MURAT CETINMUHURDAR/PRESIDENTIAL PRESS Terrorpate Klagt Erdogan an! Politiker, Juristen und Künstler unterstützen Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft gegen den türkischen Präsidenten und andere Regierungsfunktionäre wegen Kriegsverbrechen. jW dokumentiert einige Äußerungen dazu. SEITE 3 GEGRÜNDET 1947 · DONNERSTAG, 14. JULI 2016 · NR. 162 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Aggressiv Kollektiv Offensiv Defensiv 4 6 7 9 Fundamentalisten wollen in München Lehrerproteste in Mexiko halten an. gegen Gleichstellung und SexualDie Bevölkerung solidarisiert sich aufklärung demonstrieren immer stärker mit ihnen Venezuelas Regierung verstaatlicht Gipfeltreffen in China: EU-Kommission US-Unternehmen und stellt will europäische Stahlindustrie Häfen unter Kontrolle des Militärs »verteidigen«. Von Simon Zeise Gaucks letzter Wille Wieder sterben Flüchtlinge in Ägäis Athen. Am Mittwoch morgen sind in der östlichen Ägäis erneut Menschen bei dem Versuch ertrunken, von der türkischen Küste zu den griechischen Inseln überzusetzen. Ihr Boot war vor der griechischen Insel Lesbos gekentert. Wie die Behörden mitteilten, kamen dabei zwei Kinder und zwei Erwachsene ums Leben. Sieben Menschen konnten gerettet worden. Unterdessen hat die US-Organisation »Human Rights Watch« (HRW) Ungarn vorgeworfen, Asylsuchende gewaltsam über die Grenze nach Serbien zurückzudrängen, ohne ihren Rechtsanspruch auf Asyl zu prüfen. Die Schutzsuchenden würden geschlagen und getreten. Auch Pfefferspray und Schlagstöcke würden eingesetzt, heißt es in dem Bericht, den HRW am Mittwoch veröffentlichte. (dpa/jW) Bundeswehr-»Weißbuch« greift Präsidentenforderung nach »mehr Verantwortung« auf. Auch Militäreinsätze im Innern sind vorgesehen. Von Sebastian Carlens 2017 gibt es für ihn Ehrensold, bis dahin träumt Joachim Gauck von »mehr Verantwortung Deutschlands« in der Welt. 2012 in Masar-i-Scharif, Afghanistan es »auf gesicherte Versorgungswege, stabile Märkte sowie funktionierende Informations- und Kommunikationssysteme« an. Dies wird von der deutschen Regierung in erster Linie als militärisch zu lösendes Problem betrachtet. Die Bundeswehr als entscheiden- des Instrument deutscher Großmachtpolitik soll dafür »gestärkt« werden. Statt Kürzungen verlangten »unser Gestaltungsanspruch, die zahlreichen Krisenherde in der europäischen Nachbarschaft und darüber hinaus, aber auch die gestiegenen Erwartungen an die außen- und sicherheits- politische Rolle Deutschlands (...) eine Trendwende«. Ein in der regierenden Koalition umstrittener Einsatz der Bundeswehr im Innern wird zwar nicht in der Verfassung festgeschrieben werden. Dafür interpretiert das neue »Weißbuch« das Grundgesetz einfach so, als wäre eine Erlaubnis bereits gegeben: Soldaten sollen bei »großangelegten Terrorangriffen« ausrücken können – was das ist, bleibt Sache der politischen Definition, und die ist stets dehnbar. So könnten etwa auch Streiks dazu gerechnet werden ... Sogar gemeinsame Übungen mit der Polizei sind geplant. Die NATO ist auch zukünftig wesentlicher Bestandteil deutscher Militärdoktrin. Die BRD könne hier »in Vorleistung« gehen, kündigt das Papier an. Die »Beteiligung an der nuklearen Abschreckung« mittels NATO-Strukturen wird demnach fortgesetzt. Die Linken-Verteidigungsexpertin Christine Buchholz kritisierte die avisierten »defensiven und offensiven Hochwertfähigkeiten« im Cyberraum: Das sei genau die Vermischung von Militärischem und Zivilem, die Russland ständig vorgeworfen werde. »Das neue Weißbuch ist nichts anderes als die zu Papier gebrachte Forderung nach mehr Geld für mehr Soldaten, mehr Militäreinsätze und mehr Kriegsgerät«, so Buchholz. Die »Kooperation für den Frieden« kritisierte am Mittwoch den Text der Regierung als »friedensgefährdend und konfrontativ, besonders gegenüber Russland«. Die Aktivisten fordern, »am absoluten Primat des Friedens, einer Absage an Krieg« und am Völkerrecht festzuhalten. Hoffnung gebe es dank einer »militärkritischen Grundstimmung in der Bevölkerung«. Bundeswehr-Einsatz in Südsudan Luftwaffe evakuiert deutsche Staatsbürger. Soldaten bleiben im Land. Feuerpause eingehalten D ie Bundeswehr evakuiert deutsche Staatsbürger aus dem Südsudan. Nicht alle, denn 15 Bundeswehr-Soldaten, die im Rahmen eines UN-Einsatzes in dem Land stationiert sind, bleiben weiterhin dort. Neben den Bundesbürgern würden auch Ausländer aus Europa und weltweiten Partnerstaaten mit