HUMANISTISCHE RUNDSCHAU APRIL / MAI / JUNI 2016 Herausgeber: Die Humanisten Baden-Württemberg, Körperschaft des öffentlichen Rechts EDITORIAL Liebe Mitglieder und Freunde, „glaube keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast“ lautet eine ironische Redewendung. Ähnliches könnte man nun auch über die Interpretation sagen, die der Sprecher des Statistischen Amtes der Stadt Stuttgart glaubte veröffentlichen zu müssen, nachdem er die neuesten Zahlen zur Konfessionszugehörigkeit der hiesigen Bevölkerung bekannt gab. Erstmals waren nämlich die Konfessionsfreien in der Mehrheit. Aber da nicht sein kann was nicht sein darf, stellte der Statistiker eine gewagte These auf: So dürfe man davon ausgehen, das trotz fehlender Zugehörigkeit zu einer Kirche weiterhin „400 000 Christen in Stuttgart“ lebten. Diese Schätzung wurde mit der Aussage begründet, dass „man auch Christ sein [könne], ohne einer Kirche anzugehören“. Ein durchsichtiger Versuch, den Zustand der Kirchen ins Positive zu hieven und damit ein offensichtliches Manöver der Parteinahme, die einem städtischen Amt nicht erlaubt sein sollte. Herzlichst AUS DEM INHALT 07 Konzert „Trilogie der DREI“ Eine Veranstaltung mit Martin Münch 09 Filmvorführung „West Papua“ Eine Veranstaltung des Senioren- und Freundeskreises 14 Tagung: „Was gehört zu Deutschland?“ Humanismus, Reformation und moderner Pluralismus „Die gesellschaftliche Relevanz wächst mit der Mitgliederzahl“ Gelingt den Humanisten in Baden-Württemberg die Trendwende zum steten Wachstum? Ein Blick auf die Entwicklung in den letzten zehn Jahren bietet mittlerweile einigen Anlass zur Zuversicht. Noch gibt es aber große Herausforderungen zu meistern. der vergangenen Legislaturperiode unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann am nicht eingelösten Versprechen der grün-roten Regierungskoalition, das Schulfach Ethik ab der ersten Klassenstufe an den öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg einzuführen. „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ – Mit dem selbstbewusst-menschelnden Slogan begann die zweifellos erfolgreichste Imagekampagne, die je von einem deutschen Bundesland ausging. Bundesweit prangte der Spruch an Bussen, wurde vor Kinofilmen gezeigt oder erinnerte auf Plakatwänden an Autobahnen und an den großen Straßen deutscher Metropolen, dass sich Baden-Württemberg als Wirtschaftsstandort und Lebensraum einer herausragenden Leistungsfähigkeit und großen Attraktivität rühmt. Doch nicht erst „Stuttgart 21“ hat vielen klargemacht, dass die augenzwinkernde Werbekampagne die Wirklichkeit viel schöner zu zeichnen versuchte, als dies selbst sehr patriotisch gestimmte Geister glauben mögen. Denn wie in fast allen Bundesländern wächst in Baden-Württemberg die Zahl der konfessionsfreien Bürgerinnen und Bürger Jahr für Jahr – und wie in fast allen Bundesländern fällt es Politikern und Behördenvertretern sehr schwer, sich auf den Wandel in der weltanschaulichen Landschaft zwischen Mannheim und dem Bodensee einzustellen. Deutlich geworden ist dies leider erneut in Kann Baden-Württemberg Ethik-Unterricht ab Klasse 1? Zehntausende Eltern und Heranwachsende ohne religiöses Bekenntnis müssen bis heute auf eine vollwertige Alternative zum Religionsunterricht verzichten, obwohl sie als Steuerzahler ebenso zum Bildungsetat des Landes beitragen wie die Angehörigen der Kirchen. Grüne und Sozialdemokraten erneuerten zwar vor der Landtagswahl am 13. März 2016 ihr Versprechen, Ethik ab Klasse 1 einzuführen – doch wer sollte darauf vertrauen, nachdem das Anliegen bereits einmal als nicht wahlentscheidend zurückgestellt wurde? Allein dieses Beispiel macht klar: Baden-Württemberg braucht eine starke Institution, die die Frage nach angemessenen Angeboten bei der schulischen Wertebildung auf der Agenda der Fraktionen im Stuttgarter Landtag hält. Im Vorfeld der diesjährigen Landtagswahlen zeigten die Humanisten Baden-Württemberg, dass sie eine zuverlässige Stimme sind, die die Gesetzgeber an die Forderung nach der Gleichberechtigung von konfessionsfreien und nichtreligiösen Menschen im Land er- HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 1 Württemberg tätig ist, zögert trotzdem, jetzt schon von einer Trendwende zu sprechen. „Es geht langsam, aber stetig bergauf“, formuliert sie vorsichtiger ihre Perspektive auf die jüngeren Entwicklungen. Der seit 1845 mit Unterbrechungen bestehende Verband sei im Augenblick „zwar nicht mit Siebenmeilenstiefeln unterwegs, aber stetig in Bewegung und unterliegt einem permanenten Wandel“, sagt Will. Zu den besonders wichtigen Etappen dieses Wandels während der letzten Jahre zählt sie, dass mit der Eröffnung der ersten Humanistischen Kita in Stuttgart und der Beteiligung an der Humanistischen Hospizinitiative der Arbeiterwohlfahrt neue Wege für die Verwirklichung von praktischem Humanismus beschritten worden sind. Von hoher Bedeutung für den Verband ist auch die 2011 vollzogene Umbenennung zum heutigen Namen sowie die Ausweitung des Verbandes auf ganz Baden-Württemberg unter Beibehaltung der Körperschaftsrechte im Jahr 2013. „Daneben haben wir Altbewährtes, nämlich die freireligiöse Feierkultur, beibehalten und neu gestaltet“, sagt Will. Sie erinnert zugleich: „Wir können uns zwar über das Erreichte freuen, aber nicht darauf ausruhen.“ inhaltlichen wie auch die administrativen Aufgaben fallen. Vor allem große bürokratische Verpflichtungen beanspruchen ihn, da der Personalumfang auf mittlerweile 18 Vollund Teilzeitbeschäftigte bzw. Praktikanten und Bundesfreiwilligendienstleistende und rund 40 ehrenamtlich Aktive angewachsen ist. Dazu kommt der Bedarf an Unterstützung für die vier bestehenden örtlichen Gemeinschaften in dem Flächenland sowie rund 150 Veranstaltungen pro Jahr, die organisiert und begleitet werden müssen. Gabriele Will hat festgestellt, dass Henschel von den zahlreichen Aufgaben geradezu „verschlungen wird und kaum noch inhaltlich oder ‚seelsorgerisch‘ tätig sein kann.“ Die globale Finanz- und Bankenkrise mit der anhaltenden Niedrigzinsphase stellt den Verband vor zusätzliche Herausforderungen. „Unsere finanziellen Ressourcen schwinden, Die Humanisten Baden-Württemberg da wir geringere Erträge aus dem kleinen Verkönnen: wachsen mögen erwirtschaften“, so Will. Hier komme erneut der mangelnde Wille ins Spiel, bei den Dies könnte sich in Zukunft ändern – und politischen Spitzen, auf die Veränderungen in zwar nicht nur, weil die Zahl der Konfessider Gesellschaft zu reagieren. „Es ist bis jetzt onsfreien im Bundesland immer größer wird. nicht gelungen, den Landeszuschuss auch nur Denn die Humanisten Baden-Württemberg annähernd der Unterstützung für die großen zeigten 2015 zum fünften Mal in Folge, was Kirchen und der jüdischen Gemein3000 de anzupassen“, erklärt Gabriele Will. Zwar habe 2500 es unter der grünroten Regierung 2000 „Kontakte in offener Atmosphäre“ gegeben – doch 1500 die Unterstützung aus dem Landes1000 haushalt wurde trotz teils deut500 lich gewachsener Arbeitsfelder bis heute nicht ver0 bessert. „Ideen für 91 92 93 94 95 97 98 99 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 neue Projekte gibt es viele, es fehlt alsie können: als Interessenvertretung und hu- Die Landesregierung von Baden-Württem- lein an der Kraft, sie umzusetzen“, fasst die manistische Kulturorganisation ein stetiges berg kann nicht: Humanisten angemessen Vorstandsvorsitzende der Humanisten BadenMitgliederwachstum verzeichnen. So gehör- unterstützen Württemberg eine Konsequenz der Haltung ten dem Verband im vergangenen Dezemseitens der Landespolitik zusammen. ber fast fünf Prozent mehr Menschen an als Die zeitgemäße Gestaltung des Wandels von im Vorjahr. Zum Vergleich: Noch zehn Jahre der Freireligiösen Gemeinde Württemberg, Gleichberechtigung kommt nicht von allein zuvor musste der jährliche Mitgliederverlust die, wie Will heute sagt, „in die Bedeutungsauf deutlich mehr als 5 Prozent beziffert wer- losigkeit zu versinken drohte“, hat allerdings Für sie ist das zunehmende Mitgliederwachsden. Immer mehr Konfessionsfreie im Ländle auch einen Preis. „Wir arbeiten seit Jahren am tum der vergangenen Jahre somit ein besonerkennen, dass sie eine Interessenvertretung Limit der Belastbarkeit“, sagt Will. „Unsere derer Anlass, zuversichtlich zu sein. „Denn brauchen und dass ihre Belange von den Hu- erfolgreiche Jugendarbeit wird zu 90 Prozent dass auch konfessionsfreie Menschen Intermanisten Baden-Württemberg gut vertreten ehrenamtlich geleistet.“ Und noch immer ist essen und Rechte haben, die vertreten werwerden. der Geschäftsführer Andreas Henschel der den müssen, bedenken die wenigsten“, sagt Gabriele Will, die seit 15 Jahren als Vor- einzige hauptamtliche Mitarbeiter des Ver- Gabriele Will dazu und betont deshalb: „Die standssprecherin für die Humanisten Baden- bandes, in dessen Zuständigkeit sowohl die gesellschaftliche Relevanz wächst mit der 2 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 Mitgliederzahl.