econstor www.econstor.eu Der Open-Access-Publikationsserver der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft The Open Access Publication Server of the ZBW – Leibniz Information Centre for Economics Kapferer, Clodwig Article 1952, das Jahr der Investierungen Wirtschaftsdienst Suggested Citation: Kapferer, Clodwig (1952) : 1952, das Jahr der Investierungen, Wirtschaftsdienst, ISSN 0043-6275, Verlag Weltarchiv, Hamburg, Vol. 32, Iss. 1, pp. 3-6 This Version is available at: http://hdl.handle.net/10419/131442 Standard-Nutzungsbedingungen: Terms of use: Die Dokumente auf EconStor dürfen zu eigenen wissenschaftlichen Zwecken und zum Privatgebrauch gespeichert und kopiert werden. Documents in EconStor may be saved and copied for your personal and scholarly purposes. Sie dürfen die Dokumente nicht für öffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, öffentlich zugänglich machen, vertreiben oder anderweitig nutzen. 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Innerhalb kurzer Zeitspannen — um solche handelt es sich, w enn von d e r Periode eines Jah res die Rede ist — können Politik und das herrschende w irtsdiaftspolitische System die ökonomischen G esetzm äßigkeiten ü ber schatten und ihre W irksam keit abschwächen oder v o r übergehend unterbrechen. Das N orm ale und Anom ale zu unterscheiden, ihre heterogenen W irksam keiten gegeneinander abzuw ägen und auf die Zukunft zu prognostizieren, ist eine Aufgabe, die sich die W irtsdiaftsforschung zu A nfang eines neuen Ja h re s stellen muß. F in a n z ie lle A u s la n d s h ilfe n in n a tio n a lp o litisc h e r B e d e u tu n g D er Einfluß politisdier Ereignisse auf die W eltw irt schaft und dam it auch auf die W irtschaft der Bundes republik w urde besonders stark empfunden, als sich durch den Koreakonflikt auf dem bereits vorher an gebahnten und langfristig vorausgesagten w eltw irt schaftlichen Aufschwung in G estalt einer Ü bersteige rung der Nachfrage eine zw eite K onjunkturw elle auf pfropfte, die das Gleichgewicht gegenüber dem A n gebot zu beseitigen drohte. Die A nstrengungen der USA., sich und die w esteuropäischen Staaten in einen verteidigungsbereiten Z ustand zu versetzen, veranlaßten W esteuropa, es seinerseits an einer k raft vollen A nstrengung in gleicher Richtung nicht länger fehlen zu lassen. Damit w urde die bestehende K riegs gefahr fürs erste gebannt. Geblieben ist dagegen ein Zustand des kalten Krieges, unter dessen Einw irkung die allseits beschlossene A ufrüstung ihren Fortgang nehm en und dem entsprechend ihre nachhaltige W ir kung auf das W irtschaftsleben aller Beteiligten aus üben wird. Mit dieser internationalen Zusam m enarbeit in engem Zusammenhang steht die Problem atik der ausländi schen Finanzbeihilfen, die seit einem Jahrzeh n t in der Gestalt von Pacht- und Leih-, M arshallplan- und Rüstungsbeihilfen im internationalen Leben eine b e deutsam e Rolle spielen. M an darf heute w ohl sagen, daß die Bundesrepublik die M arshallplanm ittel besser als manche anderen von der am erikanischen Politik w eitaus großzügiger bedachten Länder genutzt hat. Aber w ir dürfen w ohl auch sagen, daß w ir zur Er zielung einer größtmöglichen Effizienz es unsererseits an einer entsprechend aktiven M itw irkung nicht haben fehlen lassen, indem w ir unsere P roduktionsanlagen durch Eigenfinanzierung der W irtschaft, die durch Konsumverzicht breiter Bevölkerungsschichten erm ög licht wurde, w ieder aufgebaut haben und daß w ir die unzulängliche V ersorgung unserer Geld- und K apital m ärkte durch Beschleunigung der Umlaufsgeschwin 1952/1 digkeiten des Bar- und G iralgeldes uns