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Direct Lending in der Schweiz: B2B-Kredite sparen Banken aus - Neue Anbieter am Markt - 06-30-2016
by Karim Serrar - schweizeraktien.net - http://www.schweizeraktien.net
Direct Lending in der Schweiz: B2B-Kredite sparen Banken aus Neue Anbieter am Markt
by Karim Serrar - Donnerstag, Juni 30, 2016
http://www.schweizeraktien.net/blog/2016/06/30/direct-lending-in-der-schweiz-b2b-kredite-sparenbanken-aus-neue-anbieter-am-markt-10260/
Finanzieren und Investieren
über die Crowd wird auch in der Schweiz immer beliebter. Bild: fotolia.de
Der technologische Wandel hat inzwischen auch den Kreditmarkt erfasst. Neue Fintech getriebene
Angebote erreichen KMU und Investoren. Und wie sich zeigt, führt die Umgehung des traditionellen
Intermediärs, der Kreditbanken, nicht nur in der Theorie zu mehr Transparenz und auch Effizienz.
Bei der Kreditvergabe an KMU durch Banken spielen viele Faktoren eine Rolle. Und viele dieser
Faktoren haben wenig mit Marktwirtschaft zu tun, sondern vielmehr mit der Regulation. Zugegeben, es
ist nicht einfach und auch kostenintensiv für die Banken, mit der Flut an Vorschriften, Gesetzen und
Richtlinien zurechtzukommen. Es ist nur zu verständlich, dass ihre Kreditvergabepolitik die ihnen
auferlegten Restriktionen widerspiegeln. Die für dieses Szenario Verantwortlichen, also die
Zentralbanken, die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und Legislativen müssen sich schon
fragen (lassen), ob die Überregulierung wirklich den jeweiligen Volkswirtschaften mit den KMU als
Rückgrat zum Vorteil gereicht oder nicht vielmehr einigen wenigen multinationalen Konzernen und deren
Besitzern, den berühmten 1%, die mittlerweile weit mehr als die Hälfte der weltweiten Finanzaktiva unter
ihre Kontrolle gebracht haben.
Auftritt der Fin-Techs im Kreditbereich
Unterhalb des Sammelbegriffes Fin-Tech findet sich als besonders wichtiges Segment der Kreditbereich.
Die innovativen technologiebasierten Fin-Tech Start-ups schaffen Lösungen, die sehr viel
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kostengünstiger, automatisiert und transparent sind. In der teilweise hitzigen öffentlichen Diskussion
wurde die Fin-Tech Revolution erst bagatellisiert, dann dramatisiert, und gegenwärtig lautet der Konsens,
dass die Banken die Fin-Tech Unternehmen schlucken werden. Doch die Realität ist immer vielfältig und
auch voller Überraschungen. Und wie schon Darwin wusste: Es sind nicht die Grössten, die überleben
werden, sondern die Anpassungsfähigsten.
Marktakzeptanz als kritischer Faktor
Während es beträchtliches Kapital erfordert und zahlreiche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um mit
einer neuen Bank zu starten, sind die Eintrittsbarrieren für Fin-Tech-Unternehmen denkbar niedrig. Wird
die angebotene Lösung von vielen Konsumenten oder Marktteilnehmern rasch akzeptiert, weil sie Zeit
und Geld spart, kann sich das Unternehmen auch schnell etablieren.
Swisspeers – Neuer Marktplatz für KMU-Kredite
Mit dem Markteintritt von Swisspeers im Juni 2016 kommt nun frischer Wind in den Schweizer KMUKreditmarkt. Nach kurzer Vorbereitungszeit sind schon erste Kreditgesuche online. Ziel ist es, den KMU
Kredite durch andere Unternehmer oder institutionelle Investoren zu vermitteln, was in der zeitgemässen
Terminologie Peer-to-Pee-Lending oder P2P genannt wird, obschon es sich streng genommen bei
Swisspeers um Business-to-Business-Lending oder B2B handelt.
Auktionsbasiertes Verfahren
Swisspeers setzt auf eine
Bonitätsanalyse und vergibt eigene Ratings. Quelle: www.swisspeers.ch
Dabei kommt bei Swisspeers eine auktionsbasierte Ermittlung des jeweiligen Zinssatzes zur Anwendung,
womit der marktwirtschaftliche Gedanke im Kreditmarkt wiederbelebt wird. Ein Unternehmen sucht
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beispielsweise 100‘000 CHF für ein Jahr und legt den potenziellen registrierten Kreditgebern die für die
Bonitätsprüfung erforderlichen Zahlen und Fakten offen. Diese geben dann Gebote über Teilbeträge von
mindestens 5'000 CHF ab. Die für den Kreditnehmer günstigsten Gebote werden dann so gebündelt, dass
das Kreditvolumen erfüllt wird. Allerdings ist der Kreis der Anleger auf maximal 20 pro Kreditgesuch
begrenzt. Das ist der gesetzliche Schwellenwert, um nicht unter die strengen Regelungen des
Obligationengesetzes zu fallen. Der Zinssatz wird entsprechend dem höchsten berücksichtigten Angebot
festgesetzt. Das ist ein Marktzins, der diesen Namen auch verdient. Je nach Ratingklasse ist eine
indikative Spanne vorgegeben, z.B. 2,75% bis 3,75% p.a. bei A oder 7% bis 9% bei C. Dies beinhaltet die
0,5% Administrationsgebühr p.a., die Swisspeers berechnet. Dazu kommen noch einmalig 2‘000 CHF
Bearbeitungsgebühr, unabhängig von der Höhe des Kredits. Die Gebühr ist bei erfolgreicher Vermittlung
fällig und wird vom Auszahlungsbetrag abgezogen, also beispielsweise 148‘000 CHF bei 150‘000 CHF
Kreditvolumen. Es handelt sich ausschliesslich um zu amortisierende Kredite, d.h. die Schuld wird über
die Laufzeit sukzessive in Raten zurückgezahlt. Alle Details sind klar und verständlich auf der SwisspeersWebsite dargestellt und erklärt.
