Ärzteblatt Sachsen Editorial Berufspolitik Gesundheitspolitik Recht und Medizin Mitteilungen der Geschäftsstelle Medizinische Fachangestellte Mitteilungen der KVS Der mündige Patient 228 119. Deutscher Ärztetag in Hamburg Approbation versus Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit? CIRS-Fälle Momentum – Projekt Heidelberg 229 233 234 234 Neue bundesweit geltende Meldepflichten: Bedeutung für Sachsen Mitteilungen der Sächsischen Impfkommission 235 236 Asylbewerber: Datenübermittlung an Behörden STEX in der Tasche – wie weiter? 237 237 Konzerte und Ausstellungen 237 Zuständigkeit der Ethikkommissionen in Sachsen 238 Fachsprachenprüfung für ausländische Ärzte 239 vocatium Dresden 2016 238 Ausschreibung und Abgabe von Vertragsarztsitzen 240 Originalie Interventioneller Vorhofohrverschluss – Wer? Wie? Was? 242 Tagungsbericht Medizinische Versorgung von Patienten mit komplexen Behinderungen 246 Verschiedenes Personalia 7. Seniorenausfahrt der KÄK Zwickau Innovationspreis des Bundesverbandes der Deutschen Dermatologen e.V. 25 Jahre Kreisärztekammer Dresden Prof. Dr. sc. med. Erich Müller zum 80. Geburtstag Prof. Dr. med. habil. Gerhard Richter zum 80. Geburtstag Prof. Günter Blobel zum 80. Geburtstag Nachruf für Dr. med. Wolfgang Schmidt Jubilare im Juli 2016 Interventioneller Vorhofohrverschluss Seite 242 240 247 248 249 250 251 253 254 Buchbesprechung Gottlob Adolf Ernst von Nostitz und Jänckendorf 256 Medizingeschichte Vorgestellt: Dr. med. Dietmar Seifert 257 Die Entdeckungen der Anatomen Andreas Vesalius und Konrad Victor Schneider 257 Beilage Seite 229 Fortbildung in Sachsen – August 2016 Impfempfehlungen E 5, E 6 und E 7 Andreas Vesalius und Konrad Victor Schneider Seite 257 Titelbild: Der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Erik Bodendieck, auf dem 119. Deutschen Ärztetag in Hamburg © SLÄK Sächsische Landesärztekammer und „Ärzteblatt Sachsen”: http://www.slaek.de, E-Mail: [email protected], Redaktion: [email protected], Gesundheitsinformationen Sachsen für Ärzte und Patienten: www.gesundheitsinfo-sachsen.de Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 227 Editorial Der mündige Patient Dr. med. Steffen Liebscher © SLÄK Wer täglich am und mit dem Patienten arbeitet, der weiß um die Wichtigkeit der Interaktion und Kommunikation zwischen dem Arzt und dem Kranken. Nun erleben wir einen Wandel dieser Beziehung. Den Eltern meines Vaters, die beide in den 70erJahren an einem Bronchialkarzinom verstorben sind, wurde noch keinerlei Information darüber gegeben, woran sie leiden und wie (schlecht) die Prognose eigentlich war. Beide habe ich als einfache Menschen erlebt, die sicher auch die behandelnden Kollegen nicht bedrängt haben und sich in ihre Lage fügten. Die paternalistische Grundstruktur des ärztlichen Denkens und Handelns in der Beziehung zum Patient wurde noch gelebt. Kurz nach der politischen Wende war ein, sicher auch da schon nicht mehr ganz neues Ergebnis meiner Untersuchungen im Rahmen der Promotion, dass gut über ihre Krankheit informierte Patienten bessere Voraussetzungen für die Bewältigung der mit ihrer Krankheit verbundenen Schwierigkeiten haben. Heute erlebe ich in der Niederlassung als Hausarzt zunehmend den „mündigen“ Patienten, der sich seine Diagnostik- und Therapiegedanken selbst macht und nicht selten die Möglichkeiten unseres Gesundheits- 228 wesens als eine Art Selbstbedienungsladen zu nutzen versucht. Der Arzt wird dann immer häufiger in der Rolle des Erfüllungsgehilfen gesehen, von dem die Ausstellung des Rezeptes oder eines beliebigen anderen Formulars erwartet wird. Ist das unter einem mündigen Patienten zu verstehen? Um nicht missverstanden zu werden: Ich halte das Einbeziehen der Patienten in die zu treffenden Entscheidungen für selbstverständlich. Ärztlicher Sachverstand und Expertenwissen sollten die Patienten auf ihrem Weg begleiten und nicht bevormunden. Nun gibt es unzweifelhaft den Typus Patient, der sowohl intellektuell in der Lage ist, seine Situation zu erfassen und auch noch die emotionale Stabilität besitzt, reife Entscheidungen zu treffen, die auch später noch einer eigenen kritischen Würdigung standhalten können. Ich frage mich aber in der Praxis oft, wo verläuft bei den sich mir anvertrauenden Menschen die Grenze zwischen Handlungsfähigkeit in Informiertheit und Handlungen, deren Intention entweder nicht klar erkennbar wird oder solchen, die sich aus oft fragwürdigen Informationen fremder Quellen ergeben. Exemplarisch und ganz besonders deutlich wird das bei der hausärztlichen Abgleichung der Medikamentenpläne. Mich bewegt dabei, dass doch häufig abstrus anmutende Argumentationen, irrationale Ängste und pauschale Vorurteile zum Abbruch einer Therapie durch den Patienten führen, auch wenn im besten Fall Krankenhausund andere Fachärzte diese Behandlung eingeleitet haben und durch mein Verordnen letztlich implizit auch als „gute Therapie“ erkennbar werden sollte. Gibt es noch den Vorschuss an Vertrauen der Patienten in uns? Welche Macht haben elektronische Medien, was bewirken objektive Informationen und die Nutzung der Erfahrungswelten anderer Kranker über soziale Netzwerke? Ich möchte uns Ärzte davor warnen, davon auszugehen, dass alle Patienten ihre Angelegenheiten gut selbst regeln können. Wir müssen uns immer wieder auf das gesamte mög- liche Spektrum im Umgang mit einer Erkrankung einrichten und in der Lage sein, uns einmal auf rein fachliche Beratung zu beschränken, den nächsten Patienten direkt an die Hand zu nehmen oder einen Dritten hinsichtlich seiner überzogenen Erwartungen zu korrigieren. Je größer die Spreizung unter den Varianten, umso mehr steigen auch die Anforderungen an uns und unsere Verantwortung. Es ist heute so oft von Spaltung der Gesellschaft die Rede. Hier sehe ich eine weitere Ursache dafür, wenn es nicht gelingt, medizinischen Fortschritt auch denen adäquat verfügbar zu machen, die aus intellektuellen Gründen, Psychopathologie oder eben Beeinträchtigung durch die Krankheit in ihren Selbstbestimmungskräften eingeschränkt sind. Hier bleibt die Notwendigkeit der fürsorglichen ärztlichen Zuwendung unbedingt erhalten. Ich glaube, dass das Wunschdenken mancher „mündiger“ Patienten wesentlich von der Politik bestimmt ist. Viele Gesetzesvorhaben der vergangenen Jahre stärken Patientenrechte in einer Weise, die glauben lässt, der Patient müsse vor den Akteuren im Gesundheitswesen und dabei besonders den Ärzten ge schützt werden. Es entsteht der Eindruck, dass der Patient „aufmunitioniert“ werden müsse, um im Kampf mit dem oder gegen das System bestehen zu können. Vertrauensfördernde Maßnahmen, die gerade für die Beziehung zwischen Kranken und Behandler von höchster Bedeutung sind, sehen anders aus. Ich rufe aber dazu auf, sich davon nicht entmutigen zu lassen. Es ist klar und auch richtig, dass sich das Verhältnis zu unseren Patienten verändert. Wenn es aber in Zukunft noch der Ärzteschaft bedarf, statt einer spezialisierten Technokratenkaste und Robotern, dann gerade wegen unserer menschlichen Qualitäten und der funktionierenden Be ziehungsebene zwischen Menschen, die auf Vertrauen beruht. Dr. med. Steffen Liebscher Vorstandsmitglied Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Berufspolitik 119. Deutscher Ärztetag in Hamburg Eröffnung Die Eröffnung des 119. Deutschen Ärztetages fand am 24. Mai 2016 in der historischen Laeiszhalle in Hamburg statt. Bereits vor 25 Jahren war die Sächsische Landesärztekammer erstmals als ostdeutsche Ärztekammer beim 96. Deutschen Ärztetag in Hamburg vertreten. In seinem Grußwort ging der erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, darauf ein, wie der Arztberuf attraktiv gestaltet werden könnte. Er hob dabei die Bedeutung des Gesundheitswesens der Freien und Hansestadt Hamburg als wichtigsten Wirtschaftsfaktor hervor. Insbesondere Mitversorgungseffekte für das Hamburger Umland und ein Bevölkerungswachstum führten zu einem Ausbau der Kapazitäten. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und Bundesärztekammerpräsident Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery (r.) © SLÄK tagesaktuell von einer Sitzung der WHO in Genf, an der er teilgenommen hatte. Er nahm ausführlich zu den von Prof. Montgomery angeschnittenen Themen Stellung und ging kurz auf die Irritationen zur GOÄneu und der Kassenärztlichen Der Präsident der Bundesärztekam- Bundesvereinigung ein. Dabei former, Prof. Dr. med. Frank Ulrich derte er nachdrücklich dazu auf, Montgomery, ging in seinem Referat dass die Ärzteschaft in stärkerem auf die auf dem 119. Deutschen Ärz- Maße als gemeinsam handelnde tetag anstehenden Themen ein. „Mannschaft“ auftreten solle. Neben kämpferischen Aussagen Paracelsus-Medaille für schlug er ebenso moderate Töne an. Prof. Schulze in außergewöhnlicher Weise engagiert. Als einer der Gründerväter der Sächsischen Landesärztekammer wirkte er maßgeblich am Auf- und Ausbau der ärztlichen Selbstverwaltung nach dem Fall der Mauer 1989 mit. Jahrzehntelang setzte er sich für die Belange der deutschen Ärzteschaft ein, ab 1999 über vier Wahlperioden als Präsident der Sächsischen Landesärztekammer. Er gilt als einer der führenden Diabetologen im In- und Ausland und hat mit seiner Forschung insbesondere zum Diabetes mellitus Typ 2 entscheidend zum heutigen Kenntnisstand bei Diagnostik und Therapie der Krankheit sowie zur Qualität der Diabetikerbetreuung beigetragen. Mit seinem vorbildlichen Wirken als Hochschullehrer am Universitätsklinikum Dresden hat er Medizinstudierende und junge Ärzte Er bezog beispielhaft Stellung zu: ■ den Grenzen ökonomischer Zu mutbarkeiten im Rahmen von Klinikprivatisierungen als Auswüchse eines gewinn- und markt orientierten Richtungswechsels, ■ der Bereitstellung ausreichender Investitionsmittel für die Krankenhäuser, ■der Preisgestaltung bei Arzneimitteln, ■ der Verabschiedung des Antikorruptionsgesetzes für das Gesundheitswesen, ■ der aufopferungsvollen Hilfe vieler tausend Ärzte bei der Bewältigung des Flüchtlingsstromes sowie ■ den Arbeiten an der Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄneu) ■ und vielem mehr. Im Rahmen der Eröffnung wurde Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze mit der Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft geehrt. In der Laudatio heißt es: „Prof. Dr. Schulze hat sich vier Jahrzehnte lang als Arzt, Wissenschaftler und Berufspolitiker Der Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe, MdB, berichtete Paracelsus-Medaille für Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze © Christian Griebel, helliwood.com Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 229 Berufspolitik für den Beruf begeistert und nachhaltig geprägt. Für sein erfolgreiches Bemühen um die deutsch-polnische Verständigung wurde ihm grenzübergreifend Hochachtung zuteil. Mit seinem enormen wissenschaft lichen und gesundheitspolitischen Engagement hat sich Prof. Dr. Schulze um die medizinische Versorgung, die ärztliche Selbstverwaltung und um das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland in hervorragender Weise verdient gemacht. Es kann rückblickend nicht hoch genug eingeschätzt werden, dass in den Zeiten des Umbruchs vor und während der deutschen Einigung basisdemokratische Initiativen durch ehrenamtlichen Einsatz entwickelt wurden, bevor neue staatliche Strukturen existierten. Mut und Weitsicht waren die treibenden Kräfte von Prof. Dr. Schulze bei der Entwicklung der Verbandsarbeit, die 1989 zur Gründung des Unabhängigen Verbandes der Ärzte und Zahnärzte in Sachsen unter seinem Vorsitz und 1990 zur Gründung der Sächsischen Landesärztekammer führten. Außerdem war er schon im Jahr des Mauerfalls im Unabhängigen Dozentenrat der Medizinischen Fakultät aktiv. Von 1991 bis 2000 leitete er die Kreisärztekammer Dresden, und schließlich war er 16 Jahre lang, von 1999 bis 2015, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer und Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer. Prof. Dr. Jan Schulze kann auf ein erfülltes Lebenswerk zurückblicken – und auf eine Karriere, die für ihn als Parteilosen trotz seiner fachlichen Qualifikation zu DDR-Zeiten nicht absehbar war.“ Neben seiner beeindruckenden wissenschaftlichen Karriere wurde damit vor allem das über Jahrzehnte währende und außerordentlich vielfältige berufs- und gesundheitspolitische Engagement von Jan Schulze zu Recht gewürdigt. Arbeitstagung Nach den Eröffnungsfeierlichkeiten entstand der Eindruck, dass der 119. Deutsche Ärztetag eher harmonisch 230 Dipl.-Med. Petra Albrecht © SLÄK Präsident Erik Bodendieck © SLÄK verlaufen würde. Vor Beginn der Tagesordnung wurde jedoch ein Beschlussantrag von verschiedenen Delegierten einzelner Ärztekammern zur Abwahl des amtierenden Bundesärztekammerpräsidenten gestellt. Seine Begründung fand der Antrag in einem gestörten Vertrauen besonders im Hinblick auf die Reform der GOÄ. Nach ausführlicher und sehr differenzierter Diskussion wurde der Abwahlantrag mehrheitlich ab gelehnt. sehr gute Zusammenarbeit mit den Trägern der Unterbringungseinrichtungen, die eine hervorragende Arbeit leisteten, und den Gesundheitsämtern, konnten größere Infektionsgeschehen vermieden werden. Gesundheits-, Sozial- und ärztliche Berufspolitik Zu der Problematik der Flüchtlinge in der medizinischen Versorgung referierte unter anderem Frau Dipl.-Med. Petra Albrecht, Vizepräsidentin der Sächsischen Landesärztekammer, und stellte die Situation dar, in der sich die Gesundheitsämter vor einem Jahr befanden, als die große Anzahl an Flüchtlingen in Sachsen ankam. Die größte Herausforderung hatte an fangs das Gesundheitsamt in Chemnitz zu bewältigen, da es ursprünglich zuständig war für die Erstuntersuchung der in Sachsen registrierten Flüchtlinge. Durch die erschöpfte Kapazität der Unterbringungsmöglichkeiten in Chemnitz wurden auch bald in den Landkreisen und den anderen kreisfreien Städten Außenstellen für die Erstaufnahme aufgebaut. Das alles war mit großen Problemen verbunden, insbesondere wenn es um die Einhaltung des Infektionsschutzes ging. Durch eine Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) Dr. med. Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Ausschusses Gebührenordnung der Bundesärztekammer, referierte umfassend in seinem Tätigkeitsbericht zum Sachstand „GOÄneu“. Er berichtete ausführlich über die Entwicklungen nach dem GOÄSonderärztetag 2016 in Berlin. In dem Bericht waren die Forderungen der ärztlichen Spitzenverbände so wie die Ergebnisse der BÄK-Vorstandsitzungen und der Spitzengespräche mit dem Privaten Krankenversicherungs-Verband enthalten. Die zentralen Kernpunkte sind: ■Erhalt der uneingeschränkten Freiberuflichkeit des Arztes in Klinik und Praxis. ■ Vermeidung ordnungspolitischer Anlehnungen an Strukturen der gesetzlichen Krankenversicherung. ■ Keine Beeinträchtigung des individuellen Arzt-Patienten-Verhältnisses. ■ Keine Honorierung nichtärztlicher Berufsgruppen nach der neuen GOÄ. ■ Keine Festlegung absoluter oder prozentualer Ausgabenobergrenzen im Rahmen des dreijährigen Monitorings. Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Berufspolitik ■Die auf Beratung beschränkte Funktion der gemeinsamen Kommission (GEKO). Zulassung eingereichten Daten auch im Langzeitverlauf zu überprüfen. Falls keine neuen Daten vorgelegt werden, sollte über entsprechende Sanktionen nachgedacht werden. Der vorgelegte Ablaufplan des weiteren Verhandlungsprozesses sieht Frau Birgit Fischer, Hauptgeschäftsvor, dass zuerst eine nochmalige führerin des „Verbandes forschender Durchsicht aller Leistungslegenden Arzneimittelhersteller (vfa)“, versuch gemeinsam durch Bundesärztekamte, die kritischen Bemerkungen von mer mit den Fach- und BerufsverProf. Dr. Ludwig mit ihren Ausfühbänden erfolgt, sodann eine Bepreirungen zu widerlegen, was ihr nach sung nach betriebswirtschaftlicher Ansicht der Delegierten allerdings Kalkulation und dann schließlich nur sehr bedingt gelang. In ihrer Eineine Konsentierung der „GOÄneu“ gangsfolie stand: „Mondpreise sind zwischen PKV/BÄK/Verbände sowie ein totes Pferd.“ 73 % der deutein eventueller Praxistest. Die Verschen Preise lägen unter dem Mittel, handlungen sollen noch in diesem Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig 34 % sogar unter dem niedrigsten Jahr abgeschlossen sein. Ob dies so © SLÄK europäischen Vergleichspreis. Arzneieinzuhalten ist, hängt von dem Fortmittel seien ihrer Ansicht nach kein gang der Gespräche ab. Ein überar- von der Pharmaindustrie häufig Kostentreiber. Die durchschnittliche beitetes Leistungsverzeichnis soll zitierten Hinweis auf die große jährliche Steigerung der Arzneimitnach der Einigung zwischen den „Innovationskraft“ neuer Arzneimittel Verbänden, der BÄK und dem vorsichtiger umzugehen. Er bevor- telausgaben liege nur bei 2,6 %. PKV-Verband sowie der Beihilfe dem zugt den Begriff „therapeutischer Unter dem Abschnitt „Innovationen Bundesgesundheitsministerium über- Fortschritt“. Im Rahmen des Arznei- haben ihren Preis, was darf Gesundreicht werden. mittelmarkt-Neuordnungsgesetz heit kosten?, wie viel Geld ist (AMNOG) sollte es zu einer deutli- gerecht?