wettzumachen bem ühten. Dazu w aren w ir schon aus dem G runde ge nötigt, w eil unser Geldvolum en mit der Zunahm e der Industrieproduktion nicht Schritt hielt. Die folgenden Schaubilder zeigen die Positionen, die die Bundes republik im V erhältnis zu anderen Industriestaaten der w estlichen W elt in dieser Beziehung einnimmt. Vergleich der Zunahme des Geldvolumens und des Industrieproduktionsvolumens s e i t J u n i 1950 in */• ♦35 ♦30 Deutschlond Fnonkreich ftii OM (bis Okt.) ♦25 *20 • 3talien (bis iesif.) ♦■15 • U.S.A. Ibis Okt.) II •“ »Großbrifonnien (bu *5 »10 ••15 *20 *25 *30 »35 ¿unahwe det* JnctusfrieppodvkHonsvolumeni M an w ird sich aber die Frage stellen müssen, inw ie w eit eine W irtschaftspolitik ih re Dispositionen auf lange Sicht unbedenklich auf ausländische U nter stützungshilfen aufbauen kann. Die nach politischen Ge*«5 (Deutschland ♦t^O ♦35H Zunohme des Brultowertes der Anlageinvestitionen im Vergleich zur Zunohme der Borgeldumloufgeschwindigkeit ''S | .g ^ 2. V J. 1950 b is 3. V j. 1951 'S I U.S.A. >firo&bpitonnien »5 »-lo »15 »20 *23 ¿unahme def* B argeldiim laufijeschtrm eligkeit sichtspunkten gesteuerten Finanzhilfen des A uslandes — um solche handelt es sich bei der am erikanischen K apitalausfuhr — tragen einen hohen Grad der Un sicherheit hinsichtlich ih rer Beständigkeit, und ihre V erw endungsbestim m ungen können m it den politi schen Zielen der em pfangenden Länder eines Tages n idit m ehr übereinstim m en. Diese Einsicht soll uns nicht dazu verleiten, die große Bedeutung, die die am erikanisdie Hilfe für unseren W iederaufbau gehabt hat, etw a zu unterschätzen und ihr nicht den Dank zu zollen, der ihr zukommt; denn sie hat uns den w irtsdiaftlidien Erfolg erst erm öglidit. W ir brauchen auch in keiner W eise gegen ihre nunm ehr auf den Rüstungssektor und später vielleidit auf das Punkt-4Programm zur Erschließung der unterentw ickelten G e biete um gestellte Fortsetzung voreingenom m en zu sein. W ir können diese Einstellung um so unbedenklid ier einnehmen, als die alliierte Politik der Ein schränkung unserer Produktion unsere W irtschafts k räfte w eiterhin in Schach hält: durch Demontagen und Entflechtungen, durch die V orenthaltung von In vestitionsm itteln aus dem Counterpart-Fund, durch Auflösung des zentralen K ohlenverkaufs und das V erbot wichtiger Remontagen, durch die für uns ungünstige Startposition in der M ontan-Union, die V erhinderung der freien M arktpreise für den Ex p ort von Ruhrkohle und das F ortbestehen von Pro duktionsbegrenzungen auf dem G ebiet der Chemie, der E lektronentedinik, des W erkzeugm aschinen- und Schiffbaues, der zivilen Luftfahrt und der technisdiwissenschaftlichen Forsdiung. A ber die grundsätz lichen Bedenken, die gegenüber politischen Finanzie rungsm itteln von außen bestehen bleiben, sollten V eranlassung geben, uns um die endgültige Beseiti gung der G efahren zu kümmern, die sich aus den Dollarlücken der europäischen W irtschaft ergeben. H ierzu gehört vo r allem eine positive Einstellung gegenüber der Bildung eines größeren europäischen W irtschaftsgebietes. A ndere M öglichkeiten d e r Investitionsfinanzierung außer durch die Investitionsquote des Sozialprodukts gibt es praktisch nicht, w enn m an von der Möglichkeit des H ereinfließens ausländischer K apitalkredite oder einer inländischen inflationistischen Kreditschöpfung absieht. Zunahme des Bruttowertes der Anlageinvestitionen im Vergleich zur Zunahme des Bruttosozialproduktes 2. V J. 1950 b is 3. V J. 1951 Deutschland • U.S.A. • G n o lib r i+ n n n ie n 6 I IN *5 *-10 ■>'15 *20 f25 Das Sozialprodukt in der Bundesrepublik h at sich