Ausgabe 27 15. Juli 2016 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Politik Neue Massen-Armut ist die Ursache der Krise in Europa Im Interview mit den DMN hält Thorbjørn Jagland es für nötig, die soziale Frage der EU zu lösen, um schwere Verwerfungen zu verhindern D Der Generalsekretär des Euer Europarat ist eine der weroparats, Thorbjørn Jagland, der in nigen Institutionen, in der der Deutschen Gesellschaft für AusRussland und die EU noch an einem wärtige Politik (DGAP) zu Gast war, Strang ziehen: Der Europäische Gesagte den Deutschen Mittelstands richtshof für Menschenrechte und Nachrichten: „Es wäre ein gutes Sigdie Europäische Menschenrechtsnal, wenn die EU gerade in der aktukonvention sind die Eckpfeiler, auf ellen Krise dem Europarat beitreten die sich alle europäischen Nationen würde. Die EU würde den Bürgern geeinigt haben – und die auch in damit auf unmissverständliche WeiZeiten der geopolitischen Spanse signalisieren, dass sie die Bürgernungen in allen Ländern Beachtung und Menschenrechte hochhält und finden. Auffallend: Während sich sich auch kontrollieren lässt.“ mittlerweile 47 Staaten mit 820 MilDer Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland, im Gespräch Der Grund, warum die EU noch lionen Bürgern den Sprüchen des mit DWN-Herausgeber Michael Maier. Foto: DWN/Mara von Kummer immer nicht Mitglied des EuropaGerichtshofs und der Konvention rats ist, liegt in Kompetenzstreitigunterworfen haben und solcherart die Menschenrechte einklagbar zur Grundla- rechtskonvention beigetreten – obwohl dies keiten. Zunächst gab es Bedenken aus einigen ge ihrer Nationen gemacht haben, ist die EU im Vertrag von Lissabon ausdrücklich so ver- Mitgliedsstaaten. Mit der Stellungnahme des EU-eigenen EuGH in Luxemburg kamen bis heute nicht der Europäischen Menschen- abschiedet wurde. Analyse Niedriger Ölpreis verstärkt Abhängigkeit von Saudi-Arabien Der Anteil der OPEC-Staaten am Ölmarkt hat sich im Zuge der fallenden Ölpreise deutlich erhöht. Während beispielsweise in Europa und in den USA die Ölförderungen zur Stabilisierung des Ölpreises gedrosselt wurden, halten die OPEC-Staaten an ihren Fördermengen fest. Das führt zu mehr Öl aus OPECStaaten wie Saudi-Arabien und birgt auf Dauer die Gefahr einer gefährlichen Abhängigkeit für die westlichen Staaten. Mit 48,40 Dollar je Barrel WTI und 49,56 Dollar für Brent hat sich der Ölpreis zwar wieder etwas stabilisiert, doch erst ab 60 Dollar je Barrel ist mit einer wirklichen Verschnaufpause für die Branche zu rechnen. Angesichts der hohen Mengen Öl, die in den OPEC-Staaten noch gefördert werden, kann ein neuerlicher Preissturz jedoch nicht ausgeschlossen werden. Und die Erfahrungen der vergangenen sechs Monate zeigen, dass selbst ein Preis von weniger als 30 Dollar je Barrel Länder wie Saudi-Arabien nicht davon abhalten, weiter große Mengen Öl zu fördern. Der Ölpreisfall und die darauffolgende Drosselung der Fördermengen in Europa und den USA hat die OPEC-Staaten in eine günstige Position gebracht, von der vor allem Saudi-Arabien profitiert. Mittlerweile haben die Ölproduzenten aus dem Mittleren Osten den größten Anteil am weltweiten Ölmarkt seit dem Embargo von 1970 erreicht, sagte Fatih Birol, der Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur (IEA) der FT. Der niedrige Ölpreis hat zu einer erhöhten Nachfrage nach Öl geführt und gleichzeitig die Unternehmer vom Markt abgeschnitten, die mit dem niedrigen Ölpreis nicht konkurrenzfähig waren. Vor allem die USA haben darunter gellitten. Hier hatte der Ölpreisverfall auch zu einer Krise in der so hochgelobten Frackingindustrie beigetragen. „Der Mittlere Osten ist die erste Quelle für Importe“, so Birol. „Je stärker die Nachfrage wächst, umso mehr werden wir importieren müssen.“ Darüber hinaus hat die Niedrigpreispolitik der OPEC-Staaten beim Öl auch erhebliche Einflüsse auf andere Branchen. Hohe Benzinkosten hatten vor allem in den USA dafür gesorgt, dass die Verbraucher nach Alternativen zu Verbrennungsmotoren gefragt haben. In den USA konnte sich dadurch die Elektromobilität schneller etablieren als in Europa. Doch der billige Ölpreis hat die Benzinpreise gedrückt und die zumindest finanzielle Notwendigkeit zur Elektromobilität erst einmal wieder untergraben. Gerade die spritfressenden SUVs erfahren gerade eine Renaissance – auch in China. China und die USA sind die beiden größten Ölkonsumenten. Entsprechend müssten die westlichen Staaten darauf setzen, stärkere Energieziele zu verabschieden, für die Elektromobilität und für einen sinkenden Ölbedarf. Nur so wären sie in der Lage, die Abhängigkeit zu Staaten wie Saudi Arabien wieder zu verringern. 1 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |27/16 neue Bedenken auf, die wiederum zu Irritationen bei der EU-Kommission führten. So überrascht es nicht, dass die EU nun ernsthaft prüft, einen eigenen Gerichtshof für Menschenrechte zu etablieren – ein Ansinnen, für das Jagland keinerlei Verständnis hat: „Die Steuerzahler in Europa zahlen nicht für doppelte Strukturen. Die EU darf sich nicht in Grabenkämpfen verlieren. Damit lähmt sie sich selbst – und außerdem wird alles teurer. Würde die EU jetzt endlich der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten, könnte sie auch ein Zeichen der Sparsamkeit setzen.