Fette Lügen Das Drama mit den Diäten Das neue Gold Über Handtaschen, die sich rechnen S. 18 3. JULI 2016 NR. 27 S. 65 VW-Chef Müller Warum ihn die AfD so schockiert S. 36 DEUTSCHLANDS GROSSE SONNTAGSZEITUNG B * Die Geissens Abgründe eines Millionärs S. 22 GEGRÜNDET 1948 PREIS D € 3,90 EM AKTUELL 1450 1885 1899 1958 2016 Wie GENIAL sind die Deutschen noch? Deutschland galt als Hochburg bahnbrechender Erfindungen. Doch diese Zeiten scheinen vorbei zu sein. Entwickler werden eher behindert statt gefördert – damit droht das Land den Anschluss an Google und Co. zu verlieren Seite 13 GESUNDHEITSMINISTER Mehr Geld für Landärzte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) fordert von den Ärzteverbänden größere Anstrengungen zur Behebung des Hausärztemangels. „Um junge Menschen für den Hausarztberuf zu begeistern, braucht es gute Arbeitsbedingungen, genauso wie ausreichende Studien- und Weiterbildungsplätze“, sagte Gröhe dieser Zeitung. Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssten die gesetzlichen Möglichkeiten jetzt nutzen und gezielt Anreize für die Niederlassung von Ärzten schaffen – etwa durch Zuschüsse für die Praxis-Neueröffnung, Stipendien für angehende Landärzte. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach schlägt ein Gesetzespaket vor, um den Hausarztberuf attraktiv zu machen: „Wir müssen die Vergütung so umstellen, dass die Tätigkeit als Hausarzt lukrativer wird“, forderte Lauterbach. kad Seite 8 100.000.000 Euro mussten die Hausratversicherer 2015 für gestohlene Fahrräder an ihre Kunden zahlen. „Der durchschnittliche Schaden lag bei 520 Euro pro Rad“, meldete der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Mit der Summe wurde der Spitzenwert von 2014 erneut erreicht. Insgesamt wurden 200.000 Räder entwendet. Finanzminister Schäuble will die EU-Kommission schwächen Berlin verabschiedet sich von der Idee, die Europäische Union zu vertiefen. In vielen Mitgliedstaaten stehen die Zeichen auf Renationalisierung. Das Machtgefüge in Brüssel ist bedroht W as für eine Woche! Nachdem sich das erste Entsetzen über den britischen Volksentscheid gelegt hat und die Vielzahl der Stimmen aus Brüssel und allen anderen Hauptstädten verklungen sind, zeichnet sich jetzt die Stunde der Zweifler ab. Wagte vor allem in Deutschland bis vor Kurzem kein Politiker der etablierten Parteien, die Finalität der Europäischen Union infrage zu stellen, die am Ziel aller Entwicklung eine vertiefte Union, ja, einen Bun- fordert künftig, den „intergouvernementalen Ansatz“ zum Prinzip zu erheben. Zwar könne die EUKommission sich darum bemühen, die anfallenden Probleme zu lösen, wenn ihr dies aber nicht gelinge, müsse schnellstens gehandelt werden. „Es eilt“, sagt Schäuble, die üblichen Brüsseler Zeiträume seien zu groß. „Man merkt schnell, wenn die Kommission im Begriff ist, etwas nicht hinzukriegen, oder wir uns im Rat verzetteln. Dann sind die Regierungen in der Pflicht. Ich habe mich vergangenes Jahr sehr geärgert, dass die Brüsseler so lange brauchten, um in der Flüchtlingskrise zu reagieren.“ Die Flüchtlingskrise, die militärische Zusammenarbeit und die Digitalisierung seien die Felder, auf denen die Europäische Union nun schnellstens voranschreiten müsse, sagte Schäuble. „Jetzt ist die Zeit für Pragmatismus. Wenn nicht alle 27 von Anfang an mitziehen, dann starten halt einige wenige. Und wenn die Kommission nicht mittut, dann nehmen wir die Sache selbst in die Hand, lösen die Probleme eben zwischen den Regierungen.“ Schäubles Vorstoß wird der Mehrheit der Bevölkerung gefallen. Folgt man der Umfrage, die der TV-Sender N24 in Auftrag gegeben hat, sprechen sich mittlerweile 62 Prozent der Deutschen für eine Kompetenzverlagerung von Brüssel nach Berlin aus. In Brüssel, Berlin und zahlreichen anderen europäischen Hauptstädten fürchten Politiker und Experten, dass die vom höchsten Gericht Österreichs angeordnete Neuwahl des Bundespräsidenten diese Stimmung noch anheizen wird. In dieser Atmosphäre denkt Bundesaußenminister Stein- VON J. SCHUSTER UND D. F. STURM desstaat vorsieht, fordert nun kein einziges Mitglied der Bundesregierung noch eine solche Vertiefung als Antwort auf das Brexit-Votum. Genauer: Im Grunde steht fast allen der Sinn nach Rückbau. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geht am weitesten. Im Gespräch mit dieser Zeitung fordert er, sich künftig auf die Lösung der zentralen europäischen Probleme zu beschränken. Europas Krisen sollten vor allem von den Regierungen der Mitgliedsstaaten, nicht mehr unbedingt von der EUKommission und ihrem Präsidenten Jean-Claude Juncker bewältigt werden. Schäubles Vorstoß läuft auf einen erheblichen Einflussverlust der EU-Kommission hinaus. „Im Grundsatz bin ich ein Anhänger der Vertiefung. Aber dafür ist jetzt nicht die Zeit. Wir können in Europa in der Lage wachsender Demagogie und tiefer Europaskepsis nicht einfach so weitermachen wie bisher“, stellt Schäuble fest. Er meier nicht mehr an eine Vertiefung. Man könne nun weder „mehr Europa“ verlangen noch auf eine „bloße Reflexionsphase“ setzen, sagte er. Die Italiener sind weiter. Sie fordern nun mehr Transferleistungen und drohen damit, das Machtgefüge in Brüssel grundlegend zu verschieben. Fast scheint es, als wäre der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet der Einzige in der Union, der eine Renationalisierung von Kompetenzen ablehnt. „Die Bürger werden angesichts der großen Krise die Kleinstaaterei nicht mehr lange dulden“, sagt Laschet. Zudem nimmt er die EUKommission gegen Kritik in Schutz. Laschet fordert: „Schluss mit dem Populismus gegen Europa! Die Parteien müssen aufhören damit, alles, was schiefläuft, auf Europa zu schieben.“ Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier wirbt dafür, die Tür für die Briten offen zu halten: „Sollten die Briten es sich anders überlegen, was ich derzeit für unrealistisch halte, sind sie weiterhin in der Europäischen Union willkommen – auf Grundlage des im Februar von der EU ausgehandelten Reformpakets für Großbritannien.“ Außerdem stellt Bouffier fest, „dass etliche Briten die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen“. Das Auswärtige Amt (AA) hingegen hält Spekulationen für abwegig, wonach Großbritannien auf sein Austritts-Ansinnen verzichtet. „Wenn man das Ergebnis des Referendums ernst nimmt, dann ist alles andere als ein Austrittsverfahren sehr unwahrscheinlich. Wir jedenfalls gehen von diesem Szenario aus“, heißt es im AA. Seiten 2, 3, 4 und 5 ZIPPERTS WORT ZUM SONNTAG ANZEIGE Solidarität mit Mehmet Scholl! R vanlaack.com iesenaufregung um die Honorare von Fußballexperten. Nach Angaben seriöser Medien verdienen Mehmet Scholl und Oliver Kahn siebenstellige Summen pro Jahr, möglicherweise aber auch pro Woche. Die ARD darf keine Auskunft geben, weil sonst die Zwangsgebührenzahler wüssten, wie hoch der geheime Mehmet-Scholl-Solidaritätsbeitrag ist, und dann wäre er ja nicht mehr geheim. Oliver Kahn beklagte, es handele sich um eine Fehlinformation, die jeglicher Grundlage entbehre und bewusst Neid und Missgunst schüre. Kahn würde niemals für derartig wenig Geld wochenlang mit Oliver Welke herumsitzen. Der Laie stellt sich die Arbeit dieser Experten außerdem viel zu einfach vor. Er denkt, die hängen nur rum und erzählen die immer gleiche Geschichte von Räumen, die man enger machen müsste. Wie eng aber die Räume sind, in denen sie sich selbst aufhalten, ahnt niemand. Während der TV-Zuschauer jederzeit aufstehen und sich ein Bier holen oder gar umschalten kann, muss Mehmet Scholl ein Spiel wie Polen – Portugal bis zum Ende durchstehen. Selbst wenn wir den Fernseher ausschalten, ist Scholl immer noch drin, und das auch noch zusammen mit Matthias Opdenhövel. Dazu ist er durch sein siebenstelliges Honorar gezwungen. Außerdem muss er noch den furchtbaren Sozialneid aushalten, der durch Falschmeldungen über sein siebenstelliges Gehalt geschürt wird. KUNDENSERVICE: 0800-926 75 37 Gebührenfrei aus dem deutschen Festnetz und von allen deutschen Mobiltelefonen A 4,30 € • B 4,30 € • CH 5,50 CHF • CZ 160 CZK • DK 34,00 DKK DIGITALE ANGEBOTE: 0800-951 5000 MA 50 MAD • N 42,00 NOK • NL 4,30 € • P 4,60 € (Cont.) E-MAIL: [email protected] PL 20 PLN • S 50 SEK • TN 6,50 TD • ZA 70,00 ZAR ISSN 0949 – 7188 E 4,60 € / I. 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Ein Besuch in der Hauptstadt Reykjavík S. 28 ANZEIGE Geheimnisvoller Planet: Vom Erdboden verschluckt Heute um 20.05 Uhr PETERSBURGER DIALOG Lammert sagt Teilnahme ab Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat eine Anfrage des Petersburger Dialogs abgelehnt, am 14. Juli in der russischen Stadt als Redner aufzutreten. An seiner Stelle wird nun Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) in St. Petersburg sprechen. Russland reagierte auf die Absage, indem es den von seiner Seite als Redner vorgesehenen Vorsitzenden der Staatsduma, Sergej Naryschkin, zurückzog und durch den Gouverneur der Region Leningrad ersetzte. Die Absage sei aus „Termingründen“ erfolgt, teilte ein Sprecher Lammerts der „Welt am Sonntag“ mit. Nach Informationen der Zeitung begründete der Bundestagspräsident seine Absage intern allerdings anders. Ein Auftritt an der Seite Naryschkins, der von der EU mit einem Einreiseverbot belegt wurde, sei ein falsches Signal. Die Duma sei kein frei gewähltes Parlament. Auf Anfrage gab Lammerts Sprecher dazu keine Stellungnahme ab. tju Seite 9 ANZEIGE
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