“ versuchte Frau Fischer zu Arzneimittelpreisbildung chen Begrenzung der hohen Preis- erklären, dass nach der Patentierung Die Preisbildung im Spannungsfeld und der Markteinführung die hohen vorstellungen kommen. Das Ziel der zwischen Patientennutzen und markt Einsparungen würde aber noch in Arzneimittelpreise durch den Ge wirtschaftlich orientierter Unterneh- weiter Ferne liegen. Der Wissensge- sundheitsnutzen im Langzeitverlauf menskultur bei Arzneimitteln war zu vernachlässigen seien. winn aus dem AMNOG-Verfahren eines der Schwerpunkthemen des wird in der Praxis noch zu wenig 119. Deutschen Ärztetages. Dieser Das Ärzteparlament war sich einig, genutzt. Tagesordnungspunkt wurde von den dass die derzeit freie, ausschließlich Kritisch ging Prof. Dr. Ludwig auch Delegierten und der Öffentlichkeit auf die beschleunigten Zulassungs- am Markt orientierte Preisfestlegung für Arzneimittel im ersten Jahr nach mit großer Spannung erwartet. verfahren ein. Er mahnte an, dass die Pharmaunternehmen verpflichtet der Markteinführung abgeschafft werden sollte. Außerdem müssen die Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig, werden müssen, die im Rahmen der Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, warnte vor einer finanziellen Überforderung des Gesundheitssystems aufgrund der steigenden Arzneimittelpreise. So stiegen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel jährlich um vier bis fünf Prozent. Besonders die Onkologika seien für die Pharmaunternehmen ein gewinnbringender Sektor. So liegen die jährlichen Therapiekosten pro Patient bei teilweise über 100.000 Euro! Im Rahmen von Kosten-Nutzen-Bewertungen ist zu fragen, ob die erreichte kurze Lebensverlängerung, unter Berücksichtigung der Lebensqualität, diese Preise wirklich rechtfertigt. Prof. Dr. Lud- Dr. med. Steffen Liebscher, Dr. med. Dietrich Steiniger und Dr. med. Stefan Windau wig sprach sich dafür aus, mit dem bei der Abstimmung © SLÄK Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 231 Berufspolitik Ergebnisse der Nutzenbewertung den Ärzten schnell und nachvollziehbar zur Verfügung gestellt werden, denn sie sind für eine Indikations- und ökonomisch vertretbare Verordnung verantwortlich. Sachstand der Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung Der Vorsitzende der Weiterbildungsgremien der Bundesärztekammer, Dr. med. Franz Bartmann, gab in seinem Einführungsvortrag einen Überblick zum aktuellen Sachstand der Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung. Ausgehend vom bisher erreichten Stand der Novelle erläuterte er das weitere Vorgehen bis zur möglichen Fertigstellung. Unmittelbar nach dem Deutschen Ärztetag werden die Berufs- und Fachverbände über die elektronische Plattform Wiki-BÄK zum aktuellen Stand informiert und in den Fortgang der Bearbeitung wiederum mit einbezogen. Im Anschluss an seinen Einführungsvortrag schloss sich eine umfangreiche Diskussion mit zahlreichen Wortmeldungen an. Im Ergebnis der Aussprache wurden die allermeisten Anträge der Delegierten an den Vorstand der Bundesärztekammer und damit an die involvierten Wei-terbildungsgremien zur weite- Prof. Dr. med. habil. Uwe Köhler © SLÄK ren Bearbeitung verwiesen. In der Ge samtschau handelte es sich um eine sehr sachbezogene und ergebnisorientierte Debatte. Der Zeithorizont bis zur endgültigen Fertigstellung ist allerdings noch offen. Mittlerweile hat sich auch auf Bundesebene die Erkenntnis durchgesetzt, dass Sorgfalt vor Schnelligkeit geht. Leitende Krankenhausärzte im Konflikt zwischen Medizin und Ökonomie Zu diesem Thema referierte Prof. Dr. med. Hans Fred Weiser, Präsident Die sächsischen Vertreter beim 119. Deutschen Ärztetag 232 des „Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte (VLK)“. Die leitenden Krankenhausärzte weisen seit Jahren mit großer Sorge auf die negativen Folgen der Ökonomisierung respektive Kommerzialisierung der Medizin hin, wofür das der Güterwirtschaft entliehene Vergütungssystem hauptsächlich verantwortlich sei. Der Tübinger Medizinethiker Urban Wiesing formulierte bereits 2013: „So lange betriebswirtschaftliches Denken dazu dient, eine indizierte Maßnahme möglichst wirtschaftlich und effektiv umzusetzen, ist es geboten. Der Rubikon ist überschritten, wenn ökonomisches Denken zur Erlössteigerung die medizinische Indikationsstellung beeinflusst.“ Selbstverständlich sind sich alle darüber einig, dass auch Ärzte ökonomischem Handeln verpflichtet sind. Es gilt aber, den Arzt im Vergleich zu den Verwaltungsberufen des Krankenhauses zumindest auf eine gleiche Ebene zu stellen. Ethisch verantwortungsbewusste Medizin stehe nicht für den Verkauf von Diagnose und Therapie zur Prestigesteigerung bzw. Gewinnmaximierung des Unternehmens Krankenhaus. Prof. Dr. Weiser betonte, dass „Ärztinnen und Ärzte von keinem Träger und © SLÄK Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Berufspolitik von keiner Geschäftsführung – quasi als Key Account Manager – an solchen Strategien beteiligt oder gar per Dienstvertrag verpflichtet werden dürfen“. Besonders bedenklich sei, dass der Konflikt zwischen Medizin und Ökonomie in den letzten Jahren zunehmend auf alle an der Krankenhausversorgung beteiligten Ärzte übertragen wird. Der Referent forderte deshalb, dass Verträge mit variablen Vergütungskomponenten und festgelegten monetären Anreizen, die in den letzten Jahren an Zahl deutlich zugenommen haben, von den Be Approbation versus Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit? Für die Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit durch Staatsangehörige aus Drittstaaten (das heißt Staaten, die nicht Mitglied oder Vertragspartei der Europäischen Union sind) scheint ebenfalls nur die Erteilung einer Approbation/Berufserlaubnis entschei dend. Dies allein ist jedoch nicht ausreichend. Dem ausländischen Arzt muss zudem eine Erwerbstätigkeit erlaubt sein. Hierauf weist die Landesdirektion Sachsen auf eine entsprechende Nachfrage der Sächsischen Landesärztekammer hin. Das ausländerrechtliche und das approbationsrechtliche Verfahren sind zwei voneinander unabhängige Verfahren. Die Landesdirektion Sachsen als Approbationsbehörde prüft lediglich, ob der Antragsteller die approbationsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, um in Deutschland als Arzt tätig zu werden. Hierbei handelt es sich um eine fachbezogene Prüfung. Sofern die approba tionsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Approbation bzw. Berufserlaubnis vorliegen, heißt dies nur, dass der Antragsteller hier grundsätzlich als Arzt arbeiten und seinen Beruf ausüben könnte. Die Approbation bzw. Berufserlaubnis kann aber nicht mit einer ErlaubÄrzteblatt Sachsen 6 / 2016 troffenen abgelehnt werden sollten, da Ärzte Angehörige eines „Freien Berufes“ sind und einer Berufsordnung unterliegen, die vorschreibt, dass jede Entscheidung für eine Patientenbehandlung nicht nach ökonomischen Vorgaben getroffen werden darf. nicht leitende Krankenhausärzte be troffen seien, soll die Beratung auch für diese geöffnet werden. Die gemeinsame Koordinierungsstelle von BÄK und VLK wird nun prüfen, inwieweit sich Krankenhausgeschäftsführungen an die neue Gesetzeslage (§ 135c SGB V) halten. Im Rahmen der 2013 gegründeten gemeinsamen Koordinierungsstelle zu „Zielvereinbarungen in Verträgen zu leitenden Krankenhausärzten“ wurden Bewertungskriterien für Vertragsentwürfe festgelegt, die die Bonusregelungen besonders kritisch hinterfragen. Da zunehmend auch Die Referate des 119. Deutschen Ärztetages können unter: www. bundesaerztekammer.de nachgelesen werden. nis, auch einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu dürfen, gleichgesetzt werden. Eine solche Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit umfasst hierbei selbständige Tätigkeit und Beschäftigung nach § 7 SGB IV. Um tatsächlich als Arzt in Deutschland arbeiten zu dürfen, bedarf es auch eines Aufenthaltstitels für den Angehöri gen eines Drittstaates, dem sich entnehmen lässt, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt ist, vgl. § 4 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz. So lange dies nicht der Fall ist, darf auch keine Erwerbstätigkeit aufgenommen werden. Während sich Antragsteller um einen Aufenthaltstitel bei der Ausländerbehörde und eine Arbeitserlaubnis bei der Bundesagentur für Arbeit gesondert kümmern mussten, ist mittlerweile nur noch eine Antragstellung bei der Ausländerbehörde notwendig. Dort wird der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für einen bestimmten Aufenthaltszweck gestellt und die Ausländerbehörde beteiligt dann gegebenenfalls die Bundesagentur für Arbeit und erteilt bei Erfüllung aller Voraussetzungen den entsprechenden Aufenthaltstitel. Prof. Dr. med. habil. Hans-Egbert Schröder Vorsitzender des Redaktionskollegiums „Ärzeblatt Sachsen” Daher ist dem Arzt in der Niederlassung, aber auch stationären Einrichtungen zu empfehlen, vor der Aufnahme der Beschäftigung eines ausländischen Arztes eines Drittstaates neben der Approbation bzw. Berufserlaubnis, sich auch einen entsprechenden Aufenthaltstitel /eine Erlaub nis zur Erwerbstätigkeit vorlegen zu lassen. Ass. jur. Michael Kratz Rechtsreferent 233 Berufspolitik CIRS-Fälle: „Der Anfang des Heils ist die Kenntnis des Fehlers“ Epikur Die Buchstaben „CIRS“ stehen für Critical Incident Reporting-System. Die Internetplattform http:// www.cirsmedical.de/ ist inzwischen allgemein bekannt und wird von vielen Kolleginnen und Kollegen genutzt, um anonym kritische Fälle zur Diskussion zu stellen und aus diesen Fällen zu lernen. Wir stellen Ihnen regelmäßig einzelne Fälle vor, die wir für interessant halten. Aufmerksam machen möchten wir auch auf die speziell für Krankenhäuser angelegte Plattform http://www.kh-cirs.de/ und die Plattform für Hausarztpraxen https://www.jeder-fehler-zaehlt. de/ Auf der CIRS-Seite der Anästhesie findet sich ein wichtiger Problemfall als Fall des Monats Oktober 2014. Wissenschaftliche Studie zum Umgang mit einer Krebserkrankung – Ärzte und Ärztinnen für eine (Online-) Befragung gesucht Wen suchen wir? Ärzte und Ärztinnen, vor allem aus den Bereichen Allgemeinmedizin, Gynäkologie, Urologie, Gastroenterologie, Chirurgie und Strahlentherapie, die in ihrem Behandlungsalltag regelmäßig Kontakt zu Patienten bzw. Patientinnen mit Brust-, Darmoder Prostatakrebs haben. Worum geht es in der Befragung? Es geht um die ärztliche Sicht auf Strategien und Maßnahmen, die an Krebs erkrankte Personen zusätzlich zu der medizinischen Behandlung anwenden (können), zum Beispiel ernährungsbezogene Strategien oder körperliche Aktivität. Was halten Sie 234 Bei einer seit mehreren Stunden in der geburtshilflichen Abteilung eines Hauses stationär aufgenommenen Patientin erfolgte eine dringliche Sectio. Das entbundene Kind, das üblicherweise an die Hebamme übergeben wird, wurde dem Anästhesisten zur Versorgung überreicht, da keine Hebamme anwesend war. Es wird geschildert, dass dieses Pro blem aufgrund von Personalmangel mindestens einmal monatlich auftritt. In der juristischen Beurteilung findet sich die ganz klare Aussage, dass eine Geburt nur in Anwesenheit einer Hebamme stattfinden darf. Gerade in kleineren Häusern gibt es im Laufe des Jahres jedoch immer wieder Fälle, in denen zwei Geburten parallel betreut werden müssen und daher auch einmal ein Kaiserschnitt ohne Hebammenbetreuung notwendig wird. Hier ist es wichtig (wie in diesem Falle auch), dass der Anästhesist geschult ist in der Versorgung eines Neugeborenen. In dem geschilderten Fall jedoch handelte es für sinnvoll? Welche Empfehlungen zusätzlich zur medizinischen Behandlung geben Sie und wovon raten Sie eher ab? Was ist das Ziel der Studie? Mit den Ergebnissen unserer Studie soll die ärztliche Beratungssituation für alle Beteiligten verbessert sowie Angebote und Informationsmaterialien für Patienten/-innen entwickelt werden. Wer führt die Studie durch? Am Momentum Projekt beteiligt sind die Universität Heidelberg (Prof. Dr. Monika Sieverding), das Deutsche Krebsforschungszentrum (Prof. Dr. Karen Steindorf), das Universitätsklinikum Heidelberg (Dr. Joachim Wiskemann) und das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen. Das Projekt wird von der Deutschen Krebshilfe gefördert. sich um ein dienstplanerisches Pro blem, in der fraglichen Nacht war keine Hebamme eingeplant. Das stellt ein erhebliches Organisationsverschulden dar. Nicht nur die geburtshilfliche Abteilung sollte das notwendige Personal einfordern, sondern auch durch die Anästhesie in dieser Forderung aktiv unterstützt werden. In Sachsen mussten allein im letzten Jahr aufgrund des Personalmangels an Hebammen zwei (allerdings sehr kleine) geburtshilfliche Abteilungen geschlossen werden. Weitere Anfahrtswege müssen aufgrund zwingend erforderlicher Qualitätsanforderungen an eine Geburt in Kauf genommen werden. Details finden Sie unter https://www. cirs-ains.de/files/fall-des-monats/ FdMOktober2014.pdf. Dr. med. Patricia Klein Ärztliche Geschäftsführerin Wie können Sie teilnehmen? Über unsere Homepage www. momentum-projekt.de können Sie an der Befragung teilnehmen (Dauer: ca. 15 bis 20 Minuten). Alternativ können Sie den Fragebogen gern auch in einer Papierversion zugeschickt bekommen (mit frankiertem Rückumschlag). In dem Fall schreiben Sie uns eine E-Mail an: [email protected] Für die Teilnahme an unserer Befragung erhalten Sie eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 25 Euro. Über Ihre Teilnahme würden wir uns sehr freuen! Prof. Dr. rer. nat Karen Steindorf Abteilung Bewegung, Präventionsforschung und Krebs Deutsches Krebsforschungszentrum und Nationales Centrum für Tumorerkrankungen, Heidelberg Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Gesundheitspolitik Neue bundesweit geltende Meldepflichten: Bedeutung für Sachsen Am 1. Mai 2016 trat die Verordnung zur Anpassung der Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz an die epidemische Lage (IfSG-Meldepflicht-Anpassungsverordnung – IfSGMeldAnpV) in Kraft. Einige der hier aufgeführten Meldepflichten bestanden bereits und waren bis dato durch andere Verordnungen geregelt. Ausdehnung der Meldepflichten in Bezug auf namentlich an das zuständige Gesundheitsamt zu meldende Krankheiten (sogenannte Arztmeldung) Zu melden sind der Verdacht sowie die Erkrankung und der Tod an zoonotischer Influenza. Die seit 2007 geltende „Aviäre-Influenza-Meldepflicht-Verordnung“ wird hierdurch ersetzt und tritt außer Kraft. An dieser Stelle eingebunden wurde außerdem die bundesweite Meldepflicht der Erkrankung und des Todes an einer Clostridium-difficile-Infektion mit schwerem Verlauf. Da in Übereinstimmung mit den zuständigen Seuchenreferenten der Länder davon ausgegangen wurde, dass schwer verlaufende Infektionen durch C. difficile als bedrohliche Krankheit mit Hinweis auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit zu werten sind, wurde bereits im Jahr 2007 die namentliche Meldepflicht nach § 6 IfSG für den Nachweis von Ribotyp-027-Infektionen sowie für die Diagnose schwerer bzw. rekurrierender C.