“ Die Zurückhaltung der EU gegenüber dem Europarat hat allerdings auch politische Gründe: Der Europarat versteht sich als „unpolitisch“ im strengsten Sinn. Nur dann sei er in der Lage, die Rechte der Bürger zu vertreten und das Vertrauen in die Institutionen zu sichern. Jagland glaubt, dass es wichtig ist, überparteiliche Instanzen zu haben. Dies kann man deutlich in der Ukraine sehen: Der Europarat hat eine eigene Abordnung von 50 Mann in Kiew und versucht, dem ukrainischen Parlament bei der Umsetzung der wesentlichen Grundsätze einer funktionierenden Demokratie zu helfen: Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit seien die Grundpfeiler. Diese müsste auch gegen Interessen durchgesetzt werden. Jagland: „Es gibt viele geopolitische Interessen in der Ukraine, welche nicht gut für die Ukraine sind. Es sind nicht nur die Russen, die dort Interessen haben.“ Jagland versucht, das Problem der sich in ganz Europa immer weiter öffnenden Schere zwischen Arm und Reich zu adressieren – im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit, was sich vor allem in der Bekämpfung der Korruption niederschlägt. So seien die Unruhen in der Ukraine nicht ausgebrochen, weil die Ukrainer in erster Linie einen Ver- trag mit der EU wollten, sondern weil sie „der Herrschaft der Oligarchen überdrüssig waren“. Jagland: „Wenn es der Ukraine nicht gelingt, die Korruption wirksam zu bekämpfen, dann hat sie als Staat keine Chance.“ Die Vorteilsnahme einiger Weniger auf Kosten der Allgemeinheit sieht Jagland auch als das zentrale Problem in der EU: „Die hohe Jugendarbeitslosigkeit und die Armut können in dem Ausmaß, in dem wir sie jetzt sehen, nicht weiterbestehen. Die EU muss sich der sozialen Rechte ihrer Bürger widmen, um die extreme Ungleichheit zu überwinden. Überall herrscht das Gefühl, dass die Leute zurückgelassen wurden. Dieses Gefühl ebnet den Weg für radikalen Nationalismus.“ Jagland glaubt, dass aus genau diesem Grund die Briten gegen die EU gestimmt hätten: „Das Resultat war, wie es war, weil die Briten das Vertrauen in die Institutionen verloren haben. Die großen Themen wie Migration und Globalisierung stellen sich für viele Europäer als Bedrohung dar. Die hohe Arbeitslosigkeit und die Armut machen dieses Gefühl zu einer realen Erfahrung. Dagegen muss die EU kämpfen, wenn sie in der Zukunft eine Chance haben will.“ Jagland zeigt sich besorgt, dass die Signale in einigen Mitgliedsstaaten in die falsche Richtung gehen. Wegen des internationalen Terrorismus wächst der Wunsch nach Sicherheit. Doch die Regierungen nähern sich dem Problem nach Jaglands Auffassung von der falschen Seite. So hat der Europarat seit den Pariser Anschlägen die Praxis kritisiert, unter der Überschrift der Terror-Bekämpfung die Bürgerrechte drastisch einzuschränken: „Die Versammlungsfreiheit und die Redefreiheit sind zentrale Rechte der Bürger, die nicht beschnitten werden dürfen. Wir müssen vor allem im Internet gemeinsame Standards finden, 15. Juli 2016 um diese Rechte zu schützen und zugleich die Grenzen dort zu definieren, wo sie nicht vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt sind – etwa bei der Hass-Rede. Wir sehen allerdings die Gefahren, dass einige Staaten dieses Bemühen dafür missbrauchen wollen, um Meinungsäußerungen zu unterdrücken, die ihnen nicht passen. Das beobachten wir – und wir haben bereits entsprechende Beschwerden aus Frankreich, Großbritannien, der Türkei und Russland. Der Europäische Gerichtshof wird uns eine Interpretation liefern, wie diese Rechte ausgestaltet werden müssen.“ Es wird weithin unterschätzt, wie wirksam der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist. Seine Urteile sind für die Staaten verpflichtend. Die Freilassung zweier regierungskritischer Journalisten in der Türkei wurde vom Obersten türkischen Gericht mit einem Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichts verfügt. Das Gericht kann das Verbot für LGBT-Werbung in Russland als rechtswidrig erkennen – und Russland ist dann gezwungen, die Gesetze zu ändern, wenn es weiter Mitglied im Europarat bleiben will. Für die EU sieht Jagland die wichtigste Aufgabe in der Zukunft, einen vernünftigen Deal mit Großbritannien auszuhandeln: „Die EU muss eine partnerschaftliche Lösung mit Großbritannien finden. Der gegenwärtig an der einen oder anderen Stelle zu hörende Ansatz, man müsse London nach dem Referendum bestrafen, ist destruktiv. Das gemeinsame Interesse aller Europäer muss es sein, Großbritannien auf die bestmögliche Weise zu vernetzen.“ Mit diesem Appell erinnert Jagland auch an den Gründer des Europarats. Winston Churchill regte die Institutionen nach dem Zweiten Weltkrieg an, um eine Wiederholung der Verwüstungen unmöglich zu machen Finanzen Chinas Geldpolitik könnte weltweite Deflation auslösen Chinas Notenbank hat den Yuan auf den niedrigsten Stand seit Ende 2010 fallen lassen. Das schadet der Industrie der EU und der USA. M it der Internationalisierung des Yuan sollte eigentlich auch eine Stabilisierung der chinesischen Währung einhergehen. Chinas Premier Li Kequian hatte dies in den vergangenen Monaten mehrmals betont. Doch statt die eigene Währung zu stabilisieren, setzt das Land scheinbar auf eine Deflation – eine Deflation, die aufgrund der derzeit angeschlagenen Weltwirtschaft durchaus auch auf andere Staaten überzugreifen droht. Der Währungskorb des Landes war seit Beginn des Jahres um 12 Prozent geschrumpft. Kurz nach dem Brexit-Votum der Briten hatte sich diese Entwicklung noch einmal verstärkt. Das könnte darauf verweisen, dass die Nationalbank des Landes, die PBOC, versucht, die aktuellen poli2 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |27/16 15. Juli 2016 tischen Geschehnisse für eine Abwertung zu nutzen. Sollte dies der Fall sein, müsste die Regierung des Landes bald mit einer erneuten Kapitalflucht rechnen. Eigentlich müsste die Nationalbank den Yuan stabilisieren, doch stattdessen lässt sie die Abwertung geschehen und büßt damit bei internationalen Investoren ihre Glaubwürdigkeit ein. Aber, um dann wieder eingreifen zu können, „muss sie stark