Beitrag als PDF - Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt

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D as
religiöse
Thema
Nr. 29 · 17. Juli 2016
Für alle Alltagssorgen einen Heiligen
Ausstellung im Domschatz- und Diözesanmuseum zeigt Verehrung der Vierzehn Nothelfer im Bistum
N
och bis zum 6. November
ist im Eichstätter Domschatzund Diözesanmuseum die Sonderausstellung „Ein starkes Team –
Die Vierzehn Nothelfer in Kunst
und Verehrung im Bistum Eichstätt“ zu sehen. Anhand von etwa
50 Kunstwerken aus der gesamten
Diözese wird die Verehrung der
Vierzehn Nothelfer vom 15. bis
zum 19. Jahrhundert gezeigt.
reiche
Auswahl
Ein Team, bestehend aus dem
Museumsleiter Dr. Emanuel
Braun, der Kunsthistorikerin Dr.
Claudia Grund und der Volontärin
Katharina Hupp, plante und verwirklichte diese besondere Schau
christlicher Kunst und Volksfrömmigkeit. Zunächst wurde recherchiert, welche Kunstwerke in der
Diözese Eichstätt mit den Nothelfern
zu tun haben. Eine Liste der Wallfahrten, Kirchen und Kapellen zu
ihren Ehren, von Altären, Gemälden
und Statuen, die sie als Gruppe
oder einzeln darstellen, wurde
erstellt und kunstgeschichtlich
zugeordnet. Dann galt es, eine
Auswahl zu treffen, wobei immer
zuerst die Frage der Möglichkeit
einer Ausleihe und des Transports
zu klären war.
„Die Auswahl machte uns den
größten Spass“, berichtet Claudia
Grund, „da wir dabei unterschiedlichste Darstellungen der Heiligen,
eine große Bandbreite ihrer
Attribute und auch sonst einen
Reichtum an Details entdeckten“. Volontärin Katharina Hupp,
die einen wesentlichen Teil der
Heilige
Fotos: Kreitmeir
Eine
keine passende Versicherung gibt.
Neben Versicherungen vertrauen
die Menschen heute auf die Technik,
die Naturgewalten in Zaum halten
und Katastrophen verhindern soll
oder zumindest schnell Abhilfe
schafft.
Für unsere Sicherheit ist uns
selten etwas zu teuer. Dabei leben
wir heute im Vergleich zu früher
in ziemlich sicheren Zeiten.
Missernten und darauf folgende
Hungersnöte kennen wir allenfalls
in fernen Kontinenten, Kriege aus
den Medien oder Geschichtsbüchern und auch Seuchen sind heute
in unseren Breitengraden eher die
Ausnahme. Doch sind die Zeiten,
in denen sie zum Alltag gehörten
auch in Europa noch nicht allzu
lange vorbei.
St.Georg: Das wahrscheinlich von Johann Evangelist Holzer
gemalte Bild mit Putto und dem besiegten Drachen stammt aus der
ehemaligen Franziskaner-Kirche Ingolstadt und ist heute im Kloster.
Recherche leistete, pflichtet ihr bei
und zeigt als Beleg die Figur des
heiligen Georg aus Kipfenberg, in
dessen Schild der Drache gerade
seine Zähne schlägt. Abgesehen
davon ist an dem Drachen nichts
Schreckliches zu entdecken, da
er eher einen Knuddel-, als einen
Schreckenskörper hat.
Grund für die Verehrung der
Nothelfer ist das Grundbedürfnis
der Menschen nach Sicherheit und
Verlässlichkeit. Heute sichern sich
die Menschen gegen alle möglichen Eventualitäten – seien es
Krankheit, Unfall, Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Rechtsstreitigkeiten, Schäden, Hochwasser, Sturm und Hagel, Alter und
Pflegebedürftigkeit – durch Versicherungen ab. Es gibt kaum einen
Bereich des Lebens, für den es
als
Beistand
Früher konnten die Menschen gegen ihre ständige Bedrohung und ihr
Leben in steter Unsicherheit
keinerlei Versicherungen abschließen. Sie suchten und fanden
ihre Hilfe im Himmel – genauer
bei Heiligen, um deren Fürsprache
und Hilfe sie ab dem neunten Jahrhundert inständig baten. Da die Bedrohung eine vielfältige war, erhofften sie sich bei einer Gruppe die alle
Eventualitäten „abdeckte“, größere
Sicherheit: Bei den Nothelfern.
Gruppenbildungen waren in
der damaligen Zeit üblich. Handwerker schlossen sich zu Zünften,
Kaufleute zu Gilden zusammen.
Also warum sollte nicht auch im
Himmel die Kraft der Heiligen
vereint wirken.
Die Vierzehn Nothelfer aus der Pfarrkirche Berching wurden aus verschiedenen Gruppen neu zusammengestellt (v. l.): Die Heiligen Ludwig,
Leonhard, Erasmus, Dionysius, Blasius, Eustachius, Cyriakus, Katharina, Margareta, Georg, Christophorus, Pantaleon, Vitus und Barbara.
