Bestens mit Brüssel vernetzt

Offizielle Informationen des Baugewerbes Innung 13
BAUzeitung 11 2016
Bestens mit Brüssel vernetzt
Schwarzarbeit, Lohn- und Sozialdumping und fairer Wettbewerb beschäftigen die heimische
Bauwirtschaft. Doch welche Lösungsvorschläge liefert die EU?
Interview: Sonja Messner
T
Österreichische Unternehmer haben
häufig das Gefühl, dass ihre Bedürfnisse
und Probleme auf europäischer Ebene
nicht ausreichend Berücksichtigung
finden. Wie war Ihr Eindruck nach eini­
gen Monaten in Brüssel?
Fiona Gebhardt: Die heimischen Bauunternehmen sind durch das EU-Büro der
WKO und auch durch die FIEC (International Federation of Associations of Classical Studies, Anm.) in Brüssel vertreten,
und unsere Herausforderungen sind auf
europäischer Ebene bekannt. Es ist jedoch
nicht immer einfach, denn sehr viele Inter­
essen müssen dort unter einen Hut gebracht
werden. Umso wichtiger ist es als öster­
reichische Vertretung, vor Ort ein gutes
Netzwerk zu haben und sich aktiv in Workshops, Besprechungen und Diskussionen
einzubringen, um gehört zu werden.
Welche Themen stehen in Brüssel
momentan ganz oben auf der Agenda?
Die Bauwirtschaft betreffend, sind das
sicherlich die Themen Lohn- und Sozial­
dumping und fairer Wettbewerb. Hier
wurden in den letzten Monaten bereits
einige Maßnahmen gesetzt. Eine davon
ist die Plattform gegen Schwarzarbeit, die
im ­Februar vom EU-Parlament ins Leben
ge­rufen wurde.
Meßner
hemen wie Lohn- und Sozial­
dumping, Schwarzarbeit und f­airer
Wettbewerb werden zwar auch
auf nationaler Ebene behandelt, um die
­Probleme grundlegend zu lösen, sind jedoch
europäische
Maßnahmen
notwendig.
Dr. Fiona Gebhardt, Rechtsreferentin in der
Geschäftsstelle Bau, arbeitete drei Monate
lang im EU-Büro der WKO und im Verband
der europäischen Bauunternehmungen
(FIEC) in Brüssel mit. Im Interview mit der
Bauzeitung berichtet sie über die aktuellsten Entwicklungen und erklärt, warum die
Mit­arbeit auf EU-Ebene so wichtig ist.
Dr. Fiona Gebhardt, Referentin der GS Bau,
über die aktuellen Entwicklungen in Brüssel.
Was kann man sich darunter vorstellen?
Mit dieser Plattform sollen der grenzüberschreitende Informationsaustausch und die
Zusammenarbeit zwischen den nationalen
Ministerien, Gewerkschaften und Arbeit­
geberverbänden verbessert werden. Sie ist
als reine Informationsplattform geplant,
über die Daten über einzelne schwarze
Schafe ausgetauscht werden. Ende Mai fand
die erste Sitzung dazu statt. Jeder Mitgliedstaat soll einen Vertreter für die Verbindungsarbeit zwischen allen Behörden, die
auf nationaler Ebene für die Bekämpfung
nichtangemeldeter Erwerbstätigkeit zuständig sind, benennen. Darüber hinaus werden
der Plattform auch die Kommission und
vier Vertreter der auf EU-Ebene organisierten Sozialpartner angehören.
Viel wird momentan auch über die
angedachte Reform der Entsendericht­
linie diskutiert. Wie ist hier der aktuelle
Stand?
Der Entwurf wurde im Rahmen des Mobilitätspakets bereits am 8. März von der EUKommission präsentiert. Im Vordergrund
des Kommissionsvorschlags stehen die
Stärkung des Binnenmarkts und die Sicherstellung von Fairness. So sollen entsendete
Arbeitnehmer in der EU Anspruch auf Entlohnung gemäß dem Kollektivvertrag des
beschäftigenden Staates haben – was in
Österreich schon lange über den Kollektivvertrag geregelt ist. Weiters soll die Dauer
der Entsendung auf 24 Monate begrenzt
werden. Elf Mitgliedsstaaten haben jedoch
bereits Einspruch erhoben und gemeinsam eine Subsidiaritätsrüge eingereicht.
Die EU-Kommission muss ihren Vorschlag
nun überprüfen und unter Begründung entscheiden, ob sie ihn beibehält, verändert
oder zurückzieht.
Ebenfalls geplant ist ein Dienst­
leistungspass für Unternehmer. Gibt es
dazu bereits konkrete Ideen?
Der im Heimatland ausgestellte Pass soll
zur Erleichterung der grenzüberschreitenden Dienstleistungen und Verbesserungen
im Bereich der gegenseitigen Anerkennung
unter den Mitgliedsstaaten beitragen. Ziel
ist die bürokratische Entlastung und Zeit­
ersparnis bei Antrag- und Mitteilungsverfahren. Ein konkretes Konzept existiert
noch nicht. Allerdings gibt es Befürchtungen, die auch von Österreich geteilt werden,
dass der Automatismus der gegenseitigen
Anerkennungen quasi zur Einführung des
Herkunftslandprinzips führen könnte. i n fo
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