Europa am Abgrund Bewertung Fokus Take

Europa am Abgrund
Plädoyer für die Vereinigten Staaten von Europa
Brendan Simms und Benjamin Zeeb
C. H. Beck © 2016
140 Seiten
[@]
Bewertung
9
9 Wichtigkeit
8 Innovationsgrad
9 Stil
Fokus
Führung & Management
Strategie
Marketing & Verkauf
Finanzen
Personalwesen
IT, Produktion & Logistik
Karriere & Selbstmanagement
KMU
Wirtschaft & Politik
Take-aways
• Wirtschaftliche sowie innen- und außenpolitische Krisen zwingen Europa in die Knie.
• Deutschland hat wieder eine Vormachtstellung erreicht, was allen Seiten schadet.
• Der drohende Brexit wäre für Europa noch schlechter als für Großbritannien selbst.
• Die EU ist heute eine schwache, entscheidungsunfähige Gemeinschaft.
• Die Rückkehr zum Nationalstaat würde bei Weitem nicht alle Probleme lösen.
• Es braucht eine vollständige politische Union der Eurozone samt einer gemeinsamen
Außen-, Grenz- und Wirtschaftspolitik.
• Ein solches Europa hätte ein gemeinsames Parlament und einen gewählten Präsidenten.
• Großbritannien wäre kein Mitglied, sondern Vorbild und Helfer des vereinten Europas.
• Gleichzeitige Volksabstimmungen in allen Eurostaaten würden den Beginn der neuen
Gemeinschaft markieren.
• Die Vereinigten Staaten von Europa sind kein naiver Traum, sondern die Lösung für die
drängendsten Probleme.
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Relevanz
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Das lernen Sie
Nach der Lektüre dieser Zusammenfassung wissen Sie:r1) welchen Krisen sich die EU ausgesetzt sieht und 2) warum
eine politische Union der Euroländer langfristig womöglich die einzige Lösung ist.
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Rezension
Währungskrise und Staatsschuldenkrise, stagnierende Wirtschaft und hohe Arbeitslosigkeit, Flüchtlingszustrom und
russische Aggression – die Europäische Union befindet sich in einer multiplen Krise. Brendan Simms und Benjamin
Zeeb illustrieren knapp und verständlich, wie all diese Probleme zusammenhängen und wie sie das geeinte Europa in
seiner aktuellen Konstruktion an den Abgrund drängen. Ihre Problembeschreibungen sind logisch, ihr Lösungsvorschlag radikal: Mittels Volksabstimmung, so die beiden Historiker, sollten die Euroländer vorpreschen und Vereinigte
Staaten nach amerikanischem, aber auch britischem Vorbild gründen. Die Autoren legen dar, warum dieser Traum
eine pragmatische Lösung wäre; in Ansätzen skizzieren sie den Weg dorthin. Darüber jedoch geht ihr Manifest nicht
hinaus. getAbstract empfiehlt dieses Buch allen, die einen kompakten Überblick zu den Krisen der EU sowie Argumente für eine tiefer gehende europäische Einigung suchen.
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Zusammenfassung
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„Heute steht Europa
vor mehreren miteinander verbundenen
Herausforderungen,
die jeweils für sich wie
auch in ihrem Zusammenwirken unseren
Kontinent in die Knie
zwingen.“
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„Wir müssen aufhören,
Großbritannien als das
Problem und Europa
als die Antwort zu betrachten, und anfangen,
Europa als die Frage
und das britische Modell als die Lösung zu
erkennen.“
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Kontinentale Krisenschau
Europa kämpft derzeit mit zahlreichen miteinander verschränkten Problemen: Russlands
Machtstreben, die Wirtschafts- und Finanzkrise, Deutschlands Dominanz in der EU, regionale Abspaltungsbewegungen, ein gewaltiger Flüchtlingszustrom sowie Europaskepsis allerorten. Besonders die Länder an der Peripherie leiden unter den Auswirkungen der Krise –
und jedes dabei auf seine eigene Weise: Spanien und Irland haben individuelle Spekulationsblasen hinter sich, Griechenland hat einen untragbaren Schuldenberg angehäuft. Die
Angst, dass die Zahlungsunfähigkeit eines der betroffenen Länder Bankenpleiten in Frankreich oder Italien auslösen würde, führte zu immer spektakuläreren Rettungsmaßnahmen –
bis die Europäische Zentralbank de facto verkündete, Geld drucken zu wollen.
