Was ein Coaching effektiv und wirksam macht

INSTITUTFÜRMANAGEMENT‐INNOVATION
PROF.DR.WALDEMARPELZ
Was ein Coaching effektiv und wirksam macht
Coaching ist wesentlich teurer als Training. Sind diese Mehrkosten berechtigt? Studien
der Harvard und Ashridge Businness School stimmen nachdenklich und liefern praktische
Tipps
Bad Soden am Taunus, 22. Juli 2016. Coaching ist bei üblichen Stundensätzen von 200 bis
2.000 Euro wesentlich teuer als ein Training oder andere Maßnahmen zur Führungskräfteentwicklung. Das führt zu der kritischen Frage, ob diese Mehrausgaben gerechtfertigt sind.
Eine Antwort liefern Ergebnisse von Studien der Harvard und Ashridge Business School.
Die Ergebnisse geben Anlasse zum Nachdenken. Worauf sollte man achten?
Tipp 1: Seien Sie skeptisch bei scheinbar wissenschaftlichen „Tools“
Viele Coaching-Anbieter werben mit „neuen“ und/oder „wissenschaftlichen“ Methoden,
Theorien oder „Tools“, die sie im Coaching einsetzen. Diese reichen von der „Neurolinguistischen Programmierung“ über “Wingwave“ bis hin zur (kybernetischen) Systemtheorie,
Quantenphysik und Autopoiese. Die Studie von Erik de Haan und Co-Autoren von der
Asridge Business School analysiert 156 Coachings und kommt zu dem Ergebnis, dass die
angewandte Methode oder das verwendete „Tool“ praktisch keine Auswirkung auf den
Coaching-Erfolg haben. An erster Stelle steht die Beziehung zwischen Coach und seinem
Klienten (Coachee). Wenn es dem Coach gelingt, das Vertrauen seines Klienten zu gewinnen und der Coachee starkes Engagement zeigt, weil er zum Beispiel einen großen „Problemdruck“ verspürt, ist der Erfolg so gut wie sicher. Weitere Erfolgsfaktoren sind Vertraulichkeit, Empathie, geistige Flexibilität und das Vertrauen auf eigene Stärken.
Tipp 2: Achten Sie auf das zweite Erfolgsgeheimnis („Learning by Doing“)
Aus der Perspektive dessen, was man über die Verbesserung von Fähigkeiten (Lernen)
weiß, können Coaching, Training und andere Methoden der Führungskräfteentwicklung
die gleiche Effektivität erzielen. Nach einer Faustregel verdanken wir rund 70 Prozent des
Lernerfolges dem Praktizieren und Ausprobieren; 20 Prozent lernen wir von Vorbildern,
und nur 10 Prozent des Lernerfolges verdanken wir dem Lesen, Zuhören oder Diskutieren.
Folglich sollten alle Entwicklungsmaßnahmen in erster Linie geeignete, herausfordernde
Aufgaben und somit Lernmöglichkeiten im Unternehmen finden. Hilfreich sind auch Kontakte zu geeigneten internen oder externen Vorbildern oder Projekte mit anderen Teilnehmern aus verschiedenen Bereichen und Funktionen des Unternehmens. Vermutlich ist das
eine Erklärung für den Trend, der weg vom Coaching und hin zum Mentoring geht.
Tipp 3: „Messen“ Sie Ergebnisse und nicht nur die Zufriedenheit
Es gibt zahlreiche Studien, die behaupten, Coaching sei effektiv, wirksam oder erfolgreich.
Hier muss man genau hinsehen, was mit „Erfolg“ gemeint ist. Um die Wirksamkeit eines
Coachings nachweisen zu können, müsste man zwei Gruppen bilden, die eine coachen und
die andere trainieren. Wenn sich dann (messbare) Unterschiede im Lernerfolg (zum Bei-
©InstitutfürManagement‐Innovation Prof.Dr.WaldemarPelz www.management‐innovation.com
INSTITUTFÜRMANAGEMENT‐INNOVATION
PROF.DR.WALDEMARPELZ
spiel Verhaltensänderungen) zeigen, könnte man auf die Wirksamkeit schließen. Eine
„Messung“ könnte zum Beispiel durch ein 360-Grad-Feedback erfolgen. Studien, die derartigen Standards gerecht werden, gibt es so gut wie gar nicht. Und die bekannten weisen
erhebliche methodische Mängel auf. Der Erfolg wird meistens anhand der Zufriedenheit
des Klienten „gemessen“. Die Folge: Das Ergebnis ist genauso aussagekräftig als würde
man einen ALDI-Kunden fragen, wie zufrieden er mit dem Einkauf ist, sobald er den Laden verlassen hat. Das bedeutet, dass beim Coaching nicht nur der Klient, sondern auch
das Unternehmen „zufrieden“ sein muss. Dazu ist es notwendig, dass der Coach die Anforderungen der (zukünftigen) Aufgabe kennt.
Tipp 4: Der Coach muss den gesamten Prozess bis hin zum Ergebnis begründen können
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Befragung von 140 Coaches und acht Experten
durch Diane Coutu und Carol Kauffman von der Harvard Business Review und der Harvard Medical School. Demnach kommt es nicht auf eine bestimmte Methode an, sondern
darauf, dass der Coach überzeugend begründen kann, welche Diagnose- und Lernmethoden er einsetzt, dass sie zielführend sind, und welche Ergebnisse dabei zu erwarten sind.
Wenn er das nicht kann, sollte man ihm sofort die Tür zeigen. Das erfordert auf Seiten der
Unternehmen qualifizierte Personen in der Führungskräfteentwicklung oder die Einbindung von Linienmanagern, die die Anforderungen an die konkrete Aufgabe definieren
können.
Tipp 5:Vermeiden sie Qualitätskriterien aus einer „Selbst-Zertifizierung“
Eine Qualitätssicherung nach formalen Kriterien wie zum Beispiel einer psychologischen
Weiterbildung oder einer Zertifizierung sehen die befragten Experten kritisch. Besonders
problematisch ist die übliche Praxis der Selbst-Zertifizierungen durch unzählige Verbände,
weil es sich um Interessenvertreter der Coaching-Anbieter handelt. Das ist genauso als
würde der Verband der Automobilindustrie die Umweltfreundlichkeit einzelner Automobilhersteller zertifizieren. Wichtig wäre dagegen nach Ansicht der befragten Experten eine
Akkreditierung durch unabhängige Stellen, wie sie im Hochschulbereich in den Vereinigten Staaten und inzwischen auch in Europa üblich ist.
Weitere Einzelheiten zu diesem Thema finden Sie auf den Seiten des Instituts für Management-Innovation unter „Publikationen“ oder in der Studie:
www.management-innovation.com/download/Systemisches-Coaching.pdf
©InstitutfürManagement‐Innovation Prof.Dr.WaldemarPelz www.management‐innovation.com