Gottesdienst „Du zählst für mich!“ Jesaja 43,1 3.7. 2016 6. S. n. Trin Bangkok Predigt: Jesaja 43,1 Liebe Gemeinde, der Predigttext an diesem Sonntag ist denkbar kurz. Ein einziger Vers. Es ist der Wochenenspruch, der den Beginn des Gottesdienstes markiert hat. Ein Wort aus dem 43. Kapitel de Jesajabuches: So spricht Gott, der dich geschaffen hat: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Ein Vers der es in sich hat. Was? Na, alles – das ganze Leben. So spricht Gott, der dich geschaffen hat: Da wird sofort deutlich, was unser Leben eigentlich ist: Nämlich ein Geschenk, das wir uns selber nie hätten machen können. Dass wir leben, ist nicht unser Werk, unser Verdienst. Wir verdanken uns dem, der uns gewollt und ins Leben gerufen hat. In diesem kurzen Satz stecken die wichtigsten Aussagen zum biblischen Menschenbild: Wir sind gewollt! Kein Kind des Zufalls, wir zählen. Das macht unseren Wert unsere Würde aus. Aber wir sind Geschöpf, und nicht Schöpfer. Wir verdanken uns nicht uns selbst. Das ruft uns zu heilsamer Demut. Wie freundlich und lebenswert wäre diese Welt, wenn wir in diesem Bewusstsein einander sehen und miteinander leben würden: Dein Leben ist so gewollt und wertvoll wie meins. Und keiner von uns lebt aus eigenem Verdienst, eigener Macht. Wir leben aus einer anderen Quelle. In biblischer Sprache: Aus Gottes schöpferischer Kraft, aus Gottes Gnade Das ist sozusagen der Rahmen unseres Lebens. Oder die Grundlage, auf der alles andere steht. Und dann benennt der Vers, was drin sein kann in einem Leben. Was auch zu unserem Leben gehört: Dunkles und Helles. Bedrohung und Rettung. Verloren- und Gefundensein. „Fürchte Dich nicht“ – da ist gleich erstmal angesprochen, dass das Leben nicht nur ein Spaziergang ist. Sondern manchmal richtig schwer In auffällig vielen bedeutenden Situationen fallen in der Bibel diese Worte. Und manchmal gerade dann, wenn man es überhaupt nicht erwarten würde. Auf den Feldern von Bethlehem z. B. – da kommen die Engel zu den Hirten mit einer wunderbaren und durch und durch positiven Botschaft Gottes: „Der Heiland ist geboren, Euer Retter! Ja – auch für Euch! Und wir sagen Euch auch, wo ihr ihn findet“. Das ist es doch, was sie eigentlich rüberbringen wollen. Aber was sagen sie zuerst? Fürchtet Euch nicht! Komisch, oder? Wo doch das, was dann kommt, alles andere als zum Fürchten ist. Und wo man in jedem Kommunikationsseminar heute lernen kann, dass man die zentrale Botschaft, auf die es einem ankommt, immer als erstes sagen muss, damit sie gehört wird – und nicht erst nach allerhand umständlichen Vorbemerkungen, wo sie dann untergeht, weil die Aufmerksamkeit der Zuhörer schon erschöpft ist. (Übrigens auch eine Gefahr bei mancher Predigten.) Aber hier beginnt es mit „Fürchtet Euch nicht“. Und das ist Absicht. Der Grund ist ein sehr realistischer. Weil wir uns tatsächlich fürchten. Mit guten Gründen bedroht fühlen. Jeden Tag werden uns hundert Gründe frei Haus geliefert, die irgendwo auf der Welt passieren – aber schneller als uns lieb ist, auch uns treffen können. Bomben auf Flughäfen, der Euro Kurs, räselhafte Krankheitsviren, die sich rasend schnell über Kontinente hinweg ausbreiten.... Ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Vielleicht fürchten wir um Menschen, die uns nahestehen und gerade eine Krise durchmachen. Und heute uns –als Getaufte gehören auch wir heute zu ihm. Gott hat damit eine Beziehung zu uns angeknüpft, die nichts und niemand in Frage stellen kann. Auf die wir uns unter allen Umständen verlassen können. Oder es liegt eine Furcht tief in uns selbst. Die Sorge um die Zukunft, um unser Alter, um eine Beziehung, die wir nicht verlieren möchten. Eine Furcht, die uns manchmal gar nicht mehr bewusst ist – aber uns trotzdem heimlich Griff hat. „Fürchte Dich nicht.