Übersicht für Rezensenten Dimensionen des Bewusstseins von Alexander Jürries Verlag Via Nova, 2016 252 Seiten, Paperback, 19,95 € (D) / 20,60 € (A) / 27,90 Sfr (CH) ISBN: 978-3-86616-365-2 Wer nicht die Zeit hat, das ganze Buch zu lesen, aber trotzdem das Wesentliche nicht verpassen möchte, möge vielleicht anhand dieser Kurzübersicht individuell interessante Abschnitte auswählen. Thema: Was und wo ist Bewusstsein? Kapitel 1 vollzieht den Einstieg auf Grundlage von semantischen und wissenschaftlichen Ansätzen. Schon bald stellen sich Fragen wie: Habe oder bin ich eine Seele? Wie viele Sinne stehen mir tatsächlich zur Verfügung? Verblüffend auch, dass wir im Grunde „gelebt werden“ und selbst im eigenen Körper eine Minderheit darstellen, denn die meisten Zellen in uns tragen eine fremde Erbinformation. Kapitel 2 bietet einen imaginären Blick durch die „Augen“ des schöpferischen Ursprungs und einige Betrachtungen zur Entstehung des Universums. Philosophischer Winkelzug, den man hier detailliert nachvollziehen kann: Wenn es nichts gibt und „nichts“ sein kann, dann erfüllt doch gerade das NICHT-SEIENDE diese Bedingung zu sein! Und so kann aus NICHTS ein SEIN entstehen. Kapitel 3 und 4 betrachten Glaubensfragen, Moral und Ethik. Woran glauben wir wirklich und was hält uns davon ab, Glauben durch Gewissheit zu ersetzen? Kapitel 5 fragt nach der Lokalität von Bewusstsein. Erstaunliche Dinge ereignen sich, die Rückschlüsse auf spezielle Eigenschaften von Bewusstsein zulassen. Wichtige Aussagen finden sich in den Abschnitten zu Seele und Bewusstsein bis hin zum Traumbewusstsein, wo es auch um das sonderbare Wesen der Zeit geht. Kapitel 6 behandelt den Informationsaustausch zwischen Individuum und Bewusstsein. Dabei stellt sich die nicht unwesentliche Frage nach der Unterscheidung von Gefühlen und Emotionen, denn sie sind es, die unsere Botschaften aufladen. Kapitel 7 vergleicht zunächst verschiedene Modelle von Bewusstseinsstufen. Mit der Triade wird ein eigenes Modell vorgestellt, das dem verbreiteten Modell von Hawkins sehr ähnlich ist, das aber einem ganz anderen Ansatz entstammt. Lücken im Hawkins-Modell können geschlossen werden. Die weiterführenden Stufen werden ausführlich beschrieben. Kapitel 8 befasst sich mit der schöpferischen Dimension. Interessant sind dabei unter anderem die Betrachtungen über Evolution. Kapitel 9 diskutiert alltagsrelevante Aspekte des bisher Gesagten. Hier zeigt sich, wie sehr Aspekte, die uns persönlich und gesellschaftlich weiterbringen (können), der seelischen (nicht-materiellen) Seite unserer Existenz zuzurechnen sind. Kapitel 10 und 11 machen abschließend ein paar Bezüge deutlich und ziehen Resümee. Der Anhang liefert Hintergrundinformationen. Abstract Worum es geht in 60 Wörtern: Dimensionen des Bewusstseins untersucht die Grenzen des Belebten und Bewussten, und fragt nach der Lokalität und Beschaffenheit von Bewusstsein, unterhaltsam geschrieben, mit philosophischen Passagen und zahlreichen interessanten Fakten. Ein schlüssiges Stufenmodell führt über das verbreitete Individualitätsbewusstsein („Krone der Schöpfung“) hinaus. Deutlich wird auch die gesellschaftliche Relevanz: Was wir mehr denn je brauchen, ist ein Bewusstsein, das unserem Wissen gewachsen ist. Der Autor hat sich hier ein nicht eben kleines Thema vorgenommen – schon im ersten Kapitel zeigt sich die Vielgestalt dessen, was wir gemeinhin „Bewusstsein“ nennen. Anhand der psychischen Anforderungen an ein selbstbestimmtes Leben wird deutlich, dass vermeintlich selbstverständliche Dinge wie etwa unsere Wahrnehmung oder Identität keinesfalls so selbstverständlich sind, wenn man entsprechende Fragen stellt. Wer bisher vielleicht dachte, eine Seele zu besitzen, könnte ebenso zu der Auffassung gelangen, eine Seele zu sein. Doch auch das, wie später im Buch ausgeführt, muss noch nicht die ganze Wahrheit sein. Dabei agiert der Autor als Moderator, der