-difficile-Infektionen eingeführt. Hier wird der Bedeutung des Erregers Rechnung getragen, indem er nun explizit aufgeführt wird und nicht mehr nur unter der Rubrik der sogenannten weiteren bedrohlichen Krankheiten erfasst wird. Da in Sachsen gemäß (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 und § 4 Abs. 1 Nr. 4) sächsischer IfSG-Meldeverordnung (Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und VerÄrzteblatt Sachsen 6 / 2016 braucherschutz über die Erweiterung der Meldepflicht für übertragbare Krankheiten und Krankheitserreger nach dem Infektionsschutzgesetz – IfSGMeldeVO) eine generelle Meldung der Erkrankung und des Todes an einer durch C. difficile verursachten Enteritis infectiosa bereits seit langem besteht und C. difficile somit auch meldepflichtig ist, wenn allein das Krankheitssymptom „Durchfall“ gegeben ist, sind keine Änderungen zu beachten. Ausdehnung der Meldepflicht in Bezug auf namentlich meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern (sogenannte Labormeldung) Die Meldepflicht nach § 7 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes wurde ausgedehnt auf den direkten oder indirekten Nachweis von ChikungunyaVirus, Dengue-Virus, West-Nil-Virus, Zika-Virus und sonstige Arboviren, soweit der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist. Da sie in seltenen Fällen auch das Krankheitsbild eines hämorrhagischen Fiebers auslösen können, kamen Nachweise von Dengue-Virus bereits gemäß IfSG zur Meldung. Dem großen, expandierenden Zika-Virus-Ausbruch in Mittelund Südamerika geschuldet, wurden nun die neuen Meldekategorien der durch Arthropoden übertragenden Gruppe der Arboviren eingeführt. Zudem wird vermutet, dass die bis in gemäßigte Breiten vorkommende asiatische Tigermücke (Aedes albo- pictus) übertragungskompetent ist und in Zukunft auch in einigen Regionen Deutschlands autochthone Infektionen auftreten könnten. Außerdem sind die direkten Nachweise folgender Krankheitserreger zu melden: Staphylococcus aureus, Methicillin-resistente Stämme (MRSA); Meldepflicht für den Nachweis aus Blut oder Liquor. Hierfür liegt bereits seit Mai 2009 eine entsprechende Meldepflicht nach Labormeldepflicht-Anpassungsverordnung vor und es wurde nur eine sinnvolle Zusammenführung vollzogen. In dem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in Sachsen entsprechend § 2 Abs. 1 Nr. 6 IfSGMeldeVO zusätzlich eine nament liche Meldepflicht des direkten oder indirekten Nachweises von caMRSA (community acquired Methicillinresistentem S.aureus, PVL-bildend) besteht. Eine Erweiterung der bundesweiten Meldepflicht wurde zudem vollzogen für: Enterobacteraceae sowie Acinetobacter spp. mit CarbapenemNichtempfindlichkeit oder bei Nachweis einer Carbapenemase-Determinate; Meldepflicht bei Infektion und Kolonisation. Im Freistaat Sachsen ist diese Erregergruppe gemäß der IfSGMeldeVO bereits seit Dezember 2012, jeweils differenziert nach Infektion und Kolonisation, zu übermitteln. Gemeinsam mit dem Bun- 235 Gesundheitspolitik desland Hessen hatte Sachsen diesbezüglich eine Vorreiterstellung eingenommen. Zusätzlich ist in Sachsen auch der Nachweis von Pseudomonas aeruginosa mit erworbenen Carbapenemasen oder bei gleichzeitigem Vorliegen von phänotypischer Resistenz gegen Acylureido-Penicilline, Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Carbapeneme und Fluorchinolone zu melden. Diese Meldepflicht gemäß sächsischer IfSGMeldeVO bleibt un berührt. Zusammenfassend bedeuten die neuen Meldepflichten für Sachsen, bis auf die Tatsache der nun zu erfassenden Arbovirus-Infektionen, keine Mitteilungen der Sächsischen Impfkommission (SIKO): Aktualisierung der Empfehlungen der Sächsischen Impfkommission zur Durchführung von Schutzimpfungen im Freistaat Sachsen – Impfempfehlungen E 5, E 6 und E 7 – ab 1. Juli 2016: Die Sächsische Impfkommission (SIKO) beschloss auf ihrer 47. Sitzung am 01.04.2016 die Aktualisierung folgender Dokumente zum 01.07.2016: Ärztliche Meldepflichten gemäß Infektionsschutzgesetz: • Meldepflichtige Erkrankungen: Gemäß § 6 IfSG sind vom feststellenden/leitenden Arzt der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an den dort festgelegten Erkrankungen zu melden. • Meldepflichtige Erreger: Gemäß § 7 IfSG haben die Leiter der Labore Nachweise der dort festgelegten Krankheitserreger zu melden. • Leiter von Einrichtungen der pathologisch-anatomischen Diagnostik haben sowohl meldepflichtige Erkrankungen gem. § 6 IfSG als auch meldepflichtige Erreger gem. § 7 IfSG zu melden. maßgeblichen Neuerungen. Die aktualisierten Meldebögen sowie Versionen, die direkt am PC ausfüllbar sind, finden Sie unter den folgenden Links: http://www.gesunde.sachsen.de/ download/lua/LUA_HM_ArztMeldebogen.pdf E5 Empfehlungen der Sächsischen Impfkommission zu Impfabständen E6 Empfehlungen der Sächsischen Impfkommission zu Impfungen im Zusammenhang mit Operationen E7 Empfehlungen der Sächsischen Impfkommission zu hygienischen Grundbedingungen bei der Durchführung von Schutzimpfungen Die novellierten Impfempfehlungen E 5, E 6 und E 7 liegen als Sonderdruck dieser Ausgabe des Ärzteblat- http://www.gesunde.sachsen.de/ download/lua/LUA_HM_LabMeldebogen.pdf http://www.gesunde.sachsen.de/ download/lua/LUA_HM_LabMeldebogen_MRE.pdf Dr. med. Sophie-Susann Merbecks Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA) Sachsen tes Sachsen vom Juni 2016 bei. Sie werden außerdem auf den Homepages • der Sächsischen Landesärztekammer: www.slaek.de ➝ Ärzte ➝ Informationen / Leitlinien ➝ Impfen • der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Schutzimpfungen in Sachsen: www.ghuss.de ➝ Sächsische Impfkommission veröffentlicht. Korrespondenzanschrift: Dr. med. Dietmar Beier Vorsitzender der Sächsischen Impfkommission Elisabeth-Reichelt-Weg 35 09116 Chemnitz [email protected] [email protected] Anzeige 236 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Recht und Medizin Asylbewerber: Datenübermittlung an Behörden Aktuell kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten bezüglich der Kommunikation mit Behörden. Konflikte mit der ärztlichen Schweigepflicht treten dabei immer wieder auf, da sich die rechtlichen Regelungen zur Datenübermittlung im Asylrecht von denen des Sozialrechts unterscheiden. Insbesondere gilt dies, wenn die Behörde (Landesdirektion/Sozialamt/ Gesundheitsamt) selbst Daten erhebt. Sie ist dabei an datenschutzrechtliche Grundsätze gebunden. Danach ist eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten zulässig, wenn eine Rechtsvorschrift sie erlaubt oder soweit der Betroffene einwilligt. Mit § 7 AsylG liegt eine solche Rechtsvorschrift bzw. Erlaubnisnorm vor, sodass es im hiervon erfassten Bereich daneben keiner Einwilligung bedarf. Orientierungshinweise Fragt die Behörde (Landesdirektion/ Sozialamt/Gesundheitsamt) beim be handelnden Arzt medizinische Informationen zu einem Asylbewerber an, so können diese ohne Entbindung von der Schweigepflicht weitergegeben werden, wenn es „offensichtlich ist, dass es im Interesse des Betroffenen liegt und kein Grund zu der Annahme besteht, dass er in Kenntnis der Erhebung seine Einwilligung verweigern würde“ (siehe § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Dies dürfte regel- Mitteilungen der Geschäftsstelle haft der Fall sein, wenn es um die Bewilligung einer medizinisch notwendigen Leistung geht. Wenn dagegen der behandelnde Arzt im Antrag auf Kostenzusage von sich aus medizinische Informationen an die Behörde sendet, muss eine personalisierte Entbindung von der Schweigepflicht des Asylbewerbers vorliegen. Formalisierte Entbindungen von der Schweigepflicht in verschiedenen Sprachen finden sich auf der Internetseite der Sächsischen Landesärztekammer (www.slaek.de ➛ FAQ ➛ Asylbewerber – Medizinische Versorgung ➛ Wo finde ich Anamnesebögen in anderen Sprachen). Dr. med. Patricia Klein Ärztliche Geschäftsführerin Konzerte und Ausstellungen Programmvorschau 25. September 2016, 11.00 Uhr Junge Matinee „Herbstliche Klänge” Es musizieren Schülerinnen und Schüler der Musikschule des Landkreises Meißen. Ausstellungen im Foyer und 4. Etage Katharina Lewonig Hinkeln – Malerei und Zeichnung bis 10. Juli 2016 Rita Geißler Im Licht – Malerei, Zeichnung, Grafik 28. Juli bis 23. Oktober 2016 Vernissage: Donnerstag, 28. Juli 2016, 19.30 Uhr Einführung: Dr. sc. phil. Ingrid Koch, Kulturjournalistin, Dresden Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 237 Mitteilungen der Geschäftsstelle Zuständigkeit der Ethikkommissionen in Sachsen Die Sächsische Landesärztekammer weist aktuell darauf hin, dass bei der Teilnahme an medizinischen Forschungsvorhaben grundsätzlich die Ethikkommission der Sächsischen Landesärztekammer (SLÄK) für die Beratung von Ärzten in Sachsen zuständig ist. Dies resultiert aus § 5a Abs. 1 des Sächsischen Heilberufekammergesetzes und umfasst auch eine Zuständigkeit für akademische Lehrkrankenhäuser und Lehrpraxen. Eine Ausnahme zu dieser grundsätz- Medizinische Fachangestellte lichen Zuständigkeit bildet § 5a Abs. 3 Sächsisches Heilberufekammergesetz. Danach können die Medizinischen Fakultäten oder die Universitäten Leipzig und Dresden selbst eigene Ethikkommissionen errichten. Diese treten für ihren Zuständigkeitsbereich an die Stelle der Ethikkommission der Sächsischen Landesärztekammer. Zu diesem Zuständigkeitsbereich gehören jedoch nicht die Akademischen Lehrkrankenhäuser und Lehrpraxen. Dies bestätigen auch die Staatsministerien für Soziales und Verbraucherschutz sowie für Wissenschaft und Kunst als zuständige Rechtsaufsichtsbehörden, wonach „die Interpreta- tion der einschlägigen Gesetzesvorschriften … zu dem Ergebnis führt, dass die universitären Ethikkommissionen lediglich einen eng begrenzten Zuständigkeitsbereich haben, der Lehrkrankenhäuser und Lehrpraxen als außeruniversitäre Einrichtungen nicht umfasst.“ Das Anliegen der SLÄK ist es, für die in Sachsen tätigen Ärzte rechtlich nicht angreifbare Voten zu erstellen und ihren Mitgliedern eine gesetzeskonforme, rechtssichere und unabhängige Beratung zu garantieren. Ass. jur. Anke Schmieder Leiterin Referat Ethikkommission vocatium Dresden 2016 9. Fachmesse für Ausbildung und Studium Rund 2.400 Schülerinnen und Schüler aus über 61 Schulen besuchten am 11. und 12. Mai 2016 im Internationalen Congress Center die vocatium Dresden. Die Messe richtete sich in erster Linie an Schüler der 9. Klassen von Oberschulen und der 11. Klassen an Gymnasien, die sich über Ausbildungsund Studienmöglichkeiten informieren konnten. Das Veranstaltungskonzept basiert auf passgenauen, verbindlichen Beratungsgesprächen zwischen den Ausstellern und den Jugendlichen. Mehr als 6.000 Ge sprächswünsche wurden bereits im Vorfeld der Messe für feste Ge sprächstermine mit den Ausstellern angemeldet. Die Sächsische Landesärztekammer beteiligte sich zum zweiten Mal an dieser Fachmesse. An ihrem Stand warb sie für den interessanten, ab wechslungsreichen und anspruchs vollen Beruf der Medizinischen Fachangestellten (MFA). Für alle Fragen rund um das Berufsbild standen den zahlreichen Interessenten die Mitarbeiterinnen des Referates Medi- 238 Beratungsgespräch am Stand der Sächsischen Landesärztekammer zinische Fachangestellte der Sächsischen Landesärztekammer zur Verfügung. Aus dem Praxisalltag ist die MFA nicht wegzudenken. In einigen Regionen werden qualifizierte MFA händeringend gesucht. Schon aus eigenem Interesse sind Praxen daher gefordert, in den Nachwuchs zu investieren, junge Menschen auszubilden und durch attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sowie Aufstiegsmöglichkeiten an ihre Arbeitsplätze zu binden. Die Rahmenbedingungen auf dem Ausbildungsmarkt haben sich ve r ändert. Seit 2007 ist die Zahl der Schüler, die einen Ausbildungsplatz © SLÄK suchen, deutlich zurückgegangen. Mehr junge Menschen als bisher streben ein Studium an. Gleichzeitig haben aber zahlreiche junge Menschen Probleme, den Einstieg in die Ausbildung zu finden. Zum Teil gibt es ein Ungleichgewicht zwischen den Ausbildungsanforderungen und den Qualifikationen der Bewerberinnen und Bewerber. Die Beratungsgespräche ermöglichen eine qualifizierte Information der SchülerInnen über das Berufsbild der MFA, die Ausbildungsvoraussetzungen und Ausbildungsanforderungen. Marina Hartmann Leitende Sachbearbeiterin Referat Medizinische Fachangestellte Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Mitteilungen der Geschäftsstelle Fachsprachen prüfung für ausländische Ärzte Seit dem 1. Mai 2016 hat die Landesdirektion Sachsen bei der Erteilung der Approbation bzw. einer Berufserlaubnis zu prüfen, ob der Antragsteller über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Nach Einzelfallprüfung wird der Antragsteller durch die Landesdirektion Sachsen aufgefordert, einen Fachsprachentest zu absolvieren. Mit der Durchführung der Fachsprachenprüfungen für Ärzte wurde die Sächsische Landesärztekammer beauftragt. Die Fachsprachenprüfung dient dabei der behördlichen Aufklärung zum Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen zur Erteilung der Approbation. Es handelt sich damit um ein Sachverständigengutachten. Die Fachsprachenprüfungen für Ärzte finden in der Sächsischen Landesärztekammer statt. Organisatorisch werden sie durch das Referat Weiterbildung / Prüfungswesen be treut. Die ersten Mitglieder der Prüfungskommission Fachsprache wurden bereits durch den Vorstand der Sächsischen Landesärztekammer berufen. Bei der Vorbereitung der Einführung der Fachsprachenprüfungen wurde die Sächsische Landesärztekammer von Mitgliedern der Ärztekammer Westfalen Lippe fachlich unterstützt, die im April 2016 auch eine Informationsveranstaltung für die ersten zukünftigen Fachsprachenprüfer in Dresden durchführten. Die ersten Prüfungstermine sind für Ende Juli/ Anfang August 2016 geplant. Der Test dauert mindestens 60 Minuten und umfasst folgende Teile zu je 20 Minuten: a) ein Anamnesegespräch mit einem (gespielten) Patienten, b) Anfertigung eines ärztlichen Kurzberichtes über das geführte Anam nesegespräch, c)Weitergabe der im Anamnesegespräch erhaltenen Informationen an einen Arzt im Rahmen eines Übergabegespräches, Absprache möglicher Diagnosen, Maßnahmen und Therapien. Ärzte müssen über Fachsprachenkenntnisse im berufsspezifischen Kontext orientiert am Sprachniveau der Niveaustufe C1 (GER) verfügen. Dafür sind folgende fachspezifische Sprachanforderungen zu erfüllen: ■ Sie müssen ihre Patienten inhaltlich ohne wesentliche Rückfragen verstehen und sich insbesondere so spontan und so fließend verständigen können, dass sie in der Lage sind, sorgfältig die Anamnese zu erheben, Patienten sowie deren Angehörige über erhobene Befunde sowie eine festgestellte Erkrankung zu informieren, die verschiedenen Aspekte des weiteren Verlaufs darzustellen und Vor- und Nachteile einer geplanten Maßnahme sowie alternativer Behandlungsmöglichkeiten zu erklären, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. ■ In der Zusammenarbeit mit Kollegen sowie Angehörigen anderer Berufe müssen sie sich so klar und detailliert ausdrücken können, dass bei Patientenvorstellungen sowie ärztlichen Anordnungen und Weisungen Missverständnisse sowie hierauf beruhende Fehldiagnosen, falsche The rapieentscheidungen und Therapiefehler ausgeschlossen sind. ■ Darüber hinaus müssen sie die deutsche Sprache auch schriftlich angemessen beherrschen, um Krankenunterlagen ordnungsgemäß führen und ärztliche Beschei nigungen ausstellen zu können. Bewertung der Prüfung Die Prüfungskommissionen bestehen aus drei Personen, von denen mindestens zwei Ärzte sind. Die Mitglieder der Kommissionen nehmen die Bewertung der Prüfung nach einem einheitlichen, strukturierten Schema gemeinsam vor und teilen das Ergebnis unmittelbar nach der Prüfung dem Prüfungskandidaten mit. Das Prüfungsergebnis wird im Anschluss der Approbationsbehörde mitgeteilt. Die weitere Bearbeitung erfolgt dort. Im Falle des Nichtbestehens kann die gesamte Fachsprachenprüfung mehrmals wiederholt werden. Die Anzahl der Wiederholungsprüfungen ist nicht begrenzt. Für jede Prüfung ist eine Gebühr zu entrichten. Ausführliche Informationen zur Prüfung stehen unter www.slaek.de bei Ärzte / Ausländische Ärzte / Fachsprachenprüfungen. Dr. med. Patricia Klein Ärztliche Geschäftsführerin Ablauf der Fachsprachenprüfung Der Fachsprachentest findet in Form einer Einzelprüfung statt, in der die mündliche und schriftliche Kommunikationsfähigkeit des Antragstellers im berufsspezifischen Kontext überprüft wird. Das Fachwissen des An tragstellers wird nicht überprüft. Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 239 Mitteilungen der KVS Verschiedenes Ausschreibung von Vertragsarztsitzen Von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen werden gemäß § 103 Abs. 4 SGB V folgende Vertragsarztsitze in den Planungsbereichen zur Übernahme durch einen Nachfolger ausgeschrieben: Bitte beachten Sie folgende Hinweise: *) Bei Ausschreibungen von Fachärzten für Allgemeinmedizin können sich auch Fachärzte für Innere Medizin bewerben, wenn sie als Hausarzt tätig sein wollen. Bei Ausschreibungen von Fachärzten für Innere Medizin (Hausärztlicher Versorgungsbereich) können sich auch Fachärzte für Allgemeinmedizin bewerben. sorgungsebenen sind auf der Homepage der KVS (www.kv sachsen.de → Mitglieder → Arbeiten als Arzt → Bedarfsplanung und sächsischer Bedarfsplan) abrufbar. Bitte geben Sie bei der Bewerbung die betreffende Registrierungs-Nummer (Reg.-Nr.) an. Nähere Informationen hinsichtlich des räumlichen Zuschnitts sowie der arztgruppenbezogenen Zuordnung zu den einzelnen Planungsbereichen bzw. Ver- Es wird darauf hingewiesen, dass sich auch die in den Wartelisten eingetragenen Ärzte bei Interesse um den betreffenden Vertragsarztsitz bewerben müssen. Bezirksgeschäftsstelle Chemnitz Reg.-Nr. Fachrichtung 16/C025 Kinder- und Jugendmedizin Planungsbereich Bewerbungsfrist Allgemeine fachärztliche Versorgung Chemnitz, Stadt 24.06.2016 Schriftliche Bewerbungen sind unter Berücksichtigung der Bewerbungsfrist an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, Bezirksgeschäftsstelle Chemnitz, Postfach 11 64, 09070 Chemnitz, Tel. 0371 2789-406 oder -403 zu richten. Bezirksgeschäftsstelle Dresden Reg.-Nr. Fachrichtung Planungsbereich Bewerbungsfrist 16/D028 Kinder- und Jugendmedizin Dresden, Stadt 24.06.2016 16/D029 Kinder- und Jugendmedizin Riesa-Großenhain 11.07.2016 16/D030 Psychologische Psychotherapie – Verhaltenstherapie (hälftiger Vertragspsychotherapeutensitz) Weißeritzkreis 24.06.2016 Allgemeine fachärztliche Versorgung Schriftliche Bewerbungen sind unter Berücksichtigung der Bewerbungsfrist an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, Bezirksgeschäftsstelle Dresden, Schützenhöhe 12, 01099 Dresden, Tel. 0351 8828-310 zu richten. Aufruf zur Publikation von Beiträgen Sächsische Ärz te können jederzeit praxisbezogene, klinisch relevante medizinisch-wissenschaftliche Beiträ ge und Übersichten mit diagnosti schen und therapeutischen Empfehlungen, berufspolitische, gesundheitspolitische und medizingeschichtliche Artikel zur Veröffentlichung im „Ärzteblatt Sachsen“ einreichen (E-Mail: redaktion@ slaek.de). Die Manuskripte sollten in didaktisch klarem, allgemein verständlichem Stil verfasst sein. Unter www.slaek.de sind die Autorenhinweise nachzulesen. 7. Seniorenausfahrt der Kreisärzte kammer Zwickau Die Kreisärztekammer Zwickau lädt am 29. September 2016 zur 7. Seniorenausfahrt ein. Die Tagesfahrt führt nach Coburg und dort vor allem auf die Veste Coburg. Die Ausfahrt beginnt 7.00 Uhr ab Betriebshof der Firma „Kaiser-Reisen“, Lengenfelder Straße 155, 08064 Zwickau. Weitere Details ent- nehmen Sie bitte dem Einladungsschreiben, welches jedes Mitglied der Kreisärztekammer Zwickau im „Seniorenalter“ erhalten hat. Bitte senden Sie die verbindliche Reiseanmeldung bis zum 15. Juli 2016 an die: Kreisärztekammer Zwickau z. Hd. Frau Martin Ronneburger Str. 106 08412 Werdau Dr. med. Stefan Hupfer Vorsitzender der Kreisärztekammer Zwickau Prof. Dr. med. habil. Hans-Egbert Schröder Vorsitzender des Redaktionskollegiums „Ärzteblatt Sachsen“ 240 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Mitteilungen der KVS Bezirksgeschäftsstelle Leipzig Reg.-Nr. Fachrichtung Planungsbereich Bewerbungsfrist 16/L019 Allgemeinmedizin*) Leipzig 11.07.2016 16/L020 Praktische/r Arzt/Ärztin*) Leipzig 11.07.2016 16/L021 Kinder- und Jugendmedizin/Kinder-Nephrologie Leipzig, Stadt 11.07.2016 16/L022 Neurologie Leipzig, Stadt 24.06.2016 Hausärztliche Versorgung Allgemeine fachärztliche Versorgung Schriftliche Bewerbungen sind unter Berücksichtigung der Bewerbungsfrist an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, Bezirksgeschäftsstelle Leipzig, Braunstraße 16, 04347 Leipzig, Tel. 0341 2432-153 oder -154 zu richten. Abgabe von Vertragsarztsitzen Von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen werden folgende Vertragsarztsitze zur Übernahme veröffentlicht: Bezirksgeschäftsstelle Chemnitz Fachrichtung Planungsbereich Bemerkung Hausärztliche Versorgung Allgemeinmedizin*) Glauchau geplante Abgabe: 01.07.2016 Allgemeinmedizin*) Zwickau geplante Abgabe: 3. Quartal 2017 Allgemeinmedizin*) Freiberg geplante Abgabe: ab dem 4. Quartal 2017 Interessenten wenden sich bitte an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, Bezirksgeschäftsstelle Chemnitz, Postfach 11 64, 09070 Chemnitz, Tel. 0371 2789-406 oder -403. Bezirksgeschäftsstelle Dresden Fachrichtung Planungsbereich Bemerkung Hausärztliche Versorgung Allgemeinmedizin*) Görlitz Abgabe: ab sofort Allgemeinmedizin*) Weißwasser Abgabe: I/2017 Allgemeinmedizin*) Weißwasser Abgabe: I/2017 Allgemeinmedizin*) Zittau Ort: Großschönau Abgabe: 2017/2018 Allgemeinmedizin*) Löbau Ort: Herrnhut Abgabe: III/2018 Allgemeinmedizin*) (Vertragsarztsitz in einer Berufsausübungsgemeinschaft) Weiterführung in jeder Form möglich Zittau Ort: Kurort Jonsdorf Abgabe nach Vereinbarung Interessenten wenden sich bitte an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, Bezirksgeschäftsstelle Dresden, Schützenhöhe 12, 01099 Dresden, Tel. 0351 8828-310. Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 241 Originalie Interventioneller Vorhofohrverschluss – Wer? Wie? Was? C. Mues, K. Ibrahim, U. Speiser, M. Hubald, R. H. Strasser Technische Universität Dresden, Herzzentrum Dresden, Universitätsklinik, Dresden Der interventionelle Vorhofohrverschluss ist eine leitliniengerechte Therapiemöglichkeit von Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern, die nicht mit einer Langzeitantikoagulation behandelt werden können. Hintergrund und Indikation Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung weltweit. Bei nicht valvulärem Vorhofflimmern entstehen 90 % der zur kardialen Embolie führenden Thromben im linken Vorhofohr („left atrial appendage“, LAA). Bei valvulär bedingtem Vorhofflimmern (definiert als rheumatisch bedingtes oder durch klappenprothetischen Ersatz bedingtes Vorhofflimmern) entstehen nur ca. 50 % der Thromben im LAA. Zur Verhinderung von Thrombembolien wird leitliniengerecht ab einem CHA2DS2-VASc-Score > 1 eine orale Antikoagulation empfohlen (Info box 1). Zur Antikoagulation bei nicht valvulärem Vorhofflimmern stehen aktuell Vitamin-K-Antagonisten, He parine, direkte Faktor-Xa-Inhibitoren (Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban) und direkte Thrombininhibitoren (Dabigatran) zur Verfügung. Hierdurch kann das Risiko einer vorhofflimmerbedingten Thrombembolie um ca. 70 % reduziert werden. Vor Infobox 1: Mit dem CHA 2DS2-VASc-Score kann das patientenindividuelle Thromb embolie-Risiko bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern berechnet werden. Ab einem Punktwert von > 1 ist eine orale Antikoagulation bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern indiziert. Infobox 2: Mit dem HAS-BLED-Score kann das patientenindividuelle Blutungsrisiko eruriert werden. Ab einem Punktwert > 3 gilt das Blutungsrisiko als hoch. 242 Beginn einer Behandlung mit Antikoagulantien sollte das patientenindividuelle Blutungsrisiko durch den HASBLED-Score (Infobox 2) ermittelt werden. Ab einem Punktwert von >3 gilt das Risiko für schwere Blutungen als hoch (1). Bei Patienten mit stattgehabter Blutungskomplikation oder Kontraindikationen gegen eine Behandlung mit Antikoagulantien und gleichzeitig bestehender Notwendigkeit zur Antikoagulation bei Vorhofflimmern, stehen die behandelnden Ärzte vor einem Dilemma. In der ESC-Leitlinie von 2012 zum Management von Vorhofflimmern wird bei Kontraindikation zur OAK der interventionelle Vorhofohrverschluss mit einer IIb Indikation empfohlen. Hintergrund dieser Empfehlung ist, dass eine effektive Vermeidung von Thrombembolien in dieser Situation nicht durch eine Thrombozytenhemmung zu erzielen ist (2). Erste Erfahrungen zum interventionellen Vorhofohrverschluss wurden 2001 mit dem Okkluder PLAATO Device von Appriva Medical gesammelt. Die aktuell verfügbaren Devices stellen im Wesentlichen Weiterentwicklungen dieses ersten Okkluder dar. Mit der ersten, großen, prospektiv-randomisierten Studie 2009 zum interventionellen Vorhofohrverschluss, der PROTECT AF Studie, fand der interventionelle Vorhofohrverschluss Einzug in die klinische Routine. Mittlerweile wurden ca. 25.000 Patienten in Deutschland mit einem Vorhof ohrverschluss behandelt. Alleine 2015 wurden ca. 5.000 interventionelle Vorhofohrverschlüsse durchgeführt, so dass diese Behandlungsform als Routinetherapie anzusehen ist. Der interventionelle Vorhofohrverschluss ist unter dem Operationenund Prozedurenschlüssel (OPS) 8-837.s und der Diagnosis Related Group (DRG) F95A hinterlegt und wird mit einem Relativgewicht von 2,899 gewichtet. Hieraus ergibt sich ein Erlös von ca. 9.300 Euro. Ein Vorhofohrverschluss wird fünf Jahre nach Implantation kostengünstiger als eine Therapie mit direkten oralen Antikoagulantien. Im Vergleich zu einer PhenprocoumontheÄrzteblatt Sachsen 6 / 2016 Originalie rapie werden durch den Vorhohrverschluss nach zehn Jahren Kostenersparnisse erreicht (12). Vorhofohrverschluss – Patientenauswahl Idealerweise sollten bei Patienten mit Indikation zum LAA Verschluss keine Nebenerkrankungen bestehen, die eine Antikoagulation erfordern oder ein konkomittierendes Risiko für einen Schlaganfall darstellen. Je nach Art der Nebenerkrankung kann der Vorhofohrverschluss hierdurch kontraindiziert sein (zum Beispiel mechanische Herzklappe) oder be darf einer individuellen Abwägung (zum Beispiel rezidivierende Bein venenthrombosen). Ein interventioneller LAA-Verschluss soll weiterhin nicht durchgeführt werden, wenn zusätzliche Erkrankungen bestehen, die eine kardiochirurgische Operation erfordern. Patienten mit Indikation zum Vorhofohrverschluss sollten präinterventionell eine transösophageale Echokardiografie (TEE) erhalten, um die Be schaffenheit des LAA und des intra atrialen Septums (IAS) beurteilen zu können. Alternativ kann ein hochauflösendes Cardio-CT mit niedriger Strahlenbelastung Verwendung finden. Eingangsdurchmesser und Tiefe des LAA müssen ermittelt werden. Zur genaueren Beurteilung der Eingangsebene eignet sich eine 3D-Darstellung. Das LAA sollte zum Zeitpunkt des Verschlusses thrombenfrei sein (3). Vorhofohrverschluss – Technik Beim interventionellen Vorhofohrverschluss wird bei Patienten mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern das LAA mit einem Implantat verschlossen. In Europa gibt es derzeit zwei Systeme, die kommerziell erhältlich sind: Watchman-Device (Boston Scientific) (Abb. 1) und Amplatzer Cardiac Plug 2 – Amplatzer Amulet Left Atrial Appendage Occluder (St. Jude Medical) (Abb. 2) (4). Die verschiedenen Vorhofohr-Okkluder werden interventionell ähnlich implantiert (Abb. 3a, b). Die Intervention wird in einem Herzkatheterlabor unter Analgosedierung durchgeführt. Empfohlen ist der gleichzeitige Einsatz von Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 fluoroskopischer und transösophagealer echokardiografischer Kontrolle der Implantation. Zugangsweg zur Okkluder-Implantation ist die V. femoralis. Nach transseptaler Punktion wird ein Applikationskatheter in das LAA vorgebracht und mittels Kontrastmittel angiografisch dargestellt. Der passende Okkluder wird durch den Applikationskatheter in das LAA vorgebracht. Bei Rückzug des Applikationskatheter entfaltet sich der Okkluder im LAA und verschließt dieses. Sitzt der Okkluder nicht richtig, führt man ihn in den Applikationskatheter zurück und unternimmt einen Repositionierungsversuch. Bei korrektem Sitz lässt man den Okkluder vom Applikationskatheter frei. Die Eingriffszeit beträgt durchschnittlich ca. 45 Minuten. Im Anschluss an die Intervention ist eine transthorakale Echokardiografie erforderlich, um schwere Komplikationen, insbesondere einen Perikard erguss oder ‑tamponade auszuschließen. Die Patienten sollten einen weiteren Tag zur Beobachtung in der Klinik verbleiben und können am Folgetag bei komplikationsloser Intervention entlassen werden. Abb. 1: Das Watchman-Device von Boston Scientific besteht aus einem selbstexpandierenden Nitinolrahmen, an dem zehn Fixierungshaken befestigt sind. Die Oberfläche wird von einer PET-Schicht (PET=Polyethylenterephthalat) bedeckt. Das Device ist in verschiedenen Größen verfügbar und wird in einem vorgeladenen Applikationskatheter geliefert. In dieser Abbildung ist es noch am Applikationskatheter verschraubt. Hierüber ist eine Repositionierung (Recapture) bei nicht optimaler Platzierung im LAA möglich. Nach korrekter Positionierung im LAA wird es vom Applikationskatheter abgeschraubt und versiegelt das LAA Ostium. © Boston Scientific, 2016 Postinterventionelle Gerinnungshemmung Da die Oberfläche des Okkluders unmittelbar nach interventionellem Vorhofohrverschluss als thrombogen gilt, muss eine Antikoagulation/ Thrombozytenhemmung bis zur Endothelialisierung eingenommen werden. 3 – 6 Monate werden für die Endothelialisierung benötigt. Derzeit wurde lediglich eine Nachbehandlung mit ASS und Clopidogrel für 3 – 6 Monate mit anschließender ASS-Monotherapie bei Patienten mit Kontraindikation gegen OAK untersucht. Hiervon kann in individuellen Fällen abgewichen werden. Bei Patienten mit hoher Blutungswahrscheinlichkeit muss das Ziel sein, nach 6 Monaten keine blutverdünnenden Medikamente verordnen zu müssen (5, 6). Sicherheit der Prozedur Ein wesentlicher Punkt, der bei interventionellen Verfahren nicht außer Abb. 2: Der AMPLATZER Amulet Left Atrial Appendage Occluder von St. Jude Medical: Er besteht aus einem selbstexpandierenden dreiteiligen flexiblen Nitinolgeflecht. Distal befindet sich eine mit Fixierungshaken und Polyestergewebe ausgestattete Verankerungsscheibe, die Lobe genannt wird und sich dem Ostium des LAA anpasst. Lobe ist über eine flexible Taille mit der 4–6 mm größeren Abschlussscheibe, Disc genannt, verbunden, die den Eingang des LAA wie ein Schnuller verschließt. Der ACP kann auch bei geringer Tiefe des LAA implantiert werden, da er speziell für niedrige Landungszonen entwickelt wurde. Der ACP ist ebenfalls in verschiedenen Größen verfügbar. © St. Jude Medical, 2016 Acht gelassen werden darf, ist die periprozedurale Sicherheit. Naturgemäß entstehen bei einem interventionellen Verfahren periprozedurale Komplikationen, die jedoch für den LAA-Verschluss nicht mit einem statistischen Nachteil einhergehen. 95 % der sicherheitsrelevanten Ereignisse treten während oder kurz nach der Intervention auf. Sicherheitsrelevante Ereignisse sind vor allem: Perikardergüsse (bis max. 5 % in großen Stu- 243 Originalie einem erhöhten Thrombembolie risiko vergesellschaftet (Abb. 4). Bei einem Restfluss > 5mm besteht prinzipiell die Indikation zur Fortführung einer oralen Antikoagulation (5, 6). Studienlage Das Watchman-Device ist der einzige Okkluder, der bisher in zwei prospektiven randomisierten Studien untersucht wurde. Es ist der in Studien am umfangreichsten untersuchte LAAOkkluder. Abb. 3a: © St. Jude Medical, 2016 Abb. 3b: Die Okkluder-Implantation ist bei beiden Device-Typen ähnlich (a: Amplatzer Cardiac Plug, b: Watchman). Über einen (meist rechts) femoralen Zugang wird der Applikationskatheter via transseptaler Punktion in das LAA vorgebracht und unter transösophagealer und fluoroskopischer Führung im LAA positioniert. Im LAA wird der Okkluder anschließend entfaltet und das LAA damit verschlossen. Im IAS verbleibt ein minimaler iatrogener ASD II, welcher sich in der Regel von selbst verschließt. © Boston Scientific, 2016 dien), periinterventionelle Schlaganfälle (bis 1 %, meist Luftembolien), periinterventioneller Device-Verlust (0,6 %), Thrombenbildung am Device (4,2 %) (7). Nachsorge Echokardiografische Kontrollen des Okkluders mit TEE 45 Tage, sechs Monate und zwölf Monate nach 244 Implantation sind sinnvoll. Hierbei sollte nach eventuell anhaftenden Thromben gesucht werden, die in der Regel gut mit niedermolekularem Heparin über vier Wochen behandelt werden können. Außerdem sollte auf einen Restfluss am LAA geachtet werden. Derzeit wird ein Restfluss bis 5mm als unproblematisch erachtet und ist nicht mit Die PROTECT-AF-Studie (PROTECT-AF = PROTECTion in Patients with Atrial Fibrillation) ist eine multizentrische, prospektive, randomisierte Studie, in die 707 Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern ohne Kontraindikation gegen OAK eingeschlossen wurden und 2 : 1 in Device- und Warfaringruppe randomisiert wurde. Nach einem mittleren Follow-up von vier Jahren ergibt sich mit 2,3 % primären Endpunktereignissen (definiert als: Schlaganfall [ischämisch und hämorrhagisch], kardiovaskulär bedingter Tod, systemische Embolie) pro Jahr in der Device-Gruppe und 3,8 % primären Endpunktereignissen in der Vitamin K -Gruppe eine statistische Überlegenheit für die Devicetherapie. Es wird eine relative Risikoreduktion von 38 % erreicht. Bei den Sicherheitsendpunkten (Perikard erguss, Device-Verlust, Blutungskomplikationen) ergeben sich nach vier Jahren Followup 3,6 %/Jahr Sicherheitsendpunkte in der DeviceGruppe und 3,1 %/Jahr in der VKAGruppe. Hier besteht statistische Nichtunterlegenheit des Devices im Vergleich zur VKA-Gruppe (8). Die PREVAIL-Studie (PREVAIL = Prospective Randomized EVAluation of the WATCHMAN™ LAA Closure Device In Patients with Atrial Fibrillation Versus Long Term Warfarin Therapy) ist die zweite prospektiv randomisierte Studie. 461 Patienten ohne Kontraindikation gegen eine OAK wurden 2 : 1 in Device- und Warfarin-Gruppe randomisiert. Die untersuchten Endpunkte waren mit denen der PROTECT AF Studie identisch. Eine im kombinierten primären Endpunkt überdurchschnittlich gut ab Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Originalie – Praxisklinik Herz und Gefäße, Dresden – Elblandklinikum Riesa – Lausitzer Seenlandklinikum Hoyerswerda – Helios Klinikum Aue Erste Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit wurden zur Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Kardiologie 2016 im März in Mannheim vorgestellt. Im ORIGINAL Register wurden fast ausschließlich Patienten mit Kontraindikation gegen eine OAK eingeschlossen und mit einem Vorhofohrokkluder versorgt. Bei bisher 129 untersuchten Patienten konnte in diesem „real world“ Patientenregister eine gute Sicherheit und Wirksamkeit des LAA-Verschlusses, vergleichbar zu den oben genannten großen Studien, im ersten Follow up gezeigt werden. Langzeitdaten stehen in diesem Register noch aus. Zusammenfassung Abb. 4: Durch die ovale Form des LAA ist eine vollständige Versiegelung durch den Okkluder nicht in jedem Fall möglich, so dass Restflüsse vorkommen. Noch ist nicht geklärt, ab welchem Ausmaß der Schutz durch den Okkluder verringert wird. Zurzeit wird ein Restfluss von >5mm als kritisch angesehen. schneidende Warfarin-Gruppe (2,9 % in 18 Monaten) bewirkt, dass das Device (5,3 % in 18 Monaten) keine statistische Nichtunterlegenheit er reicht. Diese wird nur erreicht, wenn der Zeitraum sieben Tage nach Implantation bis 18 Monate nach Implantation verglichen wird (9). Es ist zu betonen, dass die beschriebenen großen prospektiv randomisierten Studien allesamt Patienten ohne Kontraindikationen gegen eine OAK untersuchten und daher nicht das Patientenkollektiv beschreibt, dass leitliniengerecht mit einem LAAOkkluder versorgt werden sollte. Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Daher wurden einzelne nicht randomisierte Registerstudien initiiert (10). So auch das ORIGINAL Register (saxOnian RegIstry analyzinG and followINg left atrial Appendage cLosures), welches ein multizentrisches, prospektives Register aus Ostsachsen ist. Teilnehmende Zentren sind: – Technische Universität Dresden, Herzzentrum Dresden, Universitätsklinik – Städtisches Klinikum DresdenFriedrichstadt – Klinikum Pirna Der interventionelle Vorhofohrverschluss ist eine leitliniengerechte Therapiemöglichkeit bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und Indikation zur oralen Antikoagulation, die nicht mit Langzeit-OAK behandelt werden können. Die Implantation ist sicher und bietet einen vergleichbaren Schutz vor Thrombembolien zu einer Antikoagulation mit einem Vitamin K Antagonisten. Vor einem geplanten interventionellen Verschluss müssen bildgebende Untersuchungen (TEE, CT) stattfinden, um das LAA zu beurteilen. Postinterventionell muss für drei bis sechs Monate eine Therapie mit Antikoagulantien verschiedener Art durchgeführt werden, um eine Endothelialisierung des Devices zu ermöglichen. Hierzu gibt es aktuell noch kein abschließend empfehlenswertes Schema (11). Literatur bei den Verfassern Interessenskonflikte: keine Korrespondenzadresse: Dr. med. Christoph Mues Technische Universität Dresden Herzzentrum Dresden Universitätsklinik Dresden, Klinik für Innere Medizin und Kardiologie Fetscherstraße 76, 01307 Dresden E-Mail: [email protected] 245 Tagungsbericht Medizinische Versorgung von Patienten mit komplexen Behinderungen Tagungsrückblick Die medizinische Versorgung von Patienten mit komplexen Behinderungen stellt für Behandler, Angehörige und nicht zuletzt für die Patienten selbst oftmals eine große Herausforderung dar. Die Schwierigkeiten beginnen in der erschwerten Kommunikation über Beschwerden, die sich häufig eher als unspezifische Verhaltensstörungen bemerkbar machen und reichen hin bis zu ethischen Fragen der Umsetzung einer angemessenen Aufklärung und Einwilligung. Kolleginnen und Kollegen, die in der hausärztlichen Versorgung den Bedarf von Wohnheimen der Behindertenhilfe kennen, kennen auch die engen Grenzen der diagnostischen Möglichkeiten im Hausbesuch. Weiterführende diagnostische Maßnahmen lassen sich häufig nur in Narkose planen, sodass das Narkoserisiko gegen den Informa tionsgewinn abgewogen werden muss. Umfangreiche koordinative Absprachen sprengen meist deutlich den Rahmen ärztlicher Tätigkeit und werden der Notwendigkeit gehorchend ohne Abbildbarkeit der Leistung erbracht. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (https://www. behindertenbeauftragter.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Broschuere_ UNKonvention_KK.pdf?__ blob=publicationFile), die im Artikel 25 das Gesundheitswesen dazu auffordert, für die über die Regelversorgung hinausgehende spezialisierte Versorgung aufgrund von Behinderungen zu sorgen, förderte die Sächsische Landesärztekammer bereits die zweite Tagung zu Aspekten der medizinischen Versorgung von Patienten mit komplexen Behinderungen. Die Unterstützung der Tagung, die am 16. April 2016 in der Sächsischen Landesärztekammer stattfand, reichte so weit, dass sich die Teilnehmer, etwa je zur Hälfte aus Ärztin- 246 Dipl.-Med. Kerstin Jahnke, Carmen Badura, Dr. med. Claudia Eberhard, Anne Wrede, Prof. Dr. med. Andreas Tzschach, Dr. med. Björn Kruse, Dr. med. Katja Albertowski (v.l.n.r.:) © SLÄK nen und Ärzten, vorrangig aus den Fachgebieten Allgemeinmedizin und Psychiatrie und Psychotherapie, und aus Mitarbeitern verschiedener Be rufe aus dem Bereich sozialer Arbeit in der Behindertenhilfe zusammensetzte. Dr. med. Claudia Eberhard, die am Sächsischen Ministerium für Soziales und Verbraucherschutz unter anderem den Bereich Psychiatrische Versorgung vertritt, gab zur Tagung einen Einblick in die Kommunikation zwischen Vertretern der Behindertenhilfe, Vertretern der Ärzteschaft, der Kostenträger und dem Ministerium, die bereits vor Inkrafttreten des neuen §119c SGB V am 16. Juli 2015 initiiert wurde. Im Rahmen des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes wurde mit dem § 119c SGB V (https://dejure.org/gesetze/SGB_V/ 119c.html) in Verbindung mit dem § 43b SGB V (https://dejure.org/ gesetze/SGB_V/43b.html) die gesetzliche Grundlage für die Gründung von Medizinischen Zentren für erwachsene Menschen mit Behinderung (MZEB) geschaffen, sodass be reits Anträge beim Zulassungsausschuss gestellt werden können. Dr. Eberhard mahnte, dass die in ihrem Vortrag erneut dokumentierte Befürwortung mögliche Antragsteller nicht davon entbinden wird, die konzeptionell angedachten Leistungen eines MZEB von bisher möglichen Leistungen der Regelversorgung abzugrenzen und den spezifischen Bedarf zu begründen. Prof. Dr. med. Michael Tzschach, Leiter der Genetischen Ambulanz am Institut für Klinische Genetik, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden, gab einen breiten Überblick über genetische Ursachen von geistiger Behinderung und zeigte die Möglichkeiten der humangenetischen Diagnostik speziell bei Erwachsenen mit geistiger Behinderung auf. Dr. med. Björn Kruse, Oberarzt im Fachbereich Geronto psychiatrie am Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge Berlin, referierte sehr detailliert und praxisnah über die Besonderheiten der Diagnostik und Be handlung von Demenzerkrankungen bei Intelligenzminderung. Die spezialisierte psychiatrische Versorgung wurde am Beispiel der stationären Konzeption heilpädagogisch-psychiatrischer Behandlung am Sächsischen Krankenhaus Großschweidnitz durch die Bereichsoberärztin Dipl.Med. Kerstin Jahnke und an einem Beispiel ambulanter Krisenintervention bei Autismusspektrumstörung durch Dr. med. Katja Albertowski, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie am Universitätsklinikum in Dresden, dargestellt. Leider musste Prof. Dr. med. Michael Seidel seinen Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Tagungsbericht Hauptvortrag zu den Herausforderungen psychiatrischer Fragestellungen bei Patienten mit Intelligenzminderung kurzfristig absagen. Ohne das überregional und politisch wirksame Handeln von Prof. Seidel wäre die neue Gesetzesgrundlage für MZEBs einschließlich der dazu erarbeiteten Rahmenkonzeption (http:// www.diefachverbaende.de/files/ stellungnahmen/2015-10-12-Rahmenkonzeption_MZEB_2015.pdf) nicht auf den Weg und zum Ab schluss gekommen. Daher war allein das Stattfinden der Tagung auch ein Zeugnis seiner richtungsweisenden Arbeit. Abgerundet wurden die medizinisch geprägten Vorträge durch Beiträge aus den Bereichen Soziale Arbeit und Einfache Sprache. Basierend auf einem Rückblick in die Zeit zur politischen Wende lud Carmen Badura, Dozentin für Sozial- und Heilpäda gogik, zur Auseinandersetzung mit unserer Haltung gegenüber Menschen mit Behinderungen ein. Anne Wrede, stellvertretende Leiterin des bundesweit ersten Büros für leichte Sprache, erklärte die Leitlinien zur Gestaltung von Inhalten in Leichter Sprache, die für die Transparenz von medizinischem Handeln für Menschen mit Beeinträchtigungen der Intelligenz eine hohe Relevanz haben. Insgesamt trug die Veranstaltung zur Bewusstseinsbildung und Netzwerkstärkung bei und gab Teilnehmern Verschiedenes mit Praxisbezug umsetzbare Hinweise zu verschiedenen Gesichtspunkten. Die Entwicklung von Konzepten von Medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit Behinderungen wird nun die Aufgabe der Kollegen sein, die in der Praxis die Unterversorgung wahrnehmen. Die Weichen sind gestellt, Initiative und Durchhaltevermögen werden erforderlich sein, wenn es in Sachsen in absehbarer Zeit ein spezialisiertes Behandlungsangebot für Patienten mit komplexen Behinderungen geben soll. Dr. med. Katja Albertowski Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Innovationspreis des Bundesverbandes der Deutschen Dermatologen e. V. Der erste Platz des Innovationspreises des Bundesverbandes der Deutschen Dermatologen e.V. in Höhe von 5.000 Euro wurde am 9. April 2016 an das Leipziger Telemedizinprojekt „Consilium Dermatologicum“ verliehen. Per Telekonsil werden innerhalb dieses Projektes Haus- und Hautärzte insbesondere in ländlichen Regionen miteinander vernetzt, um eine schnelle fachärztliche Vorstellung bei dermatologischen Fragestellungen zu realisieren. In ländlichen Gegenden schwindet die Zahl der niedergelassenen Dermatologen zusehends, was für die Patienten weite Anfahrtswege bis zum nächsten Hautarzt bedeutet. Zudem beträgt die Wartezeit bis zu einem Hautarzttermin oft mehrere Wochen bis Monate. Dieser Verzug bis zur korrekten Diagnosestellung kann für manchen Patienten einen entscheidenden Progress seiner Erkrankung bedeuten. Im Detail übermittelt der Hausarzt den Befund des Patienten mithilfe eines Fotos und gegebenenfalls einer hochauflösenden Detailaufnahme Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Preisverleihung – Innovationspreis BVDD e. V. am 9.4.2016 in Frankenthal. Dr. med. Klaus Strömer, Thomas Kuwatsch, Dr. med. Anna-Theresa Seitz, Prof. Dr. med. habil. Uwe Paasch, Dr. Sebastian Landschulze, Prof. Dr. med. Klaus Fritz (v.l.) © BVDD e.V. sowie die klinischen Angaben des Patienten per Telekonsil über ein sicheres Datennetz an einen teilnehmenden Dermatologen. Der kontaktierte Hautarzt gibt entweder eine Behandlungsempfehlung an den hausärztlichen Kollegen oder ermöglicht bei Bedarf eine zeitnahe Vorstellung in seiner Praxis. Insbesondere das gesetzliche Hautkrebsscreening, das aktuell bei Haus- und Hautärzten stattfindet, kann über das Projekt „Consilium Dermatologicum“ entzerrt werden. Das Projekt „Consilium Dermatologicum“ wurde von den Leipziger Dermatologen Prof. Dr. med. habil. Uwe Paasch und Dr. med. Anna-Theresa Seitz sowie dem Betriebswirt Thomas Kuwatsch entwickelt. Die Projektlaufzeit ist auf drei Jahre angesetzt und der Projektstart für den 1. August 2016 geplant. Perspektivisch ist auch die teledermatologische Vernetzung von niedergelassenen Dermatologen und speziellen Fachkliniken geplant. Aktuell besteht noch die Möglichkeit als interessierte Praxis oder als potenzieller Investor an dem Projekt „Consilium Dermato logicum“ teilzunehmen und das Thema Teledermatologie aktiv zu ge stalten. Dr. med. Anna-Theresa Seitz Consilium Dermatologicum E-Mail: [email protected] 247 Verschiedenes 25 Jahre Kreisärztekammer Dresden Am Sonnabend, dem 7. Mai 2016, beging die Kreisärztekammer Dresden ihr „Silbernes Gründungsjubiläum“ mit einem wunderbaren Fest auf Schloss Albrechtsberg. Ganz in der Nähe des Kammer- Gründungsortes, dem Lingnerschloss, eines der drei Dresdner Elbschlösser, feierten knapp 200 Dresdner Ärztinnen und Ärzte, ehemalige und aktuelle Kreiskämmerer, Medizinstudierende und ihre Angehörigen und Freunde 25 Jahre Kreisärztekammer. Bei wundervollem Frühjahrswetter genossen die Gäste künstlerische Highlights, die in diesem Jahr ausschließlich von ärztlichen Kolleginnen und Kollegen gestaltet wurden. Bereits den heiteren Auftakt auf der Südterrasse des Schlosses umrahmten stilvoll die „Triologinnen“, ein Streichertrio um die Cellistin Dr. med. Anne-Sophie Hajduk. Die Big Band Therapy – die großartige Bigband Dresdner Medizin- und Zahnmedizinstudierender – spielte swingenden Jazz, der die Gäste im Gartensaal nicht auf ihren Sitzen hielt. Später übernahm Smart Evidence die Mikrofone und sorgte nach der mitreißenden Bigband mit Anzeige © SLÄK ihrem ganz speziellen funky Poprock- unnachahmlichen, unterhaltsam-präg Sound dafür, dass die Tanzfläche nanten Weise. Zum einen ließ er unentwegt gefüllt war. multimedial die letzten 25 Jahre In der Kronensaal-Etage spielte die Kreisärztekammertätigkeit Revue Reinhard Stockmann Band zum Ball passieren, wobei unter den feiernauf und unterhielt mit umfassendem den Gästen zahlreiche Erinnerungen Repertoire von klassischer Dinner aufkamen. Zum anderen wurde er Musik über Disco-Klänge bis hin zum zum Auktionator kurz vor Mittergroßen Walzer, sodass alle tanzwüti- nacht, um ganz besondere Auktionsgen Gäste bis in den frühen Mai- güter (wie persönliche Führungen Sonntag hineintanzen konnten. und Konzertkarten) zu versteigern. Die beiden Programm-Höhepunkte Diese Versteigerung fand zu Gunsdes Abends gestaltete Dr. med. Michael ten der „Schmorlschen SammlunNitschke-Bertaud, stellvertretender gen“ des Instituts für Pathologie Vorsitzender der KÄK Dresden und „Georg Schmorl“ des Krankenhauses Wort- und Technik-Akrobat, in seiner Dresden-Friedrichstadt statt und erbrachte zum Auftakt ca. 600 Euro sowie zahlreiche neue Unterstützer des Fördervereins. Der Vorstand der Kreisärztekammer Erzgebirge lädt ein: Die „silberne Geburtstagsfeier“ war in jeglicher Hinsicht – Gäste, Wetter, Stimmung – ein grandioser Abend. Sie zeigte die künstlerische Vielfalt, die allein in der hiesigen Ärzteschaft vertreten ist, sodass sicherlich auch auf den kommenden Veranstaltungen vor allem unsere eigenen Kolleginnen und Kollegen gebeten werden, ihre künstlerischen Fähigkeiten EMPFANG AB 18.30 UHR zu präsentieren. Und sie war besonders erfreulich in der Hinsicht, dass GÄSTEHAUS WOLFSBRUNN mit den Medizinstudierenden 2016 die nächste ärztliche, aber auch Stein 8, 08118 Hartenstein künstlerisch begabte und berufspolitisch interessierte Mediziner-Generation zu Gast war. Wir empfehlen eine rechtzeitige Anmeldung, da die Plätze begrenzt sind und die Anmeldung in Auf ein Neues – 2017! Tanz in den Sommer © 2016 // Gestaltung: www.beuthner-konzepte.de FREITAG, 24. JUNI 2016 der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt werden. Der Preis für die Karte beträgt 65 EUR / pro Person. Ihre Anmeldung richten Sie bitte an die Kartenreservierung: Telefon: 03771/32161 248 anzeige_KAEK_16.indd 1 Dr. med. Katharina Schmidt-Göhrich Vorsitzende der Kreisärztekammer Dresden (Stadt) 27.04.16 09:41 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Personalia Prof. Dr. sc. med. Erich Müller zum 80. Geburtstag Prof. Dr. med. Erich Müller wurde am 18. Mai 1936 in Wulka (Polen) geboren. Sein Abitur legte er 1955 in Großenhain ab und studierte an schließend Humanmedizin an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifs wald und an der Universität Rostock. 1960 erhielt er die ärztliche Approbation. Sein Mentor, Prof. Dr. med. Wolfgang Dürwald, begeisterte ihn für das Fachgebiet Gerichtliche Medizin und somit absolvierte er von 1961 bis 1964 eine Facharztausbildung an der Universität Leipzig sowie Weiterbildungen auf dem Gebiet der Pathologie (1963/64) und der Neurologie und Psychiatrie (1964/65). 1965 erlangte er die Anerkennung als Facharzt für Gerichtliche Medizin. Unter dem Ordinariat von Prof. Dürwald fertigte er seine Promotion „Der Suizid – unter besonderer Be rücksichtigung der Stadt Leipzig“ an, die er 1964 erfolgreich verteidigte. 1971 wurde er zum 1. Oberarzt am Institut für Gerichtliche Medizin der Martin-Luther-Universität Halle er nannt und erlangte 1974 die Lehr befähigung (Facultas docendi) für Gerichtliche Medizin. Unter Vorlage der wissenschaftlichen Arbeit zum Thema „Histochemische und physikochemische Methoden zur Beurteilung vitaler Reaktionen. Experimen- Prof. Dr. sc. med. Erich Müller © privat telle Studien an der Rattenhaut“ habilitierte sich Erich Müller 1978 an der Universität Halle und wurde hier am 1. Februar 1978 zum Hochschuldozenten für Gerichtliche Medizin berufen. Zum 1. September 1985 wurde Prof. Dr. Müller als ordentlicher Professor für Gerichtliche Medizin an die Medizinische Akademie Dresden berufen und mit der Leitung des Instituts für Gerichtliche Medizin be traut. Er führte das Institut erfolgreich durch die Zeit nach der Wiedervereinigung, wurde zum 1. April 1994 als C4-Professor berufen und leitete das Institut auch nach seiner Umbenennung in Institut für Rechtsmedizin an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden (1994) bis zu seiner Emeritierung 2001. In seinen über 100 Publikationen setzte sich Prof. Dr. Müller insbesondere mit der klassischen Gerichtsmedizin, der Histochemie, der Histologie und der Serologie auseinander. Besonders in Erinnerung geblieben ist auch die Organisation der ersten gemeinsamen Tagung der Rechtsmediziner aus den neuen und alten Bundesländern 1990 in Dresden. Prof. Dr. Müller war immer eine intensive Kommunikation sowohl mit den Vertretern der Staatsanwaltschaften als auch den Polizeidienststellen auf hohem wissenschaftlichem Niveau besonders wichtig. Dies kam auch in der Anerkennung, Hochachtung und Sympathie dieser Stellen gegenüber Herrn Prof. Dr. Müller zum Ausdruck. In seiner Zeit als Direktor des Instituts für Rechtsmedizin in Dresden war er stets für seine Mitarbeiter ein fachlich hochkompetenter, aber auch ein menschlich kollegialer Ansprechpartner. Auch nach seiner Emeritierung stellte er sein Fachwissen weiterhin dem Institut zur Verfügung, wofür ihm an dieser Stelle nochmals von den Mitarbeitern gedankt werden soll. Die Mitarbeiter des Instituts gratulieren Herrn Prof. Dr. Erich Müller nachträglich zu seinem Ehrentag und wünschen ihm vor allem weiterhin eine stabile Gesundheit, viel Zeit mit seiner Frau und seiner Familie und noch viele weitere besondere Ehrentage. Prof. Dr. med. habil. Christine Erfurt, Dresden Anzeige Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 249 Personalia Prof. Dr. med. habil. Gerhard Richter zum 80. Geburtstag Zu den Achtzigern, denen man acht vollendete Lebensjahrzehnte weder anmerkt noch ansieht, zählt zweifelsohne Prof. Dr. med. habil. Gerhard Richter. Er wurde am 9. Juni 1936 in Pirna geboren und hat seine berufliche Laufbahn als Dermatologe in Dresden begonnen und auch beendet. Offenbar ist er der Empfehlung William Somerset Maughams gefolgt „Man soll dort bleiben, wo man sich glücklich fühlt. Glück ist ein transportempfindliches Möbelstück.