ein-spruch: „Gerade Sie, Herr Widmann, haben als Mobilitäts

leserbriefe
POLITIK
„Sag niemals nie“
Foto: Alexander Alber
Ein Gespräch mit dem SVP-Politiker Thomas Widmann über
seine wachsende Gelassenheit im Alter. Und wie er als neuer
Regionalratspräsident die Region retten will.
Thomas Widmann, 56, ist für die
nächsten zweieinhalb Jahre Regionalratspräsident. Sein erstes Vorhaben –
die Geschäftsordnung ändern:
„Diese ist ein Relikt aus der Steinzeit“,
so Widmann (im Bild mit Landeshauptmann Arno Kompatscher).
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No. 26 / 2016
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Geldvernichtung?
Die Aussagen von Thomas
Widmann (SVP) in ff
26/2016 zur Flughafen­
abstimmung
Herr Thomas Widmann
schmeißt im Interview der
Südtiroler Bevölkerung, die
mit 70-prozentiger Mehrheit
den Flughafen in Bozen definitiv ablehnt, Geldvernichtung vor. Gerade Sie, Herr
Widmann, haben als Mobilitätslandesrat 4 Jahre lang viel
zu viel Steuergeld für den
Flughafen ausgegeben und
diesen nicht zum Funktionieren gebracht. Wer ist hier
der Geldvernichter? Anstatt
uns Bürger anzuprangern,
sollten Sie froh sein, dass
Landesräte, die Mist bauen,
Mittagsmagazin
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No. 29 / 2016 Ein-Spruch: „Gerade Sie, Herr Widmann, haben als Mobilitätslandesrat viel zu viel Steuergeld für den Flughafen ausgegeben
und diesen nicht zum Funktionieren gebracht.“
Kuno Christoph, Eppan
für diesen Schaden nicht persönlich haften müssen. Dann
auch noch das Instrument
der Volksbefragung in Frage
zu stellen, deutet darauf hin,
dass Sie zu jenen Politikern
gehören, die, wenn Sie einmal die Macht haben, sich
von niemandem dreinreden
lassen wollen. Wie sagten Sie
selber: „Ein Politiker, der mit
dem Begriff Macht ein Problem hat, hat selbst ein Problem“.
Kuno Christoph, Eppan
Ichlinge unter sich
Leitartikel in ff 28/2016
über die Showqualitäten
und Probleme der Landesregierung
Mit der Schließung von Südtirols Kleinspitälern haut
sich eine bereits angeschlagene „neue“ SVP selber spitalreif. Dies wurde ihr ganz
sicher nicht von Südtirols
Ärzten angeordnet, aber sehr
wahrscheinlich in Form von
Koalitionsbedingungen vom
zentralistisch regierenden PD
empfohlen. Worin die Gegenleistung für die reelle Verringerung unserer – auf dem
Papier so sattelfesten – Autonomie besteht, lässt sich nur
vermuten.
Zugleich schlittern die Halbzeitkonferenzen unserer Regierenden ins Lächerliche,
weil sie mit der Südtiroler
Realität wirklich wenig Gemeinsamkeiten haben. Oder
wie es uns von Journalistin
Alexandra Aschbacher ausgemalt wurde, würde sie in
der zweiten Halbzeit gerne
„keine Ansammlung showerprobter Ichlinge“ begrüßen.
Die Online-Umfrage auf
www.ff-online.com
Klaus Demetz, „Santa Klaus“,
Wolkenstein
77 %
23 %
Ihr Wille geschehe
Hinhalten, Vertrösten, Zermürben – ff 28/2016 über die
Geburtenstation Sterzing
Auch wenn ich die rechtlichen, finanziellen und medizinischen Standpunkte der
Expertenkommission, welche
zum Entschluss der Notwendigkeit der Schließung der
Geburtenabteilung im Krankenhaus Sterzing gekommen
ist, nicht teilen kann, erkenne ich doch an, dass die jeweiligen Fachleute ihres Gebietes meinem „Laienwissen“
überlegen sind, und meine
Hoffnung besteht darin, dass
es ihnen um das Wohl der
Menschen in diesem Land
und nicht um politische Interessen und Machenschaften geht.
Ein ganz anderer Aspekt der
jetzigen Situation ist jedoch
die Tatsache, dass die Bevölkerung des Wipptals seit Jahren zwischen Hoffen und
Bangen an der Nase herumgeführt wurde! Ich frage
mich, welch höherem Ziel es
dienen sollte, uns jahrelang
zu belügen, hinzuhalten, engagierte Ärzte und Mitarbeiter des Krankenhauses sowie
unsere politischen Vertreter
der betroffenen Gemeinden
in der Sache von „Pontius bis
Pilatus“ pilgern zu lassen, um
am Ende wieder dorthin zu
kommen, wo wir zu Beginn
der Diskussion schon waren.
„Achten Sie
beim Einkauf
auf faire
Produkte?“
Ja
Nein
Es wird lange dauern, den
Scherbenhaufen aus politischem Unmut, Zukunftsängsten, verlorenem Vertrauen zu kitten. Es wäre aber
naiv zu glauben, dass jede von
der Regierungspartei getroffene Entscheidung unser aller Wohlgefallen findet. Noch
fataler ist jedoch die Tatsache, zu erkennen, dass unsere Landesregierung jahrelang
mit den Ängsten und Anliegen eines ganzen Bezirkes gespielt hat.
Helene Inderst, Ridnaun
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Wenn der Rand zur Mitte wird
„2017 mehr Unterstützung für die Mittelschicht“: Das kündigt Premier
Matteo Renzi an. Denn die Mitte schrumpft – auch bei uns.
