsmarkt bleiben robust.
• Die Gewinnschätzungen für Öl- und Bergbauunternehmen
werden vor allem aufgrund der Erholung der Rohstoffpreise
nach oben revidiert.
Aktien Japan • Im Falle Japans stellt sich immer mehr die Frage, ob die Mischung
aus aggressiver Geld- und einer ebensolchen Fiskalpolitik
(„Abenomics“) gescheitert ist.
• Zwar waren zuletzt zaghafte Anzeichen einer Stabilisierung
zu erkennen, wie die jüngsten Frühindikatoren andeuteten,
aber weiterhin überwiegen die Abwärtsrisiken für Konjunktur
und Preise.
• Das Lohnwachstum entwickelt sich zu zaghaft, um eine wirkliche
Stütze der Konjunktur zu sein. Die Inflationsrate liegt deutlich
unter dem Zielwert der Bank of Japan.
Branchen & Stile
• Dividendentitel sollten weiterhin unter den Favoriten bleiben,
mit Fokus auf Dividendenwachstum.
• In Zeiten einer ungewöhnlich expansiven Geldpolitik bei
„blutleerem“ Wachstum empfiehlt sich, Wachstumsaktien
(„Growth“) gegenüber niedrig bewerteten Aktien („Value“)
den Vorzug zu geben.
• Auf Sektorenseite bietet sich eine unverändert defensive
Ausrichtung an.
Investmentthema: Kapitaleinkommen
• Negativrenditen gehören in vielen Regionen der Welt zur Norm,
während gleichzeitig das „2. Maschinenzeitalter“ zu weiteren
Verschiebungen vom Arbeits- zum Kapitaleinkommen führen
dürfte. Gerade in solchen Zeiten bieten sich am Kapitaleinkommen
orientierte Strategien an.
• Dazu können Dividendenstrategien, aber auch „Alternatives“ oder
Multi-Asset-Lösungen gehören, die durch ihren Investmentprozess
ein Schwanken mit dem breiten Markt („Beta“) ausschließen.
• Auch der gute alte Sparplan darf gerne zu neuen Ehren kommen.
Euro Renten • Die Peripherie-Staatsanleihen in der Eurozone sollten durch die
akkommodierende Geldpolitik der EZB unterstützt bleiben.
Die eingepreisten Ausfallwahrscheinlichkeiten bewegen sich
weiterhin über Vorkrisenniveau. Politische Risiken sollten aber
weiterhin beobachtet werden.
• Während deutsche Bundesanleihen durch die expansive EZBGeldpolitik gestützt werden, wirken die erwartete, allmähliche
Inflationsbeschleunigung in der Eurozone und die bestehende
fundamentale Überbewertung belastend.
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Allianz Global Investors: Kapitalmarktbrief – Juli 2016
• Im Zuge steigender US-Renditen sollte mittelfristig jedoch nur
mit moderat höheren Renditeniveaus bei den längeren
Laufzeiten gerechnet werden, wenn die Renditen in den USA
ansteigen. Die EZB-Geldpolitik wirkt dem entgegen stützend.
Renten International • Negativrenditen bleiben weiterhin bei großen Regionen des
Staatsanleihemarktes vorherrschend. Japan ist inzwischen
Mitglied im „Club“ derjenigen Länder, in denen die
Anleiherenditen für Laufzeiten von bis zu zehn Jahren
negativ sind.
• Die G4-Zentralbanken werden weiterhin reichlich Liquidität
bereitstellen, auch wenn die Federal Reserve im vergangenen
Jahr den Zinsanhebungszyklus eingeleitet hat und für dieses
Jahr weitere Zinsschritte zu erwarten sind.
• Die Renditestrukturkurve von US-Staatsanleihen sollte sich
mittelfristig weiter abflachen. Die US-Geldmarktkurve preist
den aktuellen Zinsanhebungszyklus der Fed noch nicht
vollständig ein.
Renten Emerging Markets • Strukturelle Belastungsfaktoren (wie z. B. ein hoher
Verschuldungsgrad und ein nachlassendes Wachstumspotenzial
in vielen Schwellenländern) hatten den säkularen Ausblick für
EM-Staatsanleihen eingetrübt. Hier gibt es jetzt Zeichen einer
Verbesserung.
• Die Erwartungen über eine weniger expansive Geldpolitik in den
USA belasten diese Anlageklasse. Zuletzt war eine Ausweitung
der Renditezuschläge zu sehen.
• Die in weiten Bereichen immer noch hohen Real- wie
Nominalrenditen wirken im internationalen Vergleich langfristig
attraktiv.
Unternehmensanleihen
• Investment Grade- und High Yield-Anleihen sollten von
neutralen bis moderat attraktiven Bewertungen sowie einer
unterstützenden Geldpolitik vornehmlich in Europa profitieren.
• Die impliziten Ausfallwahrscheinlichkeiten von
US-Unternehmensanleihen liegen deutlich über den
durchschnittlich kumulierten Ausfallraten der Vergangenheit.
• Die Kreditrisiko- und Liquiditätsprämien im Euro-HighYield-Segment bewegen sich dagegen unterhalb ihres
langfristigen Durchschnitts. Dieses Marktsegment wird
durch die EZB-Geldpolitik verzerrt.
Währungen
• Währungsspekulanten haben ihre Long-Positionen im
US-Dollar massiv reduziert, was teilweise einen schwindenden
Glauben in Fed-Zinserhöhungen widerspiegelt. Ansteigende
Risikoaversion dürfte den Yen und den Schweizer Franken
gestützt haben.
• Das Aufwärtsmomentum beim US-Dollar sollte nachlassen.
Die Korrelation mit den Rohstoffpreisen bleibt voraussichtlich
hoch. Selbiges gilt für den australischen und den kanadischen
Dollar.
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Allianz Global Investors: Kapitalmarktbrief – Juli 2016
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