Die Erbschaftsteuerreform – Eine unendliche Geschichte... [11.07.2016] Von: Dr. Hannspeter Riedel Entgegen den ursprünglichen Erwartungen hat der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf zur Neuregelung wichtiger Bestimmungen des Erbschaftsteuergesetzes in seiner Fassung im Rahmen des ErbStAnpG nicht zugestimmt. Zu verlockend war es offensichtlich für diejenigen Bundesländer, in denen die Grünen an der jeweiligen Landesregierung beteiligt sind, der Berliner Großen Koalition einen Dämpfer zu erteilen. Der Bundesrat wird nun den Vermittlungsausschuss anrufen, um eine Einigung mit dem Bundestag herbeizuführen. Ob und wann dies gelingt, bleibt spannend und der Ausgang kann nicht vorhergesagt werden. Denn überraschenderweise fand ein Änderungsantrag einiger Bundesländer keine Mehrheit, der vorsah, lediglich einige aus Sicht der Länder strittige Punkte auf den Prüfstand zu stellen. Dies hätte dazu geführt, dass einige Detailfragen modifiziert worden wären. Die Grundstruktur u. a. mit dem Verwaltungsvermögenstest, der besonderen Bedarfsprüfung und Besonderheiten für Familienunternehmen hätte Bestand gehabt. Nunmehr strebt der Bundesrat eine grundsätzliche Überprüfung des gesamten Gesetzentwurfes an. Es gibt in der Tat sogar bereits erste Überlegungen von der bisherigen Struktur des Gesetzentwurfes abzuweichen und einen Systemwechsel hin zu einem Flat-Tax-Modell zu vollziehen. Ob dies kommt, muss zum jetzigen Zeitpunkt jedoch offen bleiben. Ebenso muss offen bleiben, wann mit einem Ende des Gesetzgebungsverfahrens zu rechnen ist. Es kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden, ob in der Sommerpause der Vermittlungsausschuss tagt, sodass das Vermittlungsergebnis zeitnah im Frühherbst endgültig zwischen Bundesrat und Bundestag abgestimmt und der Gesetzentwurf verabschiedet werden kann. 1/2 Diese unsichere Hängepartie hat natürlich auch Auswirkungen auf die Frage, welche gesetzliche Grundlage eigentlich zur Anwendung kommt für Übertragungen nach dem 30.06.2016. Der bisherige Gesetzentwurf sah eine Rückwirkung für Übertragungen vor, die zwischen dem 01.07.2016 und bis zur Verabschiedung des ErbStAnpG vollzogen wurden und damit die Unterwerfung unter das neue Gesetz. Dies basierte aber auf der Prämisse, dass den Beteiligten der Gesetzentwurf des ErbStAnpG bekannt war und dass eine Rückwirkung in dem Gesetzentwurf enthalten war. Unter diesen Gesichtspunkten kann man eine verfassungsrechtlich zulässige Rückwirkung des ErbStAnpG zumindest mit guten Gründen begründen. Nunmehr sind jedoch diese Prämissen weggefallen, da völlig offen ist, welches Gesetz tatsächlich kommt und zu welchem Zeitpunkt. Der Steuerpflichtige kann deshalb mit durchaus sehr guten Argumenten vertreten, dass eine gesetzlich vorgesehene Rückwirkung verfassungsrechtlich nicht zulässig ist und infolge fehlender gesetzlicher Grundlage die Übertragung steuerfrei ist. Ob jedoch das Bundesverfassungsgericht diese Auffassung teilt und/oder unter Verweis auf § 35 BVerfGG die bisherige gesetzliche Regelung bis zur endgültigen Verabschiedung der neuen gesetzlichen Regelung gleichwohl für weiter anwendbar hält, ist völlig offen. Nicht nur die Hängepartie geht weiter, sondern auch die rechtliche Unsicherheit. Wir halten Sie weiter informiert. 2/2
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