unirep Sachenrecht II SS 2016

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SachenR II Fall 17 – Lösungshinweise
Übersicht – Sachverhalt Fall 17
A.
Anspruch des A gegen B auf Zahlung von 30.000 €
I.
Kein Anspruch aus dem Gesellschaftsvertrag zwischen A und B
II.
Anspruch aus § 774 I 1 iVm. § 488 I 2 BGB (X gegen GmbH)
III.
−
Hauptforderung gegen GmbH (nicht B!)
−
Übergang der Hypothek gem. §§ 774 I 1, 412, 401 I BGB; hieraus aber kein
Zahlungsanspruch, sondern § 1147 BGB Anspruch auf Duldung der
Zwangsvollstreckung
Anspruch aus § 426 I 1 BGB
1.
Gesamtschuld zwischen Bürgen und Hypothekenschuldner? –
−
Fehlen einer besonderen gesetzl. Anordnung wie in §§ 769, 774 II
BGB
−
Entscheidungsgrundlage ist § 421 BGB - Also ob zwischen Bürgen (A)
und GS-Verpflichtetem (C) eine Gesamtschuld besteht
−
Neben den gesetzl. geschriebenen Voraussetzungen des § 421 BGB
Gleichstufigkeit der Verpflichtung erforderlich
−
Charakteristisch für Gesamtschuld, dass aus der Sicht des Gläubigers
nicht nur ein Schuldner primär zur Leistung verpflichtet ist.
−
Geschriebene Voraussetzungen des § 421 BGB:
−
−
Mehrere Personen sind Schuldner eines Gläubigers (+)
−
Diese schulden dem Gläubiger eine Leistung
−
ausreichend: Befriedigung desselben Leistungsinteresses des
Gläubigers
Problem: Inhaltliche Verschiedenheit der Ansprüche (Zahlung bzw.
Duldung der ZwV)
Prof. Dr. Matthias Casper
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2.
−
Für Gesamtschuld: Gleichstellung d. Anspruchs auf Duldung
der ZwV mit Zahlungsanspruch gelegentlich im Gesetz
(Wertung aus§ 794 I Nr. 5 ZPO, so Konstruktion von Eickmann)
−
Aber: Versuch einer Tenorierung verdeutlicht, dass der aus GS
Verpflichtete nicht als Gesamtschuldner mit Bürgen verurteilt
werden könnte (anders nur, wenn man mit einer Mindermeinung
davon ausginge, dass der SG des Grundpfands in Wahrheit
Zahlung schulde, vgl. MüKoBGB/Eickmann § 1147 Rdn. 2).
Analoge Anwendung des § 426 I 1 BGB (nur für den Regress):
a)
Lücke?
Gesetz sieht Zessionsregress vor: Zahlt Bürge zuerst, geht nach
§§ 774 I 1, 412, 401 I BGB die Hypo auf ihn über. Zahlt Hyposchuldner zuerst, ist es umgekehrt: §§ 1143 I, 412, 401 BGB.
−
Es gilt nach dem Gesetzeswortlaut das Prioritätsprinzip für die
Ermittlung des Regressanspruchs
−
Keine angemessene Lösung, da Regressnahme von der
Zufälligkeit der früheren oder späteren Inanspruchnahme
abhängt, obwohl beide Sicherungsgeber sich gleichstufig an der
Sicherung beteiligen.
−
→ Prioritätsprinzip führt zu Wettlauf der Sicherungsgeber
−
Tlw. wird Prioritätsprinzip aufgrund der Gesetzesnähe für
gerechtfertigt gehalten (Mertens/Schröder Jura 1992, 305, 308
ff.)
−
Tlw. Bevorzugung des Bürgen angenommen:
−
Prof. Dr. Matthias Casper
Arg. aus§ 776 BGB: Die Vorschrift bringe den Vorrang
des Bürgen ggü sonstigen akzessorischen dinglichen
Sicherheiten insofern zum Ausdruck, als der Bürge befreit
werde, wenn der Gläubiger auf die dingliche Sicherheit
verzichte, mangels komplementärer Vorschrift nicht
jedoch im umgekehrten Falle der dingliche Sicherer
(Nachweise bei BGH NJW 1989, 2530).