“ Um die erfolgreiche Wende zum Wachstumskurs zu verstetigen, müsse zum einen die regionale und überregionale Vernetzung intensiviert werden. Zum anderen misst Will der Jugendarbeit und den Jungen Humanisten eine besondere Rolle zu. „Gerade dieser Bereich sichert die Zukunft des Verbandes“, sagt sie hier. Und um das öffentliche Bewusstsein für den Bedarf bei der Vertretung humanistischer Standpunkte und Anliegen im Land zu verbessern, will man in Zukunft „noch aktueller auf gesellschaftliche Fragen reagieren können, beispielsweise durch professionelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“, so Will. Die anlässlich der jüngsten Landtagswahl an die Parteien gestellten Fragen waren da also nur ein Anfang. Sicherlich: Die Ziele der Humanisten BadenWürttemberg sind hochgesteckt, die Aufgaben bleiben auch bei wachsender Mitgliederzahl anspruchsvoll. Doch mit jeder neuen Unterstützerin bzw. jedem neuen Unterstützer verbessern sich nicht nur die Möglichkeiten, die humanistische Feierkultur sowie Jugendarbeit und Sozialarbeit zu pflegen und auszubauen, sondern auch, die Gleichberechtigung und Gleichbehandlung der konfessionsfreien und nichtreligiösen Menschen in Baden-Württemberg voranzutreiben. Und das ist doch eine Nachricht, die sich zu erzählen lohnt – auf Schwäbisch, Badisch und Hochdeutsch. Helfen Sie auch in den nächsten zehn Jahren dabei, sie bekannt zu machen. Text: Arik Platzek. KOMMENTAR Jede Chance nutzen! Für konfessionsfreie Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg bietet das Ergebnis der Landtagswahlen am 13. März 2016 Anlass, optimistisch zu sein. Zwar zeigen Positionierungen der Parteien zu den Fragen der Humanisten, dass die Gleichberechtigung und Gleichbehandlung von Menschen ohne religiösen Glauben für keine der Fraktionen im neuen Landtag eine echte Herzensangelegenheit ist. Doch auch kleinere Gesten der freundlichen Offenheit könnten langfristig zum Grundstein für echte Fortschritte werden. Kommt er nun oder kommt er nicht – der Ethikunterricht ab Klassenstufe 1? Vor der Landtagswahl bemühten sich zwar sowohl Bündnis 90/Die Grünen wie Sozialdemokraten, das Vertrauen in das in der vergangenen Legislaturperiode aufgeschobene Versprechen zurückzugewinnen. Für eine Fortsetzung der grün-roten Regierung reichte es dann am Ende aber doch nicht – zu gravierend waren die Verluste, die die in Baden-Württemberg einst so starke SPD bei der Wahl eingefahren hat. Und falls in den nächsten fünf Jahren nun eine grün-schwarze Regierung das Sagen haben sollte, könnte der seit langem geforderte Ausbau des Ethikunterrichts eventuell erneut wegverhandelt werden. Denn bei den von den Humanisten BadenWürttemberg vor der Wahl an die Parteien verschickten Wahlprüfsteinen zeigte sich die CDU in dieser Sache unverändert schmallippig: „Schrittweise“ wolle man „für nicht konfessionell gebundene Schülerinnen und Schüler das Angebot eines Ersatzfaches ‚Ethik‘“ ausbauen. Man verstünde das „Fach Ethik als alternatives Ersatzfach, jedoch kein vollständiges Substitut“. Religionsunterricht könne „nicht adäquat durch Ethik-Unterricht ersetzt werden“, hieß es weiter. Im Klartext: Mit den Christdemokraten wird es auch hier nur vorwärts gehen, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Immerhin: Alle genannten Parteien erkann- ten die Notwendigkeit, sich dem Fragenkatalog der Humanisten Baden-Württemberg zu stellen. Wie halten es die Parteien mit der Trägervielfalt bei den Kitas? Wie stehen sie zur gleichberechtigten Einbeziehung in die Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Wer ist zu einem kontinuierlichen Dialog auf Augenhöhe bereit? Welche Partei möchte nichtreligiöse Wertegemeinschaften angesichts der wachsenden Zahl konfessionsfreier Menschen im Land stärker unterstützen? Dies waren nur einige der Themen, die der Verband im Vorfeld der Wahl in das Licht der öffentlichen Diskussion gerückt hatte. Deutlich wurde in den Positionierungen: Einen echten Paradigmenwechsel im politischen Umgang mit den Konfessionsfreien wird es in den kommenden fünf Jahren nicht geben. Doch das starke Ergebnis für Bündnis 90/Die Grünen bietet einen Anlass, optimistisch gegenüber einer Fortsetzung des in den vergangenen Jahren angesetzten Mentalitätswandels hin zu einer stärkeren Berücksichtigung kirchenferner Menschen zu sein. Dies jedoch weniger deswegen, weil die Grünen sich besonders offenherzig gegenüber den Anliegen der Humanisten Baden-Württemberg gezeigt hatten. Politische Rückendeckung kommt hier derzeit aus Berlin. Dort hatte die Partei am 17. März 2016 den Abschlussbericht der Kommission „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat“ vorgestellt. Dieser formuliert nicht nur deutlich, dass es in solchen Themen bei einem Weiter-So nicht bleiben kann. Der Bericht enthält eine ganze Reihe wegweisender Vorschläge und Positionierungen für ein zeitgemäßes Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft – und an diesen sollte sich auch die Partei unter Winfried Kretschmann künftig messen lassen müssen. im Bundesland noch stärker als weltanschauliche Interessenvertretung bekannt machen und immer wieder daran erinnern, dass es hier tragfähige Reformen geben muss. Je mehr Menschen der Verband dabei erreichen kann, desto wirksamer kann im öffentlichen und politischen Raum die Forderung nach Gleichbehandlung sowie gleichberechtigter Einbeziehung und Förderung vorgetragen werden. Die seit vergangenem Februar in ein neues Gewand gekleidete Website der Humanisten Baden-Württemberg ist da nur ein allererster wichtiger Schritt, um sich als moderne Gemeinschaft sowie die eigenen Anliegen vorzustellen. Freundliche Offenheit für weitere Gespräche über die Anliegen und Bedürfnisse nichtreligiöser Wählerinnen und Wähler bekundeten vor der Wahl alle fünf befragten Parteien. Ob das nur Lippenbekenntnisse waren oder ernstzunehmende Angebote, die zum Grundstein für echte Fortschritte werden können, müssen die Humanisten Baden-Württemberg nun baldmöglichst herausfinden. Denn einfach verschweigen oder wegverhandeln lassen sollten sich nichtreligiöse Bürger zwischen Mannheim und Konstanz auf gar keinen Fall – weder als Wählergruppe noch als Steuerzahler. Kommentar von Arik Platzek. Wie äußern sich die baden-württembergischen Parteien zu Fragen nach Gleichbehandlung und gleichberechtigter Einbeziehung? INFOBOX innert. Dazu veröffentlichte der Verband zwei Wochen vor der Wahl auf seiner neuen Website (www.dhubw.de) die Positionen der Parteien zu einer Reihe von Fragen, die sich insbesondere die Wähler ohne religiöse Überzeugungen stellen: unter anderem zur Trägervielfalt bei Kitas, zur Einbeziehung in Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und zur Befürwortung eines kontinuierlichen Dialogs mit Vertretern der Politik und der Landesregierung. In vielen Äußerungen der Parteien wurden allerdings immer noch Haltungen deutlich, die die Psychologin und Vorstandsmitglied der Humanisten Baden-Württemberg, Andrea Müller-Mann, im Interview für die letzte Rundschau-Ausgabe mit den Worten auf den Punkt gebracht hatte: „Belange der Konfessionsfreien kommen in der Landespolitik praktisch nicht vor.“ Die Antworten der Parteien Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP, Linke und SPD auf den Fragenkatalog der Humanisten Baden-Württemberg können Sie online nachlesen auf www. dhubw.de (Menüpunkt „Lesen/Presse“ => „Nachrichten“. Damit dies erreicht werden kann, müssen die Humanisten diesen Ball annehmen – und sich HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 3 Bericht von der Buchvorstellung von Hamed Abdel-Samad am 2. März 2016 in Offenburg. INFOBOX den Morddrohungen ohnehin nicht von seinem Weg abbringen. In seinem an diesem Abend vorgestellten Buch „Mohamed – Eine Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen Abrechnung“ attestiert er dem Propheten eistellte der von der Stuttgarter Zeitung als nen Minderwertigkeitskomplex, gepaart mit „Popstar der Religionsskeptiker“ bezeichnete einer narzisstischen Störung. Ohne Rücksicht ägyptischstämmige Publizist Hamed Abdel- auf Verluste zerlegte er im Salmen Mohamed. Ob es zulässig ist, den Propheten mit den Methoden der modernen Psychologie zu dekonstruieren, ist ihm dabei egal. Abdel-Samad liebt gerade das Spiel mit der Provokation. Der Autor attestierte Mohamed einen Mutterkomplex und versuchte, die Radikalisierung des Religionsführers anhand dessen – allerdings historisch nicht belegbarer – Biografie zu erklären. Hamed Abdel-Samad | Foto: Helga Beck Nach Abdel-Samad sei es wichtig, sich mit dem Samad seine islamkritischen Thesen an einem Menschen Mohamed sowohl mit Respekt und historischen Ort der Aufklärung und der Revo- Fachwissen kritisch auseinanderzusetzen, lution, nämlich im Offenburger „Salmen“ vor. denn vieles, was heute in der islamischen Welt Wie viele Personenschützer Deutschlands viel- schief läuft, hat direkt mit dem Vorbild und leicht bekanntesten Islam-Kritiker bei seinem den Worten Mohameds zu tun. So auch das Vortrag und der anschließenden Signierstun- krude Frauenbild Mohameds de nicht aus den Augen ließen, muss dabei und deren Herabstufung im hier ein Geheimnis bleiben, genauso wie der Islam: „Die Frau kommt wie genaue Aufenthaltsort und die Unterkunft der Teufel und die Frau geht von Abdel-Samad bei seinen Vorträgen im- wie der Teufel“. mer geheim ist – so bedeutete es für unseren Besonders warnte AbdelVerband und unseren Geschäftsführer schon Samad auch vor einer politieinen außerordentlichen Aufwand, diese Ver- schen Zusammenarbeit mit anstaltung in dem beschaulichen badischen einigen islamischen VerbänStädtchen zu organisieren. Abdel-Samad wird den, denn diese seien nahezu rund um die Uhr beschützt, denn seit 2013 durchweg extrem konservativ haben militante Islamisten Morddrohungen und würden Integration aus gegen ihn ausgesprochen und wollen den Kri- Eigeninteresse verhindern. tiker des Propheten töten. Diese von der Politik zur Zeit angestrebte Zusammenarbeit Die Badische Zeitung berichtete: nennt er „Schizophrenie“, h t t p : / / w w w. b a d i s c h e - z e i t u n g . d e / denn gerade vor diesen Fundamentalisten, die offenburg/die-afd-war-nicht-amuesiert Mohamed exakt nachahmen, fliehen doch die Menschen zu Tausenden in unsere freiheitliche Die Veranstaltung, die auf Vorschlag und