Gemeinderat stimmt für Prüfauftrag

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Pferd & Reiter
BAUERNBLATT | 2. Juli 2016 ■
Pferdesteuer in Tangstedt
Gemeinderat stimmt für Prüfauftrag
Knapp 150 Personen kamen vor
dem Tangstedter Rathaus zusammen, um an einer Kundgebung
gegen die Pferdesteuer teilzunehmen. Dennoch entschied der Gemeinderat der Gemeinde im Kreis
Stormarn, in der rund 700 Pferde ihr Zuhause haben, über einen
Prüfauftrag, um eine mögliche Besteuerung auszuarbeiten. Lediglich eine Stimme fehlte, um dies
zu verhindern. Das Ergebnis ist
ein herber Rückschlag im Kampf
gegen die Pferdesteuer, doch Reiter und Verbände wollen nicht aufgeben.
Vertreter des Kreissportverban­
des sowie des Kreisbauernverban­
des Stormarn unterstützten die
Tangstedter Pferdefreunde vor so­
wie auch während der Gemeinde­
vertretersitzung mit klaren State­
ments gegen eine mögliche Ein­
führung der Pferdesteuer. Seit
Monaten hatten die örtlichen Pfer­
dehalter, -betriebe und Reiter ge­
meinsam mit der Deutschen Reiter­
lichen Vereinigung (FN) und dem
Pferdesportverband Schleswig-Hol­
stein (PSH) in Gesprächen mit den
Kommunalpolitikern versucht, die
Einführung der Steuer abzuwen­
den.
Der Sitzungssaal und das Trep­
penhaus des Tangstedter Rathau­
ses waren bis auf den letzten Platz
gefüllt. In der Einwohnerfragerun­
de der Gemeinderatssitzung ka­
men die Pferdesteuergegner noch
einmal zu Wort. Die Verbandsver­
treter wiesen vor allem darauf hin,
wie wichtig das Reiten als Brei­
tensport für die Förderung des Eh­
renamtes, der Integration und der
Jugendarbeit sei. „Wir haben viele
konstruktive Gespräche im Vorfeld
der Sitzung führen können“, sag­
te Matthias Karstens, Geschäfts­
führer des PSH, und betonte: „Die
Pferdehalter und Reiter sind durch­
aus willens, sich aktiv an der Pflege
der Reitwege zu beteiligen.“ Soll­
te die Satzung von der Gemeinde­
vertretung dennoch verabschiedet
werden, wäre Tangstedt die erste
Gemeinde in Norddeutschland, die
das Halten von Pferden und somit
einen Sport besteuert.
Am runden Tisch wollen Ver­
treter der örtlichen Pferdehöfe,
Vereine und Fraktionen nun ver­
suchen, sich zu einigen. Die SPD
fordert ein Reitwege- und Kenn­
zeichnungskonzept zur Pflege
und Instandhaltung von Reitwe­
gen durch die Tangstedter Reiter,
um so die Gemeinde zu entlasten.
Die Reiter legen in Kürze ein Kon­
zept dazu vor, das die Pflege der
Ärger statt Sommeridylle: In Tangstedt stehen die Pflege und Kennzeichnung von Reitwegen im Mittelpunkt der Diskussion um die Erhebung einer
Pferdesteuer. Foto: Agentur Hafensänger
„Zum Glück gibt es noch eine
Option aus der Sackgasse heraus.
Für uns heißt es jetzt, weiterzu­
kämpfen und den Gemeinderat
in weiteren Treffen mit sachlichen
Argumenten von der Sinnlosigkeit
einer solchen Steuer zu überzeu­
gen“, betont Thomas Ungruhe,
Leiter der Abteilung Breitensport,
Betriebe und Vereine bei der FN.
Reitwege durch die ortansässigen
Reiterhöfe vorsieht. Überzeugt die
Lösung, haben die verantwort­
lichen Gemeindevertreter ange­
kündigt, Abstand von ihren Pfer­
desteuerplänen zu nehmen. Un­
terdessen soll der Finanzausschuss
klären, wie hoch die Steuer ausfal­
len müsste, damit sich eine Besteu­
erung überhaupt lohnt.