intervenieren, um die Kontrolle zurückzuerhalten“, zitiert der britische Telegraph Mark Williams von Capital Economics. Aktuell profitiert China von der Abwertung. Die Einkaufspreise der Industrie sind gesunken. Das stützt die angeChinas Regierung hat in der Vergangenheit zu stark auf Wachstum gesetzt. schlagene Industrie, die eigent Foto: Dlickr/michael davis-burchat/CC BY-ND 2.0 lich eines wirklichen Wandels bedarf. Die derzeitige Entwicklung federt den Abschwung der chinesischen Nationalbank im Juni ausländische Staats- nas zeigen, dass diese Strategie schon längst Wirtschaft aufgrund des Weges hin zu einer anleihen im Wert von 34 Milliarden Dollar nicht mehr funktioniert. Die aktuelle Situagekauft hat. Mark Williams von Capital Eco- tion der Weltwirtschaft macht es für China Dienstleistungsgesellschaft ab. Die günstigen Preise kurbeln die Wett- nomics sagt jedoch, dass es noch zu früh sei, derzeit extrem schwer, hier einen Wandel bewerbsfähigkeit der chinesischen Unter- um zu sagen, dass dieser Kauf absichtlich zur zu vollziehen. Eine Abwertung, die aus der nehmen wieder an. Die Überkapazitäten in Abwertung getätigt wurde. Aber, „wenn sie Logik Chinas heraus notwendig wäre, kann vielen Branchen des Landes werden quasi ex- interveniert haben, würde das die Beziehung von den anderen Staaten derzeit kaum geportiert. Das zeigt sich nicht nur in der Stahl- zu den USA torpedieren, gerade im Vorfeld tragen werden. Und so versucht die Natiobranche, sondern auch in der Schifffahrt, der der US-Wahlen.“ nalbank die stumme Abwertung, die jedoch Denn im Gegensatz zum Yuan hat der auch Konsequenzen für die Weltwirtschaft Solar-Branche oder der Plastikherstellung. Noch im Januar hatte Li Kequiang gesagt, Dollar seit Mitte 2014 eine Aufwertung von haben wird. „China habe nicht die Intention, die Exporte etwa 20 Prozent erfahren. Und sowohl ClinDie massive Überproduktion im Stahldurch wettbewerbsfähigere Abwertung der ton als auch Trump haben sich bisher im bereich, die auch die Märkte in Europa zu Wahlkampf für eine harte Position zu Chinas zerstören droht, zeigt, wie schnell die DeflatiWährung zu stimulieren. „Sie scheinen ihre eigenen Modelle zu Geldpolitik ausgesprochen. on systemisch werden kann. Die WachstumsAndererseits sagen Ökonomen von zahlen für China liegen dank staatlicher Förüberschreiben und den Yuan fallen zu lassen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stei- Nomura, dass der Yuan eigentlich noch im- derungen noch bei 4 bis 4,5 Prozent. Und die gern“, so Hans Redeker von Morgan Stanley. mer um sechs Prozent überbewertet ist. Regierung greift weiter an. Bloomberg zufolÄhnlich sei auch Japan in den 90er Jahren Die einstige Kopplung an den Dollar sorgte ge erwägt die Regierung weitere Staatshilfen des vergangenen Jahrhunderts vorgegangen, damals für die massive Aufwertung, stei- für angeschlagene Staatsunternehmen. Es aber China betreibe diese Politik in einem gende Lohnkosten und die Abschwächung gehe um mögliche Finanzhilfen, Fusionen viel größeren Ausmaß. „Die Weltwirtschaft des Wachstums hatten dazu in der Vergan- und unterstützende politische Maßnahmen ist nicht in der Lage, das zu absorbieren“, sagt genheit beigetragen. Gleichzeitig belaufen für die Unternehmen. Unter den rund zehn sich die Anlageinvestitionen des Landes auf Firmen, für die Hilfen im Gespräch seien, sei Redeker. Zusätzlich zu dieser vermeintlich pas- einen Wert von 5 Billionen Dollar – mehr als auch der Stahlhersteller Sinosteel. siven Abwertung des Yuans hat China auch die USA und Europa zusammen. Die hohe Verschuldung des Landes Zu stark hatte Chinas Regierung in der und der Unternehmen kann aber im Zuge wieder begonnen, den Wert des Yuan aktiv am Markt zu drücken, was schwerwiegende Vergangenheit auf Wachstum durch Inves- des wirtschaftlichen Abschwungs mit eiFolgen haben könnte. Das zumindest legen titionen gesetzt. Großbritannien war lange ner neuen Immobilienblase zu einer gedie vorläufigen Zahlen der Währungsreser- Zeit Nutznießer dieser Strategie. Doch die fährlichen Mischung werden: für China ven nahe. Diese zeigen, dass die chinesische hochverschuldeten Staatsunternehmen Chi- und die Welt. 3 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |27/16 15. Juli 2016 Auto China will selbstfahrendes Elektroauto bauen China setzt sich das autonome Fahren als neues Ziel und will Tesla den Markt streitig machen. C hina will bis 2020 mit einem eige- hat. Zuletzt wuchsen die Zweifel, ob Tesla topilot gestellt. Tesla informierte damals die nen selbstfahrenden Elektroauto den es schnell und reibungslos schafft, die ste- Börsenaufsicht nicht über den Unfall. Die Markt aufmischen. Dabei stützt sich das tig wachsende Nachfrage zu befriedigen. US-Verkehrsaufsicht NHTSA leitete bereits eine vorläufige UntersuAutomobil-Joint-Venture chung ein. Fahrerhilfen Future Mobility auf die wie der Autopilot sollen Expertise des früheren nun überprüft werden. BMW-Managers Carsten Einem Zeitungsbericht Breitfeld, den die Chinezufolge prüft jetzt auch sen Anfang des Jahres in die US-Börsenaufsicht München abwarben. Ziel SEC, ob das Unternehsei es, gleich in die Masmen möglicherweise gesenproduktion einzugen die Pflicht zur Mitteisteigen, sagte Breitfeld lung einer für Investoren der Nachrichtenagentur relevanten Information Reuters. Damit hebt sich verstoßen habe. Eine TesFuture Mobility von Tesla-Sprecherin sagte auf la ab. Der US-Konzern Anfrage, dass die Firma dominiert bislang den in dieser Angelegenheit Markt, wenn auch nur keine Nachricht von der mit wenigen Modellen China will Tesla mit einem neuen Konzept Konkurrenz machen. SEC erhalten habe. in begrenzter Stückzahl. Foto: Flickr/Kãrlis Dambrãns/CC BY 2.0 Wie man den neu„Uns schwebt von en Herausforderungen Anfang an Massenproduktion und mehr als ein Modell vor – eine Den Autobauer plagen bereits das zweite durch das autonome Fahren begegnen kann, Familie von Modellen“, sagte Breitfeld, der Quartal in Folge Probleme mit den Auslie- ist bereits Gegenstand von Beratungen der EU-Kommission mit den EU-Staaten, der Aubei BMW zuletzt das Elektroautoteam leite- ferungen. te und seine engsten Mitarbeiter mit nach Zusätzlich sorgte der tödliche Unfall tobranche und Verbraucherschützern. Für China nahm. Zu seinem neuen Team ge- mit einem Auto von Tesla für Unruhe in der die Typgenehmigung von Tesla-Fahrzeugen hören auch frühere Mitarbeiter von Tesla Branche. Autonomes Fahren gehört zu den in Europa sind die niederländischen Behörselbst, dem Google-Mutterkonzern Alpha- großen Entwicklungsprojekten namhafter den zuständig. Die EU-Kommission hat eibet und Mercedes. Hinter Future Mobili- Autobauer. Breitfelds früherer Arbeitgeber nem Insider zufolge in den Den Haag um ty stehen unter anderem der chinesische BMW gab deshalb seiner mit Milliarden- Informationen gebeten, die nun in Brüssel Technologiekonzern Tencent sowie der aufwand gestarteten Elektroauto-Tochter analysiert werden. Die Niederländer hätten Apple-Zulieferer Hon Hai Precision Indus- „BMW i“ zuletzt eine neue Richtung. Der Er- aber darüber informiert, dass Tesla in Eurotries. folg dürfte sich jedoch an der Frage der Si- pa keine selbstfahrenden Autos angemeldet habe, sondern nur PKWs mit einem AssisBreitfeld sprach von 250.000 bis cherheit entscheiden. 400.000 Fahrzeugen jährlich. Das ist Bereits Anfang Mai war der Fahrer ei- tenzsystem für den Fahrer. Das Bundesverdeutlich mehr als Tesla, der sich im zweiten nes Tesla-Autos in den USA gestorben. Der kehrsministerium in Berlin klärt nach eigeHalbjahr die Fertigung und Auslieferung 40-jährige Unternehmer hatte sein Model nen Angaben den technischen Sachstand in von rund 50.000 Autos zum Ziel gesetzt S vor der Kollision mit einem Laster auf Au- dem Tesla-Fall. Energiewende Der Weg in die„All Electric Society“ Was heute wie eine Vision der voll-elektrischen Gesellschaft klingt, haben Wissenschaftler bereits fest ins Auge gefasst D er 3. Oktober 2040 ist ein sonniger und leicht windiger Herbsttag. Kurzentschlossene Reisende haben Glück. Strom ist heute besonders günstig, wer seinen Wagen am deutschen Nationalfeiertag noch an die Ladestation hängt, zahlt jetzt besonders wenig. Auf der Autobahn schnurren fast ausschließlich Elektro-Fahrzeuge, die rechte Spur ist für fahrerlose Lastwagen reserviert, die wie 4 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |27/16 15. Juli 2016 Perlen an der Kette an einer Oberleitung lich sollen 2050 schon 80 bis 95 Prozent des einmal Unfug. Einfach zu groß ist der Enerhängen – ein Güterzug auf Rädern. Über CO2-Ausstoßes eingespart sein. Und dafür gieverlust. Doch der unschlagbare Vorteil ihnen surren Drohnen der weltweiten Pa- steht praktisch ausschließlich Strom aus ist, dass auf diesem Weg Strom indirekt sowohl zum Heizen und ketdienste auf dem Weg als Treibstoff im Verkehr zu ihren Kunden. Noch eingesetzt werden kann. weiter oben stehen die Zudem ist Gas im VerKondensstreifen der gleich zu Strom relativ Flugzeuge am Himmel, leicht zu speichern. die anders als vor dreißig Entscheidend für Jahren jetzt vollständig den Durchbruch der aus Wasserdampf besteTechnik wird letztlich hen, den die Triebwerke der Preis für den Rohaus Wasserstoff verwanstoff Strom sein – und delt haben. Links und da gibt es bereits einige rechts der AutobahnErfahrungen: An HimPiste rotieren die Windmelfahrt und Pfingsten räder, die Solaranlagen herrschte in diesem Jahr produzieren ebenfalls deutschlandweit überkräftig. Die Versorgung wiegend sonniges und mit Ökostrom liegt in zugleich windiges WetDeutschland an diesem In nur wenigen Jahren soll der Strom vollständig aus Erneuerbaren Energien bezogen werter. Die Öko-Kraftwerke Tag bei 100 Prozent – und den. Foto: Flickr/Christian Reimer/CC BY-SA 2.0) lieferten schon um die das obwohl nicht nur der 90 Prozent des StromVerkehr zu großen Teilen elektrisch ist, sondern Wärmepumpen das Wind, Wasser oder Sonne zur Verfügung. Für verbrauchs in Deutschland – der an diesen Haus am kühlen Abend beheizen. den klassischen Energiesektor mit seinen Tagen allerdings auch gering ist. In Nord„Ich halte die These der ‚All Electric Kohle- und auch Gaskraftwerken erscheint deutschland mussten dann auch zahlreiche Society‘ für begründet“, sagt Volker Hand- das Vorhaben relativ einfach. Schon heute Windräder abgeschaltet werden, um das ke vom „Institut für Zukunftsstudien und wird rund ein Drittel des Elektrizitäts-Be- Netz nicht zu überlasten. An den StrombörTechnologiebewertung“. „Strom wächst in darfs aus Wind oder Sonne produziert. Die sen stürzte der Preis ab und stoppte auch entwickelten Volkswirtschaften schneller wirkliche Herausforderung liegt in anderen nicht bei der Nulllinie. Wer den Versorgern als andere Energieträger. Das wird sich auch Sektoren: Wie kann die Industrie komplett Strom abnahm und das Netz entlastete, nicht ändern“, prophezeit auch Marc Bett- elektrifiziert werden, wie der Verkehr und bekam sogar Geld dazu. Diese negativen Preise nutzt etwa Österreich gern, um mit züge, Chef des Kölner Instituts für Energie- wie können Wohnungen beheizt werden? wirtschaft (EWI). Allein die technische EntVerkehr, Haushalte, Industrie – die drei der Elektrizität die Pumpen in Betrieb zu wicklung und die Digitalisierung erzwingt Sektoren haben etwa einen gleich großen setzen, die Wasser den Berg hinauf bringen, immer mehr Einsatzfelder für Strom – von Energieverbrauch. Der Anteil Erneuerbarer das zu anderen Zeiten wieder durch Turbiimmer neuen Geräten der Unterhaltungs- Energie über alle hinweg liegt derzeit dort nen abgelassen wird. Die Phasen des Überschusses werden elektronik, über Pedelecs für Langstrecken- erst bei 15 Prozent. Alternativen zum Strom Radfahrer bis hin zu Mini-Hubschraubern. wie Biogas oder Biosprit sind wegen der sich mit dem geplanten Ausbau des ÖkoIm Frühjahr wurde im Auswärtigen Konkurrenz zum Nahrungsmittel-Anbau stroms kräftig ausdehnen, erwarten ExAmt eine Studie vorgestellt, die auf Befra- und ihrer zweifelhaften Öko- und Klimabi- perten. „Dieser Strom wird eine Nutzung finden. Überschuss-Strom wird vor allem gungen von 350 internationalen Experten lanz inzwischen in Misskredit geraten. aus der Energiewirtschaft und benachEin Ausweg wird beispielsweise weni- dann in den Wärmesektor gehen“, sagt Bettbarten Feldern beruht. Die These der „All ge Kilometer westlich von Berlin getestet. züge vom EWI voraus. So setzt auch die Bundesregierung auf Electric Society“, sowohl in Deutschland In einer Reihe von Containern steht eine als auch weltweit, teilten in der „Delphi“- äußerlich wenig spektakuläre Forschungs- die „Sektorkopplung“, um weitgehend ohne Studie demnach drei Viertel der Befragten. anlage, deren Technik innen genauso we- CO2-Emissionen auszukommen. Im EntDavon wiederum gaben mehr als die Hälfte nig revolutionär ist: Hier wird Wasser mit wurf zum „Klimaschutzplan 2050“ heißt an, dass sie noch vor 2040 Realität werden Hilfe von Strom in Wasserstoff und Sauer- es: „Dies kann insbesondere durch eine würde. stoff gespalten. Elektrolyse heißt das, was Elektrifizierungsstrategie der Sektoren VerEs gibt auch kaum eine Alternative: die meisten schon aus dem Chemie- oder kehr, Gebäude und Industrie zusammen Wenn die Regierungen den Kampf gegen Physikunterricht kennen. Mit Strom Was- mit einem Ausbau der Erneuerbaren Enerden Klimawandel ernst nehmen, müssen serstoff oder das Gas Methan zu erzeugen, gien bei der Stromerzeugung gelingen.“ Kohle, Öl und Gas verdrängt werden. Schließ- ist aus rein wirtschaftlicher Sicht zunächst Im Verkehr solle es neben der Verbreitung 5 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |27/16 direkt-elektrischer Antriebstechniken auch den Einsatz strombasierter Kraftstoffe – also etwa durch Elektrolyse gewonnenen Wasserstoff oder Methan – unter anderem im Luft- und Seeverkehr geben. Rein technisch gilt es als größte Herausforderung, den Industriesektor umzustellen. „Wie produziert man hohe Leistungen für die Industrie? Das kann man nicht mit Batterien machen“, sagt Bettzüge vom EWI. Zudem gibt es Industrieprozesse etwa in der Stahlerzeugung, wo Gas noch praktisch unverzichtbar ist. Hier bleibt derzeit nur die Hoffnung auf den technischen Fortschritt. Das Kernproblem der Strom-Speicherung rückt damit zunehmend in den Mittelpunkt: Neben der kostspieligen Umwandlung in Gas wäre die direkte Speicherung in Batterien eine Lösung. Hier denkt die Regierung wiederum an Elektroautos, wenn diese dann nach 2020 in großer Zahl auf der Straße sind. Aus ausrangierten Fahrzeugen könnten dann die Speicher zusammengefasst und genutzt werden. Und in Gebäuden könnte durch Strom erzeugte Wärme in Heizungen gespeichert werden, ein Prinzip, das es bereits in den alten Elektroheizungen aus den 70er Jahren gibt. Auf der anderen Seite ist es das Ziel, die Stromnachfrage der schwankenden Produktion aus Wind oder Sonne anzupassen. Hier wird auf die Digitalisierung und intelligente Zähler gesetzt: Dieser soll anzeigen, dass wir unser Auto mit Strom günstig betanken können, wenn die Sonne scheint. Oder dass bei windigem Wetter in der Industrie Chemikalien auf Vorrat produziert werden. Im Idealfall wird also billiger Ökostrom die Energiewende in Gebäuden, Industrie und Verkehr voranbringen. Doch da stellt sich erneut die Preisfrage: Ab wann wird das der Fall sein können? „Power to Gas“ ist nicht wirtschaftlich und funktioniert derzeit nur in Pilotanlagen. Und praktisch alle Studien kommen so zu dem Schluss, dass frühestens ab 2030 nennenswerte Gas-Mengen entstehen werden, die rein von billigem Grünstrom getrieben werden. Dies könnte aber für die Klimaziele zu spät sein. Der Chef der halbstaatlichen Deutschen Energieagentur (DENA), Andreas Kuhlmann, sieht den Staat gefordert: „Die Politik ist daher in der Verpflichtung, über Sektor-Kopplung nicht nur zu reden, sondern sie auch ernsthaft zu betreiben.“ Eine Frage sei, welche Technologien man fördern wolle. „Wenn man da etwas tut, kostet es Geld. Wenn man nichts tut, schmeißt man immer mehr Strom weg“, sagt er mit Blick auf die Zeiten mit Überschuss-Strom. Die kürzlich beschlossenen Kaufprämien für Elektro-Autos könnten so erst ein Anfang sein. Zwar werden die ÖkostromSubventionen immer weiter sinken, dafür 15. Juli 2016 könnten aber nun Kosten für die SektorKopplung kommen. Laut Entwurf des „Klimaschutzplans 2015“ sollen etwa Abgaben im Verkehrssektor unter die Lupe genommen werden, um Spielraum für Anreize zur Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel zu gewinnen. Vereinfacht gesagt: Benzin und Diesel könnten teurer werden, um öffentlichen Nahverkehr oder die EMobilität voranzubringen. Zudem soll die Forschungsförderung aufgestockt und Projekte in Regionen vorangetrieben werden, die schon jetzt häufig Stromüberschüsse aufweisen. Dabei könnten Erkenntnisse für den Umbau der Ökostrom-Subventionierung gewonnen werden. Kurz: „Die Bundesregierung wird die ökologische Steuerreform weiterentwickeln“, wie es im Entwurf des Klimaplans heißt. Wenn also alles Strom wird, was hieße das für den Verbrauch in Deutschland? Bis 2030 gehen die Bundesregierung und die meisten