“ Aufmerksam, zugewandt und einfühlsam uns zugesprochen ist das ein Satz, der viel in uns anrühren kann, was sehnsüchtig darauf wartet, wahrgenommen zu werden. „Fürchte Dich nicht“ – das ist nicht nur so dahin gesagt. Es ist viel mehr als „Ach komm, mach Dir keine Sorgen. Das wird schon wieder “ Es hat nichts abwiegelndes. „Fürchte Dich nicht“ – da geht jemand auf uns ein und nimmt wahr, was uns bewegt. Da sorgt sich jemand um uns. Ein Satz, der uns öffnen kann für das, was uns helfen und trösten kann. „Fürchte Dich nicht“ – das ist ein Satz voller Beziehung. Eine Einladung zum Vertrauen, die man nur aussprechen kann, wenn man zugleich verlässliche Beziehung anbietet. Und damit wir schon an diesen ersten Worten klar, was dieser ganze Vers eigentlich sagen will: Du bist mir wichtig; Du zählst für mich – und Du sollst hören und bekommen, was Du brauchst. Und keine Furcht soll Dir den Zugang dazu verstellen. Sagt Gott, der Dich geschaffen hat. Und dann kommen drei kurze Sätze, die das unterstreichen: In jedem Satzteil kommen die Worte vor, die mehr als alles andere Beziehungsworte sind: ich oder mein und du oder dich. Gott spricht hier zunächst durch den Mund des Propheten Jesaja vor 2500 Jahren sein geliebtes Volk, seine Menschen an. Aber Beziehung muss man spüren, wenn sie guttun und helfen und tragen und uns erfüllen soll. Sie darf nicht nur als theoretische Überzeugung im Kopf sitzen – sie muss etwas auslösen Auch davon spricht unser Vers. Auf dreifache Weise, in drei großen Zusagen, beschreibt er, was eine gute Beziehung ausmacht - übrigens auch die tragenden mitmenschlichen Beziehungen unter uns. Die erste Zusage: „Ich habe Dich erlöst.“ Wenn Gott das verspricht heißt das, nichts soll Dich binden, festklammen, einengen. Du sollst frei sein – frei zu denken, zu fühlen, was in Dir ist. Frei, zu suchen, was Du brauchst. Frei, auf das zu vertrauen, was Dich wirklich überzeugt. Frei zu tun was Du für richtig hältst. Frei auch, zu zweifeln oder nein zu sagen. Diese Freiheit gehört zum evangelischen Glauben immer dazu. Diese Freiheit kommt aus dem Glauben. Aus einer tragende Beziehung zu diesem Gott, der spricht: „Ich habe Dich erlöst“. Daraus wächst eine Freiheit, die dann das ganze Leben prägt, aufrechter Gang in allen Lebenbereichen, in denen wir unterwegs sind, bei allem was wir tun. Die Haltung und der Mut Luthers: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders – Gott helfe mir. Amen.“ Das werden wir mit dem Reformationsjubiläum in den kommenden Monaten besonders bedenken und feiern. Aber niemand kann auf Dauer leben, ohne zu wissen wo er, wo sie hingehört. Und zu wem. Gott sagt: Du bist mein. „Ein Christ ist ein freier Herr über alle Dinge“ hat Martin Luther auch gesagt. Und darum ist ein Christ, eine Christin zugleich so frei, allem zu dienen, das unsere Unterstützung braucht. Aber klingt das nicht ziemlich besitzergreifend? Ist das noch unser modernes Menschenbild. Wie verträgt sich das mit der Freiheit, von der vorhin die Rede war? Die zweite Zusage: Es gehört zusammen! Denn wenn Gott sagt: „Du bist mein“, dann heißt das nicht: Ab jetzt läufst Du am Gängelband und guckst nicht mehr rechts und links und hältst Dich am besten von allem fern, was Deinen Glauben in Frage stellen könnte... Im Gegenteil. Es heißt: Geh und begegne den Menschen, schau hin, was läuft, tu, was nötig ist. „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen“. Wie klingt das in unseren Ohren? Jemand ruft meinen Namen – jemand meint unverwechselbar mich. So ein Ruf kann alles ändern – wenn ich eben noch dachte: Nach mir – fragt doch sowieso keiner... Doch! Bei Gott sind wir alle gefragt, gerufen, erkannt, egal wie es um uns steht. In Momenten tiefster Verzweiflung kann das lebensrettend sein. Aber dann auch im Wahrsten Sinne des Wortes: Anspruchs-voll. Wenn Gott mich ruft, dann ist das vielelicht eine berufung, dann gibt es vielleicht einen besonderen Auftrag. Womöglich einen, den ich mir selbst nicht ausgesucht hätte. Jesaja, aber auch Jeremia oder Jona und manche anderen biblischen Gestalten können ein Lied davon singen. Aber sie haben Gottes Auftrag bewältigt. Übrigens selten perfekt. Aber bestanden. Vielleicht weil sie sich auch auf diese letzte Zusage verlassen konnten: „Du bist mein.“ Wo gehöre ich hin? Wo habe ich Heimatrecht.? Und zu wem gehöre ich? Auf wen kann ich mich unter allen Umständen verlassen? Unser Lebensglück hängt daran, dass wir auf diese Frage eine Antwort finden. Aufbrechen, unterwegs sein, Neues entdecken – klar, das brauchen wir auch. Darum sind viel von uns ja hier. Leg die Scheuklappen ab. Du brauchst keine. Denn Du kannst nicht verloren gehen. Du gehörst zu mir und ich achte Dich auf, wie auf einen kostbaren Schatz. Und ich will nicht, dass irgendwer oder irgendetwas anderes Macht über dich gewinnt. Und Dich und Dein Leben klein macht. Damit schließt sich der Kreis – und wir können leben mit Gott... , der dich geschaffen hat udn spricht: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Und der Friede Gottes...Amen. Annegret Helmer
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