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In seinem erstmals 1988 veröffentlichten Text „Gibt es einen Neo-Rassismus?“ nannte Etienne Balibar Neo-Rassismus einen „Rassismus
ohne Rassen“. Er fasste eine internationale und über mehrere Jahrzehnte geführte Diskussion zusammen und analysierte dabei die neue
Konjunktur von Rassismus, deren Analyse von Frantz Fanon über Collette Guillaumin über Stuart Hall zu den zahlreichen feministischen Ansätzen reicht.
Heute stellt sich die Frage des Rassismus in globaler Perspektive neu.
Während sich zahlreiche Einflüsse und Erfahrungen von Rassismus seit
jeher in die singulären Geschichten von Rassismus einschrieben, finden
rassistische Zuschreibungen heute, etwa innerhalb Europas, neue Resonanzräume. In Kampagnen gegen den Bau von Moscheen oder eine
Ablehnung von Roma-Bevölkerung oder in den Mobilisierungen gegen
Flüchtlinge finden solche europäische Rassismen Ausdruck.
Seit ein paar Jahren werden solche Veränderungen von relevanten Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert. Zu nennen wäre die
These von Theo Goldberg, der unsere Situation in spezifischer Weise als
„post-rassistisch“ diagnostiziert und der zeigt, wie sich rassifizierenden
Kategorien aktualisieren und verschieben. Angesichts von Überschreitungen bisheriger Natur- und Kulturverhältnisse prägt er den Begriff des
„Anthroporassismus“. Achille Mbembe spricht provokativ von einer Verallgemeinerung der rassistischen Erfahrung aller Subalternen im Zuge
des Neoliberalismus. All diese Ansätze teilen die Diagnose, dass sich
Rassismus auf neue Weise, wenn auch mit alten Anleihen, mit Armut
und Prekarisierung verbindet. Zuspitzend ließe sich sagen, dass die Kategorie von Rasse in die Krise geraten ist. Damit ist zu diskutieren, ob
und wie die Rassismusanalyse heute einer theoretischen Erneuerung
im Rahmen einer Analyse aktueller Konjunkturen bedarf.
Der Vortrag findet statt im Rahmen des Workshops „(In) Konjunkturen denken. Gespräche zwischen empirischer Kulturwissenschaft und Kritischer Politischer Ökonomie“