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BZB Juli/August 16
Praxis
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Eine Zahnspange für den Vierbeiner?
Auch Hund, Katze und Hamster brauchen einen Zahnspezialisten
BZB: Woran erkenne ich, dass mein Haustier Probleme
mit seinen Zähnen hat?
van Suntum: Übler Geruch aus dem Maul ist
häufig das erste Zeichen für die Tierbesitzer.
Schmerzen bei der Futter- oder Wasseraufnahme,
Berührungsempfindlichkeit am Kopf, Zurückgezogenheit und Unlust sind weitere typische
Symptome.
BZB: Was sind die häufigsten Tierzahn- und Tiermundhöhlenerkrankungen?
van Suntum: Allen voran die Parodontitis. Verschiedene Studien zeigen, dass etwa 70 bis 80 Prozent
der Hunde und Katzen über drei Jahre an behandlungsbedürftigen Erkrankungen der Zähne beziehungsweise der Mundhöhle leiden. Leider bleibt
das vom Besitzer oft unbemerkt. Das weitere Spektrum reicht von Zahnfrakturen bis zu Mundhöhlentumoren.
BZB: Welche Tiere sind besonders gefährdet?
van Suntum: Hunde und Katzen leiden sehr häufig an Parodontitis. Zur Tierzahnheilkunde gehören als Patienten jedoch auch die Kleinsäuger
wie zum Beispiel Kaninchen. Diese haben aradikuläre elodonte Zähne, die ein Leben lang wachsen und bei ungenügendem Abrieb durch nicht
artgerechte Fütterung oder durch primäre Malokklusion stark elongieren können. Dadurch
kann es bis zum Durchbruch der Wurzel in die
Orbita oder durch die ventrale Mandibulakortikalis kommen.
BZB: Wenn es auch ein seltener Anblick ist – es gibt
Hunde mit Zahnspange. Wann benötigen sie diese?
Foto: fotolia.com/BillionPhotos.com
Ob Mensch oder Tier, bekommen sie Zahnschmerzen, leidet der Zwei- genauso wie der Vierbeiner.
Dr. Martina van Suntum ist Fachtierärztin für
Zahnheilkunde der Kleintiere und designierte Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Tierzahnheilkunde (DGT). Im Interview mit dem BZB erklärt sie, worauf Tierhalter bei ihren kleinen Freunden achten sollten und welche Aufgaben die DGT
wahrnimmt.
Hunde und Katzen leiden sehr häufig an Parodontitis. Deswegen: Wenn möglich,
Zähneputzen. Bei Hunden geht das meist leichter als bei Katzen.
van Suntum: Dann, wenn durch eine Fehlstellung
Schmerzen entstehen oder eine Beschädigung der
Mundhöhlengewebe oder der Zähne besteht, also bei medizinischer Indikation. Kosmetische Aspekte spielen in der Tiermedizin kaum eine Rolle.
Da jede Behandlung in Narkose durchgeführt werden muss, ist die Indikation individuell sorgfältig
zu prüfen.
BZB: Wie sieht die ideale Zahnpflege bei Tieren aus?
van Suntum: Wenn möglich, Zähneputzen! Das
geht bei den meisten Hunden gut, bei Katzen eher
weniger. Kauartikel und spezielles Spielzeug können helfen, die natürliche Zahnreinigung zu unterstützen. Last but not least: jährliche Zahnchecks
und gegebenenfalls eine Professionelle Zahnreinigung! Das ist aber nur unter Narkose möglich.
BZB: Worauf sollte der Tierbesitzer beim Futter achten?
van Suntum: Wenn möglich auch etwas zum
Beißen, zum Beispiel Trockenfutter oder Kauartikel, als Leckerli anbieten. Knochen sind allerdings
kontraproduktiv, da sie häufig Kronenfrakturen
verursachen. Der Zahnschmelz ist bei Hunden mit
ein bis zwei Millimetern sehr dünn.
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BZB: Welche Qualifikation benötigt ein Tierarzt, um
sich auch Tierzahnarzt nennen zu können?
van Suntum: Es gibt verschiedene von der Tierärztekammer anerkannte Zusatzqualifikationen,
die nach dem Studium der Tiermedizin postgradual erworben werden:
1. Zusatzbezeichnung Tierzahnheilkunde: je nach
Kammer zwei- bis dreijährige Weiterbildung unter Anleitung eines weiterbildungsermächtigten
Tierarztes an der Universität, in einer Tierklinik
oder in einer spezialisierten Praxis sowie spezifische Fortbildungsstunden/Kurse auf dem Gebiet
der Tierzahnheilkunde, Prüfung vor der Tierärztekammer,
2. Fachtierarzt für Tierzahnheilkunde: vierjährige
postgraduale Weiterbildung an zugelassenen
Weiterbildungsstätten, Fortbildungsstunden auf
dem Gebiet der Tierzahnheilkunde sowie eine
nachzuweisende Fall-Liste, Prüfung vor der Tierärztekammer,
3. Europäischer Fachtierarzt für Tierzahnheilkunde:
fünfjährige postgraduale Weiterbildung, umfangreiche Fall-Liste, zweitägige Prüfung mit dem Erwerb des Titels: Diplomate of the European Veterinary Dental College und
4. Doppelstudium der Tiermedizin und der Zahnmedizin.
BZB: Kann auch ein normaler Zahnarzt einen Hund
behandeln?
van Suntum: Die Zahnbehandlung von Tieren erfordert für jede Spezies besondere Fachkenntnisse.
Selbst die Fleischfresser Hund, Katze und Frettchen
unterscheiden sich erheblich in ihren Zahnformeln,
ihrer Anatomie und ihren spezifischen Erkrankungen. Die Behandlungen sind immer in Narkose
durchzuführen, die von einem Tierarzt vorgenommen werden muss.
