Benediktusfest 2016 - Erzabtei St. Ottilien

Predigt zum Benediktusfest in St. Ottilien am 17. Juli 2016
Erzabt Wolfgang Öxler OSB
Erzabt Wolfgang singt mit Gitarre das Lied:
Pflege das Leben
Wo du es triffst
Lebe dein Leben
Im Augenblick
Liebe Schwestern und Brüder!
„Pflege das Leben, wo Du es triffst“. Maria hat den Kairos, den günstigen
Augenblick erkannt und hat sich zu Jesu Füßen gesetzt. Martha und Maria,
gerne werden die beiden gegeneinander ausgespielt. Das ist nicht im Sinne Jesu,
denn Martha und Maria, beiden war er sehr verbunden. Im griechischen Text des
Neuen Testaments heißt es übrigens wörtlich nicht: Maria hat „das Bessere“
erwählt. Sondern es heißt: Maria hat „den guten Teil“ erwählt. Sie dürfen nicht
gegeneinander gestellt werden, sondern Martha und Maria das sind zwei Seiten,
die ein Mensch in sich vereinen soll.
Der heilige Benedikt nennt diese beiden Seiten Ora et Labora. Bete und Arbeite.
Maria steht für „ora“ und Martha für „labora“. Martha und Maria diese beiden
geben Jesus ihre Gastfreundschaft. Der Geist des Vater Abrahams lebt auch in
Benedikt. Wir hörten heute von der Gastfreundschaft Abrahams und das wird
uns an Martha und Maria verdeutlicht.
1. Die Gastfreundschaft
Durch die Gastfreundschaft haben die ersten Christen auf sich aufmerksam
gemacht. Die Gastfreundschaft war Erkennungszeichen der Christen. Viele
kamen durch sie zum Glauben. Und der Hebräerbrief sagt sogar:
„Vergeßt die Gastfreundschaft nicht,
denn durch sie haben einige,
ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.“
Bei Hausbesuchen sagte mir eine Hausfrau : „Herr Pater schauen sie sich nicht
um, bei mir ist nicht aufgeräumt“. Darf der Gast, darf Jesus nur kommen, wenn
alles aufgeräumt ist? Wie empfangen Sie ihre Gäste? Wie geht es Ihnen, wenn
sie irgendwo zu Besuch sind? Wo gehen sie gerne hin und wo machen sie
Pflichtbesuche?
Wie sieht denn christlich gelebte Gastfreundschaft aus? Ganz sicher so, wie es
Martha macht, den Gast erfreuen durch ein gutes Mahl. Aber, das werden
manche von uns schon erlebt haben: Gastfreundschaft besteht nicht nur im guten
Essen, in einer vorzüglichen Küche, einer guten Tasse Kaffee, einem kühlen
Wein. Manchmal kehrt man bei Freunden ein, nicht um ein gutes Mahl in sich
aufzunehmen, sondern um etwas loszuwerden. Man braucht die Nähe, das
Zuhören, die Aufmerksamkeit des anderen. Das muss die Situation gewesen
sein, in der Jesus einkehrte bei Martha und Maria, die ihm gute Freundinnen
waren. Christliche Gastfreundschaft hat beides im Blick: Das Sorgen für das
leibliche Wohl und die Sorge für das seelische Wohl. Beides muss ausgewogen
sein. Und manchmal ist es besser, an einem leeren Tisch zu sitzen und
besprechen zu können, was wirklich wichtig ist, als an Tischen zu sitzen, die
sich vor guten Gaben fast biegen, aber die Speisen wie Mauern zwischen den
Menschen am Tisch sind.
Hl. Benedikt - Im Gast Christus empfangen
In der Regel des hl. Benedikt lesen wir:
„Bei der Begrüßung aber erweist man allen Gästen die ankommen und weggehen jegliche Demut: Man neigt den Kopf oder wirft sich ganz zur Erde
nieder, um in den Gästen Christus zu verehren, den man ja tatsächlich
aufnimmt“. (RB 53,6)
(Erzabt Wolfgang lädt die Mitfeiernden ein aufzustehen und sich voreinander zu
verneigen!)
Verneigung ist eine Haltung der Zuneigung und der Liebe zu sich selbst. Denn
wenn man sich verneigt neigt man sich seinem Herzen zu. Es ist auch eine
Haltung der Liebe, des Respektes und der Ehrfurcht vor andern Menschen.
Verneigung ist etwas anderes als Buckeln (Arbeiten) oder Falschheit. Sondern
eine Geste, die nur aus der Haltung der Liebe vollzogen werden kann.
Der gute alte Goethe schreibt:
„Ein Gast in die Stube einlassen, kann fast jeder,
einem Gast ein Mahl kredenzen, das Herz und Magen erfreut,
das ist schon Meisterhaft.
Doch ein wahrer Meister der Gastfreundschaft,
schenkt dem Gast Aufmerksamkeit
und gibt ihm zum Platz in der Stube
noch einen Platz im Herzen.“
2. Sich sorgen bringt keine Ruhe
Martha du machst dir viele Sorgen. In dem Buch von Elke Heidenreich mit dem
Titel, „Alles kein Zufall“ habe ich gelesen folgende Episode gelesen. Hinweis
in einem New Yorker Hotelzimmer: „Wenn Sie bei uns nicht schlafen können,
schimpfen Sie nicht auf unsere bequemen Betten, sondern prüfen Sie erst einmal
Ihr Gewissen. Ja, die Sorgen lassen uns oft nicht schlafen. Gedanken und
Sorgen sind wie Affen, wenn man sie vorne hinunterschickt, dann kommen sie
hinten wieder hoch. Der hl. Benedikt rät: Böse Gedanken an Christus
zerschmettern und dem geistlichen Vater offenbaren. (R.B. 4,50)
Viel zu viel Frauen wie Männer habe ich schon kennengelernt, die mir die Worte
„eigentlich“ und „Hätte ich doch“ gesagt haben. Hätte ich mir früher mehr
Ruhe gegönnt, etwas mehr auf meine Gesundheit geachtet, hätte ich mehr
getanzt, hätte ich mehr mir mit meinen Mann, meiner Frau, meinen Kindern
Zeit verbracht.
