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ERKLÄRUNGEN UND BEMERKUNGEN
413/16
05.07.2016
Abschließende Ausführungen von Präsident Donald Tusk
auf der Plenartagung des Europäischen Parlaments
Zunächst möchte ich Ihnen für Ihre Beiträge zur heutigen Aussprache danken. Es ist vollkommen verständlich, dass die
Ereignisse der letzten Tage viele negative Emotionen ausgelöst haben. Doch wir dürfen diesen Emotionen nicht nachgeben.
Wir müssen uns die Fähigkeit bewahren, nüchterne Überlegungen anzustellen und rationale Entscheidungen zu treffen.
Erstens möchte ich betonen, dass die EU noch immer zu einer einvernehmlichen Scheidung vom Vereinigten Königreich bereit
ist. Dabei werden wir uns strikt an die Verträge halten, in denen Vorkehrungen für diesen Fall getroffen sind. Und eines muss
klar sein: Nach den Verträgen liegt die Entscheidung über die Einleitung des Scheidungsverfahrens bei dem Mitgliedstaat, der
aus der EU austreten will. Mit anderen Worten: Wir können dem Vereinigten Königreich diese Entscheidung nicht aufzwingen.
Zweitens werden wir vor Beginn des Scheidungsverfahrens keine Verhandlungen über die künftige Gestaltung der Beziehungen
zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich führen. Diese künftigen Beziehungen werden auf einem ausgewogenen
Verhältnis zwischen Rechten und Pflichten basieren. Ich möchte Ihnen versichern, dass wir im Fall von Interessenkonflikten stets
im Interesse der EU handeln werden, und zwar effektiv.
Drittens haben wir heute viele äußerst kritische Bemerkungen an die Adresse der Mitgliedstaaten gehört. Ich möchte Ihnen
sagen, dass ich in meinen Gesprächen mit den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten immer wiederhole: Es gibt
keine EU ohne EU-Organe. In der derzeitigen Situation können Angriffe gegen die EU-Organe, einschließlich der Kommission
und des Parlaments, nur noch mehr Verwirrung stiften. Die Hauptstädte der Mitgliedstaaten sollten tunlichst damit aufhören, die
EU und ihre Organe als schwach oder gescheitert darzustellen. Wir haben das Referendum im Vereinigten Königreich auch
deshalb verloren, weil die politischen Eliten seit Jahren ein negatives und oft unfaires Bild der EU gezeichnet haben. Aber es
gibt auch keine EU ohne Mitgliedstaaten. Es ist unmöglich, schwerwiegende Probleme in der EU gegen den Willen der
Mitgliedstaaten zu lösen. Auch Vertreter der EU-Organe müssen Verantwortung für die eigenen Worte übernehmen. Heute
müssen wir alle mit vereinten Kräften versuchen, uns darauf zu verständigen, was unser gemeinsames Interesse ist, anstatt dass
jeder – wie auf einem andauernden Jahrmarkt der Eitelkeiten – ständig die eigene Bedeutung unter Beweis zu stellen versucht.
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