Mittlerweile wird zwar nicht mehr jeden Monat ein neuer Staatsbankrott vorhergesagt, doch
Wachstum und Beschäftigung wollen nicht anziehen. Die Bürger sind unzufrieden. Bislang
musste man sich fragen, ob die Kernländer die Nationen an der Peripherie retten wollen.
Bald wird die Frage eher lauten, ob die Peripherie die Rettungsbedingungen des Kerns
weiter akzeptieren wird.
Doch auch in der Mitte des Kontinents gewinnen Populisten an Aufwind, sei es in Form
der deutschen AfD oder des französischen Front National. Die Franzosen sehen ihr Land
wirtschaftlich und vom politischen Einfluss her weit hinter Deutschland zurückgefallen.
Die Wähler wenden sich der extremen Rechten bzw. Linken zu. Und auch die politische
Mitte wird weiter bröckeln, sobald klar wird, dass noch mehr Hilfszahlungen zu leisten
sind. So ist selbst die Abspaltung eines der beiden großen Kernländer der EU nicht mehr
vollkommen ausgeschlossen.
In einigen Euroländern ist der demokratische Betrieb eigentlich bereits eingestellt. Zypern,
Griechenland, Irland, Portugal, selbst Spanien und Italien können nicht mehr autonom über
ihre eigene Haushaltspolitik entscheiden. Diese Staaten brauchen Reformen. Die Austeri-
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tätspolitik ist im Großen und Ganzen aber nicht zweckdienlich. Die Hoffnung, dass durch
pauschale Kürzungen der Staatsausgaben das Vertrauen der Investoren zurückkehrt, hat
sich nicht erfüllt. Stattdessen herrscht Stagnation.
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„In vielen Ländern der
Eurozone gibt es heute faktisch keine Demokratie mehr.“
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„Das Ergebnis
eines ,Brexit‘ wäre
höchstwahrscheinlich
ein zersplittertes, ängstliches und verletzbares
Europa.“
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„Es geht nicht in erster Linie darum, was
Deutschland tut, sondern was Deutschland
ist. Für das gegenwärtige Schlamassel ist nicht
Deutschland verantwortlich, sondern das
deutsche Problem.“
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„Es ist nun an der Zeit,
dass wir Europäer unsere intellektuellen und
kulturellen Differenzen
überwinden und kühlen
Kopfes unsere Optionen
erwägen.“
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Probleme von außen und drohender Brexit
Eigentlich müsste Europa immer noch einer der stärksten globalen Akteure sein. Doch die
inneren Probleme und Konflikte haben den Kontinent geschwächt. Der Strom der Flüchtlinge ist dabei nicht so bedrohlich, wie viele glauben. Selbst wenn Europa sämtliche 4 Millionen syrische Flüchtlinge aufnähme, würde der Anteil der Muslime in Europa sich nur von
4 auf 5 Prozent erhöhen. Die Gefahr besteht vielmehr darin, dass Europa es nicht schafft,
gemeinsam auf das Problem zu reagieren. Statt einer Leitkultur braucht es einen affirmativen „European Way of Life“. Angekommene Flüchtlinge müssten integriert, die Grenzüberwachung zentralisiert und die Lage im Nahen Osten verbessert werden. Gleichzeitig
ist damit zu rechnen, dass Putin alles tut, um Europa und der Idee einer freiheitlichen Demokratie zu schaden.