Dieser Schäferhund kann sein Futter wieder genießen – er bekam eine Wurzelfüllung
bei einem Eckzahn.
Praxen sind auf der Spezialistenliste der Deutschen
Gesellschaft für Tierzahnheilkunde durch Nachweis
der Weiterbildung auf dem Gebiet aufgeführt. Insgesamt haben wir knapp 200 Tierärzte als Mitglieder.
BZB: Welche Aufgaben nimmt die Deutsche Gesellschaft für Tierzahnheilkunde wahr?
van Suntum: Die DGT ist bestrebt, die Ausbildung
und Kenntnisse in der Tierzahnheilkunde zum
Wohle der Tiere durch qualifizierte Fortbildungen
zu fördern sowie durch Öffentlichkeitsarbeit das
Bewusstsein für die Bedeutung der Zahngesundheit für die Gesundheit des Gesamtorganismus zu
steigern. Die DGT ist deshalb Partner der Initiative
Zahngesundheit. Darüber hinaus unterstützt sie
wissenschaftliche Arbeiten auf dem Fachgebiet der
Tierzahnheilkunde und deren Verbreitung. Die regelmäßige Durchführung einer ganztägigen Jahrestagung sowie DGT-Intensivseminare für Tierärzte und Tiermedizinische Fachangestellte gehören
zu ihren Hauptaufgaben.
BZB: Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Ilka Helemann.
Foto: fotolia.com/Vera Kuttelvaserova
BZB: Wie viele Praxen aus Bayern sind Mitglied der
DGT?
van Suntum: Nach letztem Stand gehören der DGT
etwa 40 Tierärzte aus Bayern an. Etwa 25 bayerische
Foto: van Suntum
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Ob Hund, Katze, Chamäleon oder Hamster – auch tierische Familienmitglieder brauchen eine gute Zahnpflege, um gesund und glücklich
sein zu können.
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Ein Alpaka im CT
Die Tierklinik Blaichach hatte im April einen besonderen
BZB: Wie hat das Tier den „Ausflug“ in den CT überstanden?
Gast in ihrem CT. Ein Alpaka plagten Zahnschmerzen.
Buchelt: Es war eine Vollnarkose notwendig, die durch
Praxismitinhaber Dr. Kurt Buchelt erzählt über die Be-
intravenöse Narkotikagaben aufrechterhalten wurde. So
handlung des Patienten der besonderen Art.
konnten wir die Tiefe des Schlafes für die Dauer der CT-Untersuchung optimal steuern. Das Alpaka hat die Narkose
BZB: Welche Beschwerden hatte das Alpaka im Vorfeld?
und die CT-Untersuchung ohne Probleme überstanden.
Buchelt: Das Tier hatte eine Fistelöffnung unter dem linken Auge, die mit ständigem eitrigen Ausfluss einher-
BZB: Wie haben Sie dem Tier geholfen?
ging.
Buchelt: Unser Therapievorschlag war die Eröffnung der
Fistel-/Abszesshöhle im Oberkiefer mit Darstellung der be-
BZB: Weist das Gebiss eines Alpakas anatomische Besonder-
troffenen Zahnwurzeln und anschließender Resektion. Auf-
heiten auf oder mit welchem Tier ist das Gebiss am ehesten
grund der möglichen Komplikationen und der notwendigen
zu vergleichen?
intensiven Nachbehandlung wollte sich der Besitzer diesen
Buchelt: Am ehesten kann man es mit einer Ziege, einem
Eingriff noch überlegen. Bisher ist nichts weiter erfolgt.
Schaf oder einem Reh vergleichen. Sie sind den heimischen Wiederkäuern ähnlich.
BZB: War dieser Fall Ihr bislang spektakulärster? Falls nicht:
Erzählen Sie!
BZB: Wie müssen wir uns eine Zahnuntersuchung bei einem
Buchelt: Es ist absolut normal, dass unterschiedliche Tier-
Alpaka vorstellen?
arten – Hund, Katze, Kalb, Alpaka, Meerschweinchen, Vö-
Buchelt: Der vordere Teil der Zähne ist gut einsehbar. Die
gel, andere Klein- sowie verschiedene Wildtiere – bei uns
Herausforderung sind jedoch die Backenzähne. Sie sind
gewissenhaft und umfassend untersucht und behandelt
schwer zu betrachten, da die Maulspalte sich nicht weit
werden, und daher auch falls notwendig im CT landen.
genug öffnen lässt. Daher ist oft eine Narkose notwendig.
So sammeln sich in fast 30 Jahren Berufsleben immer wie-
Wir nehmen auch optische Einrichtungen wie ein starres
der spektakuläre Fälle an. Wir hatten zum Beispiel eine
Endoskop zu Hilfe.
Plattenosteosynthese bei einem Gansflügel, eine Panzerund Bauchhöhleneröffnung wegen Legenot bei einer Schildkröte, eine Schnabelrekonstruktion und -schienung bei
bildgebende Verfahren nötig?
einem Steinadler, einen Oberschenkelbruch mit Platten-
Buchelt: Die Ursache für die Fistel war zum einen nicht
versorgung bei einem Steinbockkitz und diverse Behand-
anders abzuklären und wurde zum anderen im Bereich
lungen von Elefanten, Tigern und Dromedaren von durch-
der Zahnwurzeln vermutet.
ziehenden Wanderzirkussen.
Für ein von Zahnschmerzen geplagtes Alpaka ist eine Untersuchung beim Tierarzt eine aufregende Sache. Deswegen gab es
eine Vollnarkose …
… bevor es ins CT ging. Der Befund: eine Fistel im Oberkiefer.
Fotos: Tierklinik Blaichach
BZB: Letztlich kam das Alpaka in den CT: Warum war dieses