Studien wegen effizienterer Technik noch von einem Rückgang der Nutzung aus. Solange Kohlekraftwerke einen Großteil des Stroms produzieren, würde das der Klimabilanz auch helfen. Bis 2050 allerdings wird trotz Effizienz-Gewinnen in fast allen Studien mit einem deutlichen Plus gerechnet. Das Umweltbundesamt geht in seiner Studie wegen der Sektorkopplung sogar fast vom fünffachen Verbrauch gegenüber heute aus. Italien Die einzige Lösung: Italiens Banken müssen sich aus eigener Kraft retten Die Forderungen der bankrotten Banken nach Hilfe aus Steuergeldern käme einer finanzielle Katastrophe gleich B anken in ganz Europa fordern die EUStaaten dazu auf, den in die Schieflage geratenen italienischen Banken zu helfen. Doch dies wäre genau wie bei der Finanzkrise 2008 lediglich ein Behandeln der Symptome, nicht der Ursachen. Doch auch nichts zu tun, wäre verheerend: Die Position der EURO-Gruppe und der im ECOFINRat vereinten Finanzminister, „Italien hat keine aktuelle Krise, die Regeln müssen eingehalten werden“, ist verantwortungslos. Die Regeln, die die EU beschlossen hat, um künftige Krisen zu vermeiden, sind wirkungslos und verschärfen sogar die Probleme. Dringend erforderlich ist somit ein praxisorientiertes Management der in Italien neu ausbrechenden Finanzkrise: • Die Banken müssen in die Lage versetzt werden, die Realwirtschaft zu finanzieren. • Extreme Spekulationen sind durch gesetzliche Bestimmungen zu unterbinden, um die Finanzierungen effektiv in die Realwirtschaft zu lenken. • Ein entsprechender Druck muss die Restrukturierung des Bankwesens erzwingen. Spektakuläre Aktionen wie die Vorgabe nicht erfüllbarer Kapitalvorschriften oder die Inszenierung einer gigantischen Geldschwemme, die in der Wirtschaft nicht ankommt, sind verzichtbar. In Italien ist die Stunde der Wahrheit angebrochen: Die Staatsschulden entsprechen 130 Prozent des BIP und betragen etwa 2.200 Milliarden Euro. Die italienischen Banken haben 360 Milliarden Euro gefährdeter Kredite. Das Thema berührt aber keineswegs Italien alleine. Die meisten großen europäischen Banken haben enge Geschäftsverbindungen mit Italien und somit Forderungen gegen Banken, gegen den Staat und gegen Unternehmen. Die Versicherungen haben europaweit beträchtliche Bestände an italienischen Anleihen in ihren Portefeuilles. Die Europäische Zentralbank hat Milliarden an ita6 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |27/16 lienischen Staatspapieren übernommen. Es ist also allen klar: Ein Bankrott des italienischen Staats oder der italienischen Banken darf im europäischen Interesse nicht stattfinden. Die Folge: Europaweit wird von Banken und Versicherungen nun eine Rettungsaktion für die italienischen Banken gefordert, die auch die größten Geldgeber des Staates sind. Der italienische Staat kann bei einer Staatsverschuldung von 130 Prozent nur schwer die mindestens benötigte Kapitalspritze von 150 Milliarden Euro finanzieren, zumal der tatsächliche Bedarf vermutlich weit höher ist. Also wird eine EU-Aktion verlangt. Die im Aufbau befindliche Bankenunion der EU geht aber von dem Grundsatz aus, dass der Steuerzahler nicht mehr die Rettung von Banken finanzieren soll. Dieser Grundsatz ist ein Teil der EURegeln, die im Gefolge der Krise 2008 geschaffen wurden, um künftige Finanzkrisen zu vermeiden. Beschlossen wurde im Rahmen dieses Pakets, dass zuerst die Einleger und Käufer von Anleihen zur Kasse gebeten werden müssen, bevor der Staat helfen darf. Die Umsetzung dieser Regel würde die europäischen Banken und Versicherungen sowie andere Großanleger treffen und eine Welle von Verlusten auslösen. Zudem wären Millionen italienischer Kleinanleger die Opfer einer derartigen Maßnahme, wodurch europaweit das Vertrauen des Publikums in das Finanzwesen zusammenbrechen dürfte. Dieser sogenannte „Bail-In“ kann einen Flächenbrand auslösen. Auch wird die „Schonung der Steuerzahler“ zur Farce, wenn die Bürger, die naturgemäß alle Steuerzahler sind, Ersparnisse verlieren und die Banken und Versicherungen Verluste notgedrungen an die Kunden weitergeben. Der Bail-In ist also keine Maßnahme zur Bekämpfung einer Krise, sondern verschärft das Problem. Die EU-Bestimmungen sehen außerdem vor, dass eine Bank, die in Schwierigkeiten ist, ihr Kapital aufzustocken hat. Dies ist in der Praxis leider schwer möglich: Einer Bank, die Probleme hat, geben die Anleger kein Geld. Dies haben die italienischen Institute in den vergangenen Wochen leidvoll zur Kenntnis nehmen müssen. Als die Krisenerscheinungen deutlich erkennbar wurden, kam es im Gegenteil sogar zu einer Flucht aus Bankaktien, wodurch die Kurse um 30 Prozent gefallen sind. Die illusorische Vorschrift der EU ist zudem mit einer Auflage verbunden, die sonstigen Erlösen aus Veranlagungen auf der anderen Seite sollte für Gewinne sorgen, die den Aufbau von Eigenkapital ermöglichen. Der italienische Premier Matteo Renzi und EZB-Chef Mario Draghi. die Anleger zusätzlich vertreiben muss: Die Banken dürfen keine oder nur eingeschränkte Dividenden zahlen, solange das Eigenkapital nicht die vorgeschriebene Höhe erreicht. Die Kapitalvorschriften der EU sind nicht erfüllbar. Somit ist auch dieses Element kein wirksames Instrument der Krisenvorsorge. Die Folge ist die bereits geschilderte Forderung nach Kapitalspritzen durch die EU-Staaten in der Höhe von 150 und mehr Milliarden. Der entscheidende Ansatz zur Bekämpfung einer Bankenkrise ist die Betonung der Rettung aus eigener Kraft: Die Banken müssen durch ihre Geschäftstätigkeit ausreichende Gewinne machen, die für eine tragfähige Basis sorgen. In einem erfolgreichen Umfeld sind neue, solide Strukturen zu schaffen. Hier sei beispielhaft an die Bankenkrise