Reform der Grundsteuer

An den
Finanzminister des
Landes Hessen
Herrn Dr. Thomas Schäfer
Friedrich-Ebert-Allee 8
65185 Wiesbaden
Düsseldorf, 27. Juni 2016
629/585/613
vorab per E-Mail: [email protected]
Reform der Grundsteuer
Sehr geehrter Herr Dr. Schäfer,
wir begrüßen den von den Finanzministern der Länder im Rahmen ihrer Jahreskonferenz getroffenen Beschluss, zeitnah eine Bundesratsinitiative für eine
umfassende Reform der Grundsteuer auf den Weg zu bringen und dabei in einem ersten Schritt die Bewertung von Grundstücken sowie von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für grundsteuerliche Zwecke zu aktualisieren, um eine realitätsnähere Besteuerung zu gewährleisten. Ferner begrüßen wir, dass
mit den Neuregelungen aufgrund der geplanten Aufkommensneutralität insgesamt keine zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Steuerpflichtigen einhergehen sollen.
Für die Vorbereitung der entsprechenden Gesetzentwürfe möchten wir darauf
hinweisen, dass die sachgerechte Bewertung von Immobilien in jedem Einzelfall
eine eigene Lösung erfordert. Um eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bewertung des Grundvermögens sicherzustellen, sollte sich die
Immobilienbewertung auch für grundsteuerliche Zwecke an den in Theorie,
Rechtsprechung und Praxis entwickelten Grundsätzen zur Bewertung von Immobilien orientieren. Einen Überblick über allgemein anerkannte und übliche
Bewertungsverfahren gibt der IDW Standard: Grundsätze zur Bewertung von
Immobilien (IDW S 10).
Seite 2/2 zum Schreiben vom 27.06.2016 an Herrn Dr. Thomas Schäfer, Finanzministerium Hessen,
Wiesbaden
Für die Bewertung von Immobilien kommen grundsätzlich ertragsorientierte Verfahren, Vergleichswertverfahren und Sachwertverfahren in Betracht (vgl. IDW
S 10, Tz. 17 ff.). Eine schematische Bewertung von Aufbauten (Gebäuden) wird
einer zutreffenden Immobilienbewertung nur in seltenen Fällen gerecht. Der
Verkehrswert von Immobilien, die zur Erzielung von finanziellen Überschüssen
geeignet sind, bildet sich i.d.R. nach einem ertragsorientierten Verfahren und
nicht nach dem Sachwert. Die Bewertung mit einem Sachwertverfahren führt
nur dann zu sachgerechten Ergebnissen, wenn die Ersatzbeschaffungskosten
im gewöhnlichen Geschäftsverkehr verkehrswertbestimmend sind. Dies ist üblicherweise bei Immobilien der Fall, die nicht zur Erzielung finanzieller Überschüsse geeignet sind, wie selbstgenutzte Ein- und Zweifamilienhäuser oder
spezielle Immobilien mit öffentlicher Zweckbindung.
Wir regen an, zur Bewertung von Immobilien sowie land- und forstwirtschaftlichen Betrieben eine Wertermittlung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Immobilie bzw. des Betriebs oder einer anderen anerkannten,
auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen
Methode, wie sie bspw. in IDW S 10 dargelegt sind, vorzusehen. Eine vergleichbare Regelung ist bereits in § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG für die Wertermittlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften kodifiziert. Ein gleichlautendes
Schreiben haben wir dem Finanzministerium Niedersachsen zugesandt.
Für ein persönliches Gespräch sowie Rückfragen zu unseren Anmerkungen
stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Prof. Dr. Naumann
gez.
Prof. Dr. Stibi, WP StB
Fachleiter Rechnungslegung
und Prüfung