Be- Gesellschaft. Eine humanistische Kultur könne treiben von Stefan Baumgartner, eines unserer nicht mit einer Kultur gleichgesetzt werden, aktiven Mitglieder in der Stadt der badischen die den Tod predigt. Thesen wie diese führen Revolution, zustande kam, der damit auch dazu, dass am Ende eines spannenden Voreine neue Aufklärungsrunde der dortigen Hu- trags, inklusive kontroverser Diskussion, der manisten einzuläuten gedachte, sagte dann Autor zwar unter begeistertem Applaus die auch in seiner kurzen Begrüßungsansprache: Bühne verlässt, er dort aber sofort wieder von „ ... dass Kritiker unter Polizeischutz stehen, seinen Personenschützern umringt werden darüber sollten wir uns aufregen, – egal wie musste, um Leib und Leben des „ägyptischen man Hamed Abdel-Samads Thesen inhaltlich Salman Rushdie“ (Süddeutsche Zeitung) zu bewerten mag“. Doch dieser lässt sich von schützen, der unermüdlich beim Signieren die 4 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 zahlreichen Wünsche nach Autogrammen an diesem Abend erfüllte. Text: Andreas Henschel / Helga Beck Das Kulturdenkmal Salmen Der Salmen ist ein Erinnerungsort und ein Kulturdenkmal zugleich. Er repräsentiert zwei Pole deutscher Geschichte: die Forderungen der Bürger/innen nach Freiheit, Gleichheit und „Brudersinn“ und die weithin sichtbare Vernichtung dieser Werte im Nationalsozialismus. Die Verwüstung des als Synagoge genutzten Gebäudes während des Novemberpogroms 1938 macht diese Gegensätze deutscher Geschichte in schrecklicher und symbolhafter Weise deutlich. Anfangs diente das Anwesen als Gasthaus, Poststation und Musterungslokal für Soldaten. 1806 erhielt es zusätzlich einen Festsaal. Im Erdgeschoss des neuen Gebäudes befanden sich Stallungen. Ein Chronist berichtet über das „Wiehern und Gestampfe der Rosshufe“, das die Veranstaltungen begleitete. Das herausragende Ereignis in seiner Geschichte ist die denkwürdige Versammlung der „Entschiedenen Freunde der Verfassung“ am 12. September 1847. Bis 1875 galt der Salmen mit seinem Bieder- HUMANISTISCHER HOSPIZDIENST Im Sterben nicht allein Die Anfragen nach einer säkularen Begleitung Sterbender erhöhte sich weiter und verdeutlicht, wie wichtig dieses Angebot als Alternative zu den kirchlich geprägten Hospizdiensten ist. Mit der Zahl der Einsätze stieg auch die Zahl der Mitarbeitenden, so dass der Hospizdienst auch komplexe und zeitintensive Begleitungen durchführen kann. Neben den Ehrenamtlichen, die durch die jährlich stattfindenden Kurse gewonnen werden können, gibt es auch einige bereits gut ausgebildete Quereinsteiger, die aus anderen Hospizdiensten zu uns fanden. Die hohe Zahl an demenzieIl erkrankten Menschen stellt besondere Herausforderungen bei den Begleitungen. Um dem gerecht zu wer- den, wurden zwei Fortbildungen zu diesem Thema angeboten. Insgesamt konnten unsere 26 Mitarbeitenden 2014 fast 900 Begleittage anbieten. So konnten dringende Einsätze spätestens einen Tag nach der Anfrage beginnen, in der Regel aber bereits nach sechs Stunden. Die Ehrenamtli- chen können die Einsatzleitung jederzeit telefonisch erreichen. Dies ist z. B. notwendig, wenn der Gesundheitszustand des Begleiteten sich rapide verschlechtert und in der Nacht noch weitere Mitarbeitende hinzugezogen werden müssen. Die gute Erreichbarkeit der Einsatzleitungen, die Stabilität der jeweiligen Gruppen, regelmäßige Supervision und die Durchführung von Fortbildungswochenenden bewähren sich. Das Team der Ehrenamtlichen wird gestärkt und Belastungen können so gut abgefedert werden. Die Kooperation mit dem Bezirksverband der AWO Württemberg und den Humanisten Baden-Württemberg, trägt sehr zum Gelingen unserer Arbeit bei. So finden die regelmäßi- gen Supervisionen und die Ausbildungsgänge im Humanistischen Zentrum statt. Der Bezirksverband bietet Ausbildungskapzität an und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung unseres Angebotes. Ziel ist, unser Angebot noch weiter bekannt zu machen. Viele Menschen meinen nach wie vor, dass Hospizarbeit ausschließlich von kirchlichen Trägern geleistet wird. Um hier für INFOBOX Buchvorstellung „Mohamed - Eine Abrechnung“ Aktiv werden: Der nächste Ausbildungskurs für ehrenamtliche Sterbebegleiter beginnt im Herbst 2016. Anmeldungen werden gerne telefonisch unter 0711 / 210 61 60 oder per Email unter [email protected] entgegen genommen. mehr Transparenz zu sorgen, wurde der Dienst bei Angehörigenabenden, in den Begegnungs- und Servicezentren und bei anderen sozialen Trägern vorgestellt. Unser wichtiges Anliegen ist weiterhin, den Sterbenden eine säkulare Sterbebegleitung anbieten zu können. Die Begleitungen fanden zu 90% in den Seniorenzentren des AWO Bezirksverbandes statt, der Rest in Krankenhäusern und in Privathaushalten. Unser Hospizdienst beteiligt sich weiter an der Arbeit im Palliativ-Netz Stuttgart. Hier treffen sich wichtige Akteure der Palliativ- und Hospizarbeit in Arbeitsgruppen. Ein Schwerpunkt des AWO Hospizdienstes ist hier der Umgang mit Sterben und Migration. Im November 2014 startete der neue Kurs „Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen“ mit elf Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Das Curriculum für diesen Kurs wurde weiterentwickelt. So ist ein weiteres Praktikum im Bereich „Bestattung“ nun Bestandteil der Ausbildung. Unser Ziel ist, allen Menschen die dies wollen, eine säkulare Sterbebegleitung anbieten zu können. Mit den neu ausgebildeten ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir seit Juli 2015 noch bessere personelle Ressourcen. Text + Bild aus der Broschüre: Ein Blick in unsere Arbeit der AWO Stuttgart 2015 Foto: Helga Beck meiersaal als beliebter Veranstaltungs- und Versammlungsort der Offenburger Bürgerschaft. Von 1875 bis zu den Novemberpogromen 1938 nutzte die jüdische Gemeinde den Saal als ihre Synagoge. Nach Kriegsende verkaufte die jüdische Landesgemeinde das Anwesen. Die Stadt gab es zunächst zur kommerziellen Nutzung frei. Nach umfänglicher Renovierung und Anbauten wurde schließlich ein Kulturzentrum geschaffen. Während des Offenburger Freiheitsfestes 1997 zum 150. Jahrestag der badischen Revolution wurde der Salmensaal dann erstmals wieder kulturell genutzt. Illustration: Heiko Bach HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 5 ARBEITSKREIS PHILOSOPHIE MitdenkerInnen willkommen VERANSTALTUNG Konzert „Trilogie der DREI“ Am 23. Februar 2016 begann für den humanistischen Arbeitskreis Philosophie die Dialogrunde 2016. Die u.a. auf Asylrecht spezialisierte Rechtsanwältin Frau Ulla DamsonAsadollah informierte uns sehr anschaulich über die „Ethik der Menschenrechte“, also der philosophischen Begründung von Menschenrechten als universale Normen. Daran knüpft auch der nächste Themenkreis an. Auch er zeigt, dass wir Philosphie nicht in erster Linie als Philosophiegeschichte begreifen, sondern als Auseinandersetzung mit (immer noch) aktuellen Problemen. Martin Münch (Klavier) spielt am Mi. 27. Apr. 2016 um 19 Uhr im Humanistischen Zentrum Stuttgart Werke von Satie, Busoni, Reger und Münch 12.4.2016, 18Uhr: Interkulturelles Verstehen. Kulturdimensionen und Wertenormen für interkulturelles Verstehen als Grundlage für Konfliktvermeidung und für ein friedliches Zusammenleben. Hier geht es v.a. um die Grundlagen der interkulturellen Kommunikation. 20.4.2016, 18Uhr: Christlich-islamischer Dialog. Ein Weg des gegenseitigen Verstehens und Respektierens Hier geht es also um eine Fokussierung des Themas, deshalb sollte möglichst wenig Zeit zwischen den beiden Veranstaltungen liegen. Die Vorträge und Diskussionen finden dieses Mal im großen Saal statt. Herzlichen Dank im Voraus für Ihren Unkostenbeitrag. Unser Referent Herr Ahmed K. Habasch hat Friedens- und Konfliktforschung sowie Interkulturelle Mediation studiert. Er war viele Jahre für große deutsche Firmen im Nahen Osten und in Afrika beratend tätig. Beide Vorträge hat er u.a. im Februar 2016 im Robert-Bosch-Gymnasium in Gerlingen gehalten. Im Vorfeld erschien dazu am 11.2.2016 im Gerlinger Anzeiger ein Interview mit Herrn Habasch, aus dem die folgenden Zitate entnommen sind: „Was wir letztlich tun, hängt davon ab, nach welchen Grundwerten wir handeln und welche Verantwortung für die Gemeinschaft wir übernehmen wollen. Ethische Fragen nach dem Guten und Bösen, nach dem richtigen Leben, nach den sittlichen Werten haben für das Zusammenleben der Menschen eine große Bedeutung. In den Religionen werden diese Fragen sehr oft im Zusammenhang mit göttlichen Geboten beantwortet. Wenn vom Kulturkonflikt gesprochen wird, dann werden Begriffe wie kultureller, ethnopolitischer oder religiöser Unterschied genannt. Hier findet eine Überbetonung der 6 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 Unterschiede statt, womit eine Abgrenzung von der eigenen Kultur und Gesellschaft entsteht, die andere Wertenormen haben. Diese wirken zwar für die eigene Gesellschaft identitätsstiftend, aber für den Kulturdialog mit den Anderen abgrenzend und ablehnend. Die hauptsächlichen kulturellen Unterschiede liegen in den Werten, wie Macht und Ungleichheit, das Verhältnis zwischen Individuum und Gruppe, das emotionale und soziale Rollenverhalten von Mann und Frau, wie man mit Ungewissheiten im Leben umgeht und ob jemand sich überwiegend über Zukunft, Vergangenheit oder Gegenwart Gedanken macht. Man sollte gemeinsam akzeptierende Wertestandards suchen, finden und eine Schnittmenge im Dialogkreis bilden, die Habermas als Konsens beschreibt, Hans Küng als Weltethos, Bassam Tibi und Roman Herzog als internationale Moralität. Dabei bilden drei Grundsätze die Kernmotivation eines Kulturdialogs: • Gleichheit des Gegenübers • Kenntnis und Toleranz gegenüber der anderen Kultur ohne Kulturrelativismus • Suche nach einem gemeinsamen Wertekanon. Kulturdialoge sind erlernbar, es kommt auf die innere Haltung und das Wollen an. 1. Auf die Information über Geschichte, Gebräuche, Benimmregeln 2. Auf die Bewusstmachung über kulturelle Unterschiede und deren Abweichungen von der eigenen und der anderen Kultur. Diese kann man aus Literatur, im landesspezifischen Internet und durch Austausch mit Experten lernen. Das Zusammenleben in Vielfalt ist nicht immer einfach und konfliktfrei. Es gibt Grenzen, an denen wir alle uns orientieren sollen. Wie auch der Philosoph Jürgen Habermas bin ich der Meinung, dass wir diese Grenzen des Zusammenlebens durch einen Verfassungspatriotismus stärken können und sollen. Dies bedeutet, dass wir uns auf Grundlage eines staatsbürgerschaftlichen Konzeptes, welches sich als Alternative zum ethni- schen Staatsverständnis sieht, für gemeinsame Werte stark machen. Als Bürger dieses Landes sollen wir uns auf gemeinsame politische Wertenormen wie Demokratie, Meinungsfreiheit, Glaubens- und Religionsfreiheit in Vielfalt, statt auf Abstammungs- oder Sprachgemeinschaften verpflichten. Vielfalt in Einheit ist kein Traum. Eine offene Gesellschaft, die Vielfalt der Kulturen sichert, kann erreicht werden, wenn wir alle daran glauben, dass wir eines gemeinsam haben, „Mensch“ in Freiheit zu sein. Dies kann nur gelingen, wenn wir als Gesellschaft dafür sorgen, dass die Menschen mit Migrationsgeschichte gleichberechtigt an unserer Gesellschaft teilnehmen und Teil werden können. (Ludwig Lauer) Die drei Jubilare des Jahres 2016 verkörpern auf höchst unterschiedliche Weise die für die heutige Zeit so wichtigen Themen des Brückenschlagens, der Vielfalt und der gleichzeitigen Bewahrung von Eigenheiten: Der Italiener Busoni als Kosmopolit mit einem Leben in der neuen Wahlheimat Berlin, der Franzose Satie mit seinen revolutionären und grenzüberschreitenden Ideen zur Funktion der Musik, und der Deutsche Reger, der sich selbst als reaktionär bezeichnete und dennoch entscheidend die avantgardistische Zweite Wiener Schule beeinflusste. Zusätzlich mit von der Partie ist auch der ebenfalls 2016 gestorbene Spanier Granados. Die Konzerte der „Trilogie der DREI“ greifen diese Themen auf und präsentieren sie in Gegenüberstellungen zu den Werken des Komponisten und Festivalgründers Martin Münch, teils in exemplarischen Einzelbeleuchtungen, teils im musikalisch-entwicklungsgeschichtlichen Kontext. Martin Münch Geboren 1961 in Frankfurt, studierte Schulmusik und Philosophie in Mainz, danach Komposition bei Wolfgang Rihm an der Musikhochschule Karlsruhe. Der Künstler gibt jährlich an die 50 Konzerte. Er ist als Solist in fast allen Ländern Europas aufgetreten, u. a. in Paris, Rom, Madrid, Sofia, im Mozarteum Salzburg und Gasteig München. Konzertreisen führten ihn bis nach Argentinien, Japan und in die USA. Bekannt wurde er durch seine abendfüllenden Interpretationen von Albéniz (gesamte Iberia-Suite), Balakirew und seine 2-tägigen Lecture-recitals über Skrjabin (alle Sonaten). Rundfunk- und TV-Aufnahmen bei SDR, SWF, SWR, BR, RaMartin Münch dio France, Radio Nordzypern, und dem bulgarischen Nationalfernsehen mit eigenen Kompositionen und Klavierwerken des späten 19./frühen 20. Jahrhunderts. AUFRUF Wo man singt, da lass dich nieder! Gilt dieser Satz auch für eine humanistische Feierkultur? Welche Lieder, welche Musik können zu den verschiedenen Anlässen geeignet sein, das Leben, einen Lebensabschnitt, einen Jahresabschnitt zu feiern? Wie war das früher? Wie bei freireligiösen Gruppen ? Welche Erfahrungen gibt es aus den „Sonntagstreffen“ in einigen Großstädten? Können auch ursprünglich religiöse Lieder mit ansprechenden Melodien durch veränderte, säkulare Texte einen neuen Charakter bekommen? Gibt es neben „Imagine“(Beatles) noch ansprechende englische Lieder? Gibt es aus Organisationen wie „Naturfreunde“ oder den Gewerkschaften musikalische Anregungen ? Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine kleine, feine, überregionale AG im Humanistischen Verband Deutschlands (HVD). Ziel ist es, eine anregende Liste für die eigene musikalische Gestaltung von Zusammenkünften und Feiern von Humanisten zu erstellen. Konrad Lappe ist ein Humanist aus der Region Wilhelmshaven. Dort gibt es nur wenig humanistische Aktivitäten. Konrad ist ein musikliebender Mensch, der säkulares Liedgut sammeln und dies möglichst kostensparend unter Beachtung der Urheberrechte verbreiten möchte. Nützlich kann die Textsammlung in der Seniorenarbeit, der Hospizarbeit, der Jugendarbeit, den Kitas usw. sein. Wer Anregungen und Hinweise hat, sende sie gerne per Email-Kontakt an: Gabriele Will, Email: [email protected] oder Konrad Lappe, Email: [email protected] Sein bisher 54 Stücke umfassendes Oeuvre reicht von Klavier- über Kammermusik bis hin zu Orchesterwerken. Er gewann mit seiner Feuerwerk-Ouvertüre den 1. Preis bei der Pyromusikale Berlin 2009. Die 1996 herausgekommene CD „Katharsis“ mit drei eigenwillig-prägnanten Klavierimprovisationen rief bemerkenswert positive Kritiken hervor, u. a. in der „Frankfurter Rundschau“, „Die Zeit“, „NMZ“. Die 2001 im Duo mit Jérôme Bloch eingespielte CD „barbaro cantabile“ ist ein „vierhändiges Repertoire-Juwel“ (Rhein-Neckar-Zeitung) französischer Klaviermusik. Martin Münch, von 1993 bis 2013 Dozent für Klavier an der Universität Bamberg, betreut in Weinsberg den Bereich Musiktherapie, ist Gründer der „Jahrhundertwende-Gesellschaft“, Heidelberg, 1. Vorsitzender der Gesellschaft „piano international eV“ und künstlerischer Leiter mehrerer internationaler Klavierzyklen wie der Heidelberger Klavierwoche oder PiANORAMA Florenz. Er ist künstlerischer Leiter des Neckar-Musikfestivals. Die Presse schreibt über Münch-Konzerte begeisterte Kritiken „kein Walzer, sondern ein Exzess von einem Walzer. ... Tollkühn begab sich der Pianist in den Taumel dieses Stücks. Münch ging an die Grenzen des klanglich Möglichen, verlor aber nicht die Übersicht. Einen mitreißenderen Abschluss hätte man sich nicht denken können.“ (Böblinger Bote, 26.08.2003). IMPRESSUM Die Humanistische Rundschau erscheint vierteljährlich als Organ der Humanisten Baden-Württemberg, K. d. ö. R. Redaktion: Andreas Henschel Lektorat: Walter Tannert Layout: adRivum | Heiko Bach Druck: frechdruck, Stuttgart Die veröffentlichten Beiträge stellen nicht in jedem Fall die Meinung des Verbandes dar. DIE HUMANISTEN BADEN-WÜRTTEMBERG Körperschaft des öffentlichen Rechts Mörikestraße 14 · 70178 Stuttgart Geschäftsführung: Andreas Henschel, M. A. (0711) 6493780 · Fax (0711) 6493886 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.dhubw.de Baden-Württembergische Bank IBAN: DE49 60050101 000 2493529 BIC: SOLADEST 600 Vorstandssprecher: Dr. Gabriele Will, (07152) 948093 Dr. Norbert Röhrl, [email protected] HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 7 VERANSTALTUNGSTIPP Gedenken an Georg Elser Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) in Freiburg i. B. In dieser Zeit erarbeitete Wette eine umfangreiche kritische Biografie des Freundeskreis lädt ein: umstrittenen Sozialdemokraten „Gustav Gedenken zum Jahrestag Noske. Eine politische der Ermordung Georg Elsers Biographie“ (veröffentlicht 1987). 1990 habilitierte Wette "Befreiende Erinnerung an einen an der Albert-Ludwigslistenreichen Schreiner" Universität Freiburg in Neuester Geschichte. Sonntag, 10. April 2016, 11 Uhr 1991 wurde er PrivatTreffpunkt: Georg-Elser-Gedenkstein in HDH-Schnaitheim dozent. Seit 1998 ist er als • Lieder vom Gitarrenduo Dieter & Dieter außerplanmäßiger • Begrüßung durch Heiner Jestrabek (Heidenheim) und Hellmut G. Professor für Neueste Haasis (Reutlingen) Geschichte am Histo• Gedenkrede von Wolfram Wette: „Vom Widerstand kleiner Leute rischen Seminar der in Uniform währen des Zweiten Weltkrieges“. Universität Freiburg tä• Niederlegung Blumenschmuck tig. Er ist Mitbegründer • anschl. Fahrt zur Georg-Elser-Gedenkstätte in Königsbronn des Arbeitskreises Hismit Besichtigung (Hauptamtsleiter Ziller angefragt) torische Friedensfor• Gemeinsames Mittagessen, Gelegenheit zur Gesprächsrunde mit schung (AHF) und Mitden Referenten. herausgeber der Reihe • Gelegenheit zu einem kleinen Rundgang durch Königsbronn, zum Geschichte und Frieden Georg-Elser-Denkmal u. a. sowie des Jahrbuchs für Historische Friedensforschung (2001 umbenannt in Frieden und Krieg). Wette ist Mitglied des Förderkreises des pazifistischen Arbeitskreises Darmstädter Signal. Er ist Ehrenprofessor der russischen Universität in Lipezk. Im Verein Kontakte-KOHTaKTbI e.V. – Verein für Kontakte zu Ländern der Dieter & Dieter Hellmut G. Haasis Prof. Dr. Wolfram Wette ehemaligen Sowjetunion (Berlin) ist er im Beirat tätig. Wette ist Mitglied der SPD. Von 1980 bis 1989 war er Stadtrat in Waldkirch und FraktionsGedenkveranstaltung in Heidenheim schichte und Philosophie an der Philoso- vorsitzender. – Er veröffentlichte zahlreiche phischen Fakultät der Ludwig-Maximilians- Buchveröffentlichungen u. a. Publikationen. Dieses Jahr hat der Georg-Elser-Freundes- Universität München und promovierte 1971 Im Jahr 2015 wurde Prof. Wette geehrt mit kreis zur Gedenkrede den Historiker und mit einer Arbeit zu den „Kriegstheorien dem Verdienstorden der Bundesrepublik Friedensforscher Prof. i.R. Dr. Wolfram Wette deutscher Sozialisten. Marx, Engels, Lassalle, Deutschland am Bande. (* 11. November 1940) eingeladen. Bernstein, Kautsky, Luxemburg. Ein Beitrag zur Friedensforschung“. Quellen: https://de.wikipedia. org/ Wette studierte Politikwissenschaft, Ge- Von 1971 bis 1995 arbeitete