−
Aber: Vorrang des Bürgen würde auf petitio principii
hinauslaufen (so mit Recht Erman-Seiler, BGB, 9. Aufl. 1993, §
774 Rdn. 15; vgl. auch BGH NJW 1989, 2530, BGH NJW 1992,
3228, 3229)
−
Schließlich ist für § 776 BGB Voraussetzung, ob der Bürge
gegen den Hypothekenverpflichteten hätte Ersatz verlangen
können
−
Bevorzugung des Bürgen damit abzulehnen und Analogie zu
§ 426 BGB anzunehmen
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b)
3.
ZwErg.: § 426 I 1 BGB ist analog auf das Verhältnis zwischen Bürgen
und Hypothekar anzuwenden.
Einbeziehung des C in das Gesamtschuldverhältnis?
a)
Auch hier nur analoge Anwendung des § 426 I 1 BGB:
Keine gesetzliche Regelung, vielmehr erhält der zuerst in Anspruch
Genommene hier gar nichts: Zahlt der Bürge, geht die GS nicht mit
über (§ 401 I BGB ist unanwendbar); zahlt der Grundschuldner, geht
nach § 1143 I 1 nicht die Forderung (sd. nur GS) über und damit auch
nicht die akzessorische Bürgschaft. – Die völlige Regresslosigkeit ist
in gleicher Weise zufällig.
b)
Folge:
Verantwortlichkeit zu gleichen
Höchstbeträgen = Gleicher Sicherungsbeitrag.
Anteilen;
hier
zu
Frage, ob Gesamtschuld nur in Höhe des geringsten Höchstbetrages
entsteht, stellt sich hier nicht (vgl. zu dieser komplexen und über die
Examensvorbereitung hinausgehenden Frage für die h.M. insb. BGHZ
137, 232 = NJW 1998, 894, 895 f. (ferner OLG Hamm NJW 1991, 297;
OLG Köln NJW 1991, 298, 299; OLG Stuttgart ZIP 1990, 445, 446;
MünchKomm3-Habersack § 774 Rdn 23) - wonach in Höhe des
Gesamtbetrages der Hauptverbindlichkeit eine Gesamtschuld entsteht
und die unterschiedlichen Höchstbeträge nur im Innenverhältnis
berücksichtigt werden – Haftung nach dem Verhältnis der
Höchstbeträge).
4.
Folge: Gesamtschuldverhältnis besteht in Höhe der gesamten gesicherten
Schuld, also 90 T €; bei angenommener gleicher Höhe haften also A, B und
C jeweils auf 30 T €.
Aber: Der regressnehmende Gesamtschuldner muss sich beim
Regressanspruch seinen Anteil abziehen lassen (vgl. MüKo/Bydlinski, § 426
Rn. 30; anders der BGH in der zugrundeliegenden Entscheidung, indes ohne
Begründung)
Hier: 30 T€ - 30T€ = 0 €
5.
B.
Ergebnis: A hat keinen Regressanspruch gegen B
−
Die Aufrechnung durch B mit der von C abgetretenen Forderungen
ging daher ins Leere
−
Lehnt man Abzug des eigenen Anteils bei Teilrückgriff ab, muss man
die Aufrechnung mit dem abgetretenen Anspruch prüfen, auch dann
hat A keinen Regressanspruch´
Auswirkung auf Hypothek
−
§ 774 II BGB gilt entsprechend, d.h. statt § 774 I 1 BGB (Zessionsregress in voller
Höhe) gilt nach § 426 II 2 BGB nur Übergang der Hauptforderung – und damit auch
der Hypothek gem. §§ 412, 401 BGB – in Höhe der Quote
−
Infolge Tilgung durch A und C ist die Hauptforderung erloschen, § 362
Prof. Dr. Matthias Casper
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−
A hat also gegen B keine Hypo erworben
−
Vielmehr wurde die Hypo gem. § 1163 I 2 BGB zur EGS
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