in den USA Ende der achtziger Jahre erinnert: Eine Reihe dominierender Institute hatte sich übernommen. Die USNationalbank Federal Reserve Board gab folgende Strategie vor: Die Fed werde den Banken eine besonders günstige Refinanzierung zur Verfügung stellen. Die Spanne zwischen dem billigen Notenbank-Geld auf der einen und den Kreditzinsen und 15. Juli 2016 Foto: Consilium Allerdings wurde diese Hilfe nur unter der Voraussetzung gewährt, dass die Institute für eine Neustrukturierung und Rationalisierung sorgen. Die betroffenen Institute mussten in einem mehrere Jahre dauernden Prozess neue Bedingungen schaffen. Nach dramatischen Einschnitten, die über Fusionen und Übernahmen eine vollständig neue Bankenlandschaft entstehen ließen, war der Sektor 1991 mit dieser Lösung saniert. Diese Methode würde sich auch jetzt für Italien anbieten, zumal die Europäische Zentralbank ohnehin den Markt mit Geld zu Nullzinsen überschwemmt. Die Umsetzung dieser Lösung ist aber nicht möglich, weil die Vorschriften von Basel III die Vergabe von Krediten extrem erschweren. Dies gilt für alle europäischen Banken und trifft die italienischen Institute angesichts der aktuellen Probleme besonders hart. Die dringendste Maßnahme wäre also, das Regelwerk Basel III zu korrigieren. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Bank von England vor wenigen Tagen im Gefolge von Brexit autonom diesen Weg beschritten hat: Die Basel-III-Kapitalregeln wurden außer Kraft 7 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |27/16 gesetzt und man hofft jetzt, dass zusätzliche Kredite in der Größenordnung von 150 Milliarden Pfund für einen Wachstumsschub sorgen. Allerdings wurden nicht gleichzeitig Maßnahmen beschlossen, die dafür sorgen, dass die Banken die Mittel in die Realwirtschaft lenken müssen und nicht für Spekulationen verwenden dürfen Ein aktives Kreditgeschäft, die Erschließung neuer Geschäftsfelder, kurzum, der Einsatz auf dem Markt bilden die entscheidenden Voraussetzungen für jede Bankensanierung. Dies darf aber nicht als Allheilmittel missverstanden werden. Notwendig sind immer und besonders in dem überreichlich mit Banken und Bankfilialen gesegneten Italien Strukturmaßnahmen: Fusionen, Schließungen, Gruppierungen, Rationalisierungen. Diese kommen allerdings nur zustande, wenn der Staat nicht eingreift. Finden Verstaatlichungen statt und werden aus öffentlichen Geldern Kapitalspritzen gegeben, erlahmt der Reformeifer sehr rasch. Kommen noch Maßnahmen der Aufsichtsbehörden hinzu, die bestimmte Reorganisationen erzwingen, dann geht in den betroffenen Banken die Motivation verloren und man überlässt die Initiative der Obrigkeit. Das bewährte Mittel ist die Begrenzung der Hilfe auf die unbedingt notwendige Sicherung der Liquidität durch die Zentralbank. Ist den Akteuren klar, dass jederzeit das „Aus“ droht, wird eifrig und effektiv an den erforderlichen Maßnahmen gearbeitet. Unter diesen Umständen sind die Erfolgschancen am größten. Erschwert wird auch diese Vorgehensweise durch die EU-Bestimmungen in mehrfacher Hinsicht. In erster Linie wirkt die Vorgabe, das Kapital zu erhöhen. Dies ist, wie erwähnt, kaum möglich, und auch im Falle des Gelingens nicht hilfreich, weil eine Scheinlösung und keine grundlegende Sanierung zustande kommt. Für das Überleben einer Bank sind ein gesundes, lebendiges Aktivgeschäft und eine tragfähige Struktur wichtiger als eine hohe Kapitalquote. Wird den Banken aber bei einer den Vorschriften nicht entsprechenden Kapitalausstattung die Geschäftstätigkeit untersagt, ist eine Sanierung nicht mehr möglich. Zu korrigieren sind nicht nur die laufenden Kapitalerfordernisse, sondern auch die mit dem EU-Bankenabwicklungsmechanismus eingeführte Vorschrift, dass jederzeit die Möglichkeit bestehen muss, eine Bank rasch abzuwickeln. Notwendig wäre im Gegenteil ein Bekenntnis zum „laufenden Betrieb“ zum „going concern“. Die Eröffnung von Geschäfts- und somit von Gewinnmöglichkeiten, die Reduktion der Kapitalauflagen, die Vermeidung von Spekulationen, das Bekenntnis zum laufenden Betrieb werden die italienischen Banken nach einer entsprechenden Restrukturierung auf eine gesunde Basis stellen. Aber auch diese, derzeit von den Rahmenbedingungen behinderte Perspektive, bereinigt nicht das Problem der rund 360 Milliarden gefährdeter Kredite. Die europäischen Bankenaufseher schlagen eine eigenartige Lösung vor: Die Banken mögen die Kredite an Investoren verkaufen. Diese Vorgangsweise wurde bekanntlich im Vorfeld der Bankenkrise 2008 praktiziert und hat dazu geführt, dass die schlechten Kredite die Käufer in Schwierigkeiten getrieben haben. Dies hat entscheidend zum Entstehen der Krise beigetragen. Das Abladen des Risikos auf Investoren erscheint nicht empfehlenswert. Die Banken werden folglich sich selbst um das Management dieser Kredite bemühen müssen. Auch hier wirkt Basel III als Bremse, da die Institute kaum Sanierungen, Stundungen und Umschuldungen durchführen können, die erfahrungsgemäß das Verlustpotenzial erheblich verringern. Schuldner, die Probleme haben, die Kredite zu bedienen, verfügen in der Regel nicht über hohe Kapitalreserven, die aber unter dem Basel-III-Regime notwendig sind, damit die Bank eine Sanierung begleiten darf. Sinnvoll wäre hingegen, möglichst viele Schuldner zu retten und zudem den Instituten die Möglichkeit zu eröffnen, die nicht vermeidbaren Pleiten über einen längeren Zeitraum zu verkraften. Erforderlich ist somit auch eine Korrektur dieser Bestimmung, da sonst die 360 Milliarden Euro gefährdeter Kredite 15. Juli 2016 sehr rasch schlagend werden und einen Bankenkollaps auslösen. Der für den Herbst angekündigte Stresstest der italienischen Banken durch