Rainer Fischbach Hauptvortrag Schöne neue Technikwelt - Ermächtigung oder Überwältigung? Abstract "Empowerment" im Sinne von "Ermächtigung des Individuums" gilt als die entscheidende Leistung zukunftsweisender Technik, und insbesondere von fortgeschrittener Informations- und Telekommunikationstechnik. Deren wichtigste Errungenschaften bildeten persönliche Werkzeuge, die vor allem klein, leicht, handlich, tendenziell immateriell ("Bits statt Atome"), postindustriell, umweltschonend, verteilt bzw. dezentral und vernetzt, individuell und deshalb vor allem Werkzeuge der Befreiung seien. "Empowerment" ist ein Schlüsselwort nicht allein der Technologiedebatte, sondern, spätestens seit Apple, auch der Produktwerbung. Es soll einen Kontrapunkt setzen zu dem Charakter, den man der Technik attestiert, die im Zusammenhang der fordistischen Industriegesellschaft des 20. Jahrhunderts steht: nämlich groß, schwer, unhandlich, umweltfeindlich, zentralisiert, monolitisch, materiell, normiert, vermassend und deshalb das Individuum versklavend zu sein. Doch heute, nachdem die Befreiung und Harmonie mit der Umwelt versprechenden Produkte der postfordistischen Technik alltäglich geworden sind, geht nicht nur die Naturzerstörung ungehindert weiter, steigt nicht nur der Ressourcenverbrauch ebenso an wie der Müllund Schadstoffausstoß, sondern sind auch neue Gefahren für die Freiheit erkennbar, die sich gerade aus der zunehmenden Durchdringung der Lebenswelt mit kleiner, leichter, dezentraler, individualisierter Informations- und Telekommunikationstechnik ergeben. Ermächtigung hat sich in Überwältigung verwandelt. Was genau ist falsch an dieser Technik, von der wir ein so sympathisches Bild gewonnen haben, wenn die Konsequenzen ganz anders aussehen? Und: was müsste anders sein, anders gemacht werden, um solche unerfreulichen Konsequenzen zu vermeiden oder wenigstens einzudämmen? Gibt es Prinzipien, nach denen man sich richten kann? Etwa das der Nachhaltigkeit? Dieses Konzept erweist sich jedoch als inhaltlich gefährlich vage und historisch vorbelastet. Angezeigt erscheint eher verhalten pessimistische Aufmerksamkeit, die ein Abgleiten in den Defätismus vermeidet, ohne sich zum Opfer illusionärer Hoffnungen zu machen. Kurz Vita Rainer Fischbach (geb. 1950) ist Informatikberater und Publizist. Er ist Mitarbeiter eines Software- und Beratungshauses, das sich auf Systeme für die Verwaltung produktdefinierender Daten für die fertigende Industrie spezialisiert hat. Als Publizist schreibt er für Periodika wie den Freitag, die Zürcher WochenZeitung und andere. 2005 veröffentlichte er mit "Mythos Netz" ein Buch, das sich kritisch mit den hohen Erwartungen auseinandersetzt, die heute in ökonomischer, gesellschaftlicher, politischer und wissenschaftlicher Hinsicht an Netze und den Netzbegriff herangetragen werden. In der Vergangenheit war er als selbständiger Berater tätig, unterrichtete Informatik an der Baden-Württembergischen Berufsakademie und forschte zur Abschätzung der Folgen militärisch relevanter Technologien.
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