seit der W ährungsreform stark aufw ärts entwickelt, und es ist vorauszusehen, daß diese A ufw ärtsentw icklung nach Einbeziehung d er heute noch brachliegenden technischen Reserven und der A rbeitskraftreserven w eiterhin anhalten wird. Veränderungen der InvestitionsgOterproduktion i) im Vergleich zur gesamten IndustriegOtererzeugung 2. In v e s titio n im W ettb ew erb m it d e m p r iv a te n V e rb ra u ch D er K oreakrieg h atte zunächst die Nachfrage nach V er brauchsgütern spekulativ übersteigert. Diese Nach frage hat die K onsum güterproduktion über das Kon sum enteneinkom m en anwachsen lassen, so daß die hierdurch eingetretene Nachfrageerschöpfung alsbald einen K onjunkturrückgang herbeiführen mußte, der eine V erringerung der K onsum güterproduktion nach sich zog. Damit w ar für eine erhöhte Investitions güterproduktion der Boden bereitet. Die Investitions quote liegt in jeder V olksw irtschaft m it der Konsum quote im W ettbew erb, w obei die A ufw endungen für den privaten V erbrauch eine konstantere Größe als die Investitionsrate darstellen. Die Höhe des Sozialprodukts, w orunter die W ert schöpfung aller W irtschaftsbereiche einer V olksw irt schaft zu verstehen ist, bestim m t den Umfang, in dem d er private V erbrauch auf der einen und die notw en digen Investierungen auf der anderen Seite stattfinden können. Diese Betrachtung der Dinge w irft folgende F ragen auf: 1. W ie w ird sich das Sozialprodukt künftig entwickeln? 2. W ie w ird sich der A nteil des privaten Verbrauchs am Sozialprodukt gestalten? 3. W ie umfangreich w erden die M ittel sein, die für Investitionen zur V erfügung stehen? *30 »35 ♦'(O M-S Zunahme des Bfutfoweptes der ArlageinvesfUionen 1 ♦ 35 I ♦ JO V j. 1950 b is 3. V j. 1951 • D e u tsc h la n d ♦ 2S §■1 i2^s ■^1 lo • U.S.A. ♦20 + 15 ^t ■§ • B e lq ie n • Frankreich + t 5 ^G^o(lbr¡^annien » 5 -HO »15 »20 »as »30 V eränderungen d en gesam ien ^ Jndusfrieprodukfiort •) M e ta llf e r tig w a r e n u n d M a sc h in e n Die M ehrzahl d e r w esteuropäischen S taaten h at den Ü bergang zur Rüstungsproduktion m it einem Konsum verzicht eingeleitet. Teils geschah dies durch Erhöhung der Steuerlast, teils durch offene oder zeitw eilig zu rückgestaute Inflation, w ofür G roßbritannien und Frankreich als Beispiele genannt w erden können. In G roßbritannien machten sich die Rüstungsansprüche zu einem Z eitpunkt geltend, zu dem ihre Produktions kapazität bereits voll ausgenutzt und die A rbeitskraft reserven erschöpft w aren. Ganz anders lagen die V erhältnisse in den USA. selbst, wo die Rüstungsproduktion ohne wesentliche 1 9 5 2 /1 N euinvestitionen anlaufen konnte, w eil genügend bei K riegsende bradigelegte Produktionskapazitäten in d en W irtsdiaftsprozeß w ieder einbezogen w erden konnten. Daneben schluckte die anlaufende Rüstung die vorhandenen A rbeitskraftreserven auf. Einkom m en und Lebenshaltung stiegen von neuem an. Die A usdehnung der Produktion ließ das Steueraufkom m en bis zur Höhe des zur Finanzierung der R üstungs anstrengungen. erforderlidien M ehraufw andes ansdiw ellen, so daß eine zusätzlldie Belastung des B udgets zunächst nicht eintrat. D arüber hinaus h atte d e r angew adisene Rohstoffbezug der USA. einen P reisauftrieb in den rohstoffliefernden Ländern en t steh en lassen, der auch dort die Kaufkraft anwaciisen ließ und Absatzchancen eröffnete, die größtenteils d en nichtamerikanischen Industriestaaten zügute kam en. Da die Rüstungspolitik die Investitionsgütererzeugung auch weiterhin begünstigen wird, ist die A nnahm e berechtigt, daß m it einer allmählichen Erschwerung d e r Befriedigung des Konsumbedarfs