PDF - Katholische Kirche beim hr

hr2-kultur „Zuspruch“ für Mittwoch, 29. Juni 2016
Alexander Matschak, Wiesbaden
Weinender Fürst
Apostelfürsten nennt man sie: Den heiligen Petrus und den heiligen Paulus. Und
wenn sie Fürsten genannt werden, dann scheinen sie ja ziemlich wichtige Menschen
gewesen zu sein. Dafür spricht auch: Riesige Kirchen, beinahe wie Paläste, hat man
in Rom über ihren Gräbern erbaut. Und den heutigen Gedenktag für die beiden
begeht die katholische Kirche als Hochfest.
Mir ist die Person des Petrus sehr ans Herz gewachsen. Obwohl er ja auch eine
ziemlich ambivalente Figur ist. Nicht einfach nur ein Held oder Heiliger. Die Bibel erzählt: Petrus heißt eigentlich Simon, und er ist ein einfacher Fischer aus Galiläa. Er
gehört zu den ersten, die Jesus als seine Jünger ruft. Und er bleibt in den Erzählungen der Bibel immer etwas Besonderes. So gibt ihm Jesus einen neuen Namen – bei
keinem anderen Jünger tut er das. Er nennt ihn „Kephas“. Kephas ist hebräisch und
bedeutet Fels. Daraus wurde dann im lateinischen „Petrus“. Und unter diesen Namen
kennen wir ihn heute. Jesus hat Großes, Bedeutendes mit ihm vor. Petrus soll die
christliche Gemeinde in die Zukunft führen. Jesus sagt zu ihm: „Du bist Petrus, und
auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden
sie nicht überwältigen.“ (Mt 16,18) Starke Worte. Und man könnte meinen: So jemand muss in seinem Glauben ja unerschütterlich gewesen sein.
Aber nein. Ganz so felsenfest ist Petrus nicht. Und nirgends wird das deutlicher als in
der Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu. Da zeigt sich ein gewalttätiger, wahrscheinlich verzweifelter Petrus: Bei der Festnahme Jesu schlägt er einem Diener des
Hohenpriesters das Ohr ab. Und dann ist da auch der Petrus, der seinen Freund Jesus verleugnet. Denn er folgt Jesus nach seiner Verhaftung heimlich nach. Will unerkannt bleiben. Wird dann aber doch gefragt, ob er Jesus kennt. Und dann erzählt die
Bibel: „Da fing er an, sich zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne den Menschen
nicht. Und alsbald krähte der Hahn. Da dachte Petrus an das Wort, das Jesus zu ihm
gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich.“ (Mt 26,74-75)
Diese Stelle ist für mich eine der bedrückendsten der Bibel. Denn sie stellt die Frage:
Hast du den Mut, dich zu deinem Glauben zu bekennen? Auch wenn es Spitz auf
Knopf steht? Auch wenn du vielleicht mit dem Tod bedroht bist? Ich weiß nicht, wie
ich in so einer Situation reagieren würde. Die Reaktion von Petrus zeigt mir: Auch er
war kein Übermensch. Er hat gezweifelt. Angst gehabt. Und er hat schließlich bitter
geweint, als ihm klar wurde: Er hat seinen Freund verraten. Er hat dann aber auch
die Erfahrung gemacht: Meine Schuld wird mir vergeben. Denn Jesus, sein Freund,
verzeiht ihm. Petrus, der Fels – Petrus, der Verleugner. Ich würde auch sagen: Petrus, der Mensch. Und wahrscheinlich ist er gerade deswegen: Apostelfürst.