S C H W E R P U N K T T H E M A Entwicklungen neuer Perspektiven in der Betrachtungsweise gehen einher mit einer Korrektur feststehender Begrifflichkeiten Gegenständlichkeit und Abstraktion: Objektkunst und Bildhauerei Auch die Kunst, als ein Teil gesellschaftlicher neue Kunstformen, die ohnehin beständig neu Organisationsformen, ist einem ständigen entstehen. Vielmehr geht es auch um die rich- Wandel unterworfen, beharrlich, systematisch tige Begrifflichkeit, um dieses bestimmte Neue und fließend. Ausdrucksformen berühren sich, auch aktuell und dann, schon bald darauf, vermischen sich. Früher einmal klar gezogene auch historisch stets richtig einzuordnen, zu Grenzen, auch innerhalb definierter künstleri- verorten, sprachlich adäquat zu erfassen und scher Genre entfallen plötzlich, werden modi- die Dimensionen dieser vielfältigen Formen fiziert oder ersetzt. In den letzten Jahrzehnten auch spezifisch, individuell zu würdigen. Nicht vermischt sich auch die Formensprache ein- historische Verbindungen oder Querverweise, zelner Sujets, der Bildhauerei beispielsweise, beispielsweise zu Bereichen der Performances mit anderen künstlerischen Ausdrucksformen, oder Happenings, oder solche zu Dada, Fluxus, beispielsweise mit der Objektkunst. Daraus Objektkunst, Konstruktivismus oder allgemein entstehende, neuen Formen sind oft kaum in zu den geläufigen Kunstgeschichtsepochen irgendwelchen neuen Begrifflichkeiten oder sollten ein Kunstobjekt begrenzen oder re- Schemata fassbar. Und dennoch sind sie in duzieren; stattdessen wird eher eine gezielte zunehmenden Maße Teilnehmer eines überaus Beschreibung dahingehend hilfreich wirken, spannenden und dynamisch akzentuierten die das Besondere und das Wesen eines ganz Prozesses, einer Entwicklung, in der immer bestimmten, neu erschaffenen Kunstwerks neue Ausdrucksformen nach vorne drängen unvoreingenommen erfassen kann. und sich publikumswirksam inszenieren. So Skulptur und Plastik. Gegenständlichkeit und werden zum Beispiel Performances immer häu- Abstraktion: Zwischen diesen Polen könnte figer parallel mit einer, temporär begleitend solches aktuell und beispielhaft anhand der gestalteten Malerei geadelt; dazu wird dann Werke zweier Kunstschaffender unternom- der Gesamtauftritt unter Umständen noch men werden, die wir in diesem ARTPROFIL abgerundet und untermalt durch eine Liaison gerne vorstellen: Werner Pokorny, ein auch mit einer ganz anderen Kunstform, der Musik international bekannter zeitgenössischer Bild- zumeist. Auch die Architektur ist ebenfalls in hauer, und Ute Krautkremer, eine künstlerische zunehmendem Maße spielerisch begleitet - Persönlichkeit, die sich den natürlichen Spuren, durch Malerei, Bildhauerei oder auch gänzlich welche uns die Vergangenheit überlassen hat, andere Formen des künstlerischen Ausdrucks wie das spielen mit Licht. Nicht die klassischen, bekannten, auch manchmal schon leicht stereotypen kunsthistorischen Schubladen finden mehr die liebgewonnene Aufmerksamkeit des Publikums, sondern viel- Philipp Fürhofer; Mein Schicksal reißt mich fort (My fate sweeps me away); 2016, acrylic and oil on acrylic glass, spy mirrors, LED tubes and cable, 242 cm x 60 cm x 60 cm; Courtesy: Galerie Sabine Knust, München; Foto: Henning Moser mehr arrangierte Situationsbeschreibungen, widmet. Beiden zu eigen ist die schöpferische Entwicklung neuer Möglichkeiten durch die Verfremdung einer bestimmten Gegenständlichkeit, durch die sie Perspektiven neu entstehen lassen. Und darum geht es: Die Veränderung und Erweiterung feststehender Begrifflichkeiten und Wahrnehmungen durch welche das Werk per se in den künstlerisch Gesamtauftritt dann den Versuch unterneh- neue Sicht- und Betrachtungsweisen auszu- betrachtenden Fokus rücken - und mit dem men, eine künstlerischen Akzeptanz zu erzie- lösen mittels künstlerischer Transformation, jeweiligen, ja schon komponiert zu nennenden len. Es geht also vielleicht doch nicht nur um ausgedrückt durch Material und Form. 40 ARTPROFIL
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