Document

PRESSEDIENST
Wien, 1. Juli 2016
Österreichischer Bankensektor setzt notwendigen
Anpassungsprozess fort
Präsentation des 31. Financial Stability Report der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB)
Die internationalen Finanzmärkte waren in den ersten Monaten 2016 von erhöhter Volatilität
gekennzeichnet. „Die unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems der
letzten Jahre haben jedoch generell dazu beigetragen, das Marktvertrauen auf den
Finanzmärkten wiederherzustellen. Gleichzeitig haben sie die Übertragung der
Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) in rückläufige Kreditzinsen im gesamten
Euroraum erleichtert, was eine wesentliche Voraussetzung für eine günstige Entwicklung der
Realwirtschaft ist“, sagte Gouverneur Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny anlässlich der
Präsentation der 31. Ausgabe des Financial Stability Reports der Oesterreichischen
Nationalbank. Für den Bankensektor stellt das aktuelle Niedrigzinsumfeld allerdings eine
Herausforderung dar. Zwar hat sich die Ertragslage der Banken im letzten Jahr erholt, ob diese
Entwicklung jedoch fortgeführt werden kann, wird abzuwarten sein. „Die österreichischen
Banken sollten daher den begonnenen Anpassungsprozess konsequent fortsetzen und weitere
Strukturreformen vorantreiben, damit sich die Erholung ihrer Profitabilität als nachhaltig
erweist“, führte Vize-Gouverneur Mag. Andreas Ittner aus.
In Österreich kam seit Mitte vergangenen Jahres die Konjunktur langsam in Schwung. Die
parallel dazu einsetzende Erholung der Investitionstätigkeit wurde von einer Ausweitung der
Außenfinanzierung des Unternehmenssektors begleitet, die im Jahr 2015 jeweils rund zur Hälfte
von Eigen- und Fremdkapital getragen wurde. Die Wachstumsdynamik der
Unternehmenskredite blieb bis zuletzt relativ verhalten. Zwar haben die Banken in den
vergangenen Jahren ihre Kreditvergabekonditionen verschärft, aufgrund der schwachen
Kreditnachfrage der Unternehmen kam es dadurch jedoch zu keiner Beschränkung der
Unternehmensfinanzierung in Österreich.
An Dynamik gewonnen haben seit Mitte letzten Jahres die Wohnbaukredite an private
Haushalte. Ihre Expansion blieb allerdings hinter dem Anstieg der Immobilienpreise zurück, der
sich in der zweiten Jahreshälfte 2015 merklich beschleunigte. In Anbetracht der hohen und
weiter steigenden Immobilienpreise, insbesondere in Wien, widmet die OeNB der
Wohnbaufinanzierung erhöhte Aufmerksamkeit. In diesem Zusammenhang unterstützt die
OeNB die Empfehlung des Finanzmarktstabilitätsgremiums zur präventiven Erweiterung der
Verlegerin, Herausgeberin und Herstellerin:
Oesterreichische Nationalbank
Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Christian Gutlederer
Sämtliche in Wien 9., Otto-Wagner-Platz 3,
Postfach 61, 1010 Wien
makroprudenziellen Instrumente im Immobilienkreditbereich. Der Anteil variabel verzinster
Wohnbaukredite an private Haushalte ist nach wie vor hoch, auch wenn dieser in den ersten
Monaten des laufenden Jahres weiter zurückging.
Die Profitabilität der österreichischen Banken hat sich 2015 deutlich erholt, da die
Risikovorsorgen und Abschreibungen geringer ausfielen als im Jahr davor und der Gewinn der
CESEE-Tochterbanken wieder anstieg. Das Nettozinsergebnis, einer der Eckpfeiler der
Geschäftsmodelle der österreichischen Banken, blieb jedoch unter Druck. In Österreich wurde
dessen Rückgang vornehmlich durch den Rückgang der Bilanzsumme getrieben, während in den
meisten CESEE-Ländern die Margen gesunken sind. Die Erholung der Profitabilität muss ihre
Nachhaltigkeit also erst beweisen, insbesondere da die österreichischen Banken ihre
Kostenstrukturen noch nicht ausreichend an das geringere Geschäftsvolumen angepasst haben,
was im internationalen Vergleich zu einer ungünstigen Aufwand-Ertrags-Relation führt.
Einzelne österreichische Tochterbanken in CESEE haben zudem weiterhin einen hohen Anteil an
notleidenden Krediten in ihren Büchern.
Die Kernkapitalquote des österreichischen Bankensystems hat sich im Jahr 2015 durch eine
Kombination aus zusätzlichem Kapital und verringerten risikogewichteten Aktiva weiter
verbessert. Der Anstieg fiel dabei sogar stärker aus als bei vergleichbaren europäischen
Instituten. Allerdings sind weitere Anstrengungen notwendig, um die nach wie vor bestehende
Kapitallücke gegenüber vergleichbaren ausländischen Instituten weiter zu schließen. Zudem
müssen sich die Banken darauf vorbereiten, die über die kommenden Jahre (schrittweise)
wirksam werdenden neuen regulatorische Vorgaben – wie z.B. die Mindestliquiditätsquote, den
Systemrisikopuffer oder den Mindestbetrag an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen
Verbindlichkeiten – zu erfüllen.
Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial Stability Report der OeNB
berichtet über finanzmarktstabilitätsrelevante Entwicklungen in Österreich und im
internationalen Umfeld. Daneben werden Spezialthemen im Zusammenhang mit der Stabilität
der Finanzmärkte analysiert.
Weitere Informationen dazu finden Sie unter:
https://oenb.at/Publikationen/Finanzmarkt/Finanzmarktstabilitaetsbericht.html
Rückfragehinweis
Pressesprecher
Dr. Christian Gutlederer
Tel.: +43-1-404 20-6900
[email protected]
Seite 2 von 2