bestimmte Inhalte anbietet, die Bewertung aber stets beim Leser belässt. So ist jede/r frei, sich individuell zu orientieren. Schließlich: Alles was wir denken, ist nur ein Abbild, ein Modell der Wirklichkeit, nie die Wirklichkeit selbst. Für diejenigen, die nach Antworten suchen, gibt es eine gute Nachricht: sie sind alle schon da. Es geht lediglich darum, die richtigen Fragen zu stellen. Über die Sinnfrage stellt Jürries die Frage nach dem Grund für die Existenz des Universums. Was könnte da aufschlussreicher sein, als die Schöpfungsgeschichte einfach einmal live aus der Perspektive des einzigen „Augenzeugen“ zu erzählen? Wenn man bereit ist, sich von eingefahrenen religiösen Vorgaben zu lösen, kann man die Schöpfung mit ganz neuen Augen betrachten. Auch offenbart sich die schier unglaubliche Unwahrscheinlichkeit unserer Existenz. Zufall oder Absicht? Urknall oder Urquell? Nachzulesen in Kapitel zwei. Im weiteren Verlauf fühlt der Autor unseren Glaubenssätzen auf den Zahn und hinterfragt, warum von Glauben die Rede ist, wo es eigentlich um Gewissheit gehen sollte. Manchmal ist geistige Beweglichkeit gefordert, beispielsweise wenn es heißt: „Bisher haben wir uns Gedanken über das Denken gemacht, nun wollen wir mal über Gedanken nachdenken.“ Das muss man mögen, aber dann kann es richtig Spaß machen, den unterhaltsamen und nachvollziehbaren Ausführungen zu folgen. Die wenigsten Menschen haben sich vermutlich bislang mit der Frage nach der Lokalität von Bewusstsein und nach dessen Grenzen im unendlich kleinen und großen Maßstab befasst. Hier kann man das nachholen. Bei der Beschreibung von Selbstbewusstsein, Unbewusstsein und Traumbewusstsein entsteht ganz nebenbei eine ungewohnte, aber durchaus interessante Betrachtung über das Wesen der Zeit. Ein weiteres Kapitel widmet sich dem Informationsaustausch zwischen Individuum und Bewusstsein. Diese Thematik berührt das Wirkprinzip der Resonanz und macht einen durchaus sinnvollen Vorschlag zur Unterscheidung zwischen Gefühlen und Emotionen. Denn Gefühle und Emotionen sind ihrem Wesen nach was? Genau: das, was uns antreibt. Und was ist nun der Unterschied? Das steht in Kapitel sechs. Solchermaßen wohl gerüstet führt der Autor seine Leser zu einem Stufenmodell, welches zeigt, dass alle Ebenen der Existenz von Geist durchdrungen sind. Das heutzutage als höchste Bewusstseinsstufe geltende Individualitätsbewusstsein wird durch drei weiterführende Stufen ergänzt. Das nächste Kapitel entführt die Leser wieder in den universellen Maßstab und fragt u.a. nach dem Wesen der Qualität. Schließlich werden die gewonnenen Erkenntnisse auf den alltäglichen Maßstab projiziert, was einige brauchbare Folgerungen für ein entspanntes und zufriedenes Leben mit sich bringt. Auf dem Umschlag verspricht der Klappentext: „Ganz gleich, ob Sie 5 % oder 95 % Erkenntnisgewinn aus diesem Buch ziehen, es bereitet einfach Freude den kreativen Denkansätzen in eine andere Perspektive zu folgen.“ Damit hat er nicht zu viel versprochen, denn die Fülle an interessanten Perspektiven und philosophischen Exkursen hat tatsächlich mehr als nur Unterhaltungswert. Wer offen ist für neue Gedanken und zukunftsfähiges „Neues Denken“, findet hier einige interessante Anregungen. Eine Stärke des Buches liegt gewiss im harmonisierenden „Sowohl-als-auch“, was zu anderen Ergebnissen führt als das gewohnte Polarisieren in „Entweder, oder“. Im alten Bewusstsein ging es um das Rechthaben, im neuen um das Harmonisieren vermeintlicher Gegensätze. Ist das etwa die westliche Antwort auf fernöstlichen Zen? Auf der Buch-Website www.all-einssein.de wirbt der Autor mit einem zwinkernden Auge: „Dieses Buch müssen Sie haben, denn wenn Sie es nicht haben, wird es Ihnen fehlen.“ Dabei bleibt offen, ob sich das auf den Inhalt oder lediglich auf den Besitz bezieht. Vielleicht gilt auch hier „sowohl, als auch“...
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