E
gal, ob global oder auch nur lokal: Geht es um Faktoren wie Einkommen, Verteilung, Konsum, Kaufkraft, Besteuerung oder Wirtschaftswachstum, so
kommt die Mittelschicht ins Spiel. Ohne die geht es nicht.
Das italienische Statistikinstitut Istat meldet, dass die Bezieher mittlerer Einkommen etwas an Vertrauen gewinnen. Das
kurbelt den Konsum an, es wird mehr investiert, und eine
wirtschaftliche Erholung könnte eingeleitet werden. Ähnliches vernimmt man auch in Deutschland: Der Konsum
treibt die Wirtschaft und ist die wichtigste Stütze der Konjunktur. Deutschlands Mittelschicht kauft und kauft. Die
Folge: Der boomende Konsum beschert den Einzelhändlern
das stärkste Geschäftsjahr seit mehr als 20 Jahren.
Einkommensmittelschichten prägen somit das Bild einer
Gesellschaft. Doch wie lange noch? Eine umfassende Studie
des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat das Thema durchleuchtet und festgestellt: Die Mittelschicht schrumpft. Im Untersuchungszeitraum 1983 bis
2013 sank ihr Anteil an der deutschen Gesamtbevölkerung
von 69 auf 61 Prozent. Derweil vergrößerte sich der Anteil
von Ober- und Unterschicht, also die einkommensstarke und
einkommensschwache Schicht, jeweils um 4 Prozent.
Insgesamt ist der Bevölkerungsanteil der Mittelschicht an
der deutschen Gesellschaft zwar noch deutlich größer als etwa
in den USA. Dort gehören nur noch 50 Prozent zur „Mitte“.
Neu ist, dass die Bezieher mittlerer Einkommen in Deutschland und den USA etwa gleich schnell schrumpfen.
In beiden Ländern waren es besonders die 30- bis 44-Jährigen, die aus der mittleren Einkommensschicht herausfielen.
In Deutschland sank ihr Anteil seit 1983 um mehr als 10 Prozent. Auffällig ist, dass der Bevölkerungsanteil der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren vor allem in der unteren Einkommensgruppe zunahm, während der Anteil der
30- bis 44-Jährigen sowohl in der unteren als auch in der oberen Einkommensgruppe anstieg.
Überraschend war für die Forscher auch der Befund, dass
der in Deutschland seit 2006 deutliche Beschäftigungszuwachs die Mittelschicht nicht gestärkt oder zu einer Zunahme des Anteils der Bezieher mittlerer Einkommen geführt
hat. Das wäre üblicherweise das, was man erwartet hätte.
Aber: Die Vielfalt unterschiedlicher und vielfach auch gering
bezahlter Beschäftigungsformen hat zugenommen.
Sorgen bereitet, dass das Bröseln der Mitte gesellschaftliche und wirtschaftspolitische Auswirkungen in den ver-
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Konflikte auf die Gesellschaft zukommen könnten. Und dass
das Schwinden der Mittelschicht kein Prozess ist, der erst gerade begonnen hat, sondern seit Jahrzehnten im Gange ist
und weitergeht.
Die Soziologen betrachten die Mittelschicht weniger als
wirtschaftliches Phänomen, sondern eher als gesellschaftliches: Die Mittelschicht stehe für gleiche Chancen für alle.
Je größer diese Gruppe ist, desto größer ist auch das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gesellschaft, der Glaube, dass
am Ende für alle gesorgt ist, und desto homogener, demokratischer und friedfertiger wird auch die Gesellschaft.
Sobald sich die Menschen sorgen, aus der Mitte der Gesellschaft abzusteigen, verliert die Mitte ihre verbindende Kraft.
Somit stehen nun Fragen in Raum wie: Wohin entwickelt
sich die Gesellschaft, wo wollen wir hin oder wie viel Mitte brauchen wir? Ist dieses Schrumpfen in einer marktwirtschaftlichen Demokratie überhaupt problematisch? Doch:
Wenn die Mittelschicht schrumpft, schade das der Wirtschaft, so die Verantwortlichen der Studie.
Zum Beispiel sei der Konsum in der Oberschicht im Vergleich geringer als in einer starken Mittelschicht, die an ihre
materielle Absicherung glaubt und deswegen bereit ist, Geld
auszugeben. Die schleichende Polarisierung der Gesellschaft
bedeutet zudem einen Wandel der sozialen und politischen
Teilhabe und weniger Chancengleichheit.
Dauernd erreichen uns Prognosen zu den Veränderungen
unserer Gesellschaft – mit ihren erheblichen Konsequenzen
für Kunden- und Kaufstrukturen und damit auch für Handel und Dienstleistungen. Betriebe versuchen vorauszublicken und auf diese Entwicklungen zu reagieren. Denn jeder
Mensch hat seinen „wirtschaftlichen“ Wert: Er isst Marmelade und trinkt Mineralwasser, kauft Jeans und Autos, zahlt
Mieten und Kreditraten und schließt Versicherungen ab.
Wenn ein solcher Mensch oder Menschentyp nicht mehr
da ist, fehlen Kaufkraft und somit Geld in den Kassen. Zukunft gestalten heißt auch, sich frühzeitig zu überlegen, welche Konsequenzen aus heute erkennbaren Entwicklungen
entstehen können und welche alternativen Geschäftsstraten
gien und neue Geschäfts- und Ertragschancen es gibt. Mauro Stoffella, 43, ist Kommunikationschef beim Handelsund Dienstleistungsverband Südtirol (HDS).
No. 29 / 2016