Neues Trainerportal: Wissensvermittlung für Ausbilder
Die Deutsche Reiterliche Vereini­
gung (FN) bietet allen Ausbildern
und solchen, die es werden möch­
ten, neuerdings eine moderne,
multimediale Lernplattform. Das
FN-Trainerportal ist für jeden of­
fen, der sich mit der reiterlichen
Aus- und Weiterbildung beschäf­
tigt. Die Inhalte reichen von Infor­
mationen zu den verschiedenen
Trainerqualifikationen und -stu­
fen im Pferdesport über trainings­
begleitende Inhalte wie Übungs­
sammlungen, Videos und Praxis­
beispiele, Konzepte und Tipps für
eine kreative und abwechslungs­
reiche Unterrichtsgestaltung bis
hin zu Informationen und Veran­
staltungstipps rund um die Trai­
neraus- und -fortbildung. Um das
Trainerportal gemäß dem Motto
„Von Ausbildern für Ausbilder“
aktuell, lebendig und praxisnah
zu gestalten und auszubauen,
haben Ausbilder die Möglichkeit,
sich an dem Portal mit eigenen In­
halten, Erfahrungen und Tipps zu
beteiligen. Informationen unter:
www.pferd-aktuell.de/trainer­
portal fn
Zum Hintergrund: Das Bundes­
verwaltungsgericht hat im August
2015 entschieden, dass „Gemein­
den grundsätzlich berechtigt sind,
auf das Halten und das entgeltliche
Benutzen von Pferden für den per­
sönlichen Lebensbedarf eine örtli­
che Aufwandsteuer (Pferdesteuer)
zu erheben“. Bisher wird lediglich
in den hessischen Gemeinden Bad
Sooden-Allendorf, Schlangenbad
und Kirchheim eine Pferdesteuer
erhoben. Im Dezember 2015 gab es
aber auch gute Nachrichten aus der
nordhessischen Gemeinde Weißen­
born, die sich im letzten Moment
gegen eine bereits ausgearbeite­
te Satzung entschied. Der Grund:
Der Verwaltungsaufwand stehe in
keinem sinnvollen Verhältnis zum
wirtschaftlichen Ertrag. Genau hier
wollen die Pferdesteuergegner in
Tangstedt nun anknüpfen. Dass die
Steuer „kein Beitrag zur Haushalts­
konsolidierung“ sein soll, darüber
sind sich auch zahlreiche Bundes­
tagsabgeordnete einig, wie sie im
März den Entscheidungsträgern in
den Kommunen mitteilten.
Nach den jüngsten Entwick­
lungen in Tangstedt machten
der agrarpolitische Sprecher der
FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kum­
bartzky, sowie der finanzpolitische
Sprecher und Parlamentarische Ge­
schäftsführer der FDP-Landtags­
fraktion, Heiner Garg, in einer Er­
klärung deutlich, dass die Pferde­
steuer ein völlig falsches Signal und
keine Lösung für die Haushaltspro­
bleme der Gemeinde sei. Stattdes­
sen blühe dem Steuersystem eine
weitere Bagatellsteuer, die volks­
wirtschaftlich mehr Schaden an­
richte als sie dem Kämmerer hel­
fe, den kommunalen Haushalt zu
sanieren. Auch die sportpolitische
Sprecherin der CDU-Fraktion im
schleswig-holsteinischen Landtag,
Barbara Ostmeier, kritisierte die
geplante Besteuerung scharf. „An­
gesichts des vorhandenen Haus­
haltsdefizits kann diese Steuer we­
der die Gemeinde noch die Reitwe­
ge retten. Sie schafft nur Unfrie­
den und reißt Gräben“, sagte sie
in Kiel. „Eine Pferdesteuer richtet
mehr Schaden an als sie nützt. Die
Tangstedter wären gut beraten,
noch einmal über die Folgen ih­
rer Entscheidung nachzudenken.“
Weitere Informationen zum Thema
Pferdesteuer unter: www.pferd-ak​
tuell.de/pferdesteuer pm/ir