gerechnet w er den muß, wobei die langlebigen Konsum güter (W oh nungen, Kraftfahrzeuge, Möbel, H aushaltsm aschinen u nd dgl.) stärker als die kurzlebigen (Schuhe, T exti lie n u nd dgl.) betroffen w erden, w eil nämlich die zu ih re r H erstellung verw andten A usgangsm aterialien u nd Produktionsm ittel auch in der R üstungsindustrie ben ö tig t werden. Die Bundesrepublik w ird im In ter esse d er Erhaltung des inneren Friedens dafür Sorge trag e n müssen, daß die A ufrüstung keinen forcierten C h a rak ter annimmt, sondern graduell erfolgt und daß ih r A nteil bei der Festsetzung des gesam ten R üstungs aufw andes der w estlichen W elt in ein solches V er h ältn is zum Sozialprodukt gebracht wird, daß den d u rd i unsere geographische Lage zwischen O sten und W esten gegebenen V oraussetzungen, der Sonderstel lung Berlins, die Aufw endungen besonderer A rt n o t w endig w erden läßt, und der großen sozialen Bela stung durch die Flüchtlingsbevölkerung Rechnung ge trag en ist. P reis- u n d L o h n e n tw ic k lu n g darüber hinaus ihr noch die M öglichkeit zu umfangreidien Investitionen fü r Betriebserw eiterungen und -Verbesserungen verblieben ist. Veränderungen des Reallohnes i) im Vergleich zur Realleistung 2) seit Juni 1950 ' ■l l l * 2° • Frankreich l'i 1 1 1 - 'I o • • ü. S . A. (bis * 5 (bis Okt.) Sept.^ . « D e u t s c h l a n d [ b is Sept.) -5 • Gro&bpitannlen ♦5 *A0 *A5 <-20 +25 +3o +35 ‘ Z u n a h m e d e r U e a H e is fu n c f s e i t J u n i i< )So -•Jo L o h n in d e x d u rch L e b e n s h a ltu n g s k o s te n in d e x I n d u s tr ie p r o d u k tio n s in d e x d u r d i B e s d iä ftig u n g s in d e x Durch diese Produktivitätssteigerungen sind die Lohn erhöhungen für die Industrie überhaupt erst tragbar geworden. W enn trotz teilw eise erheblicher Lohn steigerungen der Beschäftigungsgrad der w estdeut schen Industrie sich von Ja h r zu Ja h r gebessert hat, so ist dies ein Zeichen dafür, daß die Lohnforderun gen wirtschaftlich trag b ar gew esen sind. W äre dies nicht der Fall gew esen, so h ätten die Lohnerhöhungen zu größeren Preissteigerungen der Fertigerzeugnisse führen müssen, als es tatsächlich der Fall war, andererseits aber auch zu einer Erhöhung der A rbeits losenziffern und womöglich sogar zu B etriebsstill legungen in größerem Umfang. Die R üstungskonjunktur setzt in den Industrieländern der w estlichen W elt in einem der Vollbeschäftigung nahekom m enden Zustand ein, wo für die Produktions zunahme enge G renzen gesetzt sind, w ährend sie in der Bundesrepublik und in gewissem Umfange auch in Italien noch m it Reserven recäinen und daher w irk samer erfolgen kann. W ährend vor der K riegs rüstungsperiode im Ja h re 1938 der Prozentsatz der Erwerbslosen in den USA. nahezu 20*/o gegenüber nur etw as m ehr als 5®/o M itte 1950, in G roßbritan nien fast 10“/o gegenüber nur Ph^/o betrug, liegen diese V erhältniszahlen in der Bundesrepublik bei Vs “/» im Ja h re 1938 gegenüber 5,3 Vo im April 1951; in Italien bei 4,2 Vo gegenüber 7,9 “/o von heute. Daher geht das Tempo d er industriellen Produktionssteige rung z. B. in G roßbritannien und den USA. zusehends zurück. In den USA. b etrug sie im Vergleich zu 1950 nur noch 1—2 ®/o, für die M arshallplanländer w ird sie für das Ja h r 1952 in ein er neuen OEEC.