Habe ich heute schon gelebt …?
Im Nachruf eines Menschen konnte ich lesen: „Sein ganzes Leben war Arbeit.
Ehrenvoll“. Ist das nicht auch fragwürdig. In einem Gedicht habe ich einmal
gelesen, mit welchen Fragen wir Menschen uns oft befassen:
Ist das Kind schon auf der Welt
Kann es schon laufen
Geht es schon zur Schule
Hat es Gute Noten
Hat er einen Beruf
Verdient er gut
Hat er ein Haus .
Bekommst du eine Rente.
Und zum Schluss fragen die Leute. Ja lebt der auch noch…
Die Frage nach dem Leben kommt zum Schluss.
Andrea Schwarz schreibt einmal:
„Es gibt Tage in meinem Leben, da komme ich abends heim und frage mich was habe ich heute nun eigentlich gemacht? Gut, ich kann schon aufzählen, was
ich gearbeitet habe. Aber irgendwie, ein komisches Gefühl bleibt zurück. Und
dann merke ich auf einmal, dass ich Frage „was habe ich heute eigentlich
gemacht“? total falsch ist, das sie eigentlich ganz anders lauten müsste, nämlich:
Habe ich heute schon gelebt.“
Jesus wendet sich gegen einen Betriebseifer, gegen einen geistlosen Aktivismus,
in der sich der Mensch letztlich verliert und ihm keine Zeit mehr bleibt für die
wichtigste Beziehung in seinem Leben.(Spiritualität) Wenn Menschen nur noch
füreinander arbeiten und sich nicht mehr ins Angesicht schauen, und einander
zuhören, werden sie sich fremd.
Vor diesem „Hätte ich doch“ will Gott uns bewahren, in dem er sagt: Mach es
wie Martha: Sei fleißig und scheue die Arbeit nicht, aber lass dich von der
Arbeit, der Hetze, dem Stress nicht unterkriegen, kaputt machen, sondern gönne
dir Zeiten der Ruhe, Zeiten des Hörens auf Jesus, wie Maria es tat.
Im Wesentlichen geht es um das „et“. In einer Zeit der Mittelosigkeit geht es
darum die richtige Mitte zu finden.
3. Unsere Gottesbeziehung
Martha steht dafür, dass unser Glaube auch von uns verlangt, dass wir etwas für
unseren Glauben tun. Aber der Glaube wird leer, wenn wir nur aktiv sind,
ständig im Einsatz sind für die Gemeinde, den Verein, für das nächste Fest.
Glaube braucht auch die Zeit, da wir bei Gott einkehren, uns zu seinen Füßen
setzen, ihm zuhören, in Ruhe bei ihm sind, im Gebet mit ihm uns verbinden.
Im Wort Lab“ora“, steckt das Wort Ora. Beides miteinander zu verbinden ist die
Kunst des geistlichen Lebens, die uns der hl. Benedikt nahe bringen will.
Maria hat den Kairos, den günstigen Augenblick erkannt auf Jesus zu hören.
Schluss:
Der Abt eines Klosters begann den Tag nach dem Frühstück mit den Worten:
„Brüder, Heute ist der Tag. Jetzt ist die Stunde.“
Als die Mitbrüder ihn deswegen befragten, meinte er: „Es gibt zwei Arten von
gefährlichen Menschen. Die einen sagen: Früher war alles besser“ Die anderen:
„Morgen wird alles anders!“
Erzabt Wolfgang singt mit der Gitarre:
Pflege das Leben
Wo du es triffst
Lebe dein Leben
Im Augenblick
Gestern ist Gestern
Morgen ist Morgen
Heute ist der Tag
Spür Gottes Gegenwart
(Text und Melodie: Erzabt Wolfgang Öxler OSB)
Fürbitten 1
Herr, unser Gott, zu Dir beten wir:
- Für unsere Freunde, die oft an unserem Tisch zu Gast sind:
Erhalte sie im Guten, behüte sie und stärke sie in der Freude am Leben und im
Vertrauen auf Dich!
- Für unsere Familien:
Lass sie im Guten zusammenhalten und einander tolerieren in der verschiedenen
Arten, wie Du die Menschen geschaffen hast.
- Für unsere Gemeinde:
Lass uns das Leben in unserer Gemeinde aktiv gestalten, aber nie vergessen,
dass das Wichtigste ist, Dich unseren Gott zu feiern und auf Dich zu hören.
- Für alle, deren Gastfreundschaft wir im Laufe unseres Lebens erfahren durften:
Vergilt Du ihnen Herr das Gute, das sie uns getan.
- Für alle, die in diesen Tagen sich Ferien gönnen zuhause oder in der Ferne:
Lass sie erholsame Zeiten erleben und wohlbehalten an Leib und Seele
nachhause zurückkehren.
Herr, Dir vertrauen wir an alle, für die wir gebetet haben,
durch Christus, unseren Herrn. Amen.
Fürbitten 2
Herr, zu deinen Füßen sitzen wir und hören dein Wort des Lebens.
Wir bitten dich: