In die Wiege gelegt

In die Wiege gelegt
FRANK ZAURITZ
Volte der Geschichte
144
DER SPIEGEL 22 / 2016
Der ehemalige Kremlchef
Michail Gorbatschow, 85, der
die Reisefreiheit für die
Russen auf den Weg brachte,
bekommt auf seine alten
Tage Reiseverbot – dafür
hat der ukrainische Parlamentsabgeordnete Anton
Geraschtschenko gesorgt.
Der Berater des Innenministers hatte sich an den
ukrainischen Geheimdienst
gewandt. Der gab am Donnerstag Geraschtschenkos
Bitte statt: Gorbatschow darf
ANDREW MEDICHINI / AP
Eine öffentliche Person ist Sofia Coppola,
45, seit sie als zehn Wochen altes Baby
im ersten Teil von „Der Pate“ zu sehen
war – in einer Wiege liegend. Im dritten
Teil des Klassikers ließ sie ihr Vater
Francis Ford Coppola eine Nebenrolle
spielen, da war sie 18 Jahre alt. Fortan
war Sofia Coppola vor allem dafür berühmt, Sofia Coppola zu sein – bis sie
2004 für ihren Film „Lost in Translation“
einen Drehbuch-Oscar bekam. Im ohnehin nicht glanzlosen Rom sorgte sie jetzt
für ein Glamourspektakel: Zur Vorpremiere ihrer ersten Operninszenierung, deren Kostüme teilweise von dem
Designer Valentino stammen, führte ein
roter Teppich zum Teatro dell’Opera,
Hollywoodstars und Jetset-Schönheiten
schritten darüber. Die Kritiken zu Coppolas „La Traviata“-Aufführung fielen
zwar vernichtend aus, doch der Verkauf
der Tickets bescherte dem Opernhaus
die Rekordeinnahme von über einer Million Euro. Vielleicht bedeutet das die
Wende für das lange schwer verschuldete Opernhaus. Coppola, die als zurückhaltend, fast schüchtern gilt, glänzte wie
so häufig mit unaufdringlicher Eleganz.
Im Mittelpunkt zu stehen ist für sie eben
ein natürlicher Zustand. Sofia wuchs mit
Brüdern und zahlreichen Cousins auf
und sagt heute: „Ich bekam viel Aufmerksamkeit in meiner durch und durch
männlichen Familie.“ clv
fünf Jahre lang nicht mehr
das Land betreten, „im
Interesse der Sicherheit der
Ukraine“. Die EU forderte
Geraschtschenko auch gleich
auf, den früheren sowjetischen Staatschef nicht mehr
einreisen zu lassen.
Anlass für die Demarche ist
ein Satz, der in einem Interview mit der britischen
„Sunday Times“ fiel. Gefragt
nach der russischen Annexion der Krim antwortete
Gorbatschow, er hätte an
Putins Stelle genauso gehandelt. Es war einer der selte-
nen Momente, in denen
Gorbatschow sich solidarisch
mit Putin zeigte. „Wir hatten
immer eine normale Beziehung zueinander“, sagt der
ehemalige Generalsekretär
im selben Interview über seine Verbindung zu Putin.
„Jetzt würde ich sie nicht
mehr normal nennen, denn
nun gibt es überhaupt keine
Kontakte mehr zwischen
uns.“ Auf Geraschtschenkos
Forderung reagierte Gorbatschow gelassen: „Gut, dann
fahre ich künftig nicht mehr
dorthin.“ cne