Erster Achtungserfolg bei der Marktakzeptanz
Doch ob das Angebot von Swisspeers wirklich genügend Kredit suchende Unternehmen und Anleger
mobilisieren kann, muss sich erst noch erweisen. Kurz vor Ablauf der 20-Tages-Frist für die ersten drei
Angebote ist eines voll finanziert, während zwei weitere nur zu 47% und 16% finanziert sind. Swisspeers
kann die 20-Tages-Frist einmalig um weitere 20 Tage verlängern, aber ein Anspruch darauf besteht auf
Seiten der Kreditsuchenden nicht. Bestimmt wird Swisspeers diese Option nutzen; immerhin dauert es
seine Zeit, relevante Anleger zu erreichen und die anfänglich abwartende Haltung der meisten
Marktakteure zu überwinden. Es wäre Swisspeers und dem Markt zu wünschen, dass die Plattform auch
Akzeptanz findet und sich nachhaltig als Bereicherung für den Private Debt Markt etablieren kann.
Private Debt Markt gewinnt an Bedeutung
Auch der jüngste Remaco Direct Lending Report dokumentiert eine wachsende Bedeutung des privaten
Kreditmarktes. Und innerhalb des Segments bevorzugen nach einer im Mai erhobenen Umfrage 64% der
in diesem Bereich aktiven Investoren den Direct Lending Markt. Nach Einschätzung von Remaco birgt
die Schweiz mit den vielen gut geführten und profitablen KMU ein grosses Potenzial, der Markt für
Private Debt sei allerdings in den Vorjahren wegen der traditionell starken Bankenpräsenz nicht wirklich
in Fahrt gekommen. Doch das könnte sich nun ändern, die Kreditvergabe an KMU sei auch in der
Schweiz infolge der fortgesetzten Regulierungsinitiativen Basel III und Basel IV zunehmend restriktiver
geworden, was sich wohl noch fortsetzen werde. Für Private Placements von Schuldtiteln spreche auch
die geringere Ausfallwahrscheinlichkeit im Vergleich zu öffentlich platzierten Anleihen sowie die höhere
Rendite.
Berater- und Vermittlermarkt expandiert
Mit der Smallbond AG ist ein weiterer Berater und Vermittler im Bereich Privatkredite an Schweizer
KMU auf den Plan getreten. Neben den Privatdarlehen ab 5 Mio. CHF sind Mezzaninefinanzierungen
und Exportfinanzierung weitere Schwerpunkte. Auch bei Smallbond werden die Privatdarlehen aus einem
Kreis von maximal 20 Anlegern, vornehmlich Vermögensverwalter, finanziert. Laufzeiten sind 5-10
Jahre, wobei die Kredite endfällig sind. Je nach Bonitätsgrad und Laufzeit liegen die im Mai indizierten
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Zinssätze bei einem BBB- Rating bei 2,5% bis 4,1%.
Berater vs. Fin-Tech
Der Markt für Direct Lending wächst auch in der Schweiz. Allerdings entwickelt er sich doch anders, als
zunächst erwartet und prognostiziert worden war. Das Crowdlending wächst durch den anfänglichen
Basiseffekt zwar stark, doch das vermittelte Volumen 2015 betrug nur 7,9 Mio. CHF, wovon der grösste
Teil auf Kredite an Privatpersonen entfällt. Daran mag jedoch auch die immer noch bestehende rechtliche
Unsicherheit schuld sein, bekanntlich mögen ja Anleger nichts weniger als Unsicherheit, wie derzeit die
Post-Brexit-Phase eindrücklich vor Augen führt. Die regulierungsbedingte Zurückhaltung der Banken bei
der Kreditvergabe an KMU ist dagegen, zumindest in der Schweiz, gar nicht so ausgeprägt, was vor allem
daran liegt, dass mit Raiffeisenbanken, Regionalbanken und Kantonalbanken ein sehr dichtes Bankennetz
gespannt ist, welches überwiegend im KMU-Bereich tätig ist (siehe auch Blog-Beitrag zum Branchentalk
Regionalbanken). Dennoch gibt es sehr gute Gründe für Unternehmer, auf der Suche nach
Finanzierungsalternativen auch neue Angebote und Innovationen zu prüfen und zu vergleichen. Nicht
zuletzt ist auch der Zeitaufwand bei der Finanzierungssuche ein Faktor, der hohe Opportunitätskosten mit
sich bringen kann. Ein guter Berater, der KMU und Anleger versteht und zusammenbringt, ist auch sein
Geld wert. Die spannende Frage ist aber - weil vom technologischen Wandel getrieben -, ob sich FinTech-Angebote, bei denen der Marktplatz weitgehend anonym bleibt und von Algorithmen gesteuert ist,
im bisher stets von Personen und Persönlichkeiten dominierten Kreditgeschäft wird etablieren und
durchsetzen können.
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