Flugzeugen der Luftwaffe ausgeflogen, wie eine Sprecherin des deutschen Außenministeriums am Mittwoch in Berlin erklärte. Dabei handele es sich um »eine diplomatische Evakuierung aus Sicherheitsgründen. Es ist kein militärischer Einsatz«, sag- te sie. Insgesamt hätten sich rund 100 Deutsche im Land aufgehalten, darunter seien Mitarbeiter der Botschaft und verschiedener Hilfsorganisationen. Die Bundesregierung habe die Lage in den vergangenen Tagen sehr genau im Blick gehabt und alle Optionen geprüft, die deutschen Staatsangehörigen in Sicherheit zu bringen, hieß es. Zu Details wollte sich die Bundesregierung aus Sicherheitsgründen nicht äußern. Die Kommissionspräsidentin der Afrikanischen Union (AU), die südafrikanische Politikerin Nkosazana Dlamini-Zuma, äußerte derweil scharfe Kritik am Verhalten der Politiker im Südsudan. Sie nannte die Ereignisse im Südsudan »völlig inakzeptabel«. »Die Regierungen und Anführer sind da, um die Schutzbedürftigen zu schützen und dem Volk zu dienen, nicht um der Grund ihres Leidens zu sein«, sagte Dlamini-Zuma. Südsudans Hauptstadt war am Wochenende – am Samstag sollte der fünfte Jahrestag der Unabhängigkeit begangen werden – Schauplatz von heftigen Kämpfen zwischen Anhängern von Präsident Salva Kiir und seinem Stellvertreter Riek Machar. Am Freitag, dem ersten Tag der Gefechte, wurden nach Regierungsabgaben mehr als 300 Menschen getötet. Erst am Montag abend verständigten sich beide Seiten auf eine Waffenruhe. Seitdem beruhigte sich die Lage in Juba. Vom Flughafen hoben Flugzeuge ab, auch wenn der kommerzielle Flugbetrieb weiter ausgesetzt blieb. Unter anderem Italien evakuierte 30 seiner Staatsbürger. Laut UNO flohen während des aktuellen Konfliktes rund 36.000 Menschen in UN-Stützpunkte, Kirchen und Einrichtungen von Hilfsorganisationen. (AFP/Reuters/jW) Mehr »Amtsgehalt« für Merkel und Co. TOBIAS SCHWARZ / REUTERS WOLFGANG KUMM/DPA- BILDFUNK Z ehn Jahre nach Veröffentlichung des letzten sogenannten Weißbuches hat die Bundesregierung am Mittwoch in Berlin ihre aktuellen Leitlinien zur Militärpolitik vorgelegt. Das federführend vom Verteidigungsministerium unter Ursula von der Leyen (CDU) erarbeitete Dokument soll »die veränderte sicherheitspolitische Lage« der BRD berücksichtigen. Damit wird eine Strategie fortgeführt, die Bundespräsident Joachim Gauck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in den letzten Jahren maßgeblich vorangetrieben haben. Das neue Weißbuch liest sich wie das Vermächtnis des scheidenden Bundespräsidenten. Mit den Worten Gaucks, die er auf der »Münchner Sicherheitskonferenz« 2014 nutzte, bekennt sich die Bundesregierung zu einer »stärkeren globalen Verantwortung Deutschlands« und erklärt ihren Willen, international eine »Führungsrolle« zu übernehmen. Neben der Eskalation des Konfliktes mit Russland, an der Deutschland als NATO-Mitglied führend beteiligt ist, benennt das Dokument künftige Verteilungskämpfe um Rohstoffe und Absatzmärkte als entscheidende Auseinandersetzungen der Zukunft. Die BRD sei »ein wirtschaftlich starkes Land«, heißt es im Weißbuch. Jedoch, »perspektivisch wird Deutschland gleichwohl seine Stellung als weltweit viertgrößte Wirtschaftsmacht einbüßen. Die Volkswirtschaften aufstrebender Mächte in Asien und Lateinamerika werden nach heutigem Ermessen in den kommenden Jahren das deutsche (…) Bruttoinlandsprodukt überholen«, vermuten die Autoren. Daher komme Berlin. Kanzlerin Angela Merkel (CDU/Foto) und ihre Minister bekommen mehr Geld. Das Bundeskabinett brachte am Mittwoch einen Gesetzentwurf auf den Weg, mit dem der jüngste Tarifabschluss für Beschäftigte im öffentlichen Dienst auf die Beamten des Bundes übertragen wird – und damit auch auf die Mitglieder der Bundesregierung. Deren Bezüge steigen demnach in zwei Schritten – zunächst rückwirkend zum 1. März um 2,2 Prozent und ab 1. Februar 2017 um 2,35 Prozent. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums steigt das »Amtsgehalt« Merkels inklusive »Ortszuschlag« in zwei Schritten von zur Zeit 17.992 auf 18.820 Euro brutto im Monat. Ein Bundesminister erhält künftig 15.280 Euro – statt bisher 14.608 Euro. Bei den parlamentarischen Staatssekretären ist ein Sprung von bislang 11.223 Euro auf 11.740 Euro monatlich vorgesehen. (dpa/jW) wird herausgegeben von 1.862 Genossinnen und Genossen (Stand 4.7.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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