St. Vitus: In der Vituskapelle
in Hofstetten findet sich die um
1500 entstandene Figur.
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religiöse
vierzehn bot sich aus mehreren
Gründen an: Erstens enthält sie
– genau zweimal – die mystische
Zahl sieben, die in der Zahlensymbolik für die Vollkommenheit
steht. Zweitens bezeugen genau 14
Menschen die Auferstehung Jesu
Christi und jeder Kreuzweg zählt
14 Stationen. Diese Zahl versprach
also besonderes Heil.
Die Zusammensetzung dieser
Heiligengruppen war unterschiedlich, zeitlich wie regional. In der
Regel gehören ihr (mit Anliegen)
an: die Heiligen Achatius (gegen
Todesangst und Zweifel), Ägidius
(für eine gute Beichte), Barbara
(Patronin der Sterbenden), Blasius
(gegen Halsleiden), Christophorus
(für gute Reise, gegen unvorbe-
Ab dem 13. Jahrhundert, als
die Pest die Menschen bedrohte,
bildete sich vor allem im Süden
Deutschlands dafür ein spezieller
Kult aus. Die frühesten Zeugnisse
der Nothelferverehrung sind in den
Bistümern Regensburg, Bamberg
und Würzburg nachweisbar. Bald
wurde aber der Kult der Vierzehn
Nothelfer in ganz Deutschland
gebräuchlich und gelangte von
dort nach Ungarn und Italien.
Wie aber kam es zur Zahl der
vierzehn Heiligen, die als Nothelfer
in allen Lebenslagen angerufen
wurden und werden? Die Zahl
Thema
Figur des
heiligen
Dionysius
aus der
Pfarrkirche
Fünfstetten,
umrahmt
von
Volontärin
Katharina
Hupp (l.)
und Kunsthistorikerin
Dr. Claudia
Grund von
der Abteilung Kunst
und Denkmalwesen
des Bischöflichen
Ordinariats.
und erhielt ein Zentrum in Gestalt
einer Kapelle und der wichtigsten
Nothelferwallfahrt: Vierzehnheiligen. Von dort aus fand der Kult
bayernweit Verbreitung – so auch
in der Diözese Eichstätt, wo er in
der Wallfahrt auf dem Möninger
Berg bis heute ganz besonders in
Ehren gehalten wird. Die früheren
Wallfahrten im Bistum Eichstätt
zu den Vierzehn Nothelfern in
Frankenhof/Illschwang und Wasserzell/Eichstätt sind im Laufe der
Geschichte untergegangen. Aus
logistischen Gründen sind in der
Ausstellung weder Exponate vom
Möninger Berg noch aus der Filialkirche Wasserzell zu finden.
Finden kann der Besucher aber
eine Unmenge an Details an den
Figuren, wie zum Beispiel den
Drachen an der Kette der heiligen Margareta, der fast wie ein
Schoßhündchen daherkommt, die
Zusammenstellung der Vierzehn
Nothelfer in der Pfarrkirche
Berching oder der von Johann
Evangelist Holzer gemalte heilige
Georg. In der leicht verspielten Szene
wirkt der getötete Drache eher wie
ein Bettvorleger als wie ein Untier.
Die Sonderausstellung vermittelt
nicht nur einen Blick in eine
besondere Form der Frömmigkeit,
sondern macht Lust auf Detailsuche in Gemälden und an Figuren.
Zur Ausstellung erschien eine
38-seitige Begleitbroschüre mit
Informationen zu den Vierzehn
Nothelfern. Außerdem werden
Führungen durch die Sonderausstellung angeboten. „Die 14 Nothelfer – Ein Team für alle Fälle“
lautet das Motto der Führung mit
Katharina Hupp am Mittwoch, 27.
Juli, um 19.30 Uhr.
Klaus Kreitmeir
In Kottingwörth hat der
heilige Vitus neben dem Ölkessel den Hahn als Attribut.
Weitere Informationen im Internet
unter „www.dioezesanmuseumeichstaett.de“.
St. Margareta: Die neugotische
Statue stand früher im Dom,
heute im Depot des Museums.
Den Drachen an der Kette
hat die heilige Margareta aus der
Filialkirche Bechthal.
reiteten Tod), Cyriacus (gegen
Anfechtungen), Dionysius (gegen
Kopfschmerzen), Erasmus (gegen
Leibschmerzen), Eustachius (in
schwierigen Lebenslagen), Georg
(gegen Seuchen der Haustiere),
K at ha r i na (Zu nge n leide n),
Margareta (Patronin der Gebärenden), Pantaleon (Patron der Ärzte) und Vitus (gegen Epilepsie).
Regional finden sich Leonhard statt
Cyriacus, Nikolaus statt Erasmus,
Papst Sixtus statt Dionysius und
Rochus statt Pantaleon.
Doch erst durch die Visionen des
Klosterschäfers der Zisterzienserabtei Langheim, Hermann Leicht,
bei Frankenthal 1445/46 wurde
der Nothelferkult volkstümlich
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Fotos: Kreitmeir (4), Robert Zernger
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