er als beamteter wiki/Wolfram_Wette Georg-Elser 8 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 VERANSTALTUNGSTIPP Senioren- und Freundeskreis: Filmvorführung „West Papua“ Mittwoch, 25. Mai 2016, 15 Uhr im Humanistischen Zentrum Stuttgart mit dem Dokumentarfilmer Werner Götz Eine nicht alltägliche Tour führt zu dem Stamm der Dani im Hochland West Papuas und zu den selten besuchten Kuruwai in den Tiefen des Regenwaldes. Eine Reise, die alle Strapazen wert ist, vermittelt sie doch einmalige Eindrücke in eine andere Welt, in die der Steinzeit. Und das im 21. Jahrhundert. Noch weniger bekannt sind die Lebensweise und Riten der Kuruwai, die abgelegen in einem der größten, zusammenhängenden Dschungelgebiete der Welt leben. Manche Clans harren sogar noch der Entdeckung. Weiße nennen die Kuruwai „Laleo“ - Dämonen. Sehen sie doch ähnlich aus wie ihre Toten, blass und hellhäutig. Auch ihre Baumhäuser, in denen sie leben, bis zu 40 m hoch, sind einfach spektakulär. Wegen der Abgeschiedenheit besuchen sie nur wenige Menschen. Ja, manche Papuas können noch erzählen, wie das Fleisch von Menschen schmeckt. Rituellen Kannibalismus, den gibt es auch noch heute. Aber keinen, der das Leben von Reisenden gefährdet. Nie und nirgends muss man sich gefährdet fühlen, auch wenn die Tour einen fordert. Sie ist eigentlich für jeden zu machen, der offen gegenüber fremden Kulturen ist. Entsprechend tolerant muss man sein, zudem nicht empfindlich und mit einfachen Verhältnissen zurecht kommen können. Auch einigermaßen körperliche Fitness schadet nicht. Bequemer ist es aber allemal, die Tour anhand des mit vielen Fakten und schönen Bildern ge- Screenshot: Werner Götz aufgewachsen in Winnenden, ist Chefredakteur von Fachzeitschriften, arbeitet in Leinfelden. Bei Reisen sucht er den Kontakt zu Einheimischen, und wenn sie es erlauben, filmt er gerne. Er fuhr auf West-Papua mit Reiseführer zum Bergvolk der Dani und zu den Waldnomaden, den Kuruwai, deren Beile eine Klinge aus Stein haben und deren Speerspitzen aus Stein gemacht sind. Ein Deutscher, der Indonesisch spricht und die indonesische Staatsbürgerschaft erhalten hat, führte Götz mit vier weiteren Reisenden zu den Eingeborenen. Mit einem Boot fuhren sie flussaufwärts bis zu einem kleinen Hüttendorf, in dem etwa 100 Kuruwai wohnen, die sich vom indonesischen Staat zur Sesshaftigkeit bewegen ließen. Mit 15 dieser Dorfbewohner und dem Reiseführer brachen die Europäer Screenshot: Werner Götz spickten Film anzuschauen. Der Filmemacher Werner Götz, 54 Jahre alt, auf in den Dschungel, um eine Siedlung der Waldnomaden zu suchen. „Wo sie gerade sind, konnte der Expeditionsleiter nicht sagen, weil sie Nomaden sind“, sagt Götz. Sie bauen sich Baumhäuser in 35 Metern Höhe. Nach drei bis sechs Jahren zerfallen diese Hütten, weil sie von Termiten und Raupen zerfressen werden. Die Nomaden ziehen weiter. Szenen aus dem Regenwald werden im Film zu sehen sein. Die Europäer-Gruppe watete durch Sümpfe und Teiche, hieb sich den Weg frei und schaffte in sechs Stunden fünf Kilometer. „Es ist eine der unzugänglichsten Gegenden der Erde“, sagt Götz, „ich bin an die Grenzen meiner Kräfte gelangt.“ Die Träger sangen laut, damit die Ureinwohner hörten, dass jemand kommt. Sie fanden die Siedlung und bemerkten, dass alle Bewohner in ihren Baumhäusern hockten. Mit abwehrbereitem Blick starrte ein Mann auf die Besucher herunter. Die Träger verständigten sich mit den Baumhausbewohnern, die ihre Schweine, Hunde, Waffen und Schilde auf den Baum hochgezogen hatten, um sich zu schützen. Langsam stiegen die Eingeborenen herunter und gaben den Besuchern zu verstehen, dass sie als Gäste willkommen seien. Die Chefin des Dorfes erlaubte, dass sie ein paar Tage bleiben. Götz filmte, wie die Kuruwai Sagopalmen fällen, das Mark des Palmstamms zerkleinern und herauslösen. „Zwei Familien, neun Leute, arbeiteten acht Stunden lang. Mit dem Sago einer Palme lebt eine Familie sechs bis acht Tage lang.“ Um ihren Proteinbedarf zu decken, sammeln die Kuruwai daumengroße Maden und Insekten, wickeln sie in Palmblätter und grillen sie. Bei den Würmern winkte der Mann aus Winnenden-Baach freundlich ab. Sago aß er gerne mit. Text: Werner Götz HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 9 2016 April Dienstag, 29. März. – Sonntag, 3. April Bundes-JuHu-Camp 2016 in St. Andreasberg Zum diesjährigen bundesweiten Jugendcamp der Jungen Humanisten und Humanistinnen in der Eichsfelder Hütte im Harz, reisen 4 Teilnehmer aus Baden-Württemberg. Die Infos zur Reise sind den angemeldeten Teilnehmern per Email bzw. Post zugegangen. Dienstag, 5. April, 19.30 Uhr (I) Donnerstag, 7. April, 18 Uhr (II) Feldenkrais-Kurs I + II Leitung: Knut Störmer Humanistisches Zentrum Stuttgart Beginnen die 12 Abende bis zum 19. bzw. 21. Juli dauernden Feldenkraiskurse. Die für Mitglieder ermäßigte Kursgebühr beträgt € 175, ansonsten € 190. Weitere Informationen direkt bei Herrn Störmer, Tel.: 0711 / 6408415). und für ein friedliches Zusammenleben. Referent: Ahmed K. Habasch. (s. S. 6) Mittwoch, 13. April, 19 Uhr Chorprobe Avanti Comuna Kanti Leitung Caroline Bucher Humanistisches Zentrum Stuttgart Wenn Sie Lust zum Mitsingen haben, erfragen Sie die weiteren Chortermine für dieses Quartal bitte bei Caroline Herre, Tel.: 0711 - 6152098 Samstag, 16. April, 10.30 Uhr – ca. 18 Uhr Humanistische Freidenker Ostwürttemberg Gedenken zum Jahrestag der Ermordung Georg Elsers „Befreiende Erinnerung an einen listenreichen Schreiner“ Treffpunkt: Georg-Elser-Gedenkstein in Heidenheim-Schnaitheim Begrüßung und Einführung durch Heiner Jestrabek und Hellmut G. Haasis. Gedenkrede von Wolfram Wette, musikalische Umrahmung vom Gitarrenduo Dieter&Dieter. Im Anschluss gemeinsame Fahrt zur Georg-Elser-Gedenkstätte in Königsbronn (s. Seite 8) Trauersprecherseminar Leitung: Andreas Henschel und Heiner Jestrabek Humanistisches Zentrum Stuttgart Das Seminar wendet sich an neue und erfahrene Feiersprecher/-innen, Lehrer, Geisteswissenschaftler und Psychologen wie auch Sozialarbeiter, Künstler, Musiker, OutdoorMediaexperten, am Themenkreis und an dessen Einarbeitung interessierte Mitglieder, zur Koordinierung und Neuverpflichtung von Trauerfeiersprecher/-innen für die Arbeit in unserem Verband. Das Seminar behandelt unser Humanistisches Selbstverständnis, inhaltliche Aspekte humanistischer Feiergestaltung, Beispiele aus der Praxis, literarische, musikalische und technische Hilfestellungen, praktische Übungen. Für ein gemeinsames Mittagessen und Kaffeepausen wird gesorgt sein. Zur besseren Planung bitten wir um Ihre telefonische bzw. schriftliche Anmeldung in der Geschäftsstelle (0711-6493780 / Mail: [email protected]) Sonntag, 10. April 16 -18 Uhr Mittwoch, 20. April, 18 Uhr Sonntag, 10. April 2016, 11 Uhr Humanistisches Forum Leitung: Andrea Müller-Mann und Stephan Kienle Humanistisches Zentrum Stuttgart Wer sind wir eigentlich? Humanistisches Selbstverständnis in Theorie und Praxis. Wir freuen uns sehr auf neue Ideen, Gedanken und Meinungen. Anmeldungen erbeten bei [email protected], aber auch spontane Gäste sind willkommen! (s. S. 12) Dienstag, 12. April, 18 Uhr Philosophischer Arbeitskreis Leitung: Ludwig Lauer Humanistisches Zentrum Stuttgart Thema: Interkulturelles Verstehen. Kulturdimensionen und Wertenormen für interkulturelles Verstehen als Grundlage für Konfliktvermeidung Philosophischer Arbeitskreis Leitung: Ludwig Lauer Humanistisches Zentrum Stuttgart Thema: Christlich-islamischer Dialog. Ein Weg des gegenseitigen Verstehens und Respektierens. Hier geht es um die Fokussierung des am 12. April angerissenen Themas. Referent: Ahmed K. Habasch. (s. auch S. 6). Die Themen und Termine für die folgenden Abende im Mai und / oder Juni werden heute ebenfalls festgelegt und sind gegebenenfalls bei Ludwig Lauer ([email protected]) direkt zu erfragen. Samstag, 23. April – Sonntag, 24. April Vorbereitungswochenende Jugendfeier 2016 Leitung: Petra Häneke und Marcel Kronfeld Humanistisches Zentrum Stuttgart Den Teilnehmern geht zur Vorbereitung recht- zeitig eine Einladungs-Email zu. Mittwoch, 27. April, 19 Uhr V E R A N S T A L T U N G E N Juni +Vorschau Mittwoch, 8. Juni, 13.15 Uhr Klavierkonzert „Triologie der Drei“ Martin Münch spielt Werke von Satie, Busoni und Reger Humanistisches Zentrum Stuttgart Die drei Komponisten verkörpern auf unterschiedliche Weise die für unsere Zeit so wichtigen Themen des Brückenschlagens, der Vielfalt und der Bewahrung von Eigenheiten. Das Konzert präsentiert diese Themen in Gegenüberstellung zu den Werken von Martin Münch. Frühjahrswanderung: Ins Remstal zur Wiege Württembergs Leitung: Hans Klenk Treff: Vor der Polizeiwache in der Klettpassage Kleine 5-6 km lange Wanderung von Grunbach nach Beutelsbach. Besuch des Bauernkriegsmuseum mit anschließender Einkehr im Gasthaus Löwen. Im Anschluss Besuch des Kräuter- und Sinnesgarten. Anmeldung bitte bis zum 31. Mai in der Geschäftsstelle (07116493780) (s. auch S. 13) Mai Freitag, 17. - Sonntag, 19. Juni Samstag, 7. Mai – Sonntag, 8. Mai Vorbereitungswochenende Jugendfeier 2016 Leitung: Petra Häneke und Marcel Kronfeld Humanistisches Zentrum Stuttgart Den Teilnehmern geht zur Vorbereitung rechtzeitig eine Einladungs-Email zu. Mittwoch, 11. Mai, 19 Uhr Buchvorstellung „Täter, Helfer, Trittbrettfahrer“ mit dem Herausgeber Wolfgang Proske Humanistisches Zentrum Stuttgart In der Buchreihe wurden seit 2010 mehr als 100 Porträts von mehr oder minder stark belasteten Tätern und Mitläufern des Naziregimes aufgearbeitet. Ziel der Reihe ist, die Verstrickungen einzelner Akteure aufzuzeigen. Der gerade erschienene 5. Band beschäftigt sich