Die britische Frage rückt ebenfalls wieder in den Vordergrund. Wie viel politische Integration, über eine reine Wirtschaftsunion hinaus, macht das Vereinigte Königreich mit? In der
Debatte um die Rettung des Euro wurden die Briten weiter an den Rand gedrängt, gleichzeitig bleibt ihre Heimat ein attraktives Zuwanderungsland. Auf Druck der United Kingdom
Independence Party (Ukip) und des rechten Rands der Konservativen hat Premierminister
David Cameron ein Referendum über den EU-Verbleib zugesagt. Weil sowohl die Schotten als auch die Katholiken in Nordirland tendenziell europafreundlicher eingestellt sind,
verschärft die Volksabstimmung auch die Spannung innerhalb Großbritanniens. Ein EUAustritt würde dem Land schaden, allen voran dem Finanzplatz London; größeren Schaden
würde der Austritt allerdings im Rest von Europa anrichten. Dort würden Unsicherheit und
Spannung zunehmen, während das machtpolitische Gewicht Europas auf globaler Ebene
schwinden würde.
Deutsche Frage, deutsches Problem
Deutschland übt keine zwingende Vorherrschaft in Europa aus. Die in Schieflage geratenen
Staaten im Süden sind der EU und der Währungsunion freiwillig beigetreten und möchten
unter allen Umständen auch weiterhin Mitglied bleiben. Vergleiche mit dem Dritten Reich
sind also unangebracht. Trotzdem befeuert der Drang, ein deutsches Vormachtstreben zurückzuweisen, in Deutschland Stabilität zu schaffen und seine Kräfte für Gesamteuropa zu
nutzen, schon seit Jahrhunderten die Bemühungen um die europäische Integration.
Eine langfristige Lösung etablierte sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Teilung in
BRD und DDR. Bereits zur Zeit des westdeutschen Wirtschaftswunders hegte dann Frankreich den Wunsch nach einer Währungsunion. Diese Pläne wurden nach der Wiedervereinigung dringlicher. Anfangs war die Währungsunion allen Beteiligten recht. Doch weil der
Euro nicht nach dem deutschen Modell einer unabhängigen Bundesbank und klarer wirtschaftspolitischer Regeln konstruiert war, schuf er im Süden eine wachsende Blase. Nach
deren Platzen sieht sich Deutschland ungewollt wieder in einer Vormachtstellung.
Das wiedervereinte Deutschland, umgeben von Freunden, wirkte nicht besonders interessiert an internationaler Sicherheitspolitik. Auseinandersetzungen wie dem Golfkrieg, dem
Jugoslawienkrieg oder den Kriegen im Rahmen des Kampfes gegen den Terror blieben die
Deutschen entweder ganz fern oder sie engagierten sich nur innerhalb großer Verbände.
Dies schuf eine Sicherheitsblase, die platzte, als Russland im Jahr 2007 mit einem Cyberangriff auf Estland provozierte und Deutschland im folgenden Jahr den Nato-Beitritt der
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Ukraine ablehnte. Die Passivität Deutschlands in der Libyenkrise 2011 und angesichts von
Russlands Aggressionen in Osteuropa 2014 verschärfte die Situation.
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„In ihrer gegenwärtigen Form funktioniert die Eurozone nicht
mehr.“
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„Wir müssen eine Union schaffen, die die elementaren Gesetze der
allgemeinpolitischen,
währungspolitischen,
strategischen und – vor
allem – der historischen
Aerodynamik respektiert.“
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„Die gegenwärtige politische Integrationsstrategie Europas ist
eine ewige Verlobung,
die nicht in der Vermählung enden wird, sondern in Tränen.“
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„Die Errichtung eines vereinigten Eurozonen-Staates muss
mit der Zusammenführung der Staatsanleihen
der Mitgliedsstaaten
zu ,Unionbonds‘ beginnen.“
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Europas Grenzpolitik wurde schließlich ad absurdum geführt, als 2015 die Flüchtlingsströme bevorzugt nach Deutschland reisten und auf dem Weg viele andere europäische Länder durchquerten. Für diese Entwicklung waren Deutschlands wirtschaftliche Stärke, seine
Größe und seine Lage in Europas Mitte verantwortlich – also vielmehr das sogenannte deutsche Problem als das tatsächliche politische Handeln der deutschen Regierung. Kurzfristig
werden innerhalb der Eurozone alle Mitglieder weiterhin nolens volens den deutschen Regeln folgen, sich von einer Eurokrise zur nächsten hangeln und damit ebenso die Währung
auf globaler Ebene wie Europas politischen Zusammenhalt im Innern schwächen. Ein Eurozonenaustritt Deutschlands oder eine verkleinerte Eurozone rund um die Bundesrepublik
würden zwar das wirtschaftliche Problem lösen, nicht aber das politische. Zur Lösung beider Probleme ist nur eine vollständige politische Union in der Lage.