-Untersuchung nurm ehr auf 5«/o gegenüber 14*/o im V orjahr v er anschlagt. F ür die Beurteilung der Entwicklung des Sozialpro d ukts bilden seine absolute Höhe und seine V ertei lu n g nicht die einzigen K riterien; vielm ehr sind beide ste ts auch mit der Preis- und Lohnbewegung im Zu sammenhang zu sehen. Seit der N orm alisierung der wirtschaftlichen V erhältnisse durch die W ährungs reform sind in der Bundesrepublik die Lohnerhöhun gen nicht nur auf K osten der U nternehm ergew inne bzw. V erbraucherpreise durchgeführt worden, sondern m it den Lohnerhöhungen ist parallel auch eine erh eb liche Steigerung des Produktivitätsgrades der A rbeits k rä fte einhergegangen. Von der W ährungsreform bis zum Ausbruch des K oreakonflikts ist in der Bundes republik der Index der Industriepreise zurückgegan gen, w ährend gleichzeitig der Index der Stundenlöhne D ie Ü b e rw in d u n g d e r w irtsc h a filich e n E n g p ä sse anstieg. Von M itte 1950 bis M itte 1951 sind sowohl die Industriepreise als auch die Stundenlöhne in etw a ' Die in der Bundesrepublik verhältnism äßig großen gleichem Maße gestiegen. M it anderen W orten aus ; A uftriebskräfte w erden jedoch gehemmt durch das gedrückt heißt das, daß die Industrie die Lohnerhö ’ strukturelle H indernis der Engpässe auf dem Gebiet der G rundstoffindustrie und des W ohnungsm arktes. hungen aus ihren Gew innen bestreiten konnte und 1 9 5 2 /1 Dieses H indernis läßt die günstigen V oraussetzungen, über die die Bundesrepublik durch ihre unausgenutzten Reserven an technischer Produktionskapazität und A rbeitskraft verfügt, nidit voll zur Entfaltung kom men. D aher w ird das Tempo der w eiteren Entwick lung von der Geschwindigkeit abhängen, mit der diese Engpässe durch Produktions- oder Einfuhrstei gerung überw unden w erden können. An erster Stelle stehen die Schwierigkeiten in der K o h l e v e r s o r g u n g , die durch den stark geViachsenen Industrieverbrauch und durch die Export auflage der Internationalen Ruhrbehörde zu einer akuten Krise geführt haben, die sich erst im H erbst 1951 durch eine kräftige Steigerung der K ohlenförde rung und zusätzliche, wenngleich unwirtschaftliche K ohleneinfuhren aus den USA. und durch H eranzie hung der Erträge von Kleinzechen und Stollenbetrie ben etw as verm inderte. Es besteht kein Zweifel, daß nach A usw irkung des langfristigen Investitionspro gramms im Bergbau der Inlandbedarf und der Bedarf für die Exportauflagen sichergestellt w erden können. Ähnliches gilt auch für die E i s e n w i r t s c h a f t , wo die Investitionstätigkeit ebenfalls erheblich hinter dem Bedarf zurückgeblieben ist und wo auch, w enn zw ar etw as langsam er, eine ausreichende V ersorgung absehbar ist. , Auf der Seite des langlebigen K onsum bedarfes bildet der Bedarf an W o h n r a u m für die Bevölkerung ein vordringliches Problem. Die Nachfrage nach W ohnraum ist jedoch für die Entwicklung der Bau konjunktur nicht allein entscheidend, vielm ehr steht er m it anderen Bedürfnissen im W ettbew erb. Die Erfahrung lehrt, daß die B autätigkeit zur Investitions tätigkeit in einem festen V erhältnis steht, und zwar w eist der A nteil der Bauwirtschaft im Rahmen der G esam tinvestitionen eine große Gleichförmigkeit auf; er lag in der V orkriegszeit bei etw a 60 “/o. Ein ähn lich stabiles V erhältnis w eist auch der auf den W ohn bau entfallende A nteil an den gesam ten Bauinvestitio nen auf, der sich auf ein V iertel bis ein D rittel stellt. F in a n z ie lle S ta b ilitä t Jede Rüstung trägt die G efahr in sich, daß die Zu nahm e des Sozialprodukts m it der durch die Rüstungs aufgaben bew irkten A ufblähung der Nachfrage nicht Schritt zu halten verm ag und daß hierdurch ein Preis auftrieb eintritt. Deshalb ist in allen w esteuropäischen Staaten die Sorge um die A ufrechterhaltung der finan ziellen Stabilität zum K ardinalproblem der Finanzund W irtschaftspolitik geworden. Gelingt diese nicht und w ird den inflationistischen K