“ Auch unter dieser Prämisse war sein beruflicher Werdegang voller Herausforderungen. Als stellvertretender Klinikdirektor der Hautklinik der Medizinischen Akademie „Carl Gustav Carus“ und des späteren Universitätsklinikums Carl Gustav Carus hat er drei Klinikdirektoren ganz unterschiedlicher Couleur souverän auf Augenhöhe begleitet. Seine ausgewogenen Ratschläge und seine weitsichtige Kreativität waren allseits geschätzt. Niemals hat er sich in den Vordergrund gedrängt, sondern stets eine wohltuende Bescheidenheit bewahrt. Besonders auf den Gebieten der Berufsdermatologie und der medizinischen Informatik leistete er Pionier- kommissarischen Klinikdirektors der Hautklinik in den Jahren 1995/96. Es gelang ihm in dieser schwierigen Zeit das Leistungsspektrum der Klinik auf hohem Niveau zu stabilisieren und damit die Basis für eine geordnete Amtsübergabe zu bereiten. Auch hier kam sein sachlicher, oft von feinsinnigem Humor aufgefrischter Führungsstil zum Tragen. Prof. Dr. med. habil. Gerhard Richter © privat arbeit, was mit seiner 1974 verteidigten Promotion B (Habilitation) besiegelt wurde. Darüber hinaus entwickelte er sich zu einem national und international anerkannten Ex perten auf den Feldern der Allergologie, Dermatotherapie und Dermatostomatologie. Letztere Aktivitäten sind auch in das zusammen mit Prof. Dr. med. habil. Joachim Barth und Prof. Dr. med. habil. Peter Altmeyer verfasste Dermatologie-Lehrbuch für Zahnmediziner eingeflossen. 2001 wurde Prof. Dr. Gerhard Richter in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. In dieser neuen Lebensphase blieb er der Dermatologie in vielfältiger Weise verbunden. Zusammen mit seiner lieben Ehefrau, einer gestandenen Stomatologin, widmete er sich aber auch vermehrt den anstehenden großelterlichen Pflichten. Eine besondere Freude hat ihm die bemerkenswerte journalistische und schriftstellerische Karriere seines Sohnes Peter bereitet. Somit darf er mit Fontane sicherlich erfüllt resümieren „Auch die Jagd nach dem Glück. All derlei Sachen, Ich lasse sie längst durch Andere machen“. Möge er dies noch viele Jahre in Wohlbefinden genießen können. Folgerichtig wurde Prof. Dr. Gerhard Richter 1976 zum Hochschuldozenten und 1984 zum außerordentlichen Professor berufen. Eine seiner größten beruflichen He rausforderungen war zweifelsohne die Übernahme der Funktion des Prof. Dr. med. habil. Joachim Barth, Leipzig Prof. Dr. med. habil. Günther Sebastian, Dresden Anzeige 250 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Personalia Prof. Günter Blobel, MD, Ph.D. zum 80. Geburtstag Dr. George E. Palade, Nobelpreisträger für Medizin oder Physiologie des Jahres 1974, tätig war. Prof. Blobel stieg an dieser Universität zum John D. Rockefeller Jr. Professor auf. Vom Kriegsflüchtling zum Nobelpreisträger für Medizin oder Physiologie, so ist der Lebensweg von Prof. Günter Blobel zu beschreiben. Am 21. Mai 2016 feierte er seinen 80. Geburtstag. Anlässlich der Verleihung des Nobelpreises für Medizin oder Physiologie am 10. Dezember 1999 an ihn, schrieb der damalige deutsche Bundespräsident Johannes Rau im Glückwunschschreiben: „Damit stehen Sie in der beeindruckenden Reihe der Medizin-Nobelpreisträger, die einst mit Adolf Bering ihren Anfang nahmen. Wie viele Nobelpreisträger gehen aus Schlesien hervor, denn kein anderer Volksstamm hat mehr Nobelpreisträger hervorgebracht als Schlesien“ (siehe „Ärzteblatt Sachsen“, Heft 2, 2002). Als 14. von ihnen wurde Prof. Blobel am 21. Mai 1936 in Niederschlesien östlich der Neiße in Waltersdorf (Niegosławice) im Kreis Sprottau (Powiat Szprotawa) als fünftes Kind des Tierarztes Bruno Blobel geboren. Im Alter von acht Jahren gehörte er zu den Kriegsflüchtlingen. Auf der Flucht erlebte er noch das unzerstörte Dresden als Zentrum von Kunst und Architektur Sachsens. Dies brachte er mit folgenden Worten zum Ausdruck: „Ich habe als Achtjähriger Dresden in seinen letzten Tagen des Glanzes gesehen.“ Umso betroffener war er, als er danach von einem 40 Kilometer von Dresden entfernten Ort den Feuerschein über dieser Stadt am 13. Februar 1945 sah und bei einem Besuch dieser Stadt danach deren Zerstörung vorfand. „Ich sah die Zerstörung, das hinterließ einen schrecklichen Eindruck bei mir.“ Die Entscheidungen der Alliierten in Potsdam im August 1945 verhinderten eine Rückkehr nach Waltersdorf. Da infolgedessen das Passieren der Neiße nicht möglich war, verbrachten die Blobels vier Wochen in NieÄrzteblatt Sachsen 6 / 2016 Prof. Günter Blobel, MD, Ph.D. © Wikimedia Commons / Masur derschlesien westlich der Neiße bei einem Verwandten des Vaters im vom Krieg zerstörten Jänkendorf bei Niesky, heute zum Landkreis Görlitz gehörend. Diesen Aufenthalt be schrieb Blobel in einem Brief wie folgt: „Es war grauenhaft. Die toten Tiere lagen verwest auf dem Hof. Wir blieben dort einige Wochen und sind dann mit der Schubkarre von dort nach Freiberg gelaufen. Das Ganze hat über zwei Wochen gedauert. Übernachtet haben wir in Scheunen bei Bauern.“ Freiberg wurde danach sein Wohnsitz. In dieser Stadt be suchten Günter Blobel und seine Geschwister das Geschwister-SchollGymnasium. An dieser Schule legte er die matura mit einer Eins ab. Da sein Vater Tierarzt war, wurde Günter Blobel ein Medizinstudium in der DDR verwehrt, geschuldet dem Verhältnis der damaligen Gesellschaftsordnung zur bürgerlichen Herkunft. Infolgedessen begab er sich in die Bundesrepublik, um an den Universitäten in München, Kiel, Freiburg und Tübingen Medizin zu studieren. An der Universität in Tübingen legte er 1960 sein Staatsexamen ab und promovierte an dieser alma mater. 1962 führte ihn sein Weg in die USA, um Biochemie zu studieren und an der Universität Wisconsin noch einmal auf dem Gebiet der Onkologie zu promovieren. Es schloss sich eine wissenschaftliche Forschungsarbeit an der Rockefeller-Universität in New York an, wo er als Assistent bei Bereits während seiner Tätigkeit unter Dr. Palade schenkte Prof. Blobel der molekularen Zellbiologie besondere Aufmerksamkeit. Dabei entdeckte er, dass die milliardenfach in der Zelle neugebildeten Proteine eine Vielzahl unterschiedlich spezieller Aufgaben zu erfüllen haben, um chemische Reaktionen zu beschleunigen, Zellen in Form zu halten oder um für die Bewegung der Muskeln zu sorgen. Damit sie den richtigen Platz für diese Funktion erhalten, werden sie über ein Signalsystem zu diesem Ort dirigiert. Dies geschieht ähnlich der Funktion einer Postleitzahl über Aminosäuren, die in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet sind. Proteine mit fehlerhaften Signalen führen dazu, dass diese Eiweiße nicht korrekt an ihren richtigen Platz gelangen, was zur Entstehung von bestimmten Krankheiten und Erbkrankheiten führt und deren Ursache erklärt. Durch die 20-jährige Arbeit von Prof. Blobel und seinen Mitarbeitern wurde nachgewiesen, dass dieses Phänomen für alle Hefe-, Pflanzenund Tierzellen zutrifft. Basierend auf diesen Entdeckungen geht Prof. Blobel als Vater der molekularen Zellbiologie in die Medizingeschichte ein. Aufgrund dieser Forschungsergebnisse erhielt er im Jahr 1999 den Nobelpreis für Medizin oder Physiologie. Vom damaligen Justizminister Sachsens, Steffen Heitmann, als großartige Geste bewertet, spendete Prof. Blobel das Preisgeld in Höhe von 1,6 Mio. DM für den Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden. Dies geschah in Gedenken an seine Schwester, die als Kriegsflüchtling bei einem Bombenangriff auf einen Flüchtlingszug ums Leben kam. 100.000 DM stellte er für den Wiederaufbau der Synagoge in dieser Stadt zur Verfügung. 251 Personalia Prof. Blobel liebt klassische Musik von Bach bis Mozart und historische Architektur, besonders die des Barock. Diese wiederzubeleben, hat er sich auf die Fahnen geschrieben. So sind seine vielfältigen Aktivitäten (unter anderem in Dresden, Leipzig, Freiberg und Potsdam) zu verstehen. Dabei hat Prof. Blobel klare Vorstellungen zu den Objekten seiner Förderung, was durchaus zu Konflikten geführt hat (Silbermannorgel der Frauenkirche Dresden, Gestaltung des historischen Neumarktes Dresden, Auseinandersetzung zur Waldschlösschenbrücke, Pauliner-Kirche Leipzig). Mit Dresden verbunden, gründete er in den USA den Verein „Friends of Dresden“ und warb für diesen Verein und Dresden mit den Worten: „Dresden ist eine großartige Stadt mit einer großartigen Geschichte und einer großartigen Frauenkirche.“ Im Jahr 2000 wurde er Ehrensenator der Technischen Universität Dresden. 2001 erhielt er die Ehrendoktorwürde von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg verliehen. Um seine Verdienste im Bereich der Zellularbiologie wissend, entschieden Dozenten und Schüler des TÜV Privatfachschulzentrums für Ergotherapie und Rettungsassistenz und Medizinische Dokumentation in Görlitz, dem Neubau dieser Bildungseinrich- 252 tung den Namen „Professor Günter Blobel“ zu geben. Anlässlich dieser Namensgebung besuchte Prof. Blobel Görlitz. Er bewertete diese Namensgebung und die Einladung mit den Worten: „Es ist mir einen große Ehre, aber ich lebe doch noch“. Bei diesem Besuch war er von der Architektur dieses einzigartigen Flächendenkmals und dem Charme der Stadt Görlitz so beeindruckt, dass er vor 300 Besuchern öffentlich kundtat: „Ich werde Propaganda machen, damit man mehr über Görlitz und Niederschlesien redet“. Eine sehenswerte Dauerausstellung in diesem Neubau informiert den Besucher über das Leben und Wirken dieses Nobelpreisträgers. Anschließend an diesen Besuch von Görlitz trat er an die Sächsische Staatsregierung mit der Bitte heran, die Kulturhauptstadtbewerbung dieser Stadt zu unterstützen. Der Besuch in Görlitz führte ihn auch nach Jänkendorf, einem Dorf, das damals zum Niederschlesischen Oberlausitzkreis innerhalb des Freistaates Sachsens gehörte. Dort sah er nach 59 Jahren seine Großcousine wieder. In Erinnerung an das unerwartete Wiedersehen und an seinen Aufenthalt während seiner Flucht im Jahre 1945 in Jänkendorf pflanzte Prof. Günter Blobel eine Eiche im Landschaftspark Jänkendorf – Ullersdorf. Zugleich wurde ein Gedenkstein enthüllt, der auf diese BlobelEiche hinweist. Hinzu kam später ein Granitblock mit einer Erinnerungstafel versehen, die über den Lebensweg von Prof. Blobel Auskunft gibt. Als Mitglied des Ordens „Pour le mérite für Wissenschaften und Künste“ hatte er später erneut die Gelegenheit, anlässlich einer Tagung Görlitz zu besuchen. Prof. Blobel erhielt eine Vielzahl von Ehrungen und Preisen. Zu ihnen gehören unter anderem der MaxDelbrück-Preis und der Max-PlanckForschungspreis. Er ist Mitglied der Leopoldina. Seine Forschungsergebnisse bewertet er wie folgt: „Meine Forschung heilt keine Krankheiten, aber sie heilt ein wenig unsere Unwissenheit über die biologischen Abläufe unserer Zellen. Wenn wir die großen Krankheiten heilen wollen, müssen wir noch vielmehr über die Grundlagen wissen. Sie sind die treibende Kraft, der Katalysator zum Verständnis.“ Prof. Günter Blobel ist gegenwärtig noch regelmäßig präsent in seinem Institut an der Rockefeller-Universität in New York, da es für ihn seine wissenschaftliche Heimat geworden ist. Dr. med. Jürgen Wenske, Görlitz Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Personalia Nachruf für Dr. med. Wolfgang Schmidt Schmidt konnten zahlreiche Ausbildungsassistenten ihre Facharztprüfung erfolgreich bestehen. Die Fortbildungsveranstaltungen für Klinikmitarbeiter sowie Symposien für die Augenärzte der Region ge hörten zum festen Bestandteil der Arbeit von Dr. Schmidt und waren neben ihrer fachlichen Qualität vor allem wegen der ausgezeichneten Rhetorik und der nie fehlenden philosophischen Betrachtungen sehr beliebt. * 21.8.1932 † 4.1.2016 Mit tiefer Betroffenheit nahmen wir Abschied von Dr. med. Wolfgang Schmidt. Von 1966 bis 1995 stand er als Chefarzt der Augenklinik des Bezirkskrankenhauses Plauen (später Vogtlandklinikum Plauen) vor. Unter der Leitung von Dr. Wolfgang Schmidt entwickelte sich die Augenklinik Plauen zu einer angesehenen Klinik, in der neue Erkenntnisse und Methoden der Augenheilkunde zügig eingeführt sowie Bewährtes weiterentwickelt und vervollkommnet wurde. Dr. Schmidt war ein exzellenter Operateur. Er beherrschte die klassische Katarakt-Operation mit Kapselpinzette, ebenso ausgezeichnet wie die spätere Kryoextraktionsmethode und das darauffolgende moderne Pha koemulsifikationsverfahren mit der Kunstlinsenimplantation. Goniotrepanationen, Schieloperationen, Tränenwegsoperationen und die Lidchirurgie gehörten zum festen Operati- Dr. med. Wolfgang Schmidt onsprogramm in seiner Klinik, wobei er die operativen Fähigkeiten seiner Mitarbeiter nach besten Kräften förderte. Größten Respekt zollen seine ehemaligen Mitarbeiter noch heute seinem ausgezeichneten Fachwissen. Zu allen, gerade zur Debatte stehenden Krankheitsbildern hatte „unser Chefarzt“ immer Literaturquelle mit Jahrgang und Seitenzahl parat, auch die Kenntnis der zahlreichen Syndrome war für uns immer faszinierend. Unter der Anleitung von Chefarzt Dr. Gern erinnern wir uns auch an die vielen außerbetrieblichen Veranstaltungen, die Chefarzt Dr. Schmidt organisierte: Wir denken gern an die Maiausfahrten, Weihnachtsfeiern, Schlittenfahrten und andere sportliche Betätigungen. Erwähnenswert sind auch etliche besonders lukullische Höhepunkte, mit denen Herr Chefarzt die Mitarbeiter überraschen. konnte. Wir verlieren einen allseitig hochgeschätzten Kollegen. Die gemeinsame Zeit mit ihm werden wir in dankbarer Erinnerung behalten. Dr. med. Roland Schmidt, Plauen im Namen der Augenärzte des Vogtlandkreises Anzeige Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 253 Personalia Unsere Jubilare im Juli 2016 – wir gratulieren ! 65 Jahre 01.07. Dipl.-Med. Frank, Veronika 08209 Rebesgrün 07.07. Dr. med. Weise, Matthias 01326 Dresden 08.07. Priv.-Doz. Dr. med. habil. Heptner, Gerhard 01328 Dresden 10.07. Dr. med. Fiedler, Claus 01259 Dresden 10.07. Dr. med. Huth, Christine 04155 Leipzig 11.07. Dr. med. Haferland, Christiane 01445 Radebeul 12.07. MUDr. Broulik, Ivan 01819 Berggießhübel 13.07. Dr. med. Wehnert, Jürgen 01445 Radebeul 15.07. Dr. med. Junge, Annelore 01309 Dresden 17.07. Dr. med. Begand, Marianne 08468 Reichenbach 17.07. Dr. med. Guhl, Regine 09355 Gersdorf 18.07.Dipl.-Med. Bretschneider, Barbara 04703 Leisnig 19.07. Dr. med. Georgi, Volker 08066 Zwickau 22.07. Dr. med. Gericke, Evelyn 09366 Stollberg 23.07.Dipl.-Med. Jurke-Bauer, Gabriele 01187 Dresden 24.07. Dr. med. Arnold, Thomas 04643 Geithain 24.07. Dr. med. Krahl-Mohr, Anita 04289 Leipzig 24.07. Dr. med. Stephan, Dietmar 01471 Radeburg 24.07. Dipl.-Med. Tröltzsch, Ingrid 04349 Leipzig 25.07. Prof. Dr. med. habil. Wittekind, Christian 04229 Leipzig 30.07. Dr. med. Waberzeck, Brigitte 04746 Hartha 31.07. Dipl.-Med. Heyser, Ingrid 02625 Bautzen 05.07. 254 70 Jahre Dr. med. Deterding, Manfred 02763 Bertsdorf 05.07. Schmieder, Peter 01277 Dresden 10.07. Kaltenbach, Marianne 01309 Dresden 10.07. Dr. med. Kropf, Gerhard 04229 Leipzig 15.07. Heyer, Ingrid 09130 Chemnitz 16.07.Dipl.-Med. von Ardenne, Dagmar 01324 Dresden 20.07. Prof. Dr. med. habil. Saeger, Hans-Detlev 01309 Dresden 21.07. Dr. med. Kanzler, Ingrid 04159 Leipzig 22.07. Dr. med. Uebel, Rainer 04758 Oschatz 23.07. Dr. med. Herbrich, Rainer 02827 Görlitz 26.07. Dr. med. Wunderlich, Hella 09618 Großhartmannsdorf 27.07. Dr. med. Groh, Gottfried 08064 Zwickau 27.07. Tröger, Ingrid 04129 Leipzig 75 Jahre 01.07. Dr. med. Greulich, Peter 02763 Mittelherwigsdorf 02.07. Dr. med. Noack, Heidemarie 09376 Oelsnitz 03.07. Dr. med. Hopf, Dieter 08258 Markneukirchen 03.07. Prof. Dr. med. habil. Dipl.