die bei der EZB angesiedelte Aufsicht der großen Banken droht die Krise zu verschärfen. Die Banken können nicht vom Staat getrennt betrachtet werden. Der italienische Staat weist Schulden in der Höhe von 2.200 Milliarden Euro aus. Die Regierung unter Matteo Renzi hat zwar stolz verkündet, dass sie das Defizit 2015 unter 2,5 Prozent des BIP gedrückt hat, doch bedeutet dieser Wert auch eine jährliche Netto-Neuverschuldung von 40 Milliarden Euro. Zudem wurde in Rom schon erklärt, dass man die 2,5 Prozent in Zukunft nicht werde halten können. Entscheidend ist somit, dass die italienische Wirtschaft stärker wächst und sich in der Folge die Relation der vorhandenen und weiter steigenden Staatsschulden zum BIP verbessert. Die italienische Wirtschaft ist aber in den acht Jahren seit der Krise 2008 in sechs Jahren geschrumpft und nur in zwei Jahren schwach gewachsen. Heuer rechnet man mit einer Steigerung des BIP um weniger als 1 Prozent. In diesem Umfeld lassen sich weder die Staatsfinanzen noch marode Kreditportefeuilles leicht sanieren. Die Regierung Renzi hat durch die Reform des erstarrten Arbeitsmarktes und durch Eingriffe in die überbordende Verwaltung positive Signale gesetzt. Die Staatsausgaben zehren jedoch immer noch mehr als 50 Prozent des BIP von 1800 Milliarden Euro auf und erweisen sich als enorme Behinderung. Die Bankenkrise bremst den Aufschwung zusätzlich. Ein lebendiges Kreditgeschäft würde helfen. Mit Basel III, der bisherigen Bankenaufsichtspraxis und dem Bankenabwicklungsmechanismus ist das Problem nicht zu lösen. Eine Kapitalspritze der Staaten wäre nur schädlich. Somit ist die Umsetzung eines Pakets flexibler Lösungen zur Entschärfung der Bankenkrise eine Überlebensfrage für das Land. Ronald Barazon war viele Jahre Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Er ist einer der angesehensten Wirtschaftsjournalisten in Europa und heute Chefredakteur der Zeitschrift “Der Volkswirt“ sowie Moderator beim ORF. 8 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |27/16 15. Juli 2016 Wirtschaft Obama: Großbritannien muss aus der EU austreten Laut US-Präsident Obama müssen die Briten jetzt geschlossen hinter ihrer Entscheidung stehen. B arack Obama erwartet von der briti- Mail aus dem britischen Außenministerischen Regierung, sich an den Wunsch um eine Absage erteilt. Bevor Großbritannien jedoch nicht der britischen Wähler zu halten und Pläne zum Verlassen der EU vorzulegen. Beide offiziell nach Artikel 50 des Lissabon-VerSeiten, Großbritannien und die EU, müssten das Ausscheiden mit minimalsten Störungen über die Bühne bringen. Es sei wichtig, dass die Weltwirtschaft dadurch keinen Schaden erleide. „Wir müssen davon ausgehen können, dass ein Referendum, das so viel Aufmerksamkeit erhielt“ und ein solch relativ hohe Beteiligung hatte, auch „eingehalten wird“, sagte Obama nach dem NATO-Treffen am Samstag in Warschau. „Unser oberstes Interesse ist es, sicherzustellen, dass die Verhandlungen und der Ablösungsprozess so geordnet wie möglich verlaufen.“ Während des NATO-GipEU-Ratspräsident Donald Tusk und US-Präsident Barack Obama. fels hatte sich Obama bereits am Freitag mit EU-Ratspräsident Tusk und EU-Kommissionspräsident Juncker getroffen, um trages den Austritt aus der EU erklärt, ist den Brexit zu besprechen. Am Samstag noch alles umkehrbar. Nach dem Eingang war Obama dann mit Großbritanniens, dieser Benachrichtigung bleiben zwei JahDeutschlands, Frankreichs und Italiens re Zeit, um die Trennung zwischen der Staatschefs zusammengekommen. Es sei EU und dem Königreich zu vollziehen, es entscheidend, dass sich die Fronten nicht sei denn, die EU-Staaten einigen sich einverhärten und so deren Wirtschaften oder stimmig auf eine Verlängerung der Frist. Während seines Spanien-Besuches die Weltwirtschaft darunter leiden, vor allem in Zeiten, in denen die Weltwirtschaft im Anschluss an den NATO-Gipfel hat USPräsident Obama noch einmal die Sparsowieso gerade schwächelt. Den Brexit-Gegnern in Großbritan- politik einiger EU-Staaten als eine der nien, die sich vor allem unter den jungen Ursachen für den Unmut vieler Bürger Menschen und in Schottland finden, ist in Europa bezeichnet. Viele europäische Obamas Ansage eher ein Affront. Vier Länder in Europa hätten sich für SparMillionen Menschen hatten eine Petition maßnahmen entschieden, sagte Obama unterschrieben, in der sie ein neues Refe- in einem Interview mit der spanischen rendum forderten. Ihnen wurde aber per Zeitung El País. „Diese Politik ist aus mei- ner Sicht ein wichtiger Faktor zur Erklärung der Frustrationen und Ängste, die in vielen europäischen Ländern zu beobachten sind.“ Foto: Consilium Die Europäer hätten das Gefühl, dass die wirtschaftliche Integration und die Globalisierung nicht allen Menschen gleichermaßen zugutekämen, so Obama in dem anlässlich seines Besuchs in Madrid gegebenen Interview. In Spanien wachse zwar die Wirtschaft wieder, jedoch sei die Arbeitslosigkeit weiterhin zu hoch, vor allem bei den Jüngeren. Spanien leidet nach einer Wirtschaftskrise unter einer Arbeitslosenquote von 21 Prozent, in den USA beträgt die Quote weniger als drei Prozent. „In Spanien, in Europa und in der Welt werde ich weiter eine Politik verteidigen, die auf die Menschen Rücksicht nimmt, das Wachstum ankurbelt und Arbeitsplätze schafft“, sagte Obama. Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Nicolas Dvorak. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: [email protected]. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro Jahr. Bezug: [email protected]. Mediadaten: [email protected]. www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de 9
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