räften freier Lauf ge lassen, so liegt die G efahr nahe, daß der jetzt vor handene Abjvehrwille durch die dann unverm eidlichen Spannungen erlahm en und sich ins G egenteil w enden wird. Die Finanz- und K reditpolitik der Staaten ist in ihren Bemühungen um die N eutralisierung der inflationisti schen Kräfte in dem Maß erfolgreich, als es ihr ge lingt, die A ufw ärtsbew egung der Preise zu verh in dern und dam it den G eldw ert stabil zu erhalten. Dazu bedarf es der A ufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen Bedarf und Angebot, w ofür die verschieden sten M ittel zur V erfügung stehen, von denen bald zum einen, bald zum anderen, bald zur Kombination von m ehreren M itteln gegriffen w ird. Es sind zu nen nen; Erhöhung der Steuerlast, Senkung des Staats budgets für den zivilen Bedarf, Förderung der Spar tätigkeit, Term inverschiebung der w eniger dringlichen Investitionen, Erschwerung der Bedingungen für v er brauchsfördernde K redite u. a. m. G roßbritannien und Frankreich ist bisher die Stabilerhaltung des inneren G eldw ertes nicht, der Schweiz dagegen am vollkom m ensten gelungen. Die USA. haben die Inflation durch A usdehnung der Erzeugung und V erringerung der Rohstoffläger für die zivile Produktion verm ieden; Belgien und W estdeutschland haben die inflatorischen Kräfte durch eine zielsichere und tatkräftige Zurück haltung ihres K reditapparates gegenüber der K redit expansion in Schach h alten können. Die Finanzm inister aller w esteuropäischen Staaten stehen vor der Frage, m it welchen M itteln sie die über die aus dem Steueraufkom m en verfügbaren Beträge hinaus entstehenden finanziellen Verpflichtungen für die Rüstung erfüllen können, um zu den Summen zu gelangen, die von am erikanischer Seite für notw endig befunden w erden. Die M öglichkeiten liegen bei allen beteiligten Staaten, sofern sie nicht noch Spielraum für S teuererhöhungen haben, in erster Linie in der Produktions- und P roduktivitätssteigerung ih rer W irt schaft, für die, w ie oben gezeigt w urde, die Entwick lungsaussichten unterschiedlich zu beurteilen sind. In jedem Fall ist es die A ufgabe der K redit- und Finanzpolitik, die legitim en Bedürfnisse einer wach senden W irtschaft nicht zu überschreiten. Die K redit politik der Zentral- und Geschäftsbanken der Bundes republik w ird also auch in Zukunft ihre bisherige T ak tik der Vorsicht und der Zurückhaltung beibehalten müssen, w enn sie verhindern will, daß auf dem W ege der K reditgew ährung eine N achfrage entsteht, die über die Produktionsm öglichkeiten hinausreicht. Für eine im Zeichen der R üstungskonjunktur eintretende w irt schaftliche Expansion ist deflatorische K reditpolitik das notw endige Gegengewicht. W esentlich für die Beurteilung der M ethoden zur Be käm pfung inflationistischer Kräfte ist die Einsicht, daß, w enn die nationalen Bemühungen von dauerndem Erfolg sein sollen, hierzu auch die B ereitw illigkeit zu internationalem Zusam m enw irken gehört. Die in ter nationale M itw irkung gegen die Inflation w ird in der Richtung erfolgen müssen, die der neue OEEC.-Bericht andeutet: 1. Durch Rohstoffverteilung nach G esichtspunkten der A ufrechterhaltung höchstmöglicher Preisstabilität; 2. durch Förderung der Preissenkung m ittels Erhöhung des internationalen W ettbew erbs, der n u r im W ege eines w eiteren A usbaues des intereuropäischen W a renaustausches hergestellt w erden kann; 3. durch Rücksichtnahme bei der W ahl der M aßnahm en auf die W irkung, die sie auf die übrigen euro päischen Staaten und den intereuropäischen A ußen handel ausüben. 1952 / 1
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