-Psych. Schroeder, Wolfgang 09306 Wechselburg 03.07. With, Gerda 02736 Beiersdorf 04.07. Dr. med. Vulpe, Brigitte 08648 Bad Brambach 05.07. Dr. med. Gerhardt, Wolfgang 09217 Burgstädt 05.07. Grobitzsch, Klaus 08393 Meerane 05.07. Dr. med. Syhre, Barbara 04736 Waldheim 07.07. Dr. med. Kirchhof, Klaus 04509 Delitzsch 07.07. Dr. med. Wiedemann, Klaus 09217 Burgstädt 08.07. Dr. med. Büsch, Frank 08060 Zwickau 08.07. Dr. med. Einenkel, Monika 09419 Thum 08.07. Dr. med. Haase, Ute 04720 Döbeln 09.07. 09.07. 09.07. 09.07. 14.07. 15.07. 15.07. 16.07. 16.07. 17.07. 17.07. 18.07. 18.07. 19.07. 20.07. 20.07. 24.07. 27.07. 27.07. 28.07. 29.07. 30.07. 31.07. 31.07. Dr. med. Müller, Christine 01259 Dresden Dr. med. Richter, Helga 04683 Naunhof Prof. Dr. med. habil. Sommer, Erika 01219 Dresden Dr. med. Unger, Karin 08262 Muldenhammer Dr. med. Pfau, Eberhard 09241 Mühlau Dr. med. Donath, Rosmarie 08523 Plauen Dr. med. Findeisen, Barbara 09619 Sayda Dr. med. Oehler, Annerose 01454 Ullersdorf Dr. med. Viehweg, Helmut 08134 Wildenfels Dr. med. Roski, Rudolf 02826 Görlitz Dr. med. von Saal, Siegfried 01589 Riesa Dr. med. Dietrich, Dagmar 01936 Schwepnitz Dr. med. Drechsler, Ingrid 09117 Chemnitz Dr. med. Göbel, Gerd 01445 Radebeul Dr. med. Boeck, Doris 01589 Riesa Dr. med. Krolzig, Annegret 01689 Weinböhla Dr. med. habil. Seibt, Annelore 09419 Thum-Jahnsbach Dr. med. Wittig, Jürgen 01156 Dresden Dr. med. Zotter, Rita 01324 Dresden Dr. med. Sachs, Bernd 01558 Großenhain Dr. med. Thieme, Carla 01277 Dresden Dr. med. Bach, Karin 09669 Frankenberg Dr. med. Landgraf, Wolfgang 08412 Leubnitz Dr. med. Leistner, Peter 08228 Rodewisch 80 Jahre 03.07. Böger, Helga 04229 Leipzig 03.07.Dipl.-Med. Schubert, Miroslawa 01307 Dresden Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Personalia 03.07. 09.07. 10.07. 12.07. 13.07. 14.07. 14.07. 17.07. 19.07. 20.07. 25.07. 25.07. 25.07. 29.07. 31.07. Dr. med. Thunecke, Erika 01904 Steinigtwolmsdorf Dr. med. Geisthardt, Gisela 01326 Dresden Dr. med. Schneider, Ulrich 01129 Dresden Dr. med. Luther, Karin 04159 Leipzig Dr. med. Windisch, Alexander 08412 Leubnitz Prof. Dr. med. habil. Eberhardt, Hans-Jürgen 01324 Dresden Dr. med. Uhlemann, Gabriele 09126 Chemnitz Dr. med. Kerkhoff, Erich 04654 Frohburg Dr. med. Klaproth, Edith 01737 Kurort Hartha/ OT Fördergersd. Dr. med. Bröker, Regine 04347 Leipzig Dr. med. Bachmann, Katharina 01099 Dresden Dr. med. Franck, Joachim 08412 Werdau Dr. med. Scheffler, Joachim 08529 Plauen Dr. med. Erler, Magda 09111 Chemnitz Dr. med. Brauer, Roland 09350 Lichtenstein 23.07. 23.07. 26.07. 29.07. Dr. med. Brauer, Karl-Heinrich 01307 Dresden Dr. med. Kipping, Margrid 04329 Leipzig Dr. med. Langner, Dieter 04328 Leipzig Dr. med. Ernst, Rosemarie 01307 Dresden 06.07. 07.07. 11.07. 12.07. 13.07. 15.07. 15.07. 17.07. 22.07. 30.07. 82 Jahre Dr. med. Weinhold, Christine 09599 Freiberg Dr. med. Kopmann, Gudrun 04416 Markkleeberg Pahlig, Brigitte 04552 Borna Dr. med. Fischer, Edith 04552 Borna Dr. med. Kluge, Christa 01259 Dresden Dr. med. Grimmann, Manfred 09456 Annaberg-Buchholz Dr. med. Ständer, Wolfgang 04435 Schkeuditz Dr. med. Hamann, Horst 02779 Großschönau Dr. med. Wolf, Christian 04720 Gärtitz Dr. med. Fickert, Adelheid 08525 Plauen 03.07. 06.07. 09.07. 09.07. 11.07. 12.07. 13.07. 20.07. 20.07. 21.07. 81 Jahre Dr. med. Trültzsch, Siegfried 08064 Zwickau Dr. med. Kretzschmar, Klaus 02979 Elsterheide Dr. med. Heyser, Heinz 02625 Bautzen Prof. Dr. med. habil. Richter, Joachim 04509 Delitzsch Dr. med. Scheidig, Ingrid 01219 Dresden Dr. med. Möckel, Liesa 09599 Freiberg Dr. med. Vetters, Wolfgang 01445 Radebeul Dr. med. Kunkel, Inge 09350 Lichtenstein Dr. med. Lehnert, Ute 01445 Radebeul Dr. med. Preuße, Christiane 04109 Leipzig 01.07. 02.07. 02.07. 03.07. 09.07. 13.07. 16.07. 17.07. 26.07. 83 Jahre Dr. med. Körtel, Erhard 01796 Pirna Dr. med. Nestler, Ulrich 08289 Schneeberg Dr. med. Sengebusch, Wolf-Dieter 01855 Sebnitz Dr. sc. med. Palowski, Hubert 01279 Dresden Prof. Dr. med. habil. Gmyrek, Dieter 01445 Radebeul-Wahnsdorf Dr. med. Geidel, Klaus 04687 Trebsen Prof. Dr. med. habil. Kiene, Siegfried 04416 Markkleeberg Dr. med. Clauß, Gudrun 09117 Chemnitz Dr. med. Löhnert, Annemarie 01814 Prossen Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 29.07. 29.07. 31.07. Dr. med. Runge, Eva 01277 Dresden Dr. med. Werner, Arndt 01445 Radebeul Dr. med. Scharfe, Gisela 01774 Höckendorf 03.07. 06.07. 08.07. 10.07. 14.07. 20.07. 31.07. 84 Jahre Dr. med. Streitz, Ulrich 04275 Leipzig Dr. med. Hacker, Gertrut 01157 Dresden Dr. med. dent. Zschiesche, Dieter 04207 Leipzig Auerbach, Johanna 01454 Radeberg Prof. Dr. med. habil. Reinhold, Dieter 01324 Dresden Dr. med. Rothe-Horn, Ilse 04318 Leipzig Dr. med. Krenkel, Johannes 09577 Braunsdorf 02.07. 08.07. 11.07. 17.07. 23.07. 27.07. 85 Jahre Dr. med. Beyer, Wolfgang 02627 Weißenberg Dr. med. Schuster, Christa 08261 Schöneck Dr. med. Jungmichel, Dieter 04849 Bad Düben Dr. med. Kratzsch, Erika 09131 Chemnitz Dr. med. Lincke, Hans-Ullrich 02826 Görlitz Dr. med. Göttsching, Maria 01612 Nünchritz 02.07. 11.07. 18.07. 21.07. 22.07. 86 Jahre Prof. Dr. med. habil. Theile, Herbert 04319 Leipzig Dr. med. Wunderlich, Hans 04643 Geithain Prof. Dr. med. habil. Wohlgemuth, Balthasar 04229 Leipzig Müller, Gisela 09126 Chemnitz Dr. med. Stafetzky, Rudi 08321 Zschorlau OT Burkhartsgrün 87 Jahre 13.07. Dr. med. Gitter, Werner 09116 Chemnitz 255 Personalia 13.07. 25.07. Dr. med. Queißer, Hermann 01109 Dresden Prof. Dr. med. habil. Schwarz, Reinhold 04157 Leipzig 01.07. 02.07. 03.07. 07.07. 88 Jahre Dr. med. habil. Scholbach, Manfred 04105 Leipzig Richter, Manfred 02957 Krauschwitz Dr. med. Renz, Hildegard 08606 Oelsnitz Böhm, Günter 08297 Zwönitz Gottlob Adolf Ernst von Nostitz und J änckendorf (1765 – 1836) Autor: Dr. Boris Böhm ISBN: 978-3-9813772-9-3. Preis: 18 Euro Die Entstehung der sächsischen Heilanstalten ist untrennbar mit Gottlob Adolf Ernst von Nostitz und Jänckendorf (1765 – 1836) verbunden. In einer aktuellen Forschungsarbeit hat sich der derzeitige Leiter der Ge denkstätte Pirna-Sonnenstein, Dr. Boris Böhm, mit dem Wirken des Juristen, königlichen Beraters und Verteidigers der Kranken und Waisen wissenschaftlich auseinandergesetzt. Die im März 2016 erschienene umfangreiche Publikation ist gerade für medizin- und kulturhistorisch interessierte Ärzte besonders zu empfehlen, da es die Zeit der Teilung der Oberlausitz, den Krieg gegen Napoleon und den Aufbau einer Kriegsfürsorge detailliert beschreibt. Gottlob Adolf Ernst von Nostitz und Jänckendorf wurde 1765 auf dem väterlichen Gut in See geboren. Be reits im Alter von 16 Jahren konnte er Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Leipzig studieren. Im Alter von 20 Jahren trat Nostitz als Finanzrat in den Staatsdienst ein, verließ diesen jedoch schon 1789, um die Verwaltung der väterlichen Güter zu übernehmen. Wieder in der 256 Buchbesprechung 13.07. Jänicke, Inge 04288 Leipzig 89 Jahre 31.07. Dr. med. Bönisch, Lothar 09306 Wiederau 11.07. 90 Jahre Dr. med. Dorscheid, Marie-Luise 01705 Freital 91 Jahre 22.07. Grams, Johanna 04347 Leipzig 92 Jahre 31.07. Dr. med. Seikowski, Gisela 08645 Bad Elster 12.07. 27.07. 94 Jahre Dr. med. Weißbrodt, Charlotte 04157 Leipzig Dr. med. Stüve, Annemarie 04668 Grimma 19.07. 96 Jahre Prof. em. Dr. med. habil. Tittel, Kurt 04229 Leipzig Oberlausitz, wurde er 1792 Landes ältester des Bautzener Kreises und 1804 Oberamtshauptmann, zudem stiftete er ein Armenhaus auf seinem Gut in Oppach. Nostitz trat 1790 der noch jungen Oberlausitzischen Ge sellschaft der Wissenschaften in Görlitz bei und war ab 1793 Mitarbeiter an der Lausitzischen Monatsschrift. Im Alter von 30 Jahren wählte ihn die Gesellschaft 1795 zu ihrem Präsidenten – ein Amt das er erst 1817 infolge der Teilung der Oberlausitz niederlegte. 1806 wurde Nostitz als Oberkonsistorialpräsident nach Dresden berufen und mit der Revidierung der Verfassung der Universität Leipzig betraut. 1809 wurde er als wirklicher Konferenzminister fortdauerndes Mitglied des damaligen geheimen Consiliums, aus dem später der Geheime Rat des sächsischen Königs hervorging. Während der Befreiungskriege wandelte sich seine pronapoleonische Haltung noch während der sächsischen Koalition zu tiefer Abneigung, Nostitz’ Sohn, Eduard Gottlob, trat gar in die preußische Armee ein. Nach den Kriegen wirkte Nostitz bei der Ausgleichung der Kriegsentschädigungen, besorgte die oberste Leitung der Landsarmenkommission und reorganisierte die Heilanstalt für Geisteskranke auf der ehemaligen Feste Sonnenstein bei Pirna, die unter ihm europäischen Ruf erlangte. Er gründete 1824 zu Bräunsdorf bei Freiberg eine Landeswaisenanstalt, in der nach einem neuen Plan 150 Zöglinge zu Landbebauern, Handwerkern oder Soldaten erzogen wurden, und machte sich durch weitere Einrichtungen um das Land wohlverdient. Er war 1808 in die Freimaurerloge „Zur goldenen Mauer“ in Bautzen aufgenommen worden. Seit 1830 bekleidete er das Amt des Großmeisters der Großen Landesloge zu Sachsen. Nostitz war auch an der Begründung der ersten sächsischen Verfassung beteiligt und einer der Unterzeichner der Verfassungsurkunde. Er wurde Konferenzminister und erhielt den Vorsitz in dem neu geschaffenen Staatsrat. Gottlob Adolf Ernst von Nostitz und Jänkendorf starb 1836 auf seinem Gut in Oppach. Knut Köhler M.A. Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Medizingeschichte Vorgestellt: Lang jährige Autoren des „Ärzteblatt Sachsen“ Dr. med. Dietmar Seifert Ich wurde am 4. Juni 1944 in der nordsächsischen Stadt Delitzsch geboren und gehöre zwar nicht zur Kriegsgeneration, aber zu denen, die in einem zerstörten Land aufgewachsen sind. Empfand ich dies zunächst als normal, so habe ich das Verstörende dieses Zustandes begriffen, als ich mit meinem Vater 1951 durch das zerbombte Dresden fuhr. Er fand zu seinem Entsetzen keine der bekannten Straßen, bis wir das Kronentor des Zwingers sahen, um das sich Steinmetze bemühten. Mein Vater, der alles Schöne liebte, starb ein Jahr später. Seither verbindet sich bei mir die Sorge um das gefährdete Leben mit der Liebe zu unserer Kultur, die es in all ihren Formen zu bewahren gilt. Trotz meiner Herkunft aus der Schicht der „Sonstigen“ und politisch bedingter Schwierigkeiten, Die Entdeckungen der Anatomen Andreas Vesalius und Konrad Victor Schneider Stationen des Weges von den Dogmen des Galen zur modernen Medizin Dr. med. Dietmar Seifert © privat die 1961 zu einer einjährigen Relegation von der erweiterten Oberschule führten, habe ich im Jahre 1963 das Abitur abgelegt. Nach zweijähriger pflegerischer Tätigkeit begann ich in Halle/S. mein Medizinstudium, das ich 1971 mit Staatsexamen und Diplom abgeschlossen habe. Danach begann ich mit der Ausbildung zum Facharzt für Innere – 100 Jahre nach Vesal – geboren wurde. Auch er wurde noch mit den Lehren des Galen von Pergamon (129 – 201?) konfrontiert, die die Mehrheit der medizinischen Autoritäten verbissen verteidigte. Dieser hervorragende griechische Arzt hatte im 2. nachchristlichen Jahrhundert das gesamte antike medizinische Wissen in ein „scharfsinniges System“ gebracht, das mit seinem Anspruch auf Unfehlbarkeit mehr als 1.400 Jahre auf der Medizin lastete und durch den arabischen Arzt Avicenna (980 – 1037) nach Europa vermittelt, schließlich die Autorität eines unumstößlichen Dogmas er langte. Im Jahre 2014 beging die medizinische Welt den 500. Geburtstag des am 31. Dezember 1514 geborenen großen Arztes Andreas Vesalius, der als Begründer der modernen Anatomie gilt. Er begann die bis dahin gültigen medizinischen Lehrsätze infrage zu stellen. Damit stand er an der Schwelle einer Entwicklung, in deren Verlauf bedeutende Ärzte Im 16. Jahrhundert, als die Renaisdie bis dahin gültigen Dogmen der sance zur Blüte gelangte, begannen Medizin widerlegten und bald auch die humanistisch gebildeten grundsätzlich Neues entdeckten. Mediziner getreu ihrem Wahlspruch Den wichtigsten kursächsischen Bei- „Zu den Quellen“ die griechischen trag dazu leistete Konrad Victor Originaltexte zu sichten und zu samSchneider, der am 18. August 1614 meln. Dies führte 1526 zur ersten in Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Medizin, die ich 1976 erfolgreich beendet habe. Im Jahre 1975 wurde ich mit einer externen Arbeit promoviert. Von 1978 – 1991 war ich als Oberarzt in der kardiologischen Intensivtherapie tätig und erwarb 1988 die Zusatzbezeichnung FA Kardiologie/Angiologie. Zwei Jahre nach der Wende habe ich mich in Bitterfeld niedergelassen und bis Ende 2008 eine kardiologische Praxis geführt. Seither befinde ich mich im Ruhestand, habe eine Reihe medizinhistorischer Arbeiten veröffentlicht sowie die Gedenkveranstaltungen zum 200. Todestag August Gottlieb Richters in Zörbig und zum 400. Geburtstag Konrad Victor Schneiders in Bitterfeld vorbereitet und geleitet. Schneider, ein heute leider wenig bekannter Arzt, leistete den entscheidenden kursächsischen Beitrag zur Fortentwicklung der Medizin im 17. Jahrhundert. Ich bin verheiratet und Vater einer Tochter, die als klinische Psychologin tätig ist. Venedig erschienenen Gesamtausgabe der Bücher des Galen in griechischer Sprache, den Aldina-Drucken, an deren Edition auch der Mineraloge und Arzt Georg Agricola (1494 – 1555) beteiligt war. Die klassisch gebildeten Gelehrten Jacob Sylvius (1478 – 1555) und Johann Winter von Andernach (1505 – 1574) schufen erste lateinische Übersetzungen, die Andreas Vesalius (1514 – 1564), der in Brüssel als Sohn einer Arzt- und Apothekerfamilie geboren wurde, während seines Studiums in Paris kennenlernte. Im Jahre 1536 verließ er die französische Hauptstadt und wandte sich nach Padua, der bedeutendsten Anatomieschule Europas. Dort wur de er zum Professor für Anatomie ernannt, wobei er entgegen der Tradition das Messer selbst in die Hand nahm und unermüdlich sezierte. Gleichzeitig ließ er sich von dem Arzt und Verleger Montanus (1498 – 257 Medizingeschichte „verkocht“ und von dort in den Kör- 1540 hatte er sich der Autorität Galens unterworfen, und hatte die per gepumpt würde. Es gelange auch in die Hirnkammern, wo daraus „Rete mirabile“ in den „Tabulae anader Spiritus animalis (Seelengeist) tomicae“ der Tradition folgend darentstehe, der über die Nerven- gestellt, obwohl er sie selbst nicht stränge im Körper verteilt werde. gesehen hatte. Umso genauer Allerdings sei auch eine direkte Ent- notierte Vesal nun das selbst Gesestehung des Seelengeistes durch die hene vor der Niederschrift der „fabLuft möglich, die durch die Sieb- rica“ und fand in Johann von Kalkar platte in die Hirnkammern eingeso- (1499 – 1546) einen kongenialen gen werde. Der bei der Bereitung Mitarbeiter, der nach seinen Anweides Spiritus animalis entstehende sungen künstlerisch hochstehende überschüssige Schleim würde direkt Illustrationen anfertigte. In anderen von den Riechkolben, aber auch Fragen zeigte er sich zögerlicher. So durch den Trichter, das heißt durch konnte er die von Galen behaupteden Stiel der Hypophyse, zur Drüse ten Herzporen nicht finden, hielt selbst und von dort zur Siebplatte jedoch an der Lehrmeinung fest, fließen. Durch deren Löcher gelange wonach ein Luft-Blutgemisch durch er in die Nase. Diesen Schleim sah er das Septum von der rechten in die linke Herzkammer sickere. Vesal als einen der vier Säfte an, zu denen schrieb darüber, dass man die Kunst die antiken Ärzte neben der gelben des Schöpfers bewundern müsse, und der schwarzen Galle auch das welche es ermögliche, dass das Blut Blut zählten. Gelange ein Übermaß Andreas Vesalius durch unsichtbare Gänge aus dem des Hirnschleims in verschiedene © Universitätsbibliothek Leipzig, Inv.-Nr. 54/142 rechten in den linken Ventrikel Körperregionen, wie zum Beispiel in die Lunge, rufe er dort Katarrhe her- sickere. 