mit Tätern, die im Bodenseeraum lebten. Es wird aber auch ein Ausblick auf die nächsten Bände über Baden und den Großraum Stuttgart. (s. S.11) Mittwoch, 25. Mai, 15 Uhr Filmvorführung: Bei den Steinzeitmenschen in West Papua Senioren- und Freundeskreis mit dem Dokumentarfilmer Werner Götz Humanistisches Zentrum Stuttgart Die Dokumentation führt uns zum Stamm der Kuruwai in die Tiefen des Regenwaldes West Papuas, einem der größten Dschungelgebiete der Welt. Die Strapazen der Reise lohnen in Form einmaliger Eindrücke in eine andere Welt, in die der Steinzeit. Leben die Kuruwai doch noch so, wie einst unsere Vorfahren. (s. auch S. 9) JULEICA - Schulung Erlebnispädagogik und Vorbereitung Jugendfeier Referent: Ingo Griesbach, Organisation: Petra Häneke Jugendherberge Sonnenbühl-Erpfingen in 72820 Sonnenbühl-Erpfingen Kosten: 90,- € für Übernachtung/VP und Seminar. Eigene Anreise nach SonnenbühlErpfingen (bzw. Fahrtkosten ab Stuttgart in Absprache) Zusammen mit den Nürnberger Jugendlichen werden wir rund um die Jugendherberge Erpfingen auf der Schwäbischen Alb ein erlebnisreiches Wochenende gemeinsam gestalten. Verbindliche Anmeldung bitte bis 15.05.2016 bei Petra Häneke Tel: 0711/2482890 oder 0173/9532888 Freitag, 17. Juni - Samstag, 18. Juni „Was gehört zu Deutschland? – Humanismus, Reformation und moderner Pluralismus. Tagung mit der Humanistischen Akademie Deutschlands Humanistisches Zentrum Stuttgart Mit Mouhanad Khorchide, Ulrike von Chossy, Horst Groschopp, Thomas Heinrichs, Enno Rudolph und Axel Kuhn. Islamistischer legitimierter Terror, Debatten über Beschneidung und Kopftuch, Pegida und Co., sowie eine beständig wachsende Zahl konfessionsfreier Menschen in Deutschland: Wir diskutieren die Herausforderungen einer pluralistischen Religions- und Weltanschauungspolitik, die Beziehungen von Humanismus und Islam, die historischen Beiträge von Humanismus und Protestantismus zur modernen Kultur der Freiheitsrechte, die Potentiale einer humanistischen Pädagogik. Anmeldungen in der Geschäftsstelle (0711-6493780, Teilnahmegebühren € 20, ermäßigt €15 (s. auch S. 14 - 15) Freitag, 24. Juni – Sonntag, 26. Juni Humanistische Freidenker Ostwürttemberg: Weimar-Wochenende Leitung: Heiner Jestrabek, Siegfried Krebs Unser Mitglied Siegfried R. Krebs bringt uns mit Thüringer Humanisten zusammen und zeigt uns seine Stadt, in der klassiche und moderne Literatur, Philosophie, Kunst, Musik, Bauhausund Landschaftsarchitekten ihre Spuren hinterlassen haben. Unterkunft in einem historischen Altstadthotel. Anreise nach Absprache in 2016 V E R A N S T A L T U N G E N Fahrgemeinschaften. Anmeldungen sofort bei Heiner Jestrabek (07321-42849) oder [email protected] Samstag, 25. Juni, 11 Uhr Vorbereitungstreff Jugendfeier 2016 Humanistisches Zentrum Stuttgart Samstag, 2. Juli, 11 Uhr – ca. 16 Uhr Generalprobe Jugendfeier 2016 Humanistisches Zentrum Stuttgart Heute werden die Jugendlichen den Ablauf der Feier und ihre Beiträge proben. Sonntag, 03. Juli, 10 Uhr Humanistische Jugendfeier 2016 Bürgersaal des Häusslerforums / Schwabengalerie, Stuttgart-Vaihingen, Schwabenplatz 3 Mit dieser Feier begehen wir den festlichen Übergang von der Kindheit zur Jugend von insgesamt 14 Jugendlichen aus Baden-Württemberg. Die musikalische Gestaltung der Feier, zu der wir alle Mitglieder und interessierte Gäste herzlich einladen, gestaltet die Band der Musikschule Stuttgart. Im Anschluss an die Feier lädt unser Verband zu einem Sektempfang. Sonntag,17. Juli, 15 Uhr Sommerfest 2015 Humanistisches Zentrum Stuttgart Bitte merken Sie sich schon mal den Termin unseres traditionellen Sommerfestes vor. Veranstaltungstipp Buchvorstellung: Täter, Helfer, Trittbrettfahrer Buchvorstellung: Täter, Helfer, Trittbrettfahrer – NS-Belastete in Baden und Württemberg Mittwoch, 11. Mai, 19 Uhr, Humanistisches Zentrum Stuttgart Unser ehemaliges Vorstandsmitglied Dr. Wolfgang Proske stellt die von ihm herausgegebene Reihe vor, die sich mit den NaziVerstrickungen von lokalen Tätern in BadenWürttemberg beschäftigt. Vorgestellt wird der soeben erschienene 5. Band über NS-Belastete im Bodenseeraum. Ein Ausblick erfolgt auch auf kommende Bände, die sich mit Tätern in Baden sowie den Großraum Stuttgart beschäftigen. Bild: Dr. Wolfgang Proske (privat) 10 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 11 Mitteilungen Wir gedenken unserer Verstorbenen Heiko Bruns · Nagold Friedrich Bosch · Remseck Gerhard Duppui · Backnang Paula Herbst · Sindelfingen Hildegard Junginger · Herrenberg Sonja Großmann · Esslingen Renate Poiger · Bad Krozingen Wir gratulieren nachträglich zu runden Geburtstagen (ab 60 Jahre aufwärts) sowie allen unseren über 90-Jährigen Michael Jauß · Stuttgart · 60 Helga Eckermann ·Stuttgart · 60 Monika Mayer · Stuttgart · 60 Renate Scherer · Ditzingen · 60 Gabi Schink-Stolz · Freiberg am Neckar · 60 Wilfried Gänzle · Besigheim · 60 Joachim Breitfeld · Kirchentellinsfurt · 60 Axel Ott · Kirchheim / Teck · 60 Susanne Haas · Tübingen · 60 Friedrich Renz · Winndenden · 65 Karl-Christian Grimm · Filderstadt · 65 Joachim Hettler · Renningen · 65 Gabi Boch · Schwieberdingen · 65 Sabine Mahr · Oberstenfeld · 70 Manfred Veronelli · Stuttgart · 75 Dieter Weisser · Stuttgart · 75 Margarete Präger · Stuttgart · 75 Herbert Klett · Reutlingen · 75 Horst Zentler · Stuttgart · 75 Rainer Dürr · Rottenburg · 75 Erich R. Buchholz · Stuttgart · 75 Ilse Jahre · Stuttgart · 75 Jürgen Welsch · Walddorfhäslach · 75 Ursula Trefflich · Reutlingen · 75 Manfred Renz · Stuttgart · 75 Ursula u. Albert Schweikert · Leonberg · 75 Jörg Kurz · Stuttgart · 75 Hans-Jürgen Jauch · Villingen - Schwenningen · 75 Peggy Thienger · Stuttgart · 80 Günter Hänsch · Stuttgart · 80 Siglind Boemer · Aidlingen · 80 Rolf Gäbele · Deckenpfronn · 80 Karl Steinmaier · Kusterdingen · 80 Karlheinz Storch · Stuttgart · 85 Eva Meder · Schopfheim · 85 Irene Gauger · Esslingen · 85 Evelyn Wieland · Stuttgart · 85 Anneliese Kienle · Neckarwestheim · 85 Loni Golinske · Villingen - Schwenningen · 85 Rudolf Pfisterer · Stuttgart · 90 Paul Schwarzer · Haiterbach · 90 Sigrid Schindler · Stuttgart · 90 Erika Kunze · Stuttgart · 90 Otto Erb · Frickenhausen · 90 Hildegard Mögle · Aichtal · 91 Martha Frank · Stuttgart · 91 Helene Dreher · Denkendorf · 91 Margarete Flohr · Stuttgart · 91 Ruth Schneider · Baltmannsweiler · 91 EINLADUNG 1. Humanistisches Forum Einladung zum 1. Humanistischen Forum Sonntag, 10. April, 16 Uhr Humanistisches Zentrum Stuttgart, Mörikestr. 14 Unser erstes Thema: Wer sind wir eigentlich? Humanistisches Selbstverständnis in Theorie und Praxis. Wir wollen Euch und uns eine Möglichkeit bieten, Ideen und Vorstellungen noch besser in den Verband einzubringen. Wir freuen uns also sehr auf Euch, auf neue Ideen, Gedanken und Meinungen. Daher möchten wir ein selbstkritisches, aber auch kreatives Diskussionsforum schaffen zu Fragen unseres humanistischen Selbstverständnisses, zum praktischen Humanismus und zu Fragen der organisatorischen Umsetzung. Gleichzeitig sollen der persönliche Austausch und das Sich-kennen-lernen im gemütlichen Rahmen als Teil unseres gelebten Humanismus nicht zu kurz kommen. Es wird also Anstöße durch die Initiatoren geben, aber jede(r) kann und soll sich einbringen. 12 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 Erwin Walz · Stuttgart · 91 Inge Knöll · Esslingen · 91 Emilie Strobel · Reutlingen · 92 Lore Müller · Stuttgart · 92 Lore Hartmann · Stuttgart · 92 Hermine Utz · Stuttgart · 92 Günther Höhnle · Calw · 93 Klara Gutekunst · Lechbruck · 93 Ilse Heinzmann · Stuttgart · 93 Hilde Wisst · Wendlingen · 93 Walter Mögle · Aichtal · 93 Irmgard Mayer · Stuttgart · 93 Karl Wilhelm Niehus · Mosbach, Baden · 93 Ernst Eberle · Magstadt · 94 Wolfgang Janouschek · Stuttgart · 94 Hildegard Urban · Weissach-Flacht · 94 Gretel Knödler · Stuttgart · 95 Ellen Hamel · Wörth · 95 Eleonore Berger · Ludwigsburg · 95 Hans Blach · Heidenheim an der Brenz · 95 Marta Hägele · Esslingen · 95 Gisela Hirsch · Hemmingen · 96 Erwin Kaiser · Baltmannsweiler · 96 Emilie Klumpp · Stuttgart · 96 VERANSTALTUNGSTIPP Frühjahrswanderung: „Ins Remstal zur Wiege Württembergs“ Mittwoch, 8. Juni, 13.15 Uhr Treff in der Klettpassage vor dem Polizeirevier. Wir nehmen die S-Bahn Linie 2 Richtung Schorndorf um 13.35 Uhr vom Tiefbahnsteig, Ankunft in Grunbach um 14 Uhr, Rückkehr nach Stuttgart um ca. 20 Uhr. Die für alle Altersgruppen geeignete kleine 5-6 km lange Wanderung unter Leitung des bewährten Wanderführers Hans Klenk wird uns entlang der Rems von Grunbach nach Beutelsbach führen. In Beutelsbach angekommen, besuchen wir dann das dortige Bauernkriegsmuseum. Anschließend ist eine Einkehr im schwäbischen Landgasthof Löwen geplant. Nach der gemeinsamen Einkehr besteht für alle, die noch Lust haben, die Möglichkeit dem „Sanitas Kräuter- und Garten der Sinne“ einen Besuch abzustatten. Die Kosten für den Eintritt ins Bauernmuseum betragen 3-4 Euro, Fahrtkosten mit der S-Bahn von Stuttgart 4 Zonen, Gruppenkarte ca. 16 Euro werden umgelegt. Bauernkriegsmuseum: In Weinstadt-Beutelsbach begann und endete 1514 einer der wichtigsten Vorläufer des Bauernkriegs, der Aufstand des „Armen Konrad“, der fast das ganze Herzogtum Württemberg erfasste. Konkreter Auslöser war eine neue Steuer, die Ursachen des Aufstands gingen aber tiefer: Es ging, wie in anderen Territorien des Reiches auch, um die zunehmende Beschneidung angestammter Rechte der Bauern durch den Staat. Dieser Kampf für das alte Recht blieb auch in Württemberg erfolglos und spielte deshalb im Bauernkrieg 1525 ebenfalls noch eine zentrale Rolle. Der Arme Konrad, dessen Name wohl für den „gemeinen Mann“ schlechthin steht, endete mit der Hinrichtung seiner Anführer, darunter auch Hans Volmar und Peter Geis aus Beutelsbach. Eine direkte Folge des Aufstands ist der Andrea Müller-Mann und Stephan Kienle Was? Wann? Humanistisches Forum jeweils am 2. Sonntag des Monats, 16-18 Uhr, erstmals am 10. April Anmeldungen erbeten bei: [email protected], aber auch spontane Gäste sind willkommen! verfassungsgeschichtlich epochale Tübinger Vertrag vom 8. Juli 1514, der für die Anliegen der Aufständischen aber so gut wie nichts brachte. Seit 1989 erinnert im Alten Rathaus von Beutelsbach ein Museum an die Kämpfe der Bauern 1514 und 1525. Hauptthema ist die reich mit zeitgenössischen Holzschnitten und Dokumenten illustrierte Dokumentation der Ursachen, des Verlaufs und der Ergebnisse des „Armen Konrads“ sowie seiner Rezeption in der Historiographie. In einer zweiten Abteilung wird außerdem ein vergleichender Ausblick auf den großen Bauernkrieg gegeben. An zeitgenössischen Objekten werden gedruckte Chroniken zum Thema gezeigt – und, wenn man so will, das Gebäude selbst! Das Rathaus wurde nämlich 1534, also wenige Jahre nach Beendigung des Bauernkriegs, erbaut und beherbergt das Museum in seiner ehemals offenen Markt- und Gerichtshalle im Erdgeschoss. Neben bäuerlichen Gerätschaften aller Art sind Repliken der zeitgenössischen Bewaffnung sowie Zinnfiguren-Dioramen zu sehen. Sinnesgarten: Der Garten der Sinne fordert auf zum Sehen, Riechen, Schmecken, Tasten und Hören in der Natur. Auf dem Barfußweg kann an 8 Stationen gefühlt werden, was die Füße empfinden. Neben einer Original-Boule-Bahn, einer Ahorn-Märchenlaube und einer Sonnenuhr aus Sandstein gibt es einen Summstein, in den der Kopf gesteckt werden kann und Schwingungen von der Haarwurzel bis zu den Zehen zu spüren sind. Im Rosengarten duften in 4 Beeten wunderschöne Rosen. Die Baumstämmegalerie zeigt 15 Bäume vom Blatt über Frucht, Scheibe, Längsschnitt und Rinde. An der Vogeluhr ist zu lesen, wann die Vögel erwachen. Im Bienenschaukasten ist die Königin mit ihrer Krone zu sehen, die jeden Tag 2000 Eier legt. Außergewöhnliche Früchte wachsen am Sträucherfrüchteweg, ob Kornelkirsche, weiße und schwarze Maulbeere, Kiwi, Sanddorn, Ziebartle, 16 verschiedene Sträucher sind zu entdecken. Auch die Kunst ist im Garten der Sinne zu Hause. Der Kirschhügel mit der Blume des Lebens und Efeuskulpturen, die Sitzbänke mit Yin- und Yang-Zeichen, der Marienkäferlieblingsplatz mit bunt bemalten Sitzsteinen… In der blauen Oase laden die Saiten eines Klaviersaitenrahmens zum Zupfen von Melodien ein. Ein seltener Judasbaum sowie verschiedene chinesische Sträucher können ebenso bewundert werden. Sanitas Kräutergarten: Der Sanitas Kräutergarten vermittelt sehr viel Wissenswertes zu heimischen und ausländischen Pflanzen. Die Arzneikräuter sind nach 15 Krankheitsbildern gegliedert, so dass jedem Beet entsprechend dem Indikationsgebiet Pflanzen zugeordnet sind. Einheimische Pflanzen, deren Inhaltsstoffe in vielen Medikamenten enthalten sind, können entdeckt werden. HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 13 TERMINANKÜNDIGUNG Tagung: „Was gehört zu Deutschland?“ Humanismus, Reformation und moderner Pluralismus: Diesen Themen widmet sich eine Tagung, die wir zusammen mit der Humanistischen Akademie Deutschlands aus Anlass der Lutherdekade am 3. Juni-Wochenende 2016 veranstalten. und der Islam, Humanistische Pädagogik. Gemeinsam mit Mouhanad Khorchide, Enno Rudolph, Thomas Heinrichs, Axel Kuhn, Horst Groschopp sowie Ulrike von Chossy wird somit für intellektuell anregende und lebhaftkontroverse Debatten gesorgt sein. Im Jahr 2017 steht der 500. Jahrestag des lutherschen Thesenanschlags an. Schon seit 2008 wird diese Feier im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Lutherdekade“ der Evangelischen Kirche in Deutschland begleitet und vorbereitet. Liest man Publikationen der Lutherdekade, kann man sich eines Eindrucks Ein humanistischer Blick auf Reformation und Lutherdekade Um die Reformation in einen breiteren historischen Kontext einzuordnen, wird Philosoph und Theologe Enno Rudolph mit seinem Vortrag „Reformation statt Renaissance – Luthers Kampf gegen die humanistische Freiheit“ die These vertreten, dass es ohne den Humanismus in Antike und Renaissance gar keine Reformation und keinen Luther gegeben habe. Rudolph will darlegen, dass der von Luther ausgehende deutsche Protestantismus ein Gegenhumanismus gewesen sei, der den Humanismus durch eine religiös kanalisierte Aufnahme entschärft und so demokratische und pluFoto: A. Platzek ralistische Entwicklungen in Deutschland verzögert hat. nicht erwehren: Alles Gute kommt von Luther. Etwas weniger salopp: Freiheitsrechte, Demokratie, Toleranz und Pluralismus. All dies und vieles mehr haben wir, so scheint es, nur dem Wirken des Reformators zu verdanken. Was gehört zu Deutschland außer Luther? Die Frage der Akademie-Tagung meint natürlich nicht in völkisch-ethnizistischer Weise „Was gehört zum deutschen Wesen oder zum deutschen Volk?“ und ebenso wenig „Was gehört exklusiv zu Deutschland und zu anderen Ländern nicht?“ Sie meint stattdessen: „Was gehört zu einem demokratischen Rechtsstaat, dessen verfassungsrechtliche Basis Menschen- und Bürgerrechte sind, und der darüber hinaus weltanschaulich neutral ist bzw. es sein sollte?“ Unter dieser übergeordneten Fragestellung soll auf der Tagung also thematisch einiges zusammengepackt werden: Ein humanistischer Blick auf Reformation und Lutherdekade, Potenziale und Grenzen des Religionsund Weltanschauungsrechts, Deutschland 14 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 klaren Regeln für Ein- und Austritt; Mitgliedsbeiträge; eine gewisse hierarchische Struktur. Wenn nun angesichts eines hiesigen Bevölkerungsanteils von mehr als einem Drittel konfessionsfreier Bürger und Bürgerinnen sowie der vielen hier lebenden Muslime auch humanistische und muslimische Organisationen ihr Recht auf Gleichbehandlung einfordern, dann wird – so Heinrichs – vor allem auch die Frage nach einer Zubilligung des Körperschaftsstatus aktuell. Dieser jedoch sei für diese Organisationen weitaus schwerer zu erreichen, weil sie z. B. durch Formen von Zugehörigkeit ohne Mitgliedschaft und durch keine hierarchische Struktur geprägt (Humanistische Verbände) oder wie im Falle der Muslime dezentral in Vereinen und Moscheegemeinden organisiert seien, die nur etwa 10 bis 20 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime repräsentierten. Die Tatsache, dass in einigen Bundesländern aufgrund von Gesetzen durch die Ministerien gebildete Beiräte als legitime Vertretung „der Muslime“ in Deutschland angesehen werden, hält Heinrichs für verfassungswidrig. Er plädiert für eine dezentralisierte Prüfung und Vergabe von Körperschaftsrechten sowie die Anerkennung anderer Formen von Zugehörigkeit als nur expliziter Mitgliedschaft. In Bezug auf den Religionsunterricht merkte er an, diese in Artikel 7 Grundgesetz festgelegte Übertragung einer Pflichtaufgabe an die Religionsgemeinschaften – ethisch-moralische Erziehung – könne auch nichtreligiösen Weltanschauungsgemeinschaften übertragen werden. Auf die Frage der Tagung läßt sich mit Heinrichs also antworten: Zu Deutschland gehören Konfessionsfreie wie Muslime und entsprechend ihre juristische Gleichbehandlung. Potenziale und Grenzen des Religions- und Weltanschauungsrechts Diese etwas düstere Diagnose Rudolphs findet einen gewissen Widerhall im deutschen Religions- und Weltanschauungsrecht. Der Philosoph und Rechtsanwalt Thomas Heinrichs verweist in seinem Vortrag „Ein Recht für die Kirchen oder ein Recht für alle? Deutschland und der Islam – Wie offen ist das deut- Inwiefern gehört der Islam zu Deutschland? sche Religions- und Welt- Dass diese Frage in Politik und Öffentlichkeit anschauungsrecht?“ vor heute überhaupt bejaht wird, bedeutet poallem auf dessen sitiv den AbAxel Kuhn „Kirchenförmigschied von der keit“. Religiösen und weltanschaubundesrepulichen Gemeinschaften wird gemäß blikanischen Grundgesetz unter gewissen VorausLe b e n s l ü g e, setzungen der privilegierte Status Deutschland einer nicht-staatlichen Körperschaft sei kein Eindes öffentlichen Rechts zugebilwanderungsligt, nämlich dann, wenn sie durch land. Kritisch ihre Verfasstheit und die Zahl ihrer Dr. Horst Goschopp / Foto: A. Platzek aber ist zu fraMitglieder eine Gewähr der Dauer gen: Wie sinnbieten. Diese Bedingungen erfüllen – nicht voll ist die pauschale Rede von „dem Islam“? nur – aber vor allem die beiden christlichen Gehört der Islam in allen seinen Formen und Großkirchen: Eine, wenn auch abnehmende, in jeder Hinsicht zu einem demokratischen so doch immer noch hohe Mitgliedschaft mit Rechtsstaat und einer offenen Gesellschaft? Mouhanad Khorchide, seit 2010 Professor für erkennen könnten. Man musste dieser theo- tung. Damit erweist er sich als ein so anregenIslamische Religionspädagogik und Leiter logischen Begründungsfigur gar der wie wichtiger des Zentrums für Islamische Theologie der nichts abgewinnen, um doch Gesprächspartner, Universität Münster, vertritt die These, dass eine wesentliche Ähnlichkeit nicht nur für humaein auf einer humanistischen Koranherme- zum zeitgenössischen humanistische Akademien neutik basierender, gründlich reformierter nistischen Denken konstatieren und Verbände, sonIslam sogar eine notwendige Quelle auf dem zu können: Das skeptische und dern auch für einen Weg zur Verwirklichung eines globalen Hu- pluralistische Bewusstsein, eine notwendigen gesellmanismus sei. unfertige Weltanschauung unter schaftlichen Dialog Grundlage dieser These ist zum einen eine anderen ebensolchen ertragen der Religionen und Dr. Dr. Thomas Heinrichs / Foto: A. Platzek spezifische und in muslimischen Kreisen um- zu müssen. Dass in der HumanisWeltanschauungen. strittene – antiautoritäre – Lesart des Korans, tischen Akademie ein religiöser Gastredner Ralf Schöppner in deren Zentrum das Bild eines barmherzi- ausgiebig über Gott sprechen kann, darügen Gottes steht, der den Menschen in seiner ber, was dieser Gott denke und wolle (ganz Individualität, Vernunft, Freiheit und Verant- so als ob dessen Existenz überhaupt nicht in wortung bejaht. Zum Frage stünde), ohne sich anderen eine spezifidoch gleich lauten Unmut sche Lesart des Humazuzuziehen, spricht vielnismus, die einer seiner leicht selbst schon für die Termin: 17. bis 18. Juni 2016 Strömungen eine SakraToleranz eines zeitgenössi- Freitag 19 – 21 Uhr, Samstag 10 Uhr – 18 Uhr. lisierung des Menschen schen Humanismus, seine und damit verbundene Akzeptanz einer doppelten In den Teilnahmegebühren (20€ / ermäßigt absolute WahrheitsanReligionsfreiheit: Freiheit 15€) ist am Freitagabend ein Stehempfang sprüche diagnostiziert. zur Religion und Freiheit sowie am Samstag ein Mittagessen sowie Khorchide kritisiert Prof. Dr. Enno Rudolph / Foto: A. Platzek von der Religion. Khorchide Kaffee und Kuchen enthalten. Menschen bevormunbestimmt Humanismus als Schriftliche Anmeldungen bis spätestens dende Ausprägungen von Religion und Hu- eine Haltung des Sich-Öffnens des Menschen 1. Juni 2016 in der manismus mit der Begründung, dass Gott nach innen und nach außen, hin zu Selbstre- Geschäftsstelle der Humanisten die absolute und unerkennbare Wahrheit flexion und Gesellschaftskritik, zu Vernunft Baden-Württemberg, Mörikestr. 14, sei und Menschen sie immer nur annähernd und Empathie, zu Kreativität und Verantwor- Email: [email protected] HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 15 Veranstaltungstipp Weimar-Wochenende vom 24.-26. Juni 2016 HuKi Vom Wert eines Geschenks oder... Vorfreude ist die schönste Freude! Sicherlich stand schon jeder einmal vor der Entscheidung bzw. der Frage: „Was soll ich denn schenken?“ Je älter der zu Beschenkende ist, umso schwieriger oftmals die Entscheidung; denn, „eigentlich haben die meisten Leute doch alles, was sie brauchen...“ Vom materiellen Standpunkt aus betrachtet, mag dies in vielen Fällen zutreffen, jedoch, wie steht es mit / bei den immateriellen Werten? Aus diesem Grunde überlegten sich die Kinder der HuKi für ihre Eltern ein ganz besonderes ganz anderes - Weihnachtsgeschenk, das jedoch r e n i e e l l e w h c S r Wir...auf de neuen Epoche 21. JUNI 2016 erst im Januar eingelöst werden sollte. Denn, wie heißt es so richtig? Vorfreude ist die schönste Freude! Und diese Freude, dieses Gefühl kann man nicht kaufen oder bestellen... man muss es – wie auch die Spannung – spüren und der Zeit dafür „Raum“ geben! Und genau das wurde gelebt. Vorzubereiten gab es so einiges, musste doch zuerst ein Gutschein gestaltet werden, der auf die kommende Überraschung hinweist. Der persönliche Handabdruck setzte somit schon ein bestimmtes Signal. Die inhaltlichen, schriftlichen Hinweise verdeutlichten weiter, dass sich die Eltern auf eine Kopf, Hand- und Rückenmassage freuen dürfen. Dies will natürlich auch gelernt sein und so übten die Kinder vorab gegenseitig bei wohltuender Entspannungsmusik die verschiedenen methodisch-technischen Schritte, die bei einer Massage anzuwenden sind. Hierzu durfte ein fein duftendes Öl natürlich nicht fehlen. Wie so üblich in der HuKi, wurde aufgrund der Vielfalt der Öle ganz demokratisch abgestimmt. Es war nicht so einfach, sich immer zwischen zwei Duftnoten zu entscheiden... doch am Ende hatten sich die Kinder auf das Öl mit dem bezeichneten Namen „In den Fluss kommen“ geeinigt. Eine trefflich gute Wahl, denn, was hätte zu Beginn des Jahres besser passen können? Dieser „Energie - Fluss“ ging auf die Eltern über und so konnten es auch fast alle zeitlich einrichten, ja, waren mit dabei, als sich der große Saal an einem Donnerstagnachmittag im Januar des neuen Jahres zu einem gemütlichen Massageraum verwandelte. Die Kinder wiesen ihren Eltern den Platz zu, an dem sie ihr Handtuch ausbreiten und sich langlegen konnten. Bei gedämpfter Entspannungsmusik, Blumen, Kerzen und Duftlampe begannen die Kinder ihr „besonderes Geschenk“ weiterzugeben. Die Zeit, die dafür benötigt wurde, hatte genügend „Raum“ und es war zu spüren, dass sich eine große Entspannung bei allen „Beschenkten“ einstellte. Eine helle Glocke wie auch ein feiner Duft holte alle wieder langsam in die Runde zurück, denn Tee, Gebäck und Obst sollten zum weiteren Wohlfühlfaktor werden. Gemütlich saßen nun alle zusammen, um abschließend den Inhalten einer Geschichte zu lauschen. Bevor es nach Hause ging, verteilten die Kinder die noch im Kreise in einer Vase stehenden Blumen an ihre Eltern, die diesen Nachmittag sichtbar glücklich und zufrieden genossen hatten. Die Freude über das so besondere, andere Geschenk war groß und hinterließ ein nachhaltiges Echo... Für die Kinder vor allem jedoch auch die Erkenntnis und das damit verbundene Erleben, dass man mit eigenen Potentialen Werte – sprich Geschenke – schaffen kann, die von außergewöhnlicher Bedeutung sind und niemals mehr vergessen werden. Das Geschenk der Kinder an ihre Eltern „Nähe, Zeit und sinnliche Wahrnehmung“ hätte persönlicher, individueller nicht sein können. Die abgebildeten Impressionen verdeutlichen diese Inhalte sicherlich sehr eindrücklich. Text + Bilder: Susanne Winkler NEUER „BUFDI“ GESUCHT! BUNDESFREIWILLIGENDIENST FINDE MEHR HERAUS & ENTDECKE EIN EVENT IN DEINER NÄHE AUF welthumanistentag.de Wir suchen ab sofort, spätestens aber ab September eine(n) Nachfolger(in) für unsere BFD-Stelle in der HuKi. BALD ÜBERALL, WO ES MENSCHEN GIBT whd-2016.indd 1 16 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 Interesse? Weitere Informationen erhaltet Ihr telefonisch oder persönlich in unserer Geschäftsstelle oder per Email an: [email protected] 24.03.2016 20:29:43 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 17 JuHu-BERICHT JULEICA-Seminar in Fürth PRESSEMITTEILUNG Jugendbegegnung mit Strasbourg Zur diesjährigen Jugendfeier 2016 haben sich insgesamt 14 Jugendliche aus BadenWürttemberg angemeldet und wir hatten einen spannenden Kennenlerntag im Januar mit vielen Spielen und tollen Erlebnissen. Im Februar gab es dann schon die ersten Inhalte zu besprechen, unter anderem die großen Weltreligionen und Themen aus dem Selbstverständnis der Jungen Humanisten und Humanistinnen Text und Fotos: Petra Häneke itung 2016 e r e b r o v r ie fe d Jugen pril 2016 +++ 23.+24.A ai 2016 +++ 7.+(8.).M ni 2016 +++ 17.-19. Ju 16 +++ 25.Juni 20 16 20 li +++ 2.Ju 18 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 in Stuttgart in Stuttgart pfingen ischen Alb in Er auf der Schwäb in Stuttgart ngen Stuttgart -Vaihi Generalprobe in JuHu-Termine +++17.-19. Juni 2016 1. Juleica-Seminar: in Erpfingen auf der Schwäbischen Alb Jugendherberge Erpfingen, eigene Anfahrt nach Erpfingen Schriftliche Anmeldung bitte über die Geschäftsstelle bis spätestens 15.05.2016. +++ 3. Juli 2016 +++ 16. + 17. Juli 2016 Humanistische Jugendfeier im Häussler-Forum in Stuttgart Vaihingen Sommerfest und Nachtreffen HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016 19 5-TÄGIGE VERBANDSREISE VOM 6. - 10. OKTOBER 2016 KRAKAU – FLORENZ DES NORDENS Krakau gilt als die schönste Stadt Polens. Romantik, Gotik, Renaissance, Barock: Ein Gang durch die Kopfstein-gepflasterten Gassen der Altstadt ist ein Gang durch die Geschichte. Nach der „UNESCO-Liste des Weltkulturerbes“ zählt die Krakauer Altstadt seit 1978 zu den 12 schützenswertesten Kulturstätten der Erde. Der Wawel, Burgberg mit imposanter Kathedrale und repräsentativem Schlossbau, thront stolz über der Stadt an der Weichsel und kündet von ihrer Bedeutung als Königsresidenz vom 11. bis zum 16. Jahrhundert. Nach der Übersiedelung der polnischen Könige nach Warschau blieb Krakau die „heimliche“ Hauptstadt Polens und gilt bis heute als das kulturelle Zentrum der polnischen Republik. Im Stadtzentrum prangt als zweites großartiges Bauwerk die spätgotische Marienkirche mit dem berühmten Veit-Stoß-Altar als Ausdruck von Bürger- und Kaufmannsstolz, denn Krakau verdankt seine wirtschaftliche Bedeutung vor allem den hier vorbeiführenden Handelswegen und den Märkten. Der Marktplatz mit den Tuchhallen versprüht mediterranes Flair und lebt von den vielen Flaneuren auf den Gassen und von den zahlreichen Studenten, die an der ältesten Alma Mater Polens, der traditionsreichen Jagiellonen-Universität studieren. Die überaus rege kulturelle und wirtschaftliche Geschichte Krakaus ist eng verknüpft mit dem Wirken der einstigen jüdischen Gemeinde, die zu den größten auf polnischem Boden zählte. Ihren Spuren folgen wir im historischen Stadtteil Kazimierz, in dem auch Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“ gedreht wurde. Eine eintägige Fahrt nach Auschwitz und Birkenau ergänzt unser Programm. Die Führungen erfolgen mit einer polnischen Reiseleiterin, die hervorragend Deutsch spricht. Übernachten werden wir im zentral gelegenen 3* Hotel Matejko. Anmeldung bitte schriftlich (an die Geschäftsstelle bzw. per Email an: [email protected]) bis spätestens 30. April (Posteingang). Alle angemeldeten Teilnehmer erhalten dann spätestens Anfang Juni eine Anmeldebestätigung mit der Bitte um Anzahlung. Sollte die Mindesteilnehmerzahl von 20 Personen nicht erreicht werden, so behalten wir uns eine Absage der Reise vor. 20 HUMANISTISCHE RUNDSCHAU April / Mai / Juni 2016
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