Zwei Arten staatlicher Union
In der Geschichte Europas gab es einerseits schwache und zerstrittene Zusammenschlüsse
wie das Heilige Römische Reich, dem die heutige EU in ihrer Struktur und Entscheidungsschwäche ähnelt. Andererseits entstanden starke Verbände wie die schottisch-englische
Union ab dem 18. Jahrhundert. Analog zu dieser wurden auch die USA konstruiert. Die
EU machte Anleihen bei beiden Modellen. Ursprünglich sollte die europäische Integration
für inneren Frieden sorgen, die Wirtschaft aller beteiligten Länder befördern und ein Bollwerk gegenüber der Sowjetunion bilden. Doch gerade Letzteres wurde von der Nato und
nicht von der EU geleistet. Lange Jahre behinderte diese Situation die weitere politische
Integration. Mit dem Wegfall des Ostblocks war dieses Hindernis Geschichte. Planmäßig
sollten nun Währungsunion und gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik die Integration
vorantreiben. Golfkrieg und Balkankrieg offenbarten aber die militärische Schwäche und
Beschlussunfähigkeit des EU-Gebildes. Zwar wurde weiter an der Integration gearbeitet,
doch es fehlte das föderale politische Gebilde dazu. Das führte zu einem Demokratiedefizit.
Der erste Plan einer EU-Verfassung wurde 2005 vom französischen und niederländischen
Volk abgelehnt.
Halbherzige Versuche
Zwar wurde nachgebessert, aber Europa blieb ein Projekt der Regierungen und Eliten, für
das sich die Bürger selbst nie ausgesprochen haben. Die Finanzkrise 2008 und die darauf
folgenden wirtschaftlichen Problem erwischten die EU umso mehr auf kaltem Fuß. Dreierlei wurde sichtbar:
• die Unmöglichkeit einer Währungsunion ohne eine politische oder zumindest sehr enge
wirtschaftspolitische Union,
• die Entscheidungsunfähigkeit der EU,
• eine neue Version des deutschen Problems: Der deutschen Wirtschaft geht es nach wie
vor gut, während andere Länder zu kämpfen haben.
In der Folge versuchten Deutschland und Frankreich, eine strenge Wirtschaftsregierung
zu errichten. Doch es fehlte die demokratische Beteiligung der Bürger in ganz Europa.
Keynesianer wie Paul Krugman und Ordoliberale wie Hans-Werner Sinn kamen, wenn auch
aus unterschiedlichen Gründen, zum Schluss: So wie die Eurozone konstruiert ist, muss sie
scheitern. Flüchtlingskrise, Terrorbedrohung und ein aggressives Russland verschärfen die
Situation und führen Europa an den Abgrund. Eine echte Union muss geschaffen werden.
