Medieninformation - Thüringer Verfassungsgerichtshof

Medieninformation
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Carolin Franz
7/2016 - VerfGH 38/15
Thüringer Verfassungsgerichtshof
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Organklage der AfD erfolgreich
Weimar
6. Juli 2016
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat mit seinem heute verkündeten
Urteil entschieden, dass eine auf der Homepage des Thüringer Ministeriums
für Migration, Justiz und Verbraucherschutz veröffentlichte Medieninformation die Rechte des thüringischen Landesverbands der AfD auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb aus Art. 21 Abs. 1 Grundgesetz verletzt
und deshalb von der Homepage zu entfernen ist.
Am 20. Oktober 2015 wurde auf der Homepage des Thüringer Ministeriums
für Migration, Justiz und Verbraucherschutz unter der Überschrift „Keine Debatte um Sorgen, sondern Schüren von Hass“ die Medieninformation
Nr. 70/2015 veröffentlicht, die sich mit der für den nächsten Tag durch die
AfD unter dem Motto „Asylkrise beenden! Grenzen sichern!“ angemeldeten
Demonstration befasste. Sie enthält neben teilweise stark herabsetzenden
Werturteilen unter anderem eine an die Bürger gerichtete Aufforderung des
Ministers, genau zu prüfen, ob sie sich für die Ziele der Demonstrationsanmelder einspannen lassen wollten.
Der Entscheidung liegen folgende Erwägungen zugrunde:
Die in der Medieninformation enthaltene Aufforderung kommt in Verbindung
mit den negativen Werturteilen einem „Boykottaufruf“ gleich. Sie ist geeignet,
die Bürger von einer Teilnahme an der Demonstration abzuschrecken, und
beeinflusst so die Willensbildung der möglichen Versammlungsteilnehmer.
Hierdurch verstößt sie gegen das Neutralitätsgebot und greift in die Rechte
der AfD auf gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung ein,
da die Durchführung von Demonstrationen ein wesentliches Werkzeug des
politischen Meinungskampfes gerade auch der Opposition darstellt. Die von
der Medieninformation ausgehende Beeinträchtigung ist nicht durch einen
besonders zwingenden Grund gerechtfertigt, weder als zulässige Öffentlichkeitsarbeit auf der Grundlage der Kompetenz zur Staatsleitung noch nach
dem Prinzip der streitbaren Demokratie.
Thüringer
Verfassungsgerichtshof
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