1551) überzeugen, an der Überset- vor. Um es noch einmal klarzustellen: Nur von der linken Herzkammer Galen nahm wie vor ihm Hippokrates zung des Gesamtwerkes Galens ins gelange das feurige Gemisch in den an, dass der bei Entzündungen der Lateinische teilzunehmen. Körper und zu den Hirnkammern, Atemwege abgehustete Schleim aus wo daraus Spiritus animalis hergeDas System des Galen, wie es dem Gehirn stamme. stellt werde und der Schleim als Vesal in den Urschriften vorfand Abfallprodukt entstehe. Denn die So hatte Vesal schon als junger Pro- Vesals Rezeption der Werke des von Galen behauptete Verbindung fessor Gelegenheit, das System des Galen und seine Kritik daran zwischen Nase und Hirnkammern Andreas Vesalius, der Begründer der Griechen kennenzulernen. Dieses konnte der große Entdecker nicht umfasste nicht nur die Anatomie des finden. Den „Trichter“, jene Struktur, neuzeitlichen Anatomie, kam nach die die Hirnanhangdrüse mit dem Menschen, sondern auch die Physio- dem Vergleich der Schriften des logie, die Therapie und die Diätetik. Griechen mit seinen durch eigenhän- Gehirn verbindet, hielt er jedoch der Im Mittelpunkt seines den modernen dige Sektionen gewonnenen Erfah- Tradition folgend für hohl. Vesal sah Ärzten sehr fremden Systems stand darin, wie schon von Galen behauprungen zu dem Schluss, dass Galen die Lehre von den Lebensgeistern, nur Tiere seziert habe, weshalb viele tet, einen Kanal, in dem der überdie dem Körper Leben einhauchen schüssige Hirnschleim zur Hirnanseiner Angaben auf den Menschen würden. Galen lehrte, dass der in der nicht zuträfen. Darüber berichtete er hangdrüse transportiert würde, die im Vorwort seines anatomischen Natur allgemein verbreitete Spiritus er deshalb Glandula pituitaria naturalis zusammen mit dem Blut ins Hauptwerkes „De humani corporis nannte. Der Schleim, so meinte Herz gelange. Das Blut entstehe in fabrica libri septem“. In diesem epo- Vesalius, fließe von dort durch die der Leber und ströme durch die chalen Werk korrigierte er viele Foramina lacera anteriora zum GauHohlvene zur rechten Herzkammer. Behauptungen des Griechen, der men. Somit konnte er die grundleDort würde es mit Luft vermischt. zum Beispiel das Sternum für sieben- genden Aussagen des Galen beibeDiese gelange durch den Respirati- teilig hielt, die Anatomie des Kehl- halten. Neuland betrat Vesal jedoch, onstrakt in die Lunge und von dort kopfes falsch dargestellt und ange- als er die graue von der weißen Hirnsubstanz unterschied und Zweifel über die Pulmonalvene in die rechte nommen hatte, dass die Leber aus äußerte, dass die Lehre vom Sitz der Herzkammer. fünf Lappen bestehe. Außerdem Geisteskräfte in den Ventrikeln ausWährend ein Teil des Blutes von der zeigte er in der 1543 erschienenen reichend begründet sei. In den folrechten Herzkammer direkt in den „fabrica“, dass die sogenannte „Rete mirabile“, ein bei manchen Säuge- genden Jahrzehnten korrigierten Körper ströme, sickere ein anderer tierarten vorhandenes Netz von Arte- andere bedeutende Mediziner mandurch angenommene Poren in die rien an der Schädelbasis, beim Men- che Aussagen des großen Anatomen linke Herzkammer, wo das Gemisch und Arztes. schen nicht nachweisbar ist. Noch aus Blut und Luft zu Spiritus vitalis 258 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 Medizingeschichte Grundlegende Entdeckungen in der Medizin um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert und das Auftreten Konrad Victor Schneiders Zu grundlegend neuen Erkenntnissen gelangten jedoch erst der spanische Arzt Michael Servet (1509 – 1553), der Erstbeschreiber des kleinen und William Harvey (1578 – 1657), der Entdecker des großen Körperkreislaufs. Das Blut absorbierte in seiner Konzeption gewissermaßen den Spiritus naturalis und den Spiritus vitalis. Es wurde von Harvey zum Vitalprinzip und „zu Gottes eigentlichen Schöpfungsrequisit“ erhoben, das im Herz entstehe. Den Hirnkammern kam in dieser Konzeption jedoch lediglich die Funktion eines Abfallbehälters zu. Etwa zur gleichen Zeit wurden von Gaspare Aselli (1581 – 1626) die Chylusgefäße entdeckt, die er jedoch zur Leber ziehen sah. Erst Jean Pecquet (1622 – 1674) beschrieb 1651 in seiner Schrift „Experimenta nova anatomica“ den Ductus thoracicus, den er schon 1647 entdeckt hatte. Der sächsische Arzt und Anatom Konrad Victor Schneider gab jedoch in seinem Hauptwerk „De Catarrhis“ an, ihn schon 1638 seinen Studenten demonstriert zu haben. Der Philosoph Christian Wolff (1679 – 1754) sah darin eine der in der Medizingeschichte häufigen Duplizitäten, die zu Prioritätsstreitigkeiten führen. Der Medizinhistoriker Kurt Sprengel (1766 – 1833) bemerkte gewisse Widersprüche in Schneiders Angaben, hob jedoch dessen richtige Hypothese hervor, wonach es sich bei den neu entdeckten Lymphgefäßen um die Glieder eines Saugadersystems handelt. Schneider war zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt. Er wurde am 18. September 1614 in dem damals zu Sachsen gehörenden Bitterfeld als Sohn des Amtsschreibers Michael Schneider (1582 – 1649) geboren und bezog schon mit sieben Jahren zusammen mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Michael (1612 – 1639) die Universität Wittenberg, wo er unter Anleitung eines Hauslehrers das Magisterstudium aufnahm. Nachdem er diese Ausbildung abgeschlossen hatte, wandte er sich der Medizin zu und studierte Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 zunächst in Wittenberg bei dem berühmten Mediziner Daniel Sennert (1572 – 1637). Nach seiner Promotion entschied sich Schneider, mitten im Dreißigjährigen Krieg nach Jena zu gehen, um sich bei dem Anatomen Werner Rolfinck (1599 – 1673) weiterzubilden, der zu den ersten Anhängern William Harveys gehörte. Von dort begab sich Schneider auf eine Studienreise, die ihn nach Kopenhagen, Leiden, Paris und Bourges führte, wo er erneut promovierte. Nachdem er aus Wittenberg die Nachricht erhalten hatte, dass er dort zum Professor für Medizin, Anatomie und Botanik ernannt worden sei, kehrte er nach Wittenberg zurück. Zwischenzeitlich unternahm Schneider noch eine kurze Studienreise nach England. In Wittenberg hatte er als akademischer Lehrer bald überragenden Erfolg, sodass sich zunehmend mehr Medizinstudenten an der Universität der Stadt immatrikulierten. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges im Jahre 1648 überstieg ihre Zahl bald diejenige der benachbarten Universitäten Leipzig und Frankfurt/Oder. Im Jahre 1646 heiratete der inzwischen be rühmte Professor Anna Barbara geb. Strauch (1627 – 1672), die Tochter des Dresdener Superintendenten Aegidius Strauch (1583 – 1657). Mütterlicherseits war sie eine direkte Nachfahrin der Malerfamilie Cranach. Bald arbeitete Schneider wieder wissenschaftlich und veröffentlichte 1653 die Abhandlung „De osse temporum...“, in der er die anatomische Struktur des Schläfenbeins in manchen Details genauer be schrieb als seine Vorgänger und Zeitgenossen. Schneiders Forschungen zur Struktur der Nasenschleimhaut und ihrer Funktion als Ort der Schleimentstehung Zwei Jahre später publizierte er die Abhandlung „De osse cribriformi...“, in der er begann, das schon von Andreas Vesalius in Hinblick auf die Ableitungswege modifizierte Dogma, wonach der Schleim in den Hirnventrikeln entstehe, endgültig zu widerlegen. Diese Schrift nannte der Posener HNO-Arzt und Medizin historiker Karl Kassel „das erste s elbständige rhinologische Werk der Medizingeschichte“. Darin verwarf Schneider die Ansicht, dass die Schleimhaut von der harten Hirnhaut abstamme, betonte die besondere Empfindlichkeit der Nasenschleimhaut und beschrieb die Riechnerven, von denen sie durchzogen ist. Zur Verdeutlichung ihrer Funktion führte er eine Kasuistik des Eustachius Rudius (1551 – 1611) an, der einen jungen Mann beobachtet hatte, welcher keinen Geruchsinn besaß, wobei sich bei der Sektion, die nach seinem Tode vorgenommen wurde, keinerlei Geruchsnerven fanden. Schon in dieser frühen Publikation gab Schneider an, dass die „Tunica“ auch die kleinen Kanälchen der Lamina cribrosa überziehe, sodass diese für Schleim undurchlässig sei. Konrad Victor Schneiders Widerlegung eines zentralen Bestandteils der Doktrin des Galen Im Jahre 1660 begann Schneider durch seinen Lehrer Werner Rolfinck ermutigt, sein gewaltiges vierbändiges Hauptwerk „De Catarrhis“ zu veröffentlichen. Er erbrachte darin den Beweis, dass der Schleim nicht das Abfallprodukt der Hirntätigkeit, sondern eine Absonderung der Schleimhaut darstellt. Im zweiten Band ging er direkt auf Andreas Vesalius ein, von dem er schrieb, dass er nach den Ausführgängen des Schleims gesucht, sie aber nirgends gefunden habe, weshalb er sie sich oberhalb der Hirnhäute vorgestellt habe, was wiederum zu einer „Opinio communis“, einer Lehrmeinung, geworden sei, weshalb niemand seinen Irrtum bemerkt habe. Um den Irrtum seiner Vorgänger widerlegen zu können, ging Schneider mit äußerster Gründlichkeit vor. Er nutz te dazu zunächst alle bekannten Methoden der Human- und der vergleichenden Anatomie. 1. Anatomische Untersuchungen Im ersten Band seines Hauptwerkes untersuchte Schneider zunächst noch einmal die Lamina cribrosa des Siebbeins, die er sowohl bei Tieren als auch beim Menschen undurchläs- 259 Medizingeschichte Jacob von Sandrart, Konrad Victor Schneider, Kupferstich 1655 – 1660. Konrad Victor Schneider, Philosoph und Arzt, Doktor und öffentlicher Professor, des erhabensten anhaltinischen Fürsten Arzt. „Frömmigkeit ist die Grundlage aller religiösen Tugenden.“ (nach einem Zitat von Cicero). © Kreismuseum Bitterfeld sig fand. Er schrieb deshalb, dass sie von den Hirnkammern in die Nasennur in getrocknetem Zustand Löcher höhle zum Rachen oder Gaumen habe. Die irrige Meinung, wonach hätte sickern können, weitgehend sie durchlässig ist, sei durch die „verstopft“. Im Rahmen seiner SektiBetrachtung von Schädeln entstan- onen entdeckte Schneider sozusaden, die vom Kirchhof stammten. gen nebenbei die Rachenmandel, Wie schon Vesal und andere bestritt worauf Emil Zuckerkandl (1849 – er auch die von Galen behauptete 1910) als erster aufmerksam ge Schleimdurchlässigkeit des Türken- macht hat. sattels. Im ersten Band von „De Catarrhis“ widerlegte er jedoch auch 2. Experimentelle Untersuchungen die Ansicht des Andreas Vesalius, Im zweiten Band von „De Catarrhis“ zeigte Schneider außerdem, dass der dass das Keilbein und bestimmte Trichter, das heißt die Verbindung Suturen der Schädelbasis für den zwischen dem Gehirn und der HirnSchleim durchlässig seien, denn sie seien durch Knorpel verschlossen. anhangdrüse nicht hohl, sondern solide ist. Somit hatte er ausgeDamit waren die anatomischen schlossen, dass Schleim, wie von Strukturen, durch die der Schleim 260 Galen, aber auch noch von Vesal angenommen, von den Hirnkammern zur Glandula pituitaria ab tropft. Diese Drüse wird auch deshalb heute nicht mehr Schleimdrüse, sondern Hypophyse genannt. Schneider bewies dies in einem Zeitalter, als es noch keine brauchbaren Mikroskope gab, durch Gefrierversuche. Dabei entnahm er Hypophysen samt Trichter und setzte sie der Kälte aus. Bei der nachfolgenden Untersuchung fand Schneider niemals auch nur die kleinsten Eiskristalle, was dafür sprach, dass keine messbare Flüssigkeitsmenge durch den Trichter fließt. Daneben nahm der Forscher sowohl bei verschiedenen Tierarten, als auch beim Menschen Wägungen der Hypophyse und des Gehirns vor. Schneider stellte dabei fest, dass sich die Gewichtsrelation zwischen Gehirn und Hirnanhang bei vielen niederen Tierarten zugunsten der Drüse verschiebt. Dieser Befund erwies sich als fortwirkende Anregung für andere Forscher. Den endgültigen Beweis dafür, dass der Schleim nicht im Gehirn, sondern in den Nasenschleimhäuten produziert wird, führte Schneider durch die Untersuchung eines an Rotz erkrankten Pferdes, das er in der Endphase der Erkrankung töten ließ. Bei der Sektion fand sich in den Ventrikeln keinerlei Schleim, während die Nasenschleimhäute geschwollen und die Höhle mit Schleim gefüllt war. Auf der Basis dieser Experimente zeigte Schneider im dritten Band seines Hauptwerkes, dass auch das Trommelfell dicht und somit die Transsudation von Eiter und „Surdes“ nicht möglich ist. Er bewies damit, dass das Cerumen ebenfalls nicht, wie bisher angenommen, im Gehirn, sondern im äußeren Gehörgang entsteht. Das von den Schleimhäuten abgesonderte Phlegma hielt er allerdings für ein unmittelbares Filtrat des Blutes, dem er eine ähnlich hohe Bedeutung wie William Harvey beimaß. Schneider ging jedoch über die Lehre des englischen Forschers hinaus, indem er die Hypothese formulierte, dass sich die Bildungsstätte des BluÄrzteblatt Sachsen 6 / 2016 Medizingeschichte tes weder in der Leber, noch im Herzen, sondern in ihm selbst befinde. Schneiders Forschungsergebnisse – ein epochaler, angefeindeter Fortschritt der Medizin Seine Forschungsergebnisse waren für die Entwicklung der Medizin von prinzipieller Bedeutung. Sie stellten einen entscheidenden Beitrag zur Neubewertung der Hirnfunktionen dar. Denn die Spirituslehre war nun in ihrer seit Galen tradierten Form endgültig widerlegt. Viele berühmte Zeitgenossen, wie zum Beispiel Thomas Bartholin (1616 – 1680), lehnten diese Erkenntnisse ab, denn durch sie wurde nicht nur die Spirituslehre in ihrer überlieferten Form widerlegt, sondern auch die Lehre von den vier Säften erschüttert. Musste doch nun der Entstehungsort der Katarrhe von den Hirnkammern in die von dieser Krankheit befallenen Organe verlegt werden. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, nach völlig neuen Behandlungsformen zu suchen. Die vielen Reinigungsmethoden des Schädels (Craniopurgien), die man unter der Vorstellung anwendete, damit die Hirnkammern vom Schleim zu reinigen, waren nun obsolet. Schneider selbst kämpfte gegen jegliche Einspritzungen von Medikamenten in den äußeren Gehörgang, von dem man bisher annahm, dass er über eine direkte Verbindung zu den Hirnkammern verfüge, sodass von dort Medikamente in die Gehirnkammern gelangen würden. Seine eigenen Forschungsergebnisse und seine „große Gelehrsamkeit“ befähigten ihn zu weiteren fortwirkenden Hypothesen. So vertrat er wie Vesal die Meinung, dass die Hirnhöhlen Flüssigkeit enthielten. Er vermutete jedoch als erster, dass diese für die Befeuchtung des Gehirns selbst und damit für seine Funktion bedeutsam sei. Die anregende Wirkung Schneiders auf die Forschungsarbeiten zeitgenössischer Mediziner Im Gegensatz zu seinem Lehrer Bartholin nahm Nicolaus Steno Ärzteblatt Sachsen 6 / 2016 (1638 – 1686) die Forschungsergebnisse Schneiders auf und entwickelte sie weiter. Er stimmte mit Schneider darin überein, dass das Phlegma in den Schleimhäuten selbst entstehe, entdeckte jedoch, dass es sich nicht wie von Schneider angenommen, um ein reines Blutfiltrat, sondern um eine Flüssigkeit handelt, die von Schleimdrüsen aus Blutbestandteilen hergestellt wird. Im Jahre 1665 entdeckte er die Ceruminaldrüsen des äußeren Gehörgangs. Dieser kreative dänische Forscher hatte schon am 27. Mai 1661 den Ausführgang der Ohrspeicheldrüse entdeckt und arbeitete nun an seiner Schrift über die Drüsen des Mundes. Gerade als er das Manuskript zum Druck geben wollte, kam ihm der dritte Band von Schneiders Werk „De Catarrhis“ in die Hand, in dem dieser seine Entdeckung der Rachenmandel publiziert hatte. Die Beschreibungen des Wittenberger Mediziners bestätigten Nicolaus Stenos eigene Beobachtungen, die er an den Gaumenmandeln und dem sie umgebenden lymphatischen Gewebe gemacht hatte. Später kam Steno im Rahmen seiner Untersuchungen des Herzmuskels ebenso wie Schneider zu der Überzeugung, dass das Blut nicht im Herzen gebildet wird, wodurch sich beide gegen alle zeitgenössischen Autoritäten zu stellen wagten. In England übersetzte Richard Lower (1631 – 1691), ein Pionier der Bluttransfusion und der wichtigste Mitarbeiter des großen Neuropathologen Thomas Willis (1621 – 1675), Schneiders Hauptwerk. Obwohl die beiden Engländer die Hirnschleimableitung via Hypophyse ins Gefäßsystem behaupteten, wurde „De Catarrhis“ für ihr eigenes Werk bedeutsam. Denn der Wittenberger Forscher hatte die Hypophysen verschiedener Tierarten gewogen und war zu dem Schluss gekommen, dass der „Hirnanhang“ bei vielen Tierarten im Verhältnis zum Körpergewicht größer sei als beim Menschen. Richard Lower bestätigte diese Untersuchungen in seiner Dis- sertation. Aufgrund dieser Ergebnisse hatte Thomas Willis, auf welchen Weg auch immer, den genialen Einfall, dass die ins Blut abgegebene Hirnlymphe die Hoden anregen würde, jene Substanz zu produzieren, von der schon Galen angenommen hatte, dass sie den menschlichen Körper kräftigt. Obwohl, wie wir heute wissen, die „Lymphe“ von der Willis sprach, nicht in den Hirnventrikeln, sondern im Hirnanhang selbst produziert wird, war dies ein tragfähiger Ansatz. Die Geburtsstunde der Endokrinologie hatte geschlagen. Schneider hatte auch daran einen wesentlichen Anteil. Er wurde von Steno nicht ohne Grund hochgelehrt genannt, denn er veröffentlichte noch weitere bedeutsame wissenschaftliche Werke und wirkte auch als hochgeschätzter praktischer Arzt, sodass er zum Leibarzt des sächsischen Kurfürsten Johann Georg II. (1613 – 1680) ernannt wurde. Sicher war er am kursächsischen Hof auch deshalb besonders gut gelitten, weil sein Schwager Augustin Strauch (1612 – 1674) als wichtiger sächsischer Diplomat und späterer kursächsischer Kanzler großen Einfluss hatte. Seine Schwester, Schneiders Frau Anna Barbara, starb zum großen Schmerz ihres Ehegattens im Jahre 1672. Seither lebte der große Arzt sehr zurückgezogen, aber hochverehrt, als Senior der Medizinischen Fakultät der Wittenberger Universität. Konrad Victor Schneider starb im August des Jahres 1680. Ihm zu Ehren wurden die Nasenschleimhäute lange Zeit „Schneidersche Membranen“ genannt. Sein niemals in seiner ganzen Bedeutung gewürdigtes Werk be kannt zu machen, war das Anliegen dieses Beitrags. Dr. med. Dietmar Seifert, Delitzsch 261
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