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„Wir brauchen gleichzeitige Volksabstimmungen in allen
Mitgliedsstaaten und
Regionen der Eurozone,
durch die entschieden
wird, ob ein Land oder
eine Region sich der
neuen föderalen Union
anschließt.“
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„Wenn wir jetzt die
Chance nicht ergreifen, den Sturz unseres
Kontinents in den politischen Abgrund zu
verhindern, werden wir
dazu keine weitere Gelegenheit mehr bekommen.“
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Eine echte Union
Bislang wurde versucht, eine konföderale Antwort auf Europas Probleme zu finden. Europa
funktioniert wie eine konföderale Variante der USA. Stellen Sie sich einmal vor, Entscheidungen würden in den USA nicht in Washington, sondern in Koordination aller Bundesstaaten getroffen. In einem solchen fiktiven Staatenbund würde es die Nordstaaten nicht
interessieren, was an der Grenze zu Mexiko passiert, die wirtschaftlich stärksten Staaten
würden sich wenig Gedanken über Sicherheitspolitik machen und nach außen hin, auf globaler Ebene, gäbe es gar keine Entscheidungen. Genauso funktioniert Europa, und deshalb
ist es Zeit für eine föderale Lösung.
In der Geschichte sind funktionierende Zusammenschlüsse von Staaten nie Schritt für
Schritt entstanden, sondern als Antwort auf Krisen. Das Beispiel Großbritannien zeigt, wie
sich Identität und Kultur der einzelnen Länder innerhalb einer Union erhalten lassen. Die
USA führen vor, wie man zentrale und regionale Interessen in Einklang bringen kann.
Genau wie diese beiden Vorbilder sollte auch die Eurozone gemeinsame Staatsanleihen,
sogenannte Unionbonds, ausgeben. Das ist der Anfang. Dafür muss ein Parlament verantwortlich zeichnen, das aus einer gewählten Bürgerkammer und einem Senat besteht, der
die Mitgliedsländer oder Regionen repräsentiert. Außenpolitik, Militär und Grenzsicherung
werden zu exklusiven Aufgaben der Union. Es braucht einen direkt gewählten Präsidenten.
Englisch ist die einzig logische Verwaltungssprache.
Die Unionbonds würden die Eurokrise beenden. Die von niemandem gewollte deutsche
Dominanz wäre damit ebenso zu Ende wie Unabhängigkeitsbestrebungen von Regionen
wie Katalonien, da solche Regionen im neuen Modell fair repräsentiert sein würden. Ein
solches Gebilde schwebte schon Churchill unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg vor.
Er sah Großbritannien nicht als Mitglied, sondern als außenstehenden Förderer des neuen Staatenbunds. Im vorgeschlagenen Modell würde sich das Vereinigte Königreich über
Freihandelsabkommen und die Nato weiter in Europa engagieren. Statt eines europäischen
Großbritannien gäbe es ein Europa nach britischem Modell. Die einzige Alternative wäre
eine vollständige Rückkehr zum Nationalstaat und damit auch zum deutschen Problem.
Notwendigkeit statt Vision
Am Anfang stehen gleichzeitige Volksabstimmungen in allen Eurostaaten. Sobald sich
mehrere Nationen für die neue Union entschieden haben, ist ihr Gründungsmoment gekommen. Natürlich müssen die Bürger erst dazu bewegt werden. Gerade die Generation, die
momentan an den Hebeln der Politik sitzt, ist am allerwenigsten von föderalistischen Gedanken befeuert. Doch das neue Europa ist weniger eine Vision als eine Notwendigkeit. Die
einzelnen Mitgliedsländer können davon auf unterschiedliche Weise überzeugt werden: die
baltischen Staaten mit dem Sicherheitsargument, die Griechen mit dem Argument politischer Teilhabe, die Deutschen mit dem Argument der Währungsstabilität. Im Gegensatz zu
allen Alternativen ist diese Vision, die von vielen als naiv belächelt wird, den Realitäten
der Mitgliedsländer gewachsen.
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Über die Autoren
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Brendan Simms ist Historiker und lehrt an der Fakultät für Politik und Internationale Studien der Universität Cambridge. Benjamin Zeeb ist Mitgründer und Geschäftsführer des Thinktanks „Project for Democratic Union“, der die
